Protocol of the Session on May 31, 2017

Frau Suding, Sie werden sich gleich noch zu Wort melden. Wer in so einer Situation glaubt, man könne wuchtig Steuersenkungen versprechen ohne eine saubere Gegenfinanzierung – das wird auf den Widerstand von Hamburg stoßen.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Ganz klar: Wir haben große Aufgaben zu erledigen. Wir müssen in die Infrastruktur investieren. Wir müssen weiterhin Schulen und Hochschulen sanieren.

(Katja Suding FDP: Wir müssen Müllgebüh- ren einführen, nicht vergessen!)

Wir wollen in den Zwanzigerjahren U- und S-Bahnen bauen, und, und, und.

(Glocke)

Wir haben viel zu tun. Dafür ist dieses Ergebnis ein kräftiger Rückenwind. Auf diesem Weg werden wir haushalterisch solide weitermachen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Das Wort bekommt Herr Kleibauer von der CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es ist gut, dass die Große Koalition in Berlin zu einer Einigung in Sachen Neuregelung Bund-Länder-Finanzausgleich gekommen ist. Das dafür offene Zeitfenster wurde genutzt, um rechtzeitig eine Anschlusslösung zu finden für den Zeitraum nach 2019. Das schafft Planungssicherheit für alle Bundesländer. Das ist sicherlich gut so und es zeigt Handlungsfähigkeit von Politik.

(Beifall bei der CDU, der SPD und den GRÜNEN)

Wobei man zur Planungssicherheit sagen muss, Herr Dressel, und zu dem, was Sie über die Einwohnerwertung sagten: Das stand in den Gesprächen seit Jahren nicht mehr ernsthaft auf der Kippe.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Da erinnern wir uns an andere Gespräche! – Zuruf: Waren Sie bei den Verhandlungen dabei?)

Lassen Sie mich doch einmal ausführen.

Sie wollten einen Dank hören. Der Erfolg hat bekanntermaßen immer viele Mütter und Väter; von mir aus darf sich auch der Bürgermeister in diese Reihe einfügen.

(Dr. Monika Schaal SPD: Sehr großzügig!)

Parlamente, die dem Regierungschef auf Anforderung immer zu 100 Prozent danken, entsprechen nicht unbedingt einem politischen System, wie ich es mir vorstelle, Herr Dressel. Deshalb überlasse ich das an dieser Stelle Ihnen.

(Beifall bei der CDU)

Ich danke, weil ich überzeugter Parlamentarier bin, im Übrigen auch den Regierungsabgeordneten der Großen Koalition in Berlin, die in den letzten Wochen sehr, sehr viel geleistet haben, um die letzten Mosaiksteine richtig ins Puzzle einzufügen. Dabei ging es um viele Details und Kompromisse, die geschlossen worden sind.

Trotz der vielen Details möchte ich zwei grundsätzliche Anmerkungen machen, die man, glaube ich, an dieser Stelle auch machen sollte. Hamburg erhält, wie alle Bundesländer, deutlich mehr Geld – aus der Kasse des Bundes. Der Ausgleich unter den Ländern geht also ein Stück zurück, stattdessen gibt es mehr Zahlungen aus dem Bundeshaushalt. Gleichzeitig fordert der Bund – und erhält

(Dr. Andreas Dressel)

es – zusätzliche Kompetenzen. Das finde ich an dieser Stelle durchaus in Ordnung und nachvollziehbar; wir sind weit davon entfernt, dass das automatisch zu einem Zentralstaat führt. Aber ich glaube, es ist schon wichtig, dass die Balance zwischen Bund und Ländern gewahrt und die bewährte föderale Struktur, mit der wir, gerade auch in den letzten Jahren, in Deutschland sehr gut gefahren sind, erhalten bleibt. Es darf nicht der Eindruck entstehen, dass es Ministerpräsidenten in erster Linie um die Höhe des Schecks geht, den sie aus Berlin bekommen, sondern es muss um die Sache gehen. Mit der Kritik – die es gibt –, dass hier die Eigenständigkeit der Länder zumindest geschwächt wird, sollte man sich auseinandersetzen, und das gerade aus Sicht eines Länderparlaments, das nicht selbst im Bundesrat oder bei der Ministerpräsidentenkonferenz dabei ist. Das ist eine ernsthafte Kritik. Ich teile nicht jede dieser Kritiken, aber man muss sich in einem Landesparlament ernsthaft mit dieser Kritik auseinandersetzen, weil wir bei vielen dieser Entscheidungen nur Empfänger und nicht unmittelbar dabei sind.

