Protocol of the Session on September 13, 2017

Ich will noch einmal eines sagen: Eine Insellösung für Hamburg lässt die Finanzierungsfrage völlig offen und ist nicht einmal rechtssicher. Und das wollen Sie für Hamburg? Das finde ich verantwortungslos.

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und bei Dora Heyenn fraktionslos)

Bei einer Bundeslösung ist es so, dass am Ende natürlich die Krankenkassen das Mehr an Personal, das vermutlich herauskommen wird, bezahlen müssen. Wenn wir nur eine Länderlösung haben, dann haben wir das alles nicht, und auch Ihr Antrag schweigt sich wieder einmal vortrefflich aus darüber, wie es denn mit der Finanzierung aussieht.

Ich gebe Ihnen recht, dass Handlungsbedarf besteht. Aber wir führen die Diskussion, und Ihre Vorwürfe kommen einfach zur falschen Zeit. Sie müssen sich einfach noch ein bisschen gedulden. Wenn Sie in der nächsten Legislaturperiode noch in diesem Parlament sind, dann können Sie natürlich weiter darüber schimpfen und meckern, wenn all das nicht umgesetzt wird. Und wenn Sie auf Bundesebene einmal Regierungsverantwortung übernehmen wollen, sagen Sie Bescheid

(Dr. Andreas Dressel SPD: Lieber nicht!)

vielleicht lieber nicht –, dann könnte es natürlich auch sein, dass Sie dort Ihre Ideen einbringen möchten. So, wie es im Moment läuft, brauchen wir die Geduld bis zum 30. Juni nächsten Jahres und eventuell bis zum 1. Januar. Aber die Senatorin hat noch einmal sehr deutlich erklärt, wie die Vorgänge sind, und ich bitte Sie, nehmen Sie sie zur Kenntnis. So ist unsere Gesetzeslage, und daran halten wir uns.

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und bei Dora Heyenn fraktionslos)

Frau Stöver von der CDU-Fraktion hat noch einmal das Wort.

Frau Präsidentin! Ich habe nur wenig zu ergänzen; meine beiden Vorrednerinnen haben schon sehr viel gesagt.

Ich möchte noch einmal sehr deutlich machen: In keinem Politikfeld hat die Bundesregierung so viel getan wie im Pflegebereich. Bundesminister Gröhe hat viele Gespräche geführt, wie auch wir auf Hamburger Ebene viele Gespräche geführt haben, mit beiden Seiten, mit Verbänden, mit Krankenhäu

sern und so weiter. Der Fachkräftemangel im Pflegebereich ist erkannt und es sind sehr viele Maßnahmen auf Bundesebene eingeleitet worden; die Ausbildung ist zusätzlich genannt worden, völlig richtig. Es ist Bundesminister Hermann Gröhe gewesen, der sich unheimlich viel vorgenommen hat,

(Zurufe: Der musste zum Jagen getragen werden! – Glocke)

und er hat definitiv alles abgearbeitet, minutiös. Ich wiederhole noch einmal: In keinem Politikfeld hat die Bundesregierung so viel getan wie im Pflegebereich. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Statt einer Zwischenfrage bekommt Herr Dr. Schinnenburg von der FDPFraktion das Wort.

Also, Frau Stöver, das war nun wirklich sehr unterhaltsam, was Sie hier gerade abgesondert haben.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der SPD)

Erstens: Sie haben zu Recht gesagt, Herr Gröhe habe sich viel vorgenommen. In Arbeitszeugnissen steht dann, der Mitarbeiter gab sich große Mühe – dabei hat er nichts geschafft. So weit die erste Bemerkung.

Zweite Bemerkung: Sie sagen, in keinem anderen Politikbereich sei so viel getan worden wie im Pflegebereich. Wollen Sie damit sagen, dass in allen anderen Bereichen noch viel weniger getan wurde als im Pflegebereich? Das ist doch wieder nur peinlich gewesen.

