Protocol of the Session on October 11, 2017

(Beifall bei der CDU, der FDP und der LIN- KEN)

Und wie reagieren Sie auf diese Befunde? Was sehen wir als Reaktion? Nichts, gar nichts. Sie sitzen das aus; Augen zu und durch, hoffen, es merkt keiner.

(Dirk Kienscherf SPD: Das ist doch Blöd- sinn!)

Keine einzige Reaktion darauf ist feststellbar. Ich halte das für einen Fehler. Es ist falsch, so nachlässig mit Hamburgs kulturellem Erbe umzugehen. Deswegen haben wir in einigen Punkten weitere Forderungen aufgenommen. Ich will nur zwei nennen. Durch das vereinfachte Bauverfahren in den Bezirken können Denkmäler unbemerkt verloren gehen. Deswegen haben wir gesagt, dort muss der Denkmalschutz zwingend geprüft werden. Und wir haben gesagt, dass wir für den Konflikt der öffentlichen Hand, wenn sie selbst Inhaber des Denkmals ist und Denkmalschützer, dann den Denkmalrat als Mediator und als Schlichtungsstelle einsetzen wollen.

Ich appelliere an Sie von SPD und GRÜNEN: Nehmen Sie das architektonische Erbe unserer Stadt ernster. Die wachsende Stadt braucht Qualität statt Abrisspolitik. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU, der FDP und der LIN- KEN)

Vielen Dank. – Das Wort hat Herr Duge von der GRÜNEN Fraktion.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Nicht umsonst haben 14 von 16 Bundesländern das Ipsa-lege-Prinzip, und sie laufen damit sehr gut. Hintergrund, warum wir das verändert haben, ist, dass – im Gegenteil zu dem, was Sie, Herr Meyer, sagten – die privaten Eigentümer gerade durch ipsa lege mehr Rechtssicherheit bekommen haben. Denn die vorherige Trennung in erkannte Denkmäler und Denkmäler hat zu Ungleichheiten und natürlich auch zu Unverständlichkeiten geführt und hatte eher Probleme mit den Denkmaleigentümern zur Folge als gemeinsame Lösungen, zu denen wir heute in der Regel kommen mit denjenigen, die über dieses Denkmaleigentum verfügen.

Ich möchte noch einmal auf Ihre Forderungen eingehen. Ich halte es wirklich für überzogen, ja sogar für falsch, jetzt einfach nach mehr Personal zu rufen und Aufgaben zu definieren, die eigentlich weder sinnvoll noch notwendig sind.

(Heike Sudmann DIE LINKE: Was? – Glocke)

Vizepräsident Dr. Wieland Schinnenburg (unter- brechend): Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Wersich?

Nein. Ich möchte das erst einmal weiterführen. – Denn wenn jemand eine Expertise haben will, wird diese nach Aufforderung erstellt. Natürlich kann es dann sein, dass möglicherweise andere Ergebnisse daraus resultieren. Früher hatten die erkannten Denkmäler dies noch nicht und es wurde nicht hinterhergekommen damit, diese Expertise zu erstellen. Das ist jetzt möglich. Es kann dann natürlich zu etwas veränderten Situationen kommen, darüber muss man sich klar sein. Aber das ist letztlich zugunsten einer Gleichbehandlung all derjenigen, die ihr Eigentum in der Denkmalliste finden.

Ich finde, das ist eine gute Regelung. Wir haben damals in der Anhörung die Expert gehört zum Ipsa-lege-Prinzip, und die Meinung war auch dort durchgehend, dass das Ipsa-lege-Prinzip vorteilhafter ist und zu gleicheren Bedingungen für die Eigentümer geführt hat.

(Dietrich Wersich)

Ich möchte noch etwas zum Denkmalrat sagen. Der Denkmalrat ist im Denkmalschutzgesetz eine kritische Reflexionsfläche von Fachleuten, die natürlich durchaus ihre eigenen Positionen haben. Ich finde gut, dass sie dort kritisch an die Sachen herangehen, wobei das natürlich nicht in jedem Fall so ist, sondern sich auf einige beschränkt. Diese Reflexionsfläche brauchen wir. Aber der Denkmalrat ist nicht Entscheidungsgremium. Hier muss man, glaube ich, eine klare Trennungslinie ziehen, weil das letztlich in die behördlichen Entscheidungsbereiche geht. Man wird beobachten müssen, wie sich das entwickelt, und vielleicht in einiger Zeit noch einmal neu überlegen können. Wir brauchen da einfach noch ein bisschen mehr Erfahrung im Zusammenhang mit dem neuen Ipsalege-Prinzip. – Danke schön.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Vielen Dank. – Das Wort hat Herr Hackbusch von der Fraktion DIE LINKE:

Herr Präsident! Die wesentlichen Argumente wurden von Herrn Wersich und Herrn Meyer schon genannt. Das will ich nicht wiederholen. Aber ich möchte noch einmal etwas zum Prinzip sagen.

