Protocol of the Session on April 12, 2017

(Heiterkeit bei der AfD)

Warum, glauben Sie, hat das Alstertal Einkaufszentrum – ohne Hotel, ohne Wohnungen, mit nicht nennenswerter Bürofläche – 3 000 Parkplätze? Weil am Tag 2 000 mit dem Auto kommen? Nein, die brauchen diese 3 000 Plätze; diese werden am Tag durchaus mehrfach belegt, obwohl es auch eine S-Bahn und sogar einen Busbahnhof direkt vor der Tür und jede Menge Fahrradstellplätze gibt. Allein dieser Vergleich zeigt auf, wie abstrus Ihre auf einer Prognose basierende Schätzung hinsichtlich der Verkehrszunahme ist. Wenn Sie wollen, dass das Überseequartier ein Erfolg wird, dann beten Sie dafür, dass der von Ihnen geschätzte zusätzliche Kfz-Verkehr mindestens fünfmal höher ausfällt als Ihre 2 000 Kfz. Ansonsten stoppen Sie umgehend dieses Projekt. Denn andernfalls wird das Überseequartier eröffnen und im gleichen Moment eine Bauruine sein.

Dann haben wir da noch die Sache mit dem Begriff des Einkaufszentrums. Um diese Begrifflichkeit wird gestritten, als ob das des Pudels Kern in dieser Sache sei. Einkaufszentrum hin oder her, es ist völlig egal, anhand welcher Kriterien Sie diese Begrifflichkeit festmachen. Einzig und allein entscheidend ist, wie die Menschen diesen Gebäudekomplex wahrnehmen werden. Sie werden ihn als Einkaufszentrum wahrnehmen. Des Pudels wahrer Kern sind doch die Auswirkungen, die dieser Gebäudekomplex in der geänderten Planung auf die unmittelbare Umgebung, die Einzelhandelslandschaft der Innenstadt und die Tourismusstadt Hamburg als Ganzes hat. Das sind die entscheidenden Aspekte, die Berücksichtigung finden müssen. Diesem Umstand werden Sie bei der Beantwortung der Anfrage von Herrn Hamann bei Weitem nicht gerecht. Den Schlussakkord spare ich mir für die zweite Runde auf.

(Beifall bei der AfD)

Das Wort bekommt Herr Erkalp von der CDU-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Der Bau für das Einkaufszentrum im Überseequartier hat begonnen. Letzte Woche war der Spatenstich. Bürgermeister Scholz mit Vertretern von Unibail-Rodamco hat das genau, wie es sein sollte, gemacht. Es war schön; ich war auch da, und es lädt tatsächlich ein, zu träumen. Als CDU begrüßen wir ausdrücklich Initiativen dieser Art, die die HafenCity weiter ausbauen und lebenswert machen. Die Planungen hierfür waren jedoch alles andere als befriedigend. Meine Vorredner haben das schon mehrfach erwähnt,

(Heike Sudmann DIE LINKE: Die Vorredne- rinnen auch!)

deshalb möchte ich nicht noch einmal auf alle Punkte eingehen. Der Bau wurde im Laufe der Zeit

(Detlef Ehlebracht)

