Ja, die AfD entzaubern, das würde ich gern einmal sehen, wie Sie uns im Wissenschaftsausschuss entzaubern,
zum Beispiel bei einem Antrag zum Thema Institut für Datensicherheit, oder im Schulausschuss bei einem Antrag zum Thema Leistungsklassen.
Erster Vizepräsident Dietrich Wersich (unterbre- chend): Herr Kruse, vielleicht haben Sie es nicht verstanden. Ich hatte gesagt, Ihre Redezeit ist abgelaufen, was man am Blinken der Anzeige am Redepult erkennt.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich bewerbe mich für gar nichts hier, sondern ich rede zu dem Thema, das heute von der FDP angemeldet worden ist. Ich hätte mich gefreut, wenn es von der SPD angemeldet worden wäre, denn das hätte bedeutet, dass Sie bereit sind, sich mit dem, was am Wochenende passiert ist, auseinanderzusetzen.
Ich bin ein bisschen bei Frau Boeddinghaus, die zwar gerade nicht zuhört, aber vorhin darauf hingewiesen hat, was ein Außenstehender, der die heutige Debatte verfolgt – vielleicht gibt es ja den einen oder anderen, der den Livestream unserer heutigen Debatte noch nicht abgeschaltet hat –, darüber denken würde, wie wir über das reden, was am Wochenende passiert ist. In der Tat hätten wir uns gewünscht, Herr Bürgermeister, dass Sie sich mit dem auseinandergesetzt hätten, was in Hamburg und anderswo in Deutschland passiert ist, nämlich mit dem großen Verlust nicht nur der CDU, sondern auch der SPD und mit dem Gewinn der kleinen Parteien. Das wird ja seine Gründe haben. Wenn in Hamburg die SPD 9 Prozent im Verhältnis zu dem Ergebnis von vor vier Jahren verliert, dann hat das doch auch einen Grund. Wahrscheinlich ist es nicht mit dem Erststimmenwahlkampf zu begründen, Herr Dressel.
Das würde mich nicht so ganz überzeugen. Dann hätten Sie den Leuten sagen sollen, Sie bitte nicht mit der Zweitstimme, sondern nur mit der Erststimme zu wählen. Das wäre ehrlich gewesen.
Es geht natürlich darum, wie es nach diesem Wahlergebnis sowohl in Hamburg als auch außerhalb Hamburgs weitergeht. Da hätten wir uns doch gewünscht, dass wir nicht nur hören, wie sich insbesondere die Sozialdemokraten auf die Schulter klopfen und sagen, wie toll sie alles machen.
Natürlich machen Sie nicht alles falsch, das sagt kein Mensch, und wir sind doch eine konstruktive Opposition, die das so sieht.
Auf der anderen Seite erwarten wir natürlich auch, von Ihnen einmal konkreter zu hören, was sich jetzt ändern soll. Wie sehen denn die Ambitionen von Herrn Scholz künftig aus? Wird er Hamburg wirklich stärker in den Fokus nehmen oder wird er den Bund stärker in den Fokus nehmen? Damit meine ich nicht die Arbeit im Bundesrat; diese gehört zum Amt des Bürgermeisters dazu. Wir hätten uns wirklich gewünscht, uns etwas kritischer und offener über das Wahlergebnis auseinanderzusetzen. Wir haben das vor vier Jahren gemacht, wir haben das schmerzlich erlebt, aber wir sind damit sehr offensiv umgegangen. Ich glaube, der Wähler erwartet von uns, dass wir ab und zu überlegen, ob wir vielleicht etwas ändern müssen, zum Beispiel auch im Umgang mit der AfD. Das ist in Hamburg ganz gut gelaufen, aber bundesweit kann man das wirklich nicht behaupten. Statt selbstkritisch an dieses Thema heranzugehen, erzählen wir den Menschen draußen immer, wie toll wir alle sind. Ich glaube, das ist nicht die Lösung. Damit erreicht man die Menschen am Ende nicht. – Vielen Dank.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Jarchow, meiner Meinung nach erwarten die Bürgerinnen und Bürger in dieser Stadt, dass wir einen Plan haben, wie wir diese Stadt weiterentwickeln, und nicht, dass wir darüber diskutieren – so haben Sie es angemeldet –, was auf Bundesebene alles falsch gelaufen ist, welche anderen Strategien man hätte wählen können. Die Bürgerinnen und Bürger in Ham
burg wollen wissen, wie wir diese Stadt in ihrem Sinne gestalten wollen. Darum geht es bei dieser Debatte.
Und dann geht es darum, dass die Fraktionsvorsitzenden oder die, die es werden wollen, darüber sprechen und nicht frustrierte Ex-Genossinnen
das eine oder andere über den Bürgermeister ausschütten. Eines sage ich klar: Es gibt keinen anderen Bürgermeister in diesem Land, der so oft Veranstaltungen vor Ort besucht und sich den Bürgerinnen und Bürgern stellt.
Gerade die soziale Frage ist uns, ist dem Senat, ist dem Bürgermeister sehr wichtig. Wer hat denn die Jugendberufsagentur vorangetrieben? Das waren wir.
Wer hat denn das Thema auf die Tagesordnung genommen, dass es nicht angehen kann, dass so viele Schülerinnen und Schüler die Schule ohne Abschluss verlassen? Darum muss man sich kümmern. Wer hat das verbessert? Das waren letztendlich wir. Wer hat ein Integrationskonzept vorgelegt – über das wir nachher noch reden werden –, wie es diese Stadt schafft, die erfolgreiche Integrationspolitik weiterhin voranzutreiben? Das ist gelobt worden in der Stadt, in der Republik. Das haben wir gemacht, das hat der Bürgermeister vorangetrieben. Deswegen geht es gar nicht darum, dass wir sagen, in dieser Stadt gebe es keine Probleme; die gibt es. Aber wir sagen klar, dass wir gemeinsam daran arbeiten müssen, um diese Probleme zu lösen. Dafür haben wir einen Plan, und darüber müssen wir reden.
Lieber Herr Trepoll, es ist eben ein Unterschied, wenn ein Ole von Beust mit Basketballmütze durch Jenfeld fährt, weil er sich nicht traut, sich den Bürgerinnen und Bürgern zu stellen,
oder wenn ein Bürgermeister Veranstaltungen besucht und mit den Bürgern kritisch diskutiert. Es ist ein Unterschied, ob man irgendwelche komischen Stadtentwicklungspläne macht oder ob wir in Stadtwerkstätten gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern diese Stadt vorantreiben wollen. Das ist ein politischer Unterschied. Und das Zweite,
der Bürgermeister trägt im Sinne Hamburgs Verantwortung auf Bundesebene, aber auch hier vor Ort. Er hat die entscheidenden Dinge, den Wohnungsbau, die wirtschaftliche Entwicklung, die Bildungsfrage, aufgegriffen.
In diesem Sinne werden wir unsere Politik gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern weiterführen. Das ist unsere Aufgabe.