Protocol of the Session on December 6, 2017

Wir können das an sehr vielen Stellen in Hamburg sehen. Der Hochschulbau hat einen neuen Höchststand erreicht, wir gehen in die Milliarden, wenn man alles zusammenzählt. Natürlich sind viele andere Finanzierungspartner dabei. Überall sieht man die Baukräne, südlich der Elbe, nördlich der Elbe, an der Bundesstraße, an sehr vielen Stellen. Es wird massiv investiert und es wird auch der Sanierungsstau, den wir im Bereich der Hochschulen haben, endlich aufgehoben. Auch das ist

ein Kraftakt, das ist eine Investition in die Zukunft der Bildung in dieser Stadt.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Aber es geht darum – das ist mir besonders wichtig – und es ist auch gut, dass wir viele Debattenbeiträge dazu haben, dass der Bürgermeister sich geäußert hat in der Rede beim Überseeclub, was wir hier diskutieren. Wir haben mit vielen Anträgen auch diese Diskussion hier maßgeblich geprägt. Aber ich glaube, was auch wichtig ist, wenn wir als Bürgerschaft darüber reden, dass wir auch beraten, was der Mehrwert für die Stadtgesellschaft ist. Das war ein entscheidender Punkt jetzt mit dem Besucherzentrum bei XFEL und DESY auf dem Campus Bahrenfeld, dass wir mit dafür Sorge tragen, dass das keine Veranstaltung ist, die im Elfenbeinturm stattfindet, sondern die wir in die Mitte der Stadtgesellschaft holen. Deshalb haben wir einen Anspruch formuliert mit dem Schülerlabor, mit dem Besucherzentrum, dass wir wollen, dass jedes Schulkind nicht nur im Musikunterricht die Elbphilharmonie, sondern im Physikunterricht auch dort das Besucherzentrum besucht haben soll, dass sie einen Einblick bekommen in Forschung und Entwicklung. Und wenn nachher aus dem einen oder anderen Physikschüler oder der einen oder anderen Physikschülerin vielleicht auch noch ein wenig mehr, der Forscher, die Forscherin von morgen wird, dann ist das eine sehr große Rendite, ein Fortschritt für die Stadt. Das wollen wir entwickeln.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Das tun wir über Hamburg hinaus. Wir haben das auch in unserem gemeinsamen Ausschuss mit Schleswig-Holstein beraten, die ebenfalls schauen wollen, was man tun kann, dass aus der Metropolregion mehr Besuche dort stattfinden können. Also kurzum, es geht darum, den Nutzen für die Stadtgesellschaft als Ganzes zu diskutieren. Und wenn man sich anguckt, wie sich unsere Forschungsbereiche weiterentwickeln – wir sind im Bereich Windenergie aktiv, wir sind in vielen anderen Bereichen aktiv, die für die Zukunft dieser Gesellschaft entscheidend sind, Klimaforschung und, und, und. Es geht um die Zukunft unseres Gemeinwesens, die Zukunft dieser Stadt und dieser Welt. Da, glaube ich, haben wir uns auf die Landkarte gesetzt, das ist ein großer Fortschritt. Lassen Sie uns alle gemeinsam an einem Strang ziehen. Dazu wollen wir Sie heute auffordern, und ich glaube, das ist eine Aufgabe, die der ganzen Bürgerschaft gut zu Gesicht steht. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Das Wort bekommt Herr Ovens für die CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Lieber Herr Dr. Dressel, Sie haben zu Recht gesagt, der Bürgermeister hat sich geäußert, und das begrüßen auch wir als CDUFraktion sehr. Ich hätte mir nur gewünscht, er würde auch heute dieser Debatte folgen, wenn wir hier über das neue Chefthema Wissenschaftspolitik sprechen. Aber wahrscheinlich muss er immer noch in Berlin irgendwie schlichten. Immerhin, die Wissenschaftssenatorin vertritt den Senat.

(Zurufe von der SPD)

Wir Hamburger sind stolz auf unsere Hafen- und Handelsmetropole. Wir haben allerdings auch zu Recht erkannt: Es reicht nicht, sich dauerhaft auf diesen Erfolgen auszuruhen. Es reicht nicht, sich dafür zu feiern, dass man die beliebteste Partymetropole von Hosteltouristen oder die beste Großstadt zwischen Pinneberg und Stade ist, meine Damen und Herren von SPD und GRÜNEN.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Dirk Kienscherf SPD: Wer macht das bitte?)

Doch dem Senat fehlt nach wie vor eine Idee, wofür eigentlich Hamburg in Zukunft stehen soll. Elbvertiefung – Jahr für Jahr verzögert sie sich, auch wenn der Bürgermeister versprochen hat, mit ihm klappt das sofort. Olympia – die Träume sind geplatzt wie vieles andere. Vielleicht Kultur? Man könnte ja ein Konzerthaus … Nein, ein Konzerthaus hat ja schon jemand anderes auf den Weg gebracht.

