Das Demonstrationsrecht ist ein hohes Gut unserer Republik, aber was hier unter seinem Deckmantel passiert ist, hat mit dem Geist des Grundgesetzes und einer friedlichen Protestkultur nichts, aber auch gar nichts zu tun. Da müssen auch die Anmelder solcher Demonstrationszüge voll in die Verantwortung genommen werden.
Wer dagegen daherredet, dass die Polizei mit ihrer klaren Linie die Demokratie gefährdet, der hat ver
Wir hatten über 50 Demonstrationen in Hamburg, teilweise in unmittelbarer Nähe zum Tagungsort. Die meisten waren völlig friedlich. Es gab die "Protestwelle", Yoga-Brücken, Tausende bei "Hamburg zeigt Haltung" oder die 1 000 Gestalten – kreative, konstruktive und vor allem friedliche Demonstrationen.
Aber offensichtlich wollten die Autonomen nicht, dass diese Bilder um die Welt gehen. Manches, was in den letzten Tagen gerade auch aus der Roten Flora dazu zu hören war, ist beschämend und menschenverachtend und einer Demokratie nicht würdig.
Wer nach den Ausschreitungen scheinheilig und völlig unangemessen versucht, zwischen guter und böser Gewalt zu unterscheiden, macht sich mitschuldig und kann sich nicht einfach aus der Verantwortung stehlen.
Und wer davon quatscht, dass man diese Militanz doch bitte nicht in der Schanze, sondern in Pöseldorf oder Blankenese ausleben sollte, der muss sich nicht wundern, wenn man ihn einen geistigen Brandstifter nennt.
Wir müssen dafür sorgen, dass unsere Demokratie und unser Rechtsstaat wehrhaft bleiben. Das gilt nicht nur für Hamburg, sondern für die Bundesrepublik insgesamt. Wir konnten am vergangenen Wochenende erleben, was die geradezu militärisch operierenden Gewalttäter von den bunten Strukturen einer offenen Gesellschaft halten. Sie nutzen Offenheit und Solidarität, solange sie ihnen Deckung geben, zerstören aber alles, was ihnen in den Weg kommt, wenn es provokante Bilder schafft oder der persönlichen Bereicherung dient. Wir sollten die Plündereien nicht vergessen, die zu diesem angeblich linken Protest dazugehören.
Deshalb müssen unsere Reaktionen parteiisch für die Opfer sein, klar in der Analyse und hart gegenüber den Tätern.
Dazu gehört, dass denjenigen, denen eine Straftat nachgewiesen werden kann, hoffentlich auch harte Strafen drohen. Ich wünsche mir, dass wir hier alles falsche Verständnis weglassen und Gewalttäter als das behandeln, was sie sind – eine Gefahr für die Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt, für den Frieden in unserer Stadt und für das Zusammenleben.
Alle politischen Parteien sind deshalb aufgerufen, eine kerzengerade Abgrenzungslinie zur Gewalt zu ziehen. Nur so senden wir das Signal, dass die Regeln der freien und offenen Gesellschaft gelten.
Die Hamburger Polizei hat eine Sonderkommission eingerichtet. Wir werden als Stadt auf die Gewaltexzesse reagieren. Wir haben es hier mit einer Form schwerer Kriminalität mit hohem Organisationsgrad zu tun, die von uns entschieden verfolgt wird. Die Sicherheitsbehörden werden die neuen Erfahrungen auswerten und die Erkenntnisse auch an andere weitergeben. Wenn sich die Täter europaweit organisieren, dann müssen sich die Sicherheitskräfte ebenfalls stärker europaweit vernetzen. Die Einrichtung einer europaweiten Extremistendatei gehört für mich dazu. Im Vorfeld solcher Gipfel findet schon jetzt viel Austausch statt, das muss im Alltag noch verstärkt werden.
Außerdem ist der Hinweis, dass eine Person nachweislich in einer solchen Datei gespeichert ist, für Maßnahmen wie Reisebeschränkung, Vorfeldbeschränkung, Ingewahrsamnahmen und auch die Beantragung von Haftbefehlen wahrscheinlich hilfreich.
Zur Aufarbeitung gehört auch, dass wir allen Opfern der Gewalt schnell und verlässlich Hilfe zukommen lassen. Ich habe bereits am Freitagabend entschieden, dass wir dafür sorgen werden, dass keiner, der durch die Gewalttaten geschädigt wurde, auf seinem Sachschaden sitzen bleibt. Es ist gut, dass die Bundeskanzlerin sofort zugesagt hat, dass dies eine gemeinsame Aufgabe Hamburgs und des Bundes ist.