Wir diskutieren über die Situation des Denkmalschutzes in Hamburg, und Rot-Grün macht dabei den Fehler, sich nur ein Gesetz anzuschauen, das von fast allen unterstützt worden ist – Herr Meyer hat dazu noch eine andere Meinung, aber sonst ist es unterstützt worden –, und ob es vernünftig umgesetzt wurde. Das ist doch gar nicht der Streit. Der Streit, den wir haben, ist: Wir haben in der öffentlichen Anhörung, die wir im Kulturausschuss hatten, mitbekommen, dass mit dem Denkmalschutzgesetz die Probleme, die wir haben in dieser Stadt mit dem Denkmalschutz, nicht gelöst werden. Das ist eine völlig andere Diskussion, und der stellen Sie sich nicht. Diese Diskussion haben wir im Zusammenhang mit dem Altonaer Bahnhof oder dem Bismarckbad, den City-Höfen gegenwärtig, mit den Peute-Gebäuden der GEG, die abgerissen worden sind. Freie und Abrissstadt Hamburg, diese Bezeichnung stimmt heute noch. Damit müssen wir uns auseinandersetzen, und das tun Sie nicht.

(Beifall bei der LINKEN und bei Dr. Joachim Körner AfD und Jens Meyer FDP – Dirk Kienscherf SPD: Das sind vier Beispiele!)

Und das sage nicht nur ich, sondern das ist Ihnen von allen Experten, die in dieser öffentlichen Anhörung waren, gesagt worden.

Das Schlimmste, das dabei herauskam, ist, dass die Vorbildfunktion der Stadt nicht gewahrt wird und – für mich selbst überraschend – die Stadt mit ihren eigenen Gebäuden am schlechtesten um

geht. Während jemand wie Hamburg Süd als privates Unternehmen durchaus denkmalgerecht seine Häuser wieder in Gang gesetzt hat, ist das bei den City-Höfen bisher nicht geschehen und rundweg abgelehnt worden. Zu diesem Widerspruch müssen Sie etwas sagen, zu Ihrer Verantwortung dafür und der Vorbildfunktion des Senats. Dazu sagen Sie gar nichts.

(Beifall bei der LINKEN)

Deswegen ist es das Mindeste – und darum unterstütze ich diese Anträge –, zu sagen: Der Denkmalschutzrat, der diese Kritik bisher im Wesentlichen ehrenamtlich machen muss, muss gestärkt werden. Es ist wohl Ihre Hoffnung, wenn Sie das nicht machen – denn das ist deutlich gesagt worden in der Anhörung –, dass die irgendwann schon müde werden und nicht mehr können. Man merkte durchaus, dass eine gewisse Erschöpfung schon da ist. Der Denkmalrat muss gestärkt werden, und ich verlange von Ihnen, zu sagen, warum Sie ihn nicht stärken. Das ist doch das Wichtige. Er ist die öffentliche Stimme, die den Denkmalschutz in dieser Stadt vor allen Dingen verteidigt, weil der Senat dazu ja nicht in der Lage ist. Von daher ist es wichtig, das zu machen, und dementsprechend unterstützen wir die Anträge.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank. – Das Wort hat Herr Ehlebracht von der AfD-Fraktion.

(Ksenija Bekeris SPD: Ehlebracht, die Ach- te?)

