Protocol of the Session on July 12, 2017

Es ist okay, dass Sie mir jetzt nicht zuhören oder glauben wollen, aber hören Sie doch einmal jemanden aus Ihren eigenen Reihen an, der sich auskennt.

(Jörg Hamann CDU: Sie glauben doch selbst nicht, was Sie erzählen!)

Hört einmal gut zu in der CDU-Fraktion.

Von Heino Vahldieck – immerhin der letzte CDUInnensenator bis 2011 – war bei Facebook zu lesen:

"Nein, André, die Rücktrittsforderung ist zu kleine Münze. Jetzt sollte es vielmehr darum gehen, den Bürgermeister beim Wort zu nehmen. Diese politische Chance sollte genutzt werden. Vielleicht lässt sich mit der SPD gemeinsam ein Konsens über die verhängnisvolle Rolle der Links-Partei finden. Die reflexartige Rücktrittsforderung an Scholz ist hingegen unangemessen, politisch wirkungslos und verbaut politische Chancen."

So weit der letzte CDU-Innensenator und der Mann hat recht.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Herr Vahldieck hat auch recht mit dem, was er ansonsten gesagt hat. Denn wir müssen uns …

(Zuruf von Dennis Thering CDU – Anna-Eli- sabeth von Treuenfels-Frowein FDP: Wir dürfen schon sagen, was wir wollen!)

Ich bin jetzt erst einmal mit der CDU durch und würde mich ein bisschen der anderen Seite des Hauses zuwenden.

Die Mahnung geht – jetzt kann sich die CDU langsam wieder beruhigen – in Richtung links außen hier im Parlament und draußen in der Stadt; da besteht in der Tat ein Zusammenhang. Das linksautonome Spektrum hat die Gewalttäter eingeladen. Wie anders ist zum Beispiel das Plakat von Autonomen in Zürich zu verstehen, auf dem zu lesen war:

"Hamburg sehen, solange es noch steht."

Wer so etwas schreibt, hetzt zum Bürgerkrieg auf. Das ist widerlich.

(Beifall bei der SPD, den GRÜNEN und ver- einzelt bei der CDU)

Wie anders ist, begleitet von martialischen Bildern, der Aufruf "Welcome to Hell" zu verstehen? Man wollte den größten Schwarzen Block aller Zeiten organisieren. Es fand vorbereitend zu G20 systematisch eine verbale und reale Aufrüstung in diesem Spektrum statt. Und was haben Sie gemacht, DIE LINKE, die Links-Fraktion, jeder Bundestagsabgeordnete, viele andere? Haben Sie sich dem entgegengestellt? Haben Sie deeskaliert? Haben Sie eine Grenzlinie gezogen?

Haben Sie klipp und klar bei Ihren Aktionen den Schwarzen Block, die Autonomen, politisch isoliert und sich von denen scharf abgegrenzt?

(Heike Sudmann DIE LINKE: Wir waren die, die vor Ort waren!)

Nein, das haben Sie nicht. Sie haben schon in den Wochen davor durch Pressearbeit in den sozialen Medien und anderswo erheblich dazu beigetragen, den Boden zu bereiten. Der Lackmustest ist jedoch Ihre eigene Demovorbereitung. Ein glasklares Abschwören von jeder Gewalt haben Sie in Ihrem Aufruf nicht hinbekommen.

(Heike Sudmann DIE LINKE: Das Ergebnis war glasklar!)

Ich will keinen Ihrer friedlichen Mitdemonstranten kritisieren, das will ich ausdrücklich sagen. Ich weiß, dass bei Ihrem Aufzug auch viele friedlich demonstriert haben. Die will ich nicht kritisieren.

(Cansu Özdemir DIE LINKE: Doch, das tun Sie gerade!)

Das können so viele Tausend sein, wie Sie wollen, die will ich ausdrücklich nicht kritisieren. Das habe ich doch gerade gesagt. Hören Sie ruhig und entspannt zu: Die will ich nicht kritisieren.

Aber Herr van Aken hat im Interview des NDR selbst eingeräumt, dass Autonome Ihre Demo mitorganisiert haben. Das müssen Sie doch einmal zur Kenntnis nehmen.