(Beifall bei der FDP)

Gibt es weitere Wortmeldungen zu dieser Anmeldung? – Wenn das nicht der Fall ist, können wir zum zweiten angemeldeten Thema unserer Aktuellen Stunde kommen. Uns verbleiben noch 28 Minuten. Ich rufe also das nächste Thema auf, angemeldet von der FDPFraktion

Beste Bildung statt satt und sauber. Hamburg braucht einen Plan für gute Kinderbetreuung.

Wer wünscht das Wort? – Herr Oetzel von der FDP-Fraktion, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir diskutieren heute über ein Thema, welches für die Zukunft unserer Gesellschaft von allergrößter Relevanz ist. Wir leben noch immer in einer Stadt und in einem Land, in dem die Lebenschancen sehr stark davon ab

(Christiane Blömeke)

hängen, in welche Verhältnisse man hineingeboren wurde, und ich glaube, wir alle in diesem Hause sind uns einig, dass wir dafür arbeiten und alles dafür tun müssen, dass das anders wird.

(Beifall bei der FDP)

Ich glaube, wir sind uns auch insoweit einig, dass wir hierfür ein Bildungssystem brauchen, welches jedem und jeder Einzelnen ermöglicht, den für sich selbst besten Weg einzuschlagen, wohin auch immer dieser Weg führen mag.

Die beste Bildung der Welt, die wir Freie Demokraten für Hamburg und Deutschland wollen, beginnt im frühen Kindesalter. Daher ist es besonders bitter, dass SPD und GRÜNE hier in Hamburg keinen Fuß auf den Boden bekommen.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Seit Jahren gibt es Kritik an der Qualität in der Kindertagesbetreuung. Hamburg hält weiter die rote Laterne aller westdeutschen Bundesländer. Satt und sauber reicht nicht aus, hörte man überall in der Stadt zu Beginn der Legislaturperiode – und Rot-Grün feiert sich dafür, die versprochene Verbesserung des Betreuungsschlüssels in der Krippe von 2019 auf 2021 verschoben zu haben, weil es an Erziehern fehlt. Die Erkenntnis, dass es für einen besseren Betreuungsschlüssel auch mehr Erzieher braucht, kam nun wirklich sehr spät: zweieinhalb Jahre, nachdem der Koalitionsvertrag unterzeichnet wurde, und sechseinhalb Jahre, nachdem zum ersten Mal ein SPD-Senator wieder auf dem Chefsessel in der BASFI Platz genommen hat.

(Beifall bei der FDP und bei Philipp Heißner CDU)

Um das zu kompensieren, sucht der Senat nun händeringend nach mehr Erziehern, 2 000 an der Zahl. Ich hoffe ehrlich im Sinne der Kinder, dass Rot-Grün sich hier nicht wieder verrechnet hat, denn die jüngste Bertelsmann-Studie geht von fast doppelt so vielen offenen Stellen aus, die man benötigt, um die gewünschte Betreuungsquote in Hamburg zu erreichen. Aber alle diese Zahlen und alle Berechnungen des Senats führen ohnehin grundsätzlich in die Irre, denn sie sind auf einer Berechnungsgrundlage entstanden, die die Realität in den Kitas und in den Kindertagesstätten vollkommen ausblendet. Urlaub, Krankheit, Fortbildung und vor allem mittelbare Pädagogik, also Erzieherarbeit ohne Kind, werden in den Berechnungen des Senats schlicht nicht berücksichtigt. Es wird unmöglich sein, die Probleme in der Kinderbetreuung wirklich zu lösen, wenn die Verantwortlichen so bereitwillig die Augen vor den tatsächlichen Zuständen in den Kitas verschließen.

