Protocol of the Session on May 10, 2017

Wer möchte diesem Antrag zustimmen? – Wer nicht? – Enthaltungen? – Damit ist der Antrag abgelehnt.

Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 29, Drucksache 21/8815, Bericht des Ausschusses Öffentliche Unternehmen: Stopp des Ankaufs fauler Kredite der HSH Nordbank durch die Steuerzahler.

[Bericht des Ausschusses Öffentliche Unternehmen über die Drucksache 21/7588: Stopp des Ankaufs fauler Kredite der HSH Nordbank durch die Steuerzahler (Antrag der FDP-Fraktion) – Drs 21/8815 –]

Die Fraktionen sind übereingekommen, dass die Debatte entfällt und gleich darüber abgestimmt wird, wobei ich Ihnen noch mitteilen möchte, dass Herr Dr. Jens Wolf an dieser Abstimmung nicht teilnimmt.

Wer sich dieser Empfehlung des Ausschusses Öffentliche Unternehmen aus Drucksache 21/8815 anschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer nicht? – Enthaltungen? – Das war die Mehrheit.

(Zuruf: Das wird angezweifelt!)

Wollen wir alle einmal aufpassen, und dann wiederhole ich noch einmal die Abstimmung?

(André Trepoll CDU: Es reicht, wenn Sie aufpassen!)

Wir stimmen so lange ab, bis das Ergebnis stimmt. Also noch einmal:

Wer möchte sich hier der Empfehlung des Ausschusses Öffentliche Unternehmen aus Drucksache 21/8815 anschließen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Jetzt, wo alle mitgemacht haben, war das Ergebnis eindeutig, damit ist der Antrag angenommen.

Wir kommen damit zum Tagesordnungspunkt 55, Drucksache 21/8895, Antrag der AfD-Fraktion:

Neues Wahlverfahren zur Hamburgischen Bürgerschaft.

[Antrag der AfD-Fraktion: Neues Wahlverfahren zur Hamburgischen Bürgerschaft – Drs 21/8895 –]

Die AfD-Fraktion möchte diese Drucksache an den Verfassungs- und Bezirksausschuss überweisen.

Wer wünscht dazu das Wort? – Herr Professor Kruse von der AfD-Fraktion, Sie haben das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Das bisherige Hamburger Wahlverfahren wird seit Langem als zu kompliziert und intransparent kritisiert. Die Wähler haben Stimmen für Wahlkreiskandidaten in unterschiedlich großen Wahlkreisen, Stimmen für die Landesliste oder Stimmen für einzelne Kandidaten, also Persönlichkeitsstimmen. Aber die meisten wissen außer ihrer eigenen Parteipräferenz nicht so genau, was ihre Stimmen überhaupt bewirken und dass es bezüglich der Persönlichkeitsstimmen anders als ihre Intuition ist und auch anders, als die Wahlreformer sich das wohl gedacht haben. Das heißt aber nicht, dass man die Persönlichkeitsstimmen etwa abschaffen oder zurückdrängen sollte, das wollen wir keineswegs. Da habe ich leider neulich im "Hamburger Abendblatt" etwas gänzlich Falsches lesen müssen. Im Frühjahr 2015 hat die CDU einen neuerlichen Reformanstoß gegeben – leider nur verbal.

(André Trepoll CDU: Nix, das haben wir ein- gereicht!)

Wir haben dann im Verfassungsausschuss diskutiert und eine Anhörung durchgeführt, und wir haben in kleiner Runde bei der Präsidentin mit dem Landeswahlleiter diskutiert. Wir, die AfD-Fraktion, haben erwartet, dass dann entweder die CDU oder die Senatskoalition einen konkreten Vorschlag für ein reformiertes Wahlrecht machen würde. Aber nichts passierte, seit zwei Jahren gibt es keinen handfesten Fortschritt. Dann hat die AfD-Fraktion die Initiative ergriffen und einen eigenen konstruktiven Reformvorschlag eingebracht. Er ist transparent und stringent, das heißt, er geht von drei normativen Prämissen aus, denen jeweils konsekutive Auswertungsschritte zur Bestimmung der Zusammensetzung des Parlaments entsprechen. Ich gehe alle drei der Reihe nach durch.

Erste normative Prämisse: Die Zusammensetzung der Bürgerschaft soll im Ergebnis etwa proportional zu den Stimmen für die einzelnen Parteien sein. Zugehöriger Auswertungsschritt: Hare-NiemeyerVerfahren zur Lösung des Ganzzahligkeitsproblems, genau wie bisher und wie meistens in Deutschland, also nichts Neues.

(Senator Andy Grote)

Zweite normative Prämisse: Die regionale Vertretung in der Bürgerschaft soll der regionalen Struktur des Elektorats über ganz Hamburg entsprechen. Das regelt man üblicherweise durch Definition von Wahlkreisen. Aber wie groß sollen diese sein? Eine Aufgliederung in viele kleine Wahlkreise kann dazu führen, dass in einigen Wahlkreisen eventuell von vier geeigneten Kandidaten einer Partei nur einer ins Parlament kommen kann, während in anderen Wahlkreisen unter Umständen kein einziger willig und geeignet ist. Außerdem: Je kleiner ein Wahlkreis ist, desto weniger effektive Auswahl haben die einzelnen Bürger bei der Wahl. Wenige große Wahlkreise führen dazu, dass durchschnittlich der Informationsstand der Wähler über die Kandidaten gering sein wird – übrigens ein wichtiger Punkt bei Wahlen generell.

