Protocol of the Session on October 11, 2017

Tisch eingeladen werden. Wie weit ist dieses Vorhaben inzwischen gediehen?

Vielen Dank. – Das erste Zusammentreffen eines runden Tisches gab es tatsächlich bereits im Dezember 2014, damals auf Initiative des Eine Welt Netzwerks. Danach lag die Fokussierung erst einmal vor allen Dingen auf den wissenschaftlichen Diskursen, und es ist an der Stelle nicht weitergegangen. Wir nehmen diesen Ball aber gerade wieder auf und bereiten in diesen Tagen eine Einladung für den 29. November 2017 zu einer Auftaktveranstaltung für einen dann einzuberufenden runden Tisch vor, diesmal im Museum für Völkerkunde, der dann regelmäßig zusammenkommen soll, um diese Dimension der interkulturellen Beteiligung und der, wie es im Fachdiskurs heißt, multiperspektivischen Bearbeitung der Themen des Kolonialismus, des Postkolonialismus und der Dekolonisierung dann auch zu bearbeiten und zu begleiten. Dies ist in der Tat ein Themenfeld, an dem sehr viele Initiativen beteiligt sind, sehr viele Initiativen mitarbeiten und wir wollen ein entsprechendes Forum geben, um das, was wir als Stadt dort tun – diesen öffentlichen Gedenkraum, zu dem wir Hamburg für diese Themenfelder machen wollen, wie es in der Drucksache damals hieß – dann auch entsprechend mit den Betroffenen gemeinsam zu entwickeln. Die klare Aussage "not about us without us", die in diesem Diskurs eine große Rolle spielt, ist etwas, das wir in Hamburg durchaus verstanden haben, und wir wollen sicherstellen, dass gemeinsam mit denjenigen, die diesen Diskurs prägen und tragen, dann entwickelt wird, wie wir uns in Hamburg künftig mit dem Thema Dekolonialisierung auseinandersetzen wollen.

Vielen Dank für die Erläuterungen. – Herr Warnholz mit einer Nachfrage für die CDU-Fraktion.

Herr Senator, Sie haben die Askaris in Jenfeld angesprochen. Wo befinden sich diese Askaris und wie ist der Zustand?

Als ob Sie das nicht wüssten …

(Beifall bei der SPD)

Das ist, wenn man es einmal genau nimmt, tatsächlich das Themenfeld, mit dem sich Hamburg nun schon sehr lange vergleichsweise schwertut. Wir haben ja nicht nur die Askari-Reliefs, die gemeinsam mit den Denkmälern, die an die kolonialen Soldatinnen und Soldaten erinnern, im "berühmten" Tansania-Park stehen, sondern wir haben auch noch das Thema Trotha-Haus in der Lettow-Vorbeck-Kaserne, die von der HelmutSchmidt-Universität genutzt wird. Bei all diesen

(Senator Dr. Carsten Brosda)

Themen geht es darum, eine historisch adäquate und auch der heutigen Diskussion angemessene Kontextualisierung dessen, was dort zu sehen ist, vorzunehmen. Derzeit ist der Tansania-Park tatsächlich nicht öffentlich zugänglich, sondern er ist abgeschlossen. Es gibt einen Schlüssel bei uns in der Behörde, den man sich für Führungen besorgen kann. Das passiert auch tatsächlich. Und es wird gerade gemeinsam mit der Forschungsstelle, um die es eingangs ging, daran gearbeitet, dass wir im März oder Februar des kommenden Jahres eine öffentliche Tagung dazu haben werden, wie diese Zeugnisse der Kolonialgeschichte dort auch künftig angemessen präsentiert und kontextualisiert werden können. Im Zuge dessen erhoffen wir uns dann natürlich auch eine andere Form der Zugänglichmachung, allerdings dann in einer Form, die auch erklärt, was das ist und nicht einfach die Menschen mit dieser Darstellung allein lässt.

Wer die Bilder nicht mehr vor Augen hat: Es sieht ja so aus, als ob die aus den kolonialen Gebieten eingezogenen und zum Dienst an der Waffe gezwungenen Soldatinnen und Soldaten das freiwillig getan hätten, um jetzt einmal nur einen kleinen Aspekt dieser Reliefs aufzugreifen. Das muss eingeordnet werden.

Bei einem ersten Schritt sind wir tatsächlich gerade kurz vor einem Abschluss; er betrifft das TrothaHaus in der Helmut-Schmidt-Universität. Dort gibt es mittlerweile einen Textvorschlag, den Professor Zimmerer erarbeitet hat, der derzeit in der Abstimmung mit der Universität ist und – so die Planung – noch im Verlauf dieses Jahres am Haus angebracht werden wird. Dann haben wir die erste historische Kontextualisierung, und so soll es dann weitergehen, um auch an den anderen Stellen eine entsprechende Zugänglichkeit zu den heutigen Debatten zu ermöglichen.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank. – Farid Müller für die GRÜNE Fraktion.

