Allerdings hätte die Anpassung an die aktuellen Gegebenheiten schneller erfolgen müssen. Das haben wir als CDU schon häufig genug eingefordert. Nicht nur der Senat, sondern auch viele Integrationsexperten betonen immer wieder, dass die ersten Jahre bei der Integration die entscheidenden Jahre sind. Ich frage mich, warum es trotz dieser Erkenntnis zwei Jahre dauert, um dieses Integrationskonzept vorzulegen. Wir alle wissen, dass in den letzten beiden Jahren fast 60 000 Menschen zu uns gekommen sind, von denen über 30 000 in Hamburg geblieben sind. Der Senat verweist bei seiner Erklärung für die lange Dauer auf den Beteiligungsprozess.
Bestandteil dieses Prozesses war unter anderem die Online-Befragung mit knapp über 500 Teilnehmern. Die dort gestellten Fragen waren jedoch auf Allgemeinschauplätze beschränkt und verliefen nach dem Motto: In welchem Bereich halten Sie Integration für besonders wichtig? A) Kita, B) Schule, C) Arbeit.
Der Erkenntnisgewinn aus dieser Befragung dürfte daher eher gering ausgefallen sein, hat aber viel zu viel Zeit verschlungen.
Ich bin eigentlich eine große Unterstützerin von Kennziffern. Es ist auch der richtige Schritt, sehr kritisch der Frage nachzugehen, was die vielen Maßnahmen überhaupt bringen. Die hier aufgeführten Masterplan-Kennzahlen und Integration schließen sich aber aus. Die wirklich wichtigen Integrationsleistungen sind nicht messbar. Natürlich kann ich messen, wie viele an einem Kurs, an einer Maßnahme oder an einem Projekt teilnehmen. Das ist aber herzlich wenig aussagekräftig zur Beantwortung der Frage, ob die Integration tatsächlich gelungen ist.
Eine weitere Frage, die sich bei den MasterplanKennzahlen aufdrängt, lautet: Was passiert eigentlich, wenn diese nicht eingehalten werden? Ich kann Ihnen sagen, was dann passiert: nichts passiert.
Außerdem sind die Zielzahlen nicht großartig anders als die Vergleichswerte aus den Vorjahren. Das ist nicht mein Verständnis von einem Ziel und schon gar nicht von einem Integrationskonzept.
Wir stecken uns gemeinschaftlich als Gesellschaft hohe Ziele, hinter denen wir gemeinsam stehen, damit Integration tatsächlich und zügig gelingt. Vielleicht wäre es besser gewesen, anstatt der Zielzahlen die Maßnahmen für die Integration geflüchteter Menschen einzeln darzustellen. Richtig ist zwar, dass es sich bei der Erstintegration um ein Querschnittsthema handelt, das viele Themenbereiche betrifft. Ich frage mich allerdings, ob wir es uns nicht immer ein wenig einfach machen, wenn wir von Querschnittsthemen sprechen. Suchen die Hamburger Bürgerinnen und Bürger nicht besonders auf die Frage der Erstintegration geflüchteter Menschen Antworten in dem ohnehin schon sehr kompliziert formulierten Integrationskonzept?
Integration erfolgt in erster Linie über soziale Kontakte – im Freundeskreis, im nachbarschaftlichen Umfeld und am Arbeits- und Ausbildungsplatz. Das ist eine allgemeingültige These, die wohl kaum jemand bestreitet. Der schon vom Vorredner erwähnte Sachverständigenrat Deutscher Stiftungen für Integration und Migration kritisierte in seiner Stellungnahme zur Weiterentwicklung des Integrationskonzepts, dass zwar Mitarbeiter der Verwaltung und freien Träger vorkommen, aber – ich zitiere –:
"[…] die übrige Bevölkerung ohne professionelle Berührungspunkte mit Integrationspolitik spielt indes als Zielgruppe beispielsweise in Bildungsmaßnahmen oder Kampagnen keine Rolle."
Wir fragen uns, was mit dem Ausbildungsbetrieb ist, der die Integrationsleistung übernimmt. Integration kostet auch Geld.