Zum zweiten Punkt, den ich ansprechen möchte. Es ist schön, wenn Sie die Neuregelung ab 2020 in den Vordergrund stellen, aber man sollte nicht aus dem Blick verlieren, wie der jetzige Länderfinanzausgleich aussieht. In der vergangenen Woche gab es die neuen Details zur Steuerschätzung. Ich habe das Gefühl, dass Sie die Neuregelung ab 2020 als großes Ablenkungsmanöver nutzen, um ein bisschen davon abzulenken, dass Sie aktuell im Länderfinanzausgleich schlecht aussehen. Hamburg war 2013 wieder Nehmerland, Hamburg war 2016 Nehmerland, und Ihre Prognose ist, dass wir auch im Jahre 2017 Transferzahlungen aus anderen Bundesländern erhalten. Das zeigt doch, dass unsere Finanzkraft sich im Vergleich zu anderen Bundesländern schwächer entwickelt hat. Das ist ein Warnsignal, liebe Kollegen von Rot-Grün, und darauf müssen wir reagieren, wenn wir über Bund-Länder-Finanzausgleich sprechen.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der FDP)

Hier muss eine Regierung, hier muss ein Senat aktiv gegensteuern und das künftige Einnahmepotenzial der Stadt sichern. Wenn man sich den Länderfinanzausgleich anschaut, dann sieht man sehr deutlich, dass die Finanzkraft Hamburgs seit 2008 – im Grunde seit der Finanzkrise, von der wir mit dem maritimen Sektor überdurchschnittlich betroffen sind – hinter Bayern, hinter Hessen deutlich herhinkt. Das ist kein Dauerzustand. Hier muss man aktiv gegensteuern und die Einnahmesituation der Stadt sichern und sich nicht nur auf zusätzlichen Bundesmitteln – die es gibt, die es auch in den letzten Jahren schon gab aus Berlin – ausruhen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei Jennyfer Dutschke FDP)

Herr Müller von der GRÜNEN Fraktion bekommt nun das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die GRÜNE Fraktion begrüßt, dass die Länder sich mit dem Bund geeinigt haben. Gerade für uns als Stadtstaat ist es besonders wichtig – das ist schon erwähnt worden –, und es ist keinesfalls selbstverständlich, dass die Stadtstaatenregelung einfach so weiterläuft und sozusagen vor der Klammer steht. Ich glaube, so naiv ist keiner, ist übrigens auch keiner der Stadtstaaten gewesen. Ich bin sehr froh, dass der Erste Bürgermeister an entscheidender Stelle mit verhandelt hat und die Interessen dieser Stadt auch mit verhandeln konnte, gemeinsam mit Berlin und Bremen. Und ich finde, es gehört sich durchaus, dass das gesamte Parlament, weil wir den Haushalt aufstellen, sich hier einmal ein Dankeschön an den Ersten Bürgermeister erlauben darf. Wir als GRÜNE jedenfalls tun dies.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Der Kompromiss ist in diesem Fall nicht hoch genug einzuschätzen. Es lagen Klagen der Länder vor, die in Zukunft nicht mehr solidarisch sein wollten. Für die eine oder andere Argumentation kann man Verständnis haben, aber dieses System hätte so nicht weiter bestanden. Deswegen – und das ist richtig – haben wir es nicht den Verfassungsrichtern überlassen, die Finanzen der Länder neu zu ordnen, sondern wir haben es selbst hinbekommen, so denn Bundestag und Bundesrat zustimmen werden, und soweit ich gehört habe, werden alle Bundesländer im Bundesrat zustimmen, auch diejenigen, deren Regierungen von FDP und LINKEN mitgetragen werden. Das ist gut so.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Und wie es so ist bei Kompromissen, gibt es ein paar Dinge, bei denen wir sagen, das hätten wir vielleicht etwas anders gemacht. Wir hätten uns mehr beim Thema Bildung gewünscht, Stichwort Kooperation zwischen Bund und Ländern. Das ist jetzt gedeckelt. Ich glaube aber, erst einmal ist es gut, dass wir das hinbekommen haben in diesem Umfang. Davon werden einige profitieren. Wir in Hamburg haben mit unseren Hausaufgaben schon begonnen, schon damals mit der CDU, als wir das Sondervermögen Bildung auf den Weg gebracht haben. Unter Rot-Grün führen wir das weiter und bauen es in diesem Jahr mit 400 Millionen Euro aus, sind also kräftig dabei. Diese Regierung hat entsprechend mehr Lehrerstellen in diesem Haushalt eingeplant, nicht nur im Bereich der Geflüchteten, sondern auch in den Stadtteilschulen, für Inklusion und viele andere Sachen. Wir sind hier also

(Thilo Kleibauer)

gut aufgestellt. Trotzdem ist das Signal wichtig, dass der Bund hier agieren kann.