Herr Senator, welche anderen städtischen Institutionen beschäftigen sich denn noch mit der kolonialen Vergangenheit in Hamburg?

(Jörg Hamann CDU: Als ob Sie das nicht wüssten! – Heiterkeit)

– Na, das weiß ich nicht, das könnten wir einmal ausprobieren. Da es so viele sind, vermute ich, er kennt sie tatsächlich nicht alle, zumindest weiß er nicht, dass alle das machen.

In der Tat ist das einer der Kernaspekte, die wir erreichen wollen mit dieser Debatte, dass es nicht darum geht, dass einige wenige sich damit be

schäftigen, sondern dass es etwas ist, das in der Breite der städtischen Gesellschaft auch angenommen wird als Herausforderung. Wir haben dazu im Sommer eine erste Runde bei uns in der Behörde gemacht, wo wir uns vor allen Dingen mit den Direktorinnen und Direktoren der städtischen Museen getroffen haben, weil wir in vielen Museen sehr unterschiedliche, aber sehr deutliche und klare Bezugspunkte zum Thema haben.

Wir haben ohnehin die Landeszentrale für politische Bildung, die interkulturelle Projektarbeit fördert, und dann eben in der Tat vor allen Dingen die Museumsstiftungen, die etwas machen. Nehmen Sie beispielsweise das Altonaer Museum, das sich gerade im Zuge seiner Neugestaltung der Dauerausstellung darum kümmert, koloniale Bezüge sichtbar zu machen. Nehmen Sie das Museum für Kunst und Gewerbe, in dem die berühmten BeninBronzen, einige der wertvollsten Teile, die wir überhaupt in Hamburger Museen haben, untergebracht sind mit einer klaren kolonialen Vergangenheit, deren Werkgeschichte gerade aufgearbeitet wird. Nehmen Sie das Museum für Völkerkunde, dessen Sammlung fast vollständig aus kolonialen Bezügen besteht, die unter der neuen Leitung von Frau Professor Plankensteiner neu aufgearbeitet werden. Das Museum der Arbeit bereitet eine Sonderausstellung vor zum Thema weltweite Produkte – Hamburg zwischen Kolonialismus und Globalisierung. Beim Deutschen Hafenmuseum wird der Kolonialismus eine zentrale Rolle spielen. Im Museum für Hamburgische Geschichte geht es darum, Brückenschläge zwischen der jetzigen Darstellung und kolonialen Bezügen herzustellen.

Sie sehen, an sehr vielen verschiedenen Stellen spielt das Thema Kolonialisierung eine Rolle in der Wissensvermittlung durch unsere Kulturinstitutionen. Das ist das, was jetzt schon läuft, und wir stehen ja am Beginn eines Prozesses und nicht am Ende. Aber ich glaube, wir haben die Substanz, um da wirklich gut voranzukommen.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Danke, Herr Senator. – Herr Meyer für die FDP-Fraktion.

Herr Senator Brosda, wenn Hamburg die erste europäische Metropole ist,

(Senator Dr. Carsten Brosda: Eine der ers- ten!)

die sich kritisch mit dem Kolonialismus befasst, wird dann eine Vernetzung mit anderen europäischen Metropolen angestrebt, um bei diesem Thema, das ja kein Hamburg-spezifisches ist, auch mit anderen Nationen zusammenzuarbeiten? Und wie würde diese Zusammenarbeit aus Ihrer Sicht aussehen?

(Senator Dr. Carsten Brosda)

Sie greifen da in einen Bereich hinein, an dem wir konzeptionell derzeit noch nicht stehen, weil wir glauben, dass wir erst einmal unsere eigene Aufarbeitung machen müssen. Wir stellen fest, es gibt eine beginnende Diskussion, die in Deutschland stattfindet, und ich glaube, dort wird die Vernetzung erst einmal möglich sein. Wir erleben es gerade insbesondere in Berlin bei den Auseinandersetzungen rund um die Darstellungen im künftigen Humboldt Forum, in dem unter anderem die ethnografischen Sammlungen des Landes Berlin von der Stiftung Preußischer Kulturbesitz zusammengeführt werden sollen, und die sehr offene und öffentlich kontrovers geführte Diskussion darüber, inwiefern dort koloniale Bezüge eine Rolle oder eben gerade keine Rolle in der derzeitigen Konzeption spielen. Da stellen wir schon fest, dass dort insbesondere auch auf die Hamburgerinnen und Hamburger, die in diesem Themenfeld unterwegs sind, geschaut wird, um Anregungen und Hinweise zu erhalten. Ich habe mit Interesse zur Kenntnis genommen, dass die Staatsministerin für Kultur und Medien der Bundesregierung, Monika Grütters, darüber nachdenkt oder angeregt hat, auch bundesweit Projekte zu unterstützen, die sich genau mit dem Thema Kolonialismus und koloniale Provenienz auseinandersetzen, und an der Stelle haben wir dann schon vor, auch kraftvoll in den überregionalen Diskurs einzutreten.