Nein, die Sechste. – Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Wir stehen dem Antrag der FDP in den meisten Punkten sehr positiv gegenüber und werden diesem nur aufgrund zweier einzelner Punkte nicht zustimmen können, da wir hier weiteren Gesprächsbedarf sehen. Das eine ist die Vierwochenfrist, die Sie in Punkt 4 nennen. Die halten wir einfach für nicht realistisch. Das wäre die kleinere Sache. Der andere Punkt, weitaus gravierender, betrifft den Punkt 6d, in welchem Sie letztendlich eine Gesetzesänderung des Denkmalschutzgesetzes fordern, Paragraf 3 Absatz 5. Demnach soll der Denkmalrat nicht nur berechtigt werden, Empfehlungen auszusprechen, sondern er soll im Grunde genommen ein Vetorecht erhalten. Ein Vetorecht ist ein scharfes Schwert und nur in absoluten Ausnahmefällen anzuwenden. Man hat mühsam Entscheidungskompetenzen, Strukturen und Kompetenzen aufgebaut und durchtrennt diese Strukturen mit so einem Vetorecht. In Zeiten, in denen Transparenz und zunehmende Bürgerbeteiligung eine immer größere Rolle spielen – und zwar zu Recht eine immer größere Rolle spielen –, ist das eigentlich ein anachronistisches Mittel. Es müsste dann

(Olaf Duge)

unbedingt gewährleistet sein, dass dieser Denkmalrat künftig nicht vom Parteibuch besetzt werden darf. Es müsste zudem sichergestellt werden, dass dieser Denkmalrat weder in einer chronischen Rückwärtsgewandtheit alles an fortschrittlichen Bestrebungen verhindert, noch zum willfährigen Gehilfen einer entfesselten Wohnungsbaupolitik wird und alles der Abrissbirne preisgibt. Diese Gewährleistung sehen wir nicht gegeben und sehen daher noch Gesprächsbedarf mit der FDP, einfach um das näher erläutern zu lassen.

Ein paar Worte noch zu dem derzeitigen Stand des Denkmalschutzes in Hamburg, der unserer Ansicht nach nur ein Schattendasein führt. Nur allzu schnell werden Denkmäler potenziellen Optimierungen eines finanziellen Erlöses geopfert, prominentestes Beispiel – wir haben es heute schon gehört – sind die City-Höfe. Hier beklagt bereits der Denkmalrat in seiner Stellungnahme zu dem Hochhaus der Commerzbank, dass das in diesem Zusammenhang gestellte Abrissbegehren der Investoren mit dem in Aussicht gestellten Abriss des City-Hofes begründet wird.

(Dirk Kienscherf SPD: Das ist doch Blöd- sinn!)

Das können Sie nachlesen. Das ist kein Blödsinn. Es steht im Internet. Das ist kein Blödsinn; nachlesen, bitte.

Wir können sehen, dass dieser Präzedenzfall, der hier geschaffen wird, nach so kurzer Zeit schon anfängt, sich nachteilig auf das gebaute Erbe in Hamburg auszuwirken. Damit wird eine Hintertür in das Denkmalschutzgesetz eingebaut, so groß wie ein Scheunentor.

Aber auch die personelle Ausstattung des Denkmalschutzes spricht Bände. Gerade einmal ein Baudenkmalpfleger pro Bezirk zeugt von der Unterausstattung der Behörde. Dies führt zum Beispiel dazu, dass denkmalpflegerische Genehmigungen für Änderungen auf dem Ohlsdorfer Friedhof nicht vom Denkmalschutzamt, wie es eigentlich staatliche Aufgabe wäre, sondern de facto von einem ehrenamtlich tätigen Förderkreis bearbeitet werden – eine Tatsache, die damals schon im Ausschuss zur Sprache kam und für herbe Kritik sorgte.

Inzwischen haben nun nach der AfD auch die GRÜNEN und der Bundespräsident den Begriff der Heimat für sich entdeckt. Auch die Pflege der erhaltenswerten städtebaulichen Strukturen dient dem Ansinnen, den Bürgern ihre Heimat zu erhalten. Bei allem zeitgemäßen Fortschritt sollten wir unsere Baukultur bewahren und nicht dem bedingungslosen Wohnungsbau unterordnen. Hamburg braucht gerade jetzt in diesen Zeiten einen starken Denkmalschutz. Dafür weist der FDP-Antrag in vielen Punkten – in den zwei genannten leider nicht –

in die richtige Richtung. Wir stimmen daher der Überweisung an den Ausschuss zu. – Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Vielen Dank. – Meine Damen und Herren! Bevor ich Herrn Senator Dr. Brosda das Wort erteile, bitte ich Sie, Ihre Gespräche nach draußen zu verlagern.