immer größer und höher, und es kamen auch immer mehr Verkaufsflächen hinzu. Zudem erfuhr man im Nachhinein, dass der Bau größer werde. Transparenz sieht anders aus. Wir fangen erst einmal klein an, und bis die ersten Hunde bellen, sind wir schon fertig, so lautete das Motto bisher. Dass heute nicht alle Akteurinnen und Akteure des Einzelhandels und der Kaufmannschaft zufrieden sind, liegt auf der Hand. Mit der endgültigen Erweiterung des Einkaufszentrums ist möglicherweise der Nachteil für die Hamburger Innenstadt nicht mehr von der Hand zu weisen. Ich möchte Ihnen einmal einige Zahlen nennen und verdeutlichen, warum dieses Einkaufszentrum zu groß ist und warum eine Debatte über eine zukünftige Nutzung wichtig ist. In den letzten zehn Jahren sind in einem gesunden Wachstum in der gesamten Hamburger Innenstadt 68 000 Quadratmeter Nettoverkaufsfläche hinzugekommen. Nun kommen auf einen Schlag 70 000 Quadratmeter hinzu. Das Einkaufszentrum hat rund 220 Geschäfte; das sind mehr Geschäfte als in der Spitaler Straße und in der Mönckebergstraße zusammen. Das Einkaufszentrum wird rund ein Fünftel so groß sein wie alle Geschäfte in der gesamten Hamburger Innenstadt. Das Einkaufszentrum plant, rund 70 Prozent der Verkaufsflächen für Textilien freizuhalten, und es bekommt ein Großkino mit zehn Kinosälen. Weiterhin entstehen im Einkaufszentrum 35 Gastronomien mit 10 000 Quadratmetern; diese muss man im Übrigen noch zu den 70 000 Quadratmetern hinzuziehen. Das Gleichgewicht in der City wird somit auf einen Schlag durcheinandergewirbelt. Nach so viel Angebot aus einer Hand, bestehend aus Bummeln, Einkaufen, Essen, Trinken und Entertainment werden sich nicht viele Kundinnen und Kunden nach Stunden des Wohlfühlens in die Hamburger Innenstadt begeben; dafür ist die Entfernung zu groß. Nein, hier soll der Kunde in das neue Einkaufszentrum voll eingebunden werden, um nicht auf die Idee zu kommen, woanders hinzugehen. Hinzu kommt das große Problem, beide Seiten, also die HafenCity und die Kerncity, miteinander zu verbinden sowie einzelne Quartiere in der Kerncity aufzuwerten, um die Kompensation, die wir schon besprochen hatten, voranzubringen. Wir können nicht ein Quartier stark aufwerten und die Hamburger Innenstadt links liegen lassen. Hier muss also noch einiges getan werden. Gegebenenfalls könnte man im neuen Einkaufszentrum ein modernes Nutzungskonzept entwickeln, wo der Erdgeschossbereich zum Beispiel einen Frischemarkt, ähnlich wie in Kopenhagen oder in anderen Städten, aufweist, und dafür an anderer Stelle gegebenenfalls Einzelhandelsflächen reduziert werden. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort bekommt Herr Kienscherf von der SPD-Fraktion.

Ich will das nicht künstlich verlängern, aber ich will schon sagen, dass es erstaunlich ist, wenn man sich ansieht, wer sich hier warum als Anwalt der Innenstadt aufspielt. Wir scheinen eine Innenstadt zu haben, die die CDU sehr liebt und die sich in den letzten 20, 30 Jahren wunderbar entwickelt hat. Immer mehr Kinos wurden geschaffen, immer mehr inhabergeführte Geschäfte sind entstanden, und wir hatten überhaupt keinen Preisdruck, dass Mieten gestiegen sind. Ich weiß nicht, in welcher Welt Sie leben. Wie sieht die Situation in dieser Innenstadt aus? Es sind Kinos verschwunden, weil man sie anders vermarkten wollte. Es sind inhabergeführte Geschäfte in Massen verschwunden. Es sind die Mieten dramatisch hochgesetzt worden. Das halten Sie jetzt für schützenswert und sagen deswegen, dass an keiner anderen Stelle in dieser Stadt Konkurrenz entstehen soll. Da verstehe ich Sie überhaupt nicht. Ich finde, das Gegenteil muss der Fall sein.

(Jörg Hamann CDU: Darum geht es doch gar nicht!)

Die Mieten müssen endlich einmal wieder herunter, und inhabergeführte Geschäfte müssen wieder eine Chance haben.

(Beifall bei der SPD)

Mein lieber Herr Hamann, euer Konzept, die 35 000 Quadratmeter, würde aus heutiger Sicht nicht mehr funktionieren. Es würde nicht mehr funktionieren, denn wir haben eine Umstrukturierung im Einzelhandel, wir haben die Konkurrenz durch den Onlinehandel. Deswegen war es ja gerade so schwierig, für diesen Standort einen neuen Investor zu finden.

(Glocke)

Entschuldigung, lassen Sie eine Zwischenfrage von Frau Sudmann zu?

Es geht ja nicht von meiner Redezeit ab. Ja, natürlich.

Frau Sudmann von der Fraktion DIE LINKE.

Ich freue mich sehr über Ihr Plädoyer für inhabergeführte Geschäfte und möchte jetzt einfach nur gern wissen, wie viele von ihnen in das Überseequartier einziehen werden.

(Beifall bei der CDU und bei Detlef Ehle- bracht AfD – Dennis Thering CDU: Sehr gu- te Frage!)