(Beifall bei der FDP und bei Philipp Heißner CDU)

Währenddessen dürfte den Regierungsfraktionen und dem Senat nicht entgangen sein, dass momentan für eine neue Volksinitiative getrommelt wird. Leider drängt sich in der Bevölkerung scheinbar der Eindruck auf, dass sich der Senat in dieser Stadt nur noch bewegt, wenn er von außen massiv Druck bekommt. Diese Senatspolitik des geringsten Widerstands ist eine rein defensive Bewältigungsstrategie und das totale Gegenteil einer handlungsfähigen und selbstbewussten Regierung, der man die Lösung der drängenden Probleme zutraut und die diese Lösung auch anpackt.

(Beifall bei der FDP und bei Philipp Heißner und André Trepoll, beide CDU)

Sie müssen sich daher nicht wundern, wenn bald Zehntausende Eltern von Ihnen das einfordern, was Sie seit Jahren versprechen, aber nicht einhalten können.

(Erster Vizepräsident Dietrich Wersich über- nimmt den Vorsitz.)

Wir müssen eben auch in der Kinderbetreuung neu denken. Das Gutscheinsystem, mit dem Hamburg über Jahre sehr gut gefahren ist, muss dringend an die aktuellen Herausforderungen angepasst werden, und wir müssen neue Wege finden, um wieder mehr Leute für den Beruf des Erziehers zu gewinnen. Wir müssen alles dafür tun, dass die Kindertagesbetreuung in Hamburg den bestmöglichen Beitrag für Chancengerechtigkeit und für Bildungsgerechtigkeit leisten kann. Wir Freie Demokraten werden dafür arbeiten und werden Ihnen in den nächsten Wochen und Monaten zahlreiche Vorschläge dafür präsentieren, wie wir uns das vorstellen. Wir freuen uns, wenn diese dann hier konstruktiv diskutiert werden. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei Philipp Heißner CDU)

Als Nächstes erhält das Wort Herr Lohmann von der SPD-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Irgendwie ist Wahlkampf, habe ich das Gefühl.

(Dr. Sven Tode SPD: Bei der SPD nicht! – André Trepoll CDU: Vielleicht fangen Sie auch mal an!)

Das war eine Mischung aus allem, ein Hin und Her mit allem Drum und Dran und einem Titel, der so gewählt wirklich erstaunlich ist. Aber darauf gehe ich später noch einmal ein.

Selbstverständlich gibt es diese Initiative. Wir sind in konstruktiven Gesprächen mit dieser Initiative, nicht erst jetzt, sondern schon lange. Da lassen wir uns keinen Vorwurf machen.

(Daniel Oetzel)

(Beifall bei der SPD und bei Dr. Anjes Tjarks GRÜNE)

Ich gehe einmal ein bisschen auf das Thema Bildung in Kitas ein. Natürlich hat Hamburg und natürlich haben wir einen Plan für frühe Bildung und Betreuung, und dieser Plan befindet sich in der permanenten Umsetzung. Wenn ich mir Ihren Titel anschaue, scheinen Sie vergessen zu haben, dass im Jahre 2012 eine völlig überarbeitete Neuauflage der Hamburger Bildungsempfehlungen für die Bildung und Erziehung von Kindern in Kindertageseinrichtungen herausgekommen ist. Da hätte die FDP vielleicht einmal hineinschauen müssen, dann hätte sie vielleicht einen anderen Titel gewählt.

(Beifall bei der SPD und bei Dr. Anjes Tjarks GRÜNE – Michael Kruse FDP: Reden wir jetzt über den Titel oder über die Politik in dieser Stadt?)

Das sieht nach einem richtigen Plan aus. Ich möchte Ihnen eines von vielen, vielen Beispielen aus der Praxis geben, wie Kitas in Hamburg Bildungsstätten sind. Ich zitiere einen größeren KitaTräger:

"Kinder brauchen für ihre Bildungsprozesse einen Ort wie eine Werkstatt, an dem sie sich geborgen fühlen und selbst tätig sein können. Die Pädagoginnen und Pädagogen sind dabei wahrnehmende Beobachter, verantwortungsbewusste Ansprechpartner und zuverlässige Lernbegleiter."