Die andere Frage ist: Was machen wir mit den Bereichen, die jetzt noch hinzugekommen sind, vor die Klammer als Paket, das der Bund haben wollte, wenn er schon zahlt? Dazu gehört die Steuerverwaltung, wo wir nun endlich zu einer Gemeinsamkeit kommen. Das ist ein sehr wichtiger Schritt für die Steuergerechtigkeit in Zukunft. Wir alle kennen die Debatten, egal, wer regiert – dass hier ein Schritt nach vorn gegangen wird, dass wir eine gemeinsame Datenbasis haben zwischen Bund und Ländern, ist nicht hoch genug einzuschätzen. Das begrüßen wir als GRÜNE sehr an diesem Punkt.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Und dass sich bei der Digitalisierung nicht die 16 Länder und der Bund allein auf den Weg machen, wie es bisher im Wesentlichen war, sondern wir uns zumindest vorgenommen haben, eine gemeinsame IT-Plattform für die elektronisierte Verwaltung hinzubekommen, finde ich gut. Es wird ein schwerer Akt, 16 Bundesländer und den Bund auf einen Nenner zu bringen, und es gibt viele Sorgen in den Ländern, dass der Bund uns dominieren könnte. Warten wir doch erst einmal ab. Der Weg ist der richtige, und manchmal muss man als Bundesland vielleicht auch einmal ein bisschen zurückstecken. Denn hier geht es eigentlich darum, dass wir für die Bürgerinnen und Bürger einen einheitlichen Zugang zu Verwaltungsdienstleistungen schaffen, und da muss man dann vielleicht auch einmal in einem Stadtstaat sagen: Na gut, wenn das jetzt bundesweit so ist, dann wird es vielleicht auch gut sein für die Bürgerinnen und Bürger.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Wir haben nachher noch eine Debatte zum Thema Infrastrukturgesellschaft. Da ist es in der Koalition hoch hergegangen zu der Frage, wie man privatisiert, wie weit man privatisiert und ob man die Bundesautobahn überhaupt privatisiert. Wir GRÜNE haben dazu eine klare Meinung: Wir wollen das nicht. Die SPD hat diese Meinung auch und hat noch gekämpft. Es sind ein paar Hintertürchen geblieben bei diesem Kompromiss,

(Heike Sudmann DIE LINKE: Hintertürchen? Scheunentore!)

der dann – und das ist das Erschreckende, vielleicht muss man das an dieser Stelle einmal sagen, wir werden das nachher noch vertiefen – nach der Bundestagswahl mit einfacher Mehrheit genutzt werden kann. Deswegen sind die Wahlen im September wichtig.

Aber heute geht es erst einmal darum, dass wir hier einen Kompromiss hinbekommen haben zwischen Ländern und Bund. Wir als Stadtstaat können sagen: Wir werden davon profitieren. Rund 100 Euro pro Einwohner mehr, das ist gut für diese

Stadt und zeigt, dass wir zukunftsfähig darauf bauen können in diesem Parlament. – Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Jetzt bekommt Herr Hackbusch von der Fraktion DIE LINKE das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir haben das Thema schon häufiger diskutiert. Wir können für uns klar sagen, dass wir das Ergebnis, das, was finanziell herausgekommen ist, unterstützen und gut finden. Wir finden, es ist ein richtiger Schritt, dass die Länder mehr finanzielle Möglichkeiten zur Verfügung haben. Das brauchen Sie dringend. Von daher ist ein Lob für diesen Kompromiss durchaus richtig.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Nicht ganz verstehe ich die Sache mit den Dankeshymnen, die Sie so gern hören wollen. Wir alle haben mitbekommen, dass Herr Scholz sehr eifrig an einer neuen Karriere auf Bundesebene gearbeitet hat. Das war so etwas wie sein Gesellenstück, wenn ich es gestern in der Pressekonferenz richtig verstanden habe. Mir scheint es ein bisschen so zu sein, als ob Sie neue Posten in Hamburg verteilen wollen, oder wie kann ich dieses riesige Danke, das man sagen soll und das parlamentarisch nicht üblich ist, verstehen?

(Beifall bei der LINKEN und der FDP)

Der zweite Kritikpunkt, den ich anführen muss, ist – das möchte ich deutlich sagen – das vorhandene Demokratiedefizit. Was heute und morgen im Bundestag und übermorgen im Bundesrat verabschiedet wird, das kann kein Parlamentarier, das kann kein Mensch in dieser Republik nachvollziehen. Das ist ein riesiges Konvolut verschiedener Gesetze, die alle miteinander gekoppelt werden, um alles gemeinsam abzustimmen. Keines wird vernünftig demokratisch diskutiert. Es sind lauter Entscheidungen wie gestern Abend noch in der Bundestagsfraktion der SPD. Da wird parlamentarische Demokratie ausgehebelt in einer Art und Weise, die wir nicht akzeptieren können.

(Beifall bei der LINKEN)