Der nächste Schritt wäre dann eine europäische Vernetzung. Ehrlicherweise sind wir da noch nicht, sondern die Orientierung geht wenn, dann momentan in der internationalen Zusammenarbeit eher in Richtung der ehemaligen kolonialen Kulturen, die als unmittelbar Betroffene dann auch mit ihren hiesigen Artefakten in der einen oder anderen Art eine Rolle spielen. Nehmen Sie beispielsweise den Benin-Dialog über eben jene Bronzen und die Kunstwerke, die seinerzeit aus Nigeria geraubt wurden. Solche Kontexte sind da. Eine der nächsten Runden findet auch hier statt. Also da haben wir durchaus Themenfelder und internationale Vernetzungen. Eine Vernetzung europäischer Institutionen werden wir in diesen Kreis mitnehmen, aber das ist derzeit noch nicht diskutiert.

Vielen Dank. – Frau Oelschläger mit einer Nachfrage für die AfD-Fraktion.

Herr Senator, Sie hatten die gute Zusammenarbeit mit Herrn Professor Zimmerer und seine gute Arbeit angesprochen. Herr Professor Zimmerer ist ja nicht immer unumstritten in seinen Äußerungen. Würden Sie noch einmal sagen, ob Sie mit ihm auch wirklich sehr zufrieden waren oder inwieweit das …

Erst einmal finde ich es nicht schlimm, wenn ein Wissenschaftler, der

ein kontroverses Themenfeld bearbeitet, durchaus auch anstößig in der Öffentlichkeit unterwegs ist. Ich muss allerdings schon sagen, dass Professor Zimmerer es binnen der kurzen Laufzeit von gerade einmal drei Jahren mit dieser Forschungsstelle geschafft hat, zu der wissenschaftlichen Stimme dieses Diskurses in der Bundesrepublik zu werden. Und das werden Sie nur, wenn Sie substanziierte und fachlich validierte Äußerungen dann auch in der Öffentlichkeit tätigen können. Persönlich empfinde ich ihn als einen sehr inspirierenden Gesprächspartner und als jemanden, der diesen Diskurs weiter prägt. Aber er ist diesbezüglich einer von mehreren in der Stadt. Nehmen Sie beispielsweise Barbara Plankensteiner an der Spitze des Museums für Völkerkunde, eine Afrika-Expertin mit ausgewiesener Expertise sowohl aus Yale als auch aus dem Weltmuseum Wien in Fragen kolonialer Kulturaufarbeitung. Da haben wir schon die Möglichkeiten, mit vielen Experten in der Stadt zu arbeiten, und in der wissenschaftlichen Aufarbeitung ist das, was Professor Zimmerer macht, meines Erachtens – und das hat uns auch der Wissenschaftsrat bestätigt – herausragend in diesem Themenfeld.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Senator. – Dann haben wir auch diese zweite Frage locker in der zur Verfügung stehenden Zeit abgearbeitet und können die Senatsbefragung beenden und zu unseren Abstimmungen kommen.

Wir starten mit Punkt 7 unserer Tagesordnung, Drucksache 21/10445, einem Bericht des Eingabenausschusses.

[Bericht des Eingabenausschusses: Eingaben – Drs 21/10445 –]

Zunächst zur Empfehlung des Eingabenausschusses zur Eingabe 423/17.

Wer möchte sich dieser Empfehlung anschließen? – Gibt es Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Dann ist das mit großer Mehrheit so beschlossen.

Wer schließt sich den Empfehlungen zu den übrigen Eingaben an? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das war dann einstimmig.

Die in der Geschäftsordnung für bestimmte Punkte der Tagesordnung vorgesehene

Sammelübersicht

haben Sie erhalten.

Sammelübersicht siehe Seite 4841.

Ich stelle fest, dass wir die unter A aufgeführten Drucksachen zur Kenntnis genommen haben.

Wer stimmt den Überweisungsbegehren unter B zu? – Wer nicht? – Gibt es Enthaltungen? – Dann haben wir auch das einstimmig so beschlossen.

Punkt 10, Drucksache 21/10143, Große Anfrage der FDP-Fraktion: Studierendenwerk Hamburg.

[Große Anfrage der FDP-Fraktion: Studierendenwerk Hamburg (2) – Drs 21/10143 –]

Die FDP-Fraktion möchte die Drucksache an den Wissenschaftsausschuss überweisen.

Wer möchte das auch? – Wer stimmt gegen das Überweisungsbegehren? – Enthaltungen? – Dann ist das Überweisungsbegehren abgelehnt.

Ich stelle fest, dass wir von der Großen Anfrage Kenntnis genommen haben.

Punkt 11, Drucksache 21/10220, Große Anfrage der CDU-Fraktion: Zwischenbilanz im Bildungsbereich.