(Zurufe von der SPD)

Also schaut Olaf Scholz in den Koalitionsvertrag und stellt fest, Rot-Grün wollte ja Hamburg zur Innovations- und Wissenschaftsmetropole ausbauen. Und damit greift er wunderbar die Politik früherer CDU-Senate auf. Wenn wir einmal schauen: die HafenCity Universität, 2005 unter Ole von Beust auf den Weg gebracht, die Grundsteine für XFEL, 2003 beziehungsweise 2009, die Fraunhofer-Institute, 2006 und 2009. 2008 bereits hat die gesamte Freie und Hansestadt Hamburg darüber diskutiert, wo denn eine Universität innerhalb der Stadt am besten aufgehoben ist. Olaf Scholz tut nichts anderes, als an diese Politik anzuknüpfen.

(Beifall bei der CDU)

Und jetzt sitzen Sie hier vor mir und sagen allen Ernstes, SPD und GRÜNE würden für eine neue Aufbruchstimmung in der Wissenschaft sorgen.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Also beim besten Willen, Olaf Scholz und Katharina Fegebank machen nichts anderes, als sich auf den Erfolgen früherer CDU-Senate auszuruhen.

(Beifall bei der CDU – Zurufe von der SPD und den GRÜNEN)

Wenn wir jetzt einmal schauen, was tatsächlich schon seit 2014 und 2015 "In Sorge um Hamburg" verfasst wurde, dann ging es darum, Internationalisierung, Exzellenz- und Praxisorientierung auf den Weg zu bringen. Und was tut der Bürgermeister zweieinhalb Jahre später bei seiner großen Übersee-Club-Rede in der vergangenen Woche? Er macht nichts anderes, als das zu wiederholen, was Klaus von Dohnanyi, Wilfried Meier und Wolfgang Peiner schon 2014 und 2015 getan haben; er sagt nichts anderes. Ich habe mich danach mit einem Journalisten unterhalten, der zu mir sagte, er hätte die Rede glatt zweimal gelesen, weil er beim ersten Mal nichts Neues gefunden hätte und in Sorge war, er hätte es vergessen. Es gibt aber keinen Neuigkeitswert in der Rede von Olaf Scholz. So viel ist es, wenn er ein Thema zur Chefsache macht.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der FDP)

Aber schauen wir uns Exzellenz und Spitzenforschung an. Wir haben hier oft genug über die desolate Grundfinanzierung, über die Fehlplatzierung der BAföG-Millionen, über die Fehlplatzierungen und Zweckentfremdungen der Mittel aus dem Hochschulpakt gesprochen; das müssen wir jetzt nicht wieder tun. Die Konsequenz bleibt: ein fortgesetzter Sparzwang an den Hochschulen unserer Stadt. Jetzt will Olaf Scholz also die Zahl der Studenten an der TU verdoppeln. Wunderbar, es klingt so ein bisschen nach klassischem sozialdemokratischem Gedankengut, doppelt so viel ist doppelt so gut. Ist es aber mitnichten. Es braucht ein inhaltliches Konzept, es braucht eine Benchmark dafür und es braucht am Ende vor allem auch mehr Mittel. Und davon haben wir in seiner Rede und auch heute bisher kein einziges Mal auch nur ein einzelnes Wort gehört.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der FDP)

Ja, Sie haben gesagt, Sie wollen das tun, Herr Dr. Tjarks, aber dann sagen Sie doch einmal konkret, wie viel Geld Sie dafür auf den Tisch legen wollen. Einfach nur zu sagen, Sie wollen irgendetwas tun, hilft uns an der Stelle nicht weiter. Statt hier jetzt einmal selbst eine Vision zu skizzieren und zu sagen, dass Sie die Naturwissenschaften voranbringen wollen, indem Sie beispielsweise ein neues Naturkundemuseum mit wissenschaftlicher Exzellenz und internationaler Strahlkraft auf den Weg bringen. Das wäre einmal ein Ansatz gewesen.

(Beifall bei der CDU und bei Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein FDP)

Hamburg soll mehr Forschung für die Praxis liefern. Das ist auch richtig so. Wir haben zu wenig Patente, wir haben zu wenig Transfer in die Praxis. Aber was passiert?

(Glocke)

Herr Ovens, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Dr. Tjarks?

Wenn Sie meine Uhr anhalten, Frau Präsidentin, immer.

Habe ich schon.