Das können wir jetzt natürlich nicht sagen. Diese Entwicklung in

(David Erkalp)

der City war natürlich nicht immer positiv. Dass wir die City aber weiterhin unterstützen wollen, wissen und wollen wir alle. Aber dass man auf der anderen Seite jetzt dafür sorgt, dass an anderer Stelle nichts mehr geschehen soll, das ist genauso schlimm und der verkehrte Weg.

(Jörg Hamann CDU: Das ist doch Unfug!)

Ihr Konzept hat damals nicht geklappt. Wie bei der Elbphilharmonie ist das baden gegangen. Es geht darum, ein neues Konzept zu finden, das überlebensfähig ist. Es geht darum, eine kritische Masse zu finden, bei der dieses Konzept funktionieren kann. Dabei kann es nicht darum gehen, dass wir 35 000 Quadratmeter realisieren. Damit ist die alte Innenstadt glücklich, aber dieses neue Quartier hat keine Überlebenschance, sondern es geht darum, ein neues Quartier zu schaffen,

(Jörg Hamann CDU: 80 000 Quadratmeter – das ist nicht Ihr Ernst!)

das überlebensfähig ist und letztendlich zusammen mit der Innenstadt auch marketingmäßig gemeinsam etwas entwickeln kann. Ich weiß nicht, lieber Herr Hamann, ob Sie auf diesen Zug aufspringen und die Innenstadt immer nur schützen und sagen, alles andere sei schlimm. Stillstand ist schlimm. Wir wollen aber, dass das Überseequartier und dass die HafenCity lebendig wird und dass wir da durchkommen.

(Beifall bei der SPD – Dennis Thering CDU: Gott sei Dank!)

Nur noch eine kleine Anmerkung zum Thema AEZ, das ein Vorredner angeführt hat, und warum da so viele Stellplätze gebaut worden sind. Damals wurden viele Stellplätze gebaut. Das wurde denen sogar vorgeschrieben. Heute würde so etwas, fragen Sie einmal die ECE, nie wieder passieren. Wir wissen, dass in der Innenstadt selbst über 72 Prozent aller Kundinnen und Kunden mit dem ÖPNV kommen, dass das Überseequartier noch besser angebunden ist.

(Dennis Thering CDU: In anderen Stadttei- len auch!)

Auch da gibt es entsprechende Studien von namhaften Expertinnen und Experten – aber Herr Thering weiß ja immer alles besser –, die genau belegen, wie die Verkehrsinfrastruktur ist und ob sie ausreicht. Da sind wir mit den Anwohnerinnen und Anwohnern im Dialog. Seien Sie sicher, es wird eine Verkehrsanbindung geben, die verträglich für einen Stadtteil in der Innenstadt ist. Das bekommen wir alles hin. All das, was Sie uns hier vorwerfen, werden wir im Ausschuss diskutieren. Das sind reine Vorwürfe, die mit der Realität nichts zu tun haben. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Das Wort bekommt Herr Duge von der GRÜNEN Fraktion.

(Vizepräsidentin Antje Möller übernimmt den Vorsitz.)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich möchte auf einige Punkte, die in der Diskussion angesprochen wurden, eingehen. Frau Sudmann und Herr Hamann sprachen die Frage des offenen Einkaufszentrums an. Dazu muss man sagen: Ja, ein Dach ist da. Das ist ein Wind- und Wetterschutz, den es übrigens auch in anderen Bereichen der Stadt gibt, in denen Einkaufsstraßen vorhanden sind. Zwei entscheidende Unterschiede bestehen insofern, dass es nicht klimatisiert ist und Tag und Nacht frei zugänglich ist. Das ist ein wesentliches Kennzeichen öffentlicher und offener Flächen, die nicht privat am Abend verschlossen werden wie beispielsweise im AEZ.

Zweitens möchte ich die Frage der Verkehrsführung ansprechen. Wir haben bewusst – das wird auch in der Anfrage der CDU angesprochen – Straßen nicht zu breit gebaut, um nicht große Hürden zu schaffen und Querungen überwinden zu müssen. Das macht auch durchaus Sinn, weil dieses Quartier miteinander vernetzt wird. Wir haben einen großen Teil des Verkehrs, der für die Anfahrt an die Kreuzfahrtterminals notwendig ist, durch die Überbauung der San-Francisco-Straße in den unterirdischen Bereich gelegt und gerade auch für die Anfahrt von Bussen, Taxen et cetera dort eine sehr intelligente Lösung gefunden, um am Kreuzfahrtterminal direkt anzudocken und eine Verbindung zwischen Kreuzfahrtterminal und Verkehrsmitteln herzustellen. Wir werden alles dafür tun, um die Verbindung mit dem schienengebundenen ÖPNV an diesen Stellen attraktiv zu gestalten und einen Großteil der Personen über diese Verkehrswege zu führen.