(Beifall bei der SPD, den GRÜNEN und bei Dr. Jörn Kruse AfD)

Dann nahm das Drama in diesen Tagen seinen Lauf. Nach dem Ende der "Welcome to Hell"-Demo, die der Anmelder selbst beendet hat, nachdem sich ein relevanter Teil seiner Demonstranten rechtswidrig verhielt und die Polizei versucht hat, diesen Teil von der Demo zu trennen, werfen Sie der Polizei Rechtsbrüche und gezielte Verletzung von Demonstranten vor und schaffen damit genau das Klima, das zu den weiteren Eskalationen beiträgt. Und nebenbei: Die Videosequenzen, die Sie sich anschauen können, zeigen ein anderes Bild vom Polizeieinsatz auf der "Welcome to Hell"-Demo. Die Aussagen der LINKEN in den Pressemitteilungen verfälschen die Geschehnisse massiv.

(Beifall bei der SPD)

Frau Schneider twitterte auch fleißig mit. In einem ReTweet kommentierte sie am 8. Juli 2017:

"Bin nicht vor Ort, überblicke die Situation nicht. Aber Polizei, die quasi militärisch gegen Menschenmenge vorgeht, ist neue Qualität."

Einmal genau zugehört und genau gelesen.

(Joachim Lenders CDU: Bin nicht vor Ort, aber weiß alles!)

Genau, nicht vor Ort. Das ist schon einmal das Erste, Herr Lenders, völlig richtig.

Nicht vor Ort sein und dann solche Diagnosen stellen, völlig klar. Aber dann: militärisch neue Qualität. Wenn in diesen Tagen jemand paramilitärisch

oder guerillamäßig vorgegangen ist, dann waren das die Gewalttäter mit einer erschreckenden organisatorischen Vorbereitung. Es ist unerträglich, wie DIE LINKE hier Ursache und Wirkung verwechselt.

(Beifall bei der SPD, der CDU, der FDP, ver- einzelt bei der AfD und bei Dr. Anjes Tjarks GRÜNE)

Dann kommt diese unsägliche Gewaltnacht in der Schanze, an der – das bestreitet hier, glaube ich, niemand – der Schwarze Block maßgeblich beteiligt war. An dem Morgen danach beginnt das Aufräumen, der große Kater und für Sie – jetzt kommt's – die letzte Chance, sich zu entscheiden, auf welcher Seite der Barrikade Sie stehen wollen. Weder kommt von Ihnen und Ihrem Demonstrationsanmelder eine ausdrückliche Gewaltdistanzierung noch die Ankündigung – und das wäre der wichtigere Punkt gewesen –,

(Zurufe von der LINKEN)

dass Sie den Schwarzen Block, der – der Bürgermeister hat es gesagt – marodierend durch die Schanze gezogen ist, aus Ihrer Demo verbannen.

(Cansu Özdemir DIE LINKE: Sagen Sie die Wahrheit!)

Das wäre Ihre verdammte Pflicht und Schuldigkeit gewesen.

(Anhaltender Beifall bei der SPD, den GRÜ- NEN und vereinzelt bei der AfD – Erster Vi- zepräsident Dietrich Wersich übernimmt den Vorsitz.)

Stattdessen passiert das Gegenteil. Ich habe mir heute Morgen in der Mediathek des NDR noch einmal das Interview mit van Aken angeguckt. Ausdrücklich hat er gesagt, der Schwarze Block sei willkommen. Wie kann man das nach einer solchen Nacht sagen? Das ist eine moralische Bankrotterklärung von Ihnen allen.

(Beifall bei der SPD, der CDU, den GRÜ- NEN und der AfD)

Ich kann Ihnen diesen Satz nicht ersparen: DIE LINKE ist der parlamentarische Arm des Schwarzen Blocks und Sie sollten sich schämen.

(Beifall bei der SPD, vereinzelt bei der CDU und der FDP und bei Dr. Jörn Kruse AfD)

Mal sehen, ob Sie sich nachher entschuldigen. Gelegenheit haben Sie dazu.

(Zurufe von der LINKEN)

Nein, bei den Hamburgerinnen und Hamburgern, bei den Geschädigten und bei den Betroffenen für Ihren Teil der Mitverantwortung.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN – Zu- rufe von der LINKEN)

Aber ich sage auch klar, dass es nicht reicht, wenn DIE LINKE sich heute von Gewalt distanziert, sie muss ihre Verbindung zu den Militanten abbrechen. Sie darf die Militanz nicht weiter verharmlosen, sie muss aufhören zu behaupten, dass der Polizeieinsatz die Militanz provoziert.

(Christiane Schneider DIE LINKE: Das ha- ben wir nie behauptet!)

Die Militanten planten ihre Gewalt von langer Hand. Sie darf die Argumente und Sichtweisen der Militanten nicht mehr zum Gegenstand ihrer Anträge und Anfragen machen. Ihr Fazit muss sein: black bloc not welcome. Heute haben Sie hier die Gelegenheit, das zu tun.