Vielen Dank, Herr Ovens. Ich wollte Sie nur fragen: Wir haben ja ein bürgerschaftliches Ersuchen zum Wachstumskurs der Technischen Universität Hamburg beschlossen und es ist gute parlamentarische Praxis, dass der Senat dann auch eine Antwort auf dieses Ersuchen gibt, was irgendwann vorliegen wird, und dann wird das auch da drinstehen. Aber ich finde es ein bisschen komisch, wenn Sie das vorher verlangen, denn Sie wollen ja nicht einzelne Bausteine haben, sondern alles, oder?

Herr Dr. Tjarks, dann geben Sie mir jetzt ja gerade recht, dass der Bürgermeister nach wie vor keine Ahnung hat, wohin er die Technische Universität inhaltlich, strategisch und finanziell weiterentwickeln will. Danke dafür.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Soll er gern prüfen.

Hamburgs Hochschulen sollen also Spitzenforschung liefern, sollen die Praxis bereichern und sollen jetzt auch den digitalen Wandel mitgestalten. Und wir haben dieses nach einem Brausepulver benannte neue Programm, welches ein bisschen mehr finanzielle Mittel in die Hamburger Hochschulen steckt, wir haben dieses neue Hamburger YouTube für die Hochschulen alles noch nicht wirklich durchkonzipiert. Man hätte jetzt einmal darüber reden können, was Berlin macht mit dem Deutschen Internet-Institut im Einstein Center Digital Future und der CODE University, drei neue Institutionen binnen kürzester Zeit. Wir schaffen ein paar kleine Kleckerlies,

(Dr. Monika Schaal SPD: Jetzt ist aber gut!)

ein bisschen Lehrstühle hier, ein bisschen Lehrstühle da, anstatt dass wir tatsächlich einmal eine richtige Perspektive für Hamburg aufzeigen.

Ich hoffe, dass Frau Wissenschaftssenatorin Fegebank uns gleich ein bisschen mehr Licht geben wird, als es der Bürgermeister getan hat. So ist es auf jeden Fall schwach. – Danke.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Herr Dolzer bekommt das Wort für die Fraktion DIE LINKE.

Vielen Dank. – Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Hamburgerinnen, liebe Hamburger! Auch wir trauern um Thomas Völsch. Einige der Kolleginnen und Kollegen aus der Fraktion haben mit ihm hier in Hamburg zusammenarbeitet, auch in der Schulbehörde, und wir sind in tiefer Trauer und fühlen mit der Familie.

Kommen wir zur Debatte. Es ist nicht so leicht, einfach umzuschalten. Herr Ovens hat etwas Richtiges angesprochen, es ist wirklich so, nur seine Vision der Wissenschaftspolitik teilen wir überhaupt nicht. Wir denken, dass es eher eine Innovation wäre, wenn wir nicht ewig hinterherlaufen und schauen würden, dass Hamburg – was wir sowieso nicht schaffen können – die beste, größte, schnellste Wirtschaftsmetropole der Welt wird. Wir würden sagen, eine Innovation wäre, wenn wir in der Wissenschaftspolitik die Umkehr von der unternehmerischen Hochschule, die jetzt seit 10, 15 Jahren dominant ist, zu einer Hochschule, die wieder stärker in gesellschaftlicher Verantwortung steht, versuchen würden.

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Dressel hat ja zumindest zwei, drei Sätze dazu verloren, dass auch das wichtig ist; Herr Tjarks hat es überhaupt nicht benannt. Und genau da ist die Problematik: Das Konzentrieren auf eine neoliberale Politik der Leuchttürme oder der Leuchtfeuer, die schnell wieder erlischen, und des Durchschneidens von roten Bändern ersetzt kein klares wissenschaftspolitisches Konzept.

(Beifall bei der LINKEN)

Und genau ein solches brauchen wir, und zwar ein Konzept mit einem Ausgleich, ein ganzheitliches Herangehen zwischen Forschung und Lehre, denn die Lehre wird in allen Gedanken, die ich bis jetzt hier gehört habe, völlig unterbelichtet. Es ist wichtig, dass wir eine gute Forschung haben, aber wenn wir kein Fundament, keine Basis haben, wo sich die Menschen interdisziplinär und ganzheitlich wirklich die Gesellschaft aneignen können, dann kann auch keine gute Forschung vorangetrieben werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Darüber hinaus sind wir damit konfrontiert, dass immer stärker in ÖPP-Projekten wie dem Fraunhofer-Institut, Helmholtz-Zentrum und DESY Patente und Forschungsergebnisse abgegeben werden. Das hilft der Hansestadt Hamburg und den meisten Menschen hier wenig, dagegen hilft es den Unternehmen, die darin investiert haben. Das ist eine falsche Ausrichtung, da müssen wir zurücksteuern.

(Carsten Ovens)

(Beifall bei der LINKEN)