Der Vergleich AEZ und Überseequartier ist meiner Meinung nach ein Vergleich von Äpfeln mit Birnen, denn dafür gibt es sehr unterschiedliche strukturelle Voraussetzungen. Da ist kein Ring 3, da sind andere Voraussetzungen, die miteinander nicht verglichen werden können. Da sollten wir uns vielleicht in der Diskussion im Ausschuss die Informationen ein bisschen genauer angucken.

Zum Schluss möchte ich noch eines sagen: Der Gegensatz von Innenstadt und HafenCity, der von Ihnen immer wieder aufgebaut wird, ist ein konstruierter Gegensatz, weil wir diesen Gegensatz nicht konzeptionell haben. Sehen Sie sich das Innenstadtkonzept an, das wir letztes Mal im Stadtentwicklungsausschuss hatten. Das ist eine Einheit, die wir konzeptionell durch die Wegeverbindung attraktiv gestalten und durch verschiedenste Möglichkeiten der Mobilität miteinander vernetzen. Daran arbeiten wir, wie Sie wissen. Die Behauptung ist also ziemlich aus der Luft gegriffen. Wir werden

(Dirk Kienscherf)

diese Einheit konzeptionell durch die Wegeverbindung attraktiv gestalten und durch verschiedenste Möglichkeiten der Mobilität miteinander vernetzen. Daran arbeiten wir. Die Behauptung ist also ziemlich aus der Luft gegriffen.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Meine Damen und Herren! Das Wort bekommt nun Frau Sudmann von der Fraktion DIE LINKE.

Herr Duge, ich kann nahtlos anschließen, weil Sie gerade sagten, diese Behauptungen seien aus der Luft gegriffen. Ich gehe davon aus, dass Ihnen auch Harburg bekannt ist. Und ich denke, dass alle, die hier schon länger in der Politik sind, wissen, wie in Harburg damals die Diskussion gelaufen ist, als es um die kritische Masse, um einmal Herrn Kienscherf zu zitieren, eines neuen Einkaufszentrums ging. Es wurde gesagt, dass wir einen neuen Anker, etwas Großes brauchen, um die Lüneburger Straße, eine gewachsene Einkaufsstraße, wieder zu beleben. Dort wurde dann das Phoenix-Center gebaut. Ihr Optimismus, Herr Kienscherf, ist in Harburg leider nicht mehr zu besichtigen.

(Sören Schumacher SPD: Größte Schuhver- kaufsstraße Hamburgs!)

Man kann heute in Harburg feststellen, dass die Lüneburger Straße nicht den Aufschwung genommen hat, dass sie nicht mehr die vielen schönen kleinen inhaberbetriebenen Einzelhandelsgeschäfte hat. Im Gegenteil spricht man von – wie sagte eben meine Kollegin aus Harburg, Frau Boeddinghaus? – dem abgenagten Knochen Lüneburger Straße. Diese Erfahrung sollte Ihnen zu denken geben, wenn Sie uns sagen, dass wir nur eine anständig große Masse brauchen, sprich 80 000 Quadratmeter, dann liefe das, und die Innenstadt solle sich nicht so anstellen.

Das war ja schon letztes Mal Ihr Trick. Schon letztes Mal haben Sie mir unterstellt, DIE LINKE setze sich für den Einzelhandel in der Innenstadt ein. Es geht doch auch Ihnen darum, dass die Innenstadt weiterhin belebt ist und wir nicht den dreitausendsten Laden auch noch in der HafenCity haben. Deswegen bin ich gespannt auf die Diskussion, die wir im Ausschuss führen werden. Ich würde Sie gern auch dann und wann daran erinnern, dass Sie sich Harburg als Beispiel nehmen. Überlegen Sie, welche negativen Auswirkungen Ihre Pläne haben können.

(Beifall bei der LINKEN und vereinzelt bei der AfD)

Herr Meyer von der FDP-Fraktion bekommt nun das Wort.