Meine Redezeit läuft ab. Wir werden in den Ausschüssen viel darüber diskutieren. Der Sachverständigenrat empfiehlt auch ein Flüchtlingsmonitoring. Das fordert die CDU-Fraktion seit Monaten in Form einer Schriftlichen Kleinen Anfrage vom Senat ein. – Haben Sie vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Grunwaldt, die von Ihnen angesprochene Online-Befragung war nur ein Teil des Beteiligungsverfahrens.
Ende 2016 hatten über 630 000 Menschen in Hamburg einen Migrationshintergrund. Dies entspricht ungefähr der Bevölkerungszahl von Großstädten wie Düsseldorf oder Stuttgart. Wir sind in jeder Hinsicht eine wachsende Stadt. Wenn wir also Politik für Menschen mit Migrationshintergrund machen, dann ist unsere Zielgruppe größer als die Gesamtbevölkerung der meisten deutschen Großstädte. Dies zeigt, dass Integration in Hamburg kein Randthema sein darf. Die Politik braucht einen umfassenden Ansatz, der das Thema Integration in allen Bereichen der Gesellschaft mitdenkt und alle Menschen in unserer Gesellschaft anspricht, egal woher sie kommen.
Denn es geht nicht nur darum, woher man kommt, sondern auch darum, wo wir gemeinsam als Gesellschaft hinwollen. Deshalb ist es wichtig, dass die Politik hier die Weichen stellt. Dass wir als rotgrüne Koalition das tun, zeigt sich in diesen 140 Seiten und wurde zuletzt auch durch das unabhängige Gutachten des Sachverständigenrats bestätigt.
Besonders hervorzuheben ist das breite Beteiligungsverfahren, unter anderem mit der Volksinitiative "Hamburg für gute Integration". Gutes Zusammenleben kann man nicht von oben herab diktieren. Es funktioniert nur dann, wenn die Sichtweisen und die Bedürfnisse aller Menschen mit einbezogen werden. Das hat hier geklappt. Deshalb leistet dieses Konzept auch einen guten Beitrag für den gesellschaftlichen Frieden in unserer Stadt.
Seit der letzten Aktualisierung des Integrationskonzepts in 2013 ist viel passiert, vor allem der verstärkte Zuzug geflüchteter Frauen und Männer in den vergangenen zwei Jahren. Diese Situation erfordert natürlich auch eine Neuausrichtung der Integrationspolitik. Mit dem neuen Schwerpunkt Erstintegration wird es umfassend aufgegriffen. Wichtig ist aber, dass es dabei nicht bleibt. Integrationspolitik muss sich immer an alle Menschen wenden: an die speziellen Bedürfnisse von neu Zugewanderten, zum Beispiel durch eine gute Unterkunft, durch gezielten Spracherwerb und durch Beschäftigung, an die Menschen, die bereits vor einiger Zeit zu uns gekommen sind und zu einem festen Teil unserer Gesellschaft werden wollen, und an die Einheimischen, denen wir vermitteln
Ich finde, dieser Ansatz lässt sich im neuen Integrationskonzept des Senats gut ablesen, und darüber bin ich sehr glücklich. Wir werden uns in den Ausschüssen ausreichend Zeit nehmen, um die verschiedenen fachlichen Aspekte des Konzepts zu diskutieren. Auf einen inhaltlichen Aspekt möchte ich aber bereits hier eingehen, denn aus meiner Sicht ist ein sehr wichtiger Punkt das Thema interkulturelle Öffnung und Antidiskriminierung. Ich bin froh, dass dieses Thema im Integrationskonzept wieder einen großen Raum erhalten hat.
Denn wirkliche Integration kann nur dann funktionieren, wenn sich die gesellschaftlichen Verhältnisse auch in den Institutionen widerspiegeln. Es liegt in unserer Verantwortung, dafür zu sorgen, dass es nicht von der Herkunft abhängt, ob man Karriere machen kann oder nicht.
Leider zeigt sich immer wieder, dass Benachteiligungen stattfinden, zuletzt zum Beispiel bei einem Urteil des Amtsgerichts Barmbek gegen SAGA GWG. Wir haben noch einen langen Weg vor uns, bis wirklich alle Menschen überall gleiche Chancen haben, egal ob im öffentlichen Dienst, auf dem Arbeitsmarkt oder bei der Suche nach einer Wohnung. Es ist gut, dass wir uns gemeinsam auf den Weg machen.