Herr Senator, bitte schön.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich will das gar nicht großartig verlängern, möchte aber dann doch noch einmal kurz einige Hinweise geben. Die vielfach referenzierte Anhörung, die wir im Ausschuss hatten, hat am Ende des Tages für mich vor allen Dingen gezeigt, dass der Denkmalschutz etwas ist, was in der zivilgesellschaftlichen Öffentlichkeit aller verschiedenen Stakeholderinnen und Stakeholder in der Stadt sehr, sehr differenziert diskutiert worden ist und durchaus sehr unterschiedliche Stimmen zu hören waren, und dass wir mit dem Denkmalschutz ein Thema haben, das es verdient, ernsthaft angegangen zu werden, weil wir dort in der Tat gemeinsam eine Aufgabe haben, und die ist in allen Reden richtig beschrieben worden, nämlich die Grundlagen, und zwar auch die baukulturellen Grundlagen, von Heimat in unserer Stadt auf Dauer sicherzustellen. Ich glaube, darin sind wir uns alle einig.

Wir haben eine Veränderung im Gesetz, die uns einen veränderten Umgang mit Denkmalschutz abverlangt. Dadurch, dass wir die Ipsa-lege-Prinzipien eingeführt und die Kategorie des erkannten Denkmals aufgegeben haben, stellen wir erst einmal a priori unter Schutz und haben natürlich dann im Nachhinein mehr Diskussionen über die Frage zulässiger oder nicht zulässiger Eingriffe ins Denkmal, als wir es vorher hatten. Das hat schlicht etwas mit der veränderten Mechanik und Systematik des Gesetzes zu tun. Ich glaube, wir alle miteinander tun gut daran – und sind auch noch dabei –, die Mechanismen zu entwickeln, diese Diskussion vernünftig miteinander zu führen.

Die Beispiele, die wir an der Stelle haben, die zu großer Emotion in der Stadt führen, sind am Ende sehr wenige. Wir haben immer noch nur im einstelligen Bereich Eingriffe in Denkmäler, die in der öffentlichen Hand liegen, die bis zum Abriss führen. Davon ist ein Großteil abgängige Brücken gewesen in den letzten Jahren; das muss man dazu sagen. Insofern haben wir wenige diskutierte Fälle, die uns dabei helfen, unsere Maßstäbe zu schärfen, aber wir haben nicht viele.

Was die Antragswünsche, die von der Opposition konkret vorliegen, angeht: Natürlich könnte ich es mir leicht machen und sagen, jeder, der mehr Personal für meine Behörde fordert, ist mein Freund.

(Detlef Ehlebracht)

Aber so einfach will ich es mir nicht machen, weil zwei Dinge nicht irrelevant sind. Das eine ist die Frage, welche Stellung der Denkmalrat hat. Der Denkmalrat ist laut Gesetz selbst ein Expertengremium. Insofern berät er aus der Kraft seiner eigenen Expertise die Denkmalschutzbehörde. Das ist seine Aufgabe. Ein Expertengremium setze ich ein, damit es Expertise vorhält, nicht, damit es noch einmal Expertise zukauft.

Ich glaube, wir überfordern den Denkmalrat, wenn wir ihn in eine Mediationsfunktion bringen, weil er dann nicht mehr in der Lage ist, unvoreingenommen und klar Position für das Interesse, das er zu artikulieren hat, nämlich das Interesse des Denkmalschutzes, in den städtischen Diskussionen zu beziehen. Er müsste dann ja selbst in eine abwägende Rolle kommen, die er gar nicht braucht. Er muss glashart ein bestimmtes Interesse vertreten, und dass soll er auch tun dürfen.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Abschließend: Das Zweite ist die Frage der Denkmalwertbegründung, die wir hier vorgeben. In der Tat schreiben wir auf Antrag und auf Wunsch eines jeden, der formlos eine Begründung für sein Denkmal möchte, binnen kurzer Frist durch das Denkmalschutzamt die entsprechende Begründung. Das ist stehende Praxis und findet schon jetzt statt. Eine Präzisierung der Maßstäbe im Gesetz wiederum wäre etwas, was wir deutschlandweit in ein Novum führen würden, weil wir eine gesetzliche Formulierung haben, die in allen anderen Ländern gleichermaßen auch Gesetzeskraft hat.

(Michael Kruse FDP: Mutig nach vorne ge- hen!)