Wir sind der Auffassung, dass für Hamburg sieben Wahlkreise, die den Bezirken entsprechen, ein guter Kompromiss wären. Bezirke sind eine regionale Kategorie, die die Bürger kennen.

Wie wird nun die Zuordnung der in Schritt eins ermittelten Mandate einer Partei auf die Wahlkreise konkret realisiert? Wir schlagen vor, dass wir das in Anlehnung an das Hare-Niemeyer-Verfahren machen. Der einzige Unterschied zum klassischen Hare-Niemeyer-Verfahren besteht darin, dass jetzt die Wahlkreise die Zuordnungsziele sind. Konkret heißt das: Angenommen, eine Partei hat 20 Bürgerschaftssitze errungen, dann sagt das Verfahren, dass davon – in Abhängigkeit von den jeweiligen Stimmenzahlen natürlich – zum Beispiel vier auf Wandsbek, drei auf Altona und so weiter entfallen.

Damit kommen wir zu den Personen, die die Sitze erhalten, zum eigentlichen Kernproblem des Reformvorschlags. Die dritte normative Prämisse lautet: Welche Personen Sitze im Parlament erlangen, kann sowohl von den Parteien als auch von den Wählern beeinflusst werden. Die Frage ist nur, mit welchem relativen Gewicht.

Es gibt die Kritik, wenn auch nicht mehr unbedingt in Hamburg nach der letzten Reform, dass die Parteien quasi alles vorentscheiden und die Wähler beim Personal praktisch keine Auswahl mehr haben. Einige behaupten sogar, dass ein Wahlrecht umso demokratischer ist, je stärker die Wähler die einzelnen Abgeordneten bestimmen können und je weniger die Parteien darauf Einfluss haben. Auf der anderen Seite leisten die Parteien aber auch eine sehr wichtige Kandidatenvorselektion, die eine bedeutsame Informationsfunktion für die Bürger hat. Die Parteien kennen ihre potenziellen Kandidaten und können sie fachlich und charakterlich beurteilen,

(Hansjörg Schmidt SPD: Einer sitzt dahin- ten!)

was für die überwiegende Mehrheit aller Wähler bezüglich der meisten Kandidaten sicher nicht der Fall ist. Wenn es gar keine fachliche und persönlichkeitsgestützte Vorselektion durch Gremien mit einem höheren Informationsstand gäbe, müsste man damit rechnen, dass eine größere Zahl unkundiger oder unseriöser Personen ins Parlament gelangen würde.

(Zurufe)

Hören Sie mir gern zu, Sie können mir gleich antworten.

Auf die abstruse Vorstellung, man solle die Parlamentsmandate auslosen, will ich an dieser Stelle gar nicht erst eingehen.

(Jörg Hamann CDU: Das könnte etwas Bes- seres geben als das, was Sie in letzter Zeit machen!)

Herr Hamann, Sie haben gleich Gelegenheit, darauf zu antworten, wenn Sie können.

(Jörg Hamann CDU: Das brauche ich nicht!)

Die adäquate Lösung dürfte zwischen den vorgenannten Extremen liegen. Wir schlagen eine Kombination vor, wobei die Rangzahl eines einzelnen Kandidaten im Wahlkreis, genannt modifizierte Kandidatenstimmenzahl – MKS –, abhängt von einer Punktzahl, die durch den Platz eines Kandidaten auf der Wahlkreisliste bestimmt wird, und von einer Punktzahl, die von den Persönlichkeitsstimmen eines Kandidaten bestimmt wird. Die Modifizierte Kandidatenstimmenzahl wird folgendermaßen berechnet – leider habe ich keinen Beamer hier und kann Ihnen das nicht zeigen, deshalb lese ich Ihnen das vor –:

(Farid Müller GRÜNE: Wir sind hier im Par- lament, nicht in der Vorlesung! – Glocke)

Die MKS ist die Summe aus LZ, also der Listennummer, das erläutere ich Ihnen gleich, und einer Zahl PS, der Persönlichkeitsstimmen, mal einem Parameter c.

(Jörg Hamann CDU: Was ist mit der Qua- dratwurzel?)

Wissen Sie überhaupt, was das ist, Herr Hamann? Ich gebe Ihnen ein Beispiel.

(Zuruf: Nee, nee, nee!)

Damit auch Herr Hamann das versteht, nenne ich jetzt ein Beispiel.

(Glocke)

Herr Professor Kruse, die Redezeit ist leider abgelaufen.

(André Trepoll CDU: Das sollten Sie einmal berechnen! Jetzt wurde es gerade interes- sant!)

Herr Präsident, ich danke Ihnen.

(Beifall bei der AfD)

Vielen Dank, Herr Professor Kruse. – Als Nächstes spricht Herr Steinbiß von der SPD-Fraktion.

(Zuruf: Der ist Jurist, der kann doch gar nicht rechnen! – Zuruf: Mach doch einmal ein Bei- spiel!)

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Als ich zuerst von dem Antrag hörte, habe ich mich schon gewundert, was da auf uns zukommen wird. Ich muss ehrlich sagen, auch nachdem ich ihn gelesen habe und jetzt Ihre Erklärungen oder vermeintliche Begründung gehört habe, habe ich es immer noch nicht verstanden. Ich kann nur mit dem Kopf schütteln. Wir haben das als Selbstbefassung im Verfassungsausschuss, wir hatten eine Expertenanhörung, zumindest meine Fraktion hat sich auch schon einmal intern beraten, und ich denke, andere Fraktionen tun das ebenso.

(Zuruf von Karin Prien CDU)

Genau, einige sind schon richtig weit, höre ich von Frau Prien gerade.