Wir werden uns mit dem neuen Integrationskonzept gut für die Zukunft aufstellen. Natürlich kann man an der einen oder anderen Stelle unterschiedlicher Meinung sein; das lässt sich bei einem derartigen Querschnittsthema nicht vermeiden. Daher freue ich mich darauf, die verschiedenen Aspekte des Konzepts bald in den Ausschüssen zu behandeln, wo die Maßnahmen umfassend zu prüfen und zu diskutieren sind. Aber eines ist schon klar: Das Integrationskonzept zeigt, dass Rot-Grün die Lebenslagen der Hamburgerinnen und Hamburger im Blick hat.
Und das ist gut so, denn genau so funktioniert eine ernsthafte und moderne Integrationspolitik. – Danke schön.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Das Integrationskonzept als Wir-Ansatz zu formulieren, finden wir richtig, und es ist auch ein wichtiges Zeichen. Gerade
in Zeiten, in denen gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit auch in der Mitte der Gesellschaft zunimmt, rechte Parteien in Europa erstarken, der gesellschaftliche Zusammenhalt schwächer wird, die AfD davon spricht, an Grenzen auf schutzbedürftige Menschen, auf Geflüchtete zu schießen, oder davon spricht, die Integrationsministerin aufgrund ihres Migrationshintergrundes in Anatolien zu entsorgen, ist es eben nicht nur wichtig, von einem Wir zu sprechen, sondern auch wirklich in eine Wir-Gesellschaft zu investieren.
Sich Ziele zu setzen, die mit Indikatoren messbar sind, ist zuerst einmal schön und gut, aber es reicht eben nicht, nur auf quantitative Indikatoren zu setzen. Zu bemessen, wie sozial eingebunden, wie akzeptiert oder zu Hause sich bestimmte Gruppen in Hamburg fühlen, wäre nur mit qualitativen Messungen möglich. Wenn wir uns die Zahlen vor dem Hintergrund der 50 000 Geflüchteten, die in den letzten zwei Jahren nach Hamburg gekommen sind, einmal genauer ansehen, sind viele der formulierten Ziele zu niedrig und viel zu mutlos. Mir ist auch unklar, wie diese Ziele überhaupt formuliert und festgelegt wurden. Ich möchte dazu zwei konkrete Beispiele aus dem Konzept nennen. Beispiel 1, das Thema Wohnen. 2018 sollen 13 Prozent der Geflüchteten, die in einer öffentlichen Unterkunft leben, eine eigene Wohnung beziehen. Keine eigene Wohnung zu haben erschwert das Lernen für die Schule oder für das Studium. Es müssen viel mehr Geflüchtete in gesicherte Wohnverhältnisse integriert werden. Da aber nicht nur Geflüchtete, sondern auch wohnungslose, obdachlose Familien mit Dringlichkeitsschein auf bezahlbaren Wohnraum in dieser Stadt angewiesen sind, brauchen wir logischerweise auch mehr Wohnungen, die bezahlbar sind und allen zur Verfügung stehen.
Das zweite Beispiel, die Kita. 1 800 Kinder von geflüchteten Familien sollen 2018 eine Kita besuchen. Diese Zahl halte ich für zu niedrig, und ich möchte auch sagen, warum. Was passiert mit den anderen Kindern? Was passiert mit den Eltern der anderen Kinder? Was heißt das für die Mütter und Väter dieser Kinder? Können sie einen Deutschkurs besuchen, wenn sie keine Betreuung haben? Können sie ohne Betreuung arbeiten gehen? Nein, das können sie nicht. Deshalb heißt die Integration der Eltern eben auch die Integration ihrer Kinder, und deshalb ist die Zielzahl 1 800 viel zu niedrig.
Einen letzten Punkt möchte ich erwähnen. Sie beziehen sich stark auf die Quartiere. Wir haben schon des Öfteren diskutiert über die Stärkung der Projekte, der Anlaufstellen, der Einrichtungen in den Quartieren; das ist ja auch ein Teil des 25Punkte-Plans. Aber unklar ist immer noch, wie die