Hamburg hat einen Härtefallfonds für Billigkeitsentschädigung bei der Investitions- und Förderbank eingerichtet, an dem sich der Bund beteiligen wird. Betroffene Bürgerinnen und Bürger, die durch Straftaten im Zusammenhang mit der Durchführung des G20-Gipfels Sachschäden erlitten haben, sollten alsbald bei der für sie zuständigen Polizeidienststelle Anzeige erstatten. Dort wird der Schaden aufgenommen und an den Härtefallfonds weitergeleitet. Auch diejenigen, die bereits Anzeige erstattet haben, sollten ihre Schadensmeldung da noch hingeben.
Auch den Polizistinnen und Polizisten wollen wir mit Sonderurlaub, Freizeitausgleich, Auszahlung von Überstunden und Entschädigung für zerstörte private Sachen beiseitestehen.
Doch es geht nicht nur um Entschädigung, sondern auch darum, dass wir für die Innere Sicherheit neue Wege zum Handeln beschreiten. Wir werden zu diskutieren haben, wie wir der Guerillataktik der Autonomen mit polizeilichen Maßnahmen besser begegnen können. Wir werden Maßnahmen entwickeln, wie wir Gaffer und Schaulustige in Situationen wie Freitagnacht in der Sternschanze aus dem Geschehen entfernen können, um effektiv eingreifen zu können.
Wir werden uns ansehen, wie die Polizei künftig aufgestellt sein muss, um in jeder Situation zum Beispiel schnell und effektiv außergewöhnliche Bedrohung von Polizeikräften beim Einschreiten abzuwehren. Und natürlich werden wir uns auch fragen, was das Gipfelgeschehen für den Umgang mit jenen Linksextremen bedeutet, die nicht selbst Straftaten begehen, aber sehr wohl für die nötige Logistik sorgen.
Hier ist die gesamte Gesellschaft gefragt. Niemand sollte sich mit Linksextremisten gemein machen, auch wenn es um die vermeintlich gleichen Ziele einer besseren Welt geht.
Linksextremisten instrumentalisieren solche Ziele rein taktisch, um eine verfassungsfeindliche Ideologie zu transportieren. Darauf sollte niemand hereinfallen. Ich erwarte jedenfalls eine klare Distanzierung von dieser Art Gewalt vorbereitender und unterstützender Politik. Dieser taktischen Bündnispolitik mit Linksextremisten müssen alle, wirklich alle Demokraten eine klare Absage erteilen.
Ich kann im Übrigen die recht theoretische Diskussion darüber, ob nun der Linksextremismus oder der Rechtsextremismus schlimmer sei, nicht mehr hören. Für Extremisten und Gewalttäter gibt es in unserer Gesellschaft keinen Platz, völlig egal, welche Ideen sie zur Rechtfertigung ihrer Fantasien gebrauchen oder missbrauchen.
Wir dürfen den Extremisten keine Handbreit Spielraum geben. Jetzt sind wir alle gefragt, diese Angriffe auf unsere Demokratie entschieden und gemeinsam abzuwehren.
Für mich als Ersten Bürgermeister dieser stolzen Stadt bedeutet das, mit aller Kraft und aller Macht daran zu arbeiten, dass so etwas wie diese Krawalle nie wieder in Hamburg passieren kann. Die Bürgerinnen und Bürger haben ein Recht darauf, sich sicher zu fühlen. Dieser Senat wird dieses Recht sichern.
Wir brauchen sehr grundsätzlich auch eine Verständigung darüber, wie wir uns als Hamburgerinnen und Hamburger sehen. Nehmen wir den Auftrag unserer Verfassung ernst, im Geiste des Friedens eine Mittlerin zwischen allen Erdteilen und Völkern der Welt zu sein, und nehmen wir auch in Zukunft die Erschwernisse auf uns, die eine solche Rolle mit sich bringt? Ich bin der festen Überzeugung, dass Hamburg gar nicht anders kann, als sich auch in Zukunft in den manchmal rauen Wind der Verantwortung zu stellen. Das müssen wir miteinander klären.
Es gab in der Schanze das Plakat: Herr Scholz, wir müssen reden. Ganz ehrlich, das finde ich auch. Wir alle in der Stadt müssen über die vergangenen Tage reden und darüber, welche Lehren wir daraus für die Zukunft ziehen. Aber wir reden miteinander als freiheitliche, friedliebende und weltoffene Zivilgesellschaft. Wir bestimmen unsere Positionen mit der Kraft der Überzeugung und der Macht der Argumente. Niemals werden wir uns durch Gewalt vorschreiben lassen, wie wir zu leben haben.
(Beifall bei der SPD, den GRÜNEN, verein- zelt bei der CDU und bei Stephan Jersch DIE LINKE und Dr. Jörn Kruse AfD)
Es ist gut, dass die Hamburgerinnen und Hamburger in diesen Tagen solidarisch zusammenstehen, damit unsere Stadt weltoffen und liberal bleibt. Das war, ist und bleibt die Stärke dieser freien Stadt.