Sie haben gesagt, Hamburg müsse wieder ordentlich regiert werden. Das war 2011 Ihr zentrales Versprechen. Was Hamburg jetzt mit diesem Urteil aus Leipzig schwarz auf weiß bescheinigt bekommen hat, ist genau das Gegenteil von Ihrem Versprechen, Herr Scholz.
Daran können Sie natürlich Ihre politische Kommunikationsstrategie nicht ausrichten, aber dieses "Ja, aber" des Bundesverwaltungsgerichts war eben keine positive Entscheidung
in der aktuellen Situation, weder für Deutschland noch für Hamburg. Sie haben bereits 2011 im Wahlkampf angekündigt, dass mit Ihnen als Bürgermeister die Bagger für die Elbvertiefung 2012
loslegen können. Das war Ihr zentrales Versprechen. Ich kann mich noch gut erinnern, wie Sie uns das vorgeworfen haben. Sie versprachen den Managern der Container-Reedereien noch im letzten Jahr, dass nun endlich wirklich alles gut ist. Dann haben Sie damit kokettiert, Sie hätten alle Planfeststellungsverfahren gelesen, sie seien so umfangreich, sie seien noch nie so gut wie dieses Mal, und haben das alles für gut befunden. Aber diese Schriftsätze zu lesen ist nicht ausreichend. Sie hätten dafür sorgen müssen, dass es zu keinen weiteren Schlampereien und Fehlern bei den Planungen kommt. Das wäre Ihr Job gewesen, Herr Bürgermeister.
Ich weiß, dass Sie das aufregt. Das ist ein gutes Zeichen, denn darum geht es doch. Ich will das noch einmal deutlich ausführen, weil es Sie anscheinend interessiert.
Mit der Wirtschaftskraft der Stadt spielt man nicht. Das waren Ihre Worte, Herr Scholz, es wird deutlich, dass Ihre eigenen Worte, Ihre eigenen Ansprüche in diesem Augenblick auf Sie zurückfallen.
Wer eben genau hingehört hat, der hat vielleicht auch genau Entscheidende am Ende mitbekommen. Da hat der Herr Bürgermeister gesagt, 2018/2019 könnten die Ausschreibungsverfahren starten. Das bedeutet nichts anderes, als dass zum Ende Ihrer Amtszeit 2020 die Fahrrinnenanpassung immer noch nicht realisiert ist, und das ist der Skandal dieser Auswirkung dieses Urteils.
Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts war nicht irgendein Urteil. Es war ein Urteil, auf das die gesamte Stadt – die Öffentlichkeit, der Hafen, die Wirtschaft, die Politik, auch die Menschen in Hamburg – lange Zeit gewartet hat. Denn der Hafen ist das wirtschaftliche Zentrum unserer Stadt, die Herzkammer der gesamten Metropolregion. Wir können viele Debatten darüber führen, ob nur der Hafen oder nicht: Er ist wichtiger Bestandteil – und wird es hoffentlich noch lange bleiben. Er bedeutet für unsere Stadt mehr als 160 000 direkte Arbeitsplätze, Wirtschaftskraft, Unternehmertum, und ist natürlich auch Grundlage dafür, dass wir unsere sozialen Dinge finanzieren können.
Er ist zusätzlich Keimzelle unserer Stadt; ohne Hafen kein Hamburg. Wir in Hamburg feiern nicht die Gründung unserer Stadt, wir feiern den Hafengeburtstag. Das zeigt, wie eng der Hafen und Hamburg verknüpft sind. Ohne Hafen wäre Hamburg heute nicht das, was es ist: nicht die wichtigste Handelsstadt Deutschlands, nicht die größte und wohlhabendste Metropole Europas, die keine Hauptstadt ist, und schon gar nicht das Tor zur
Welt. Hafenstadt zu sein, das gehört zum Selbstverständnis unserer Stadt und hat sie seit Jahrhunderten geprägt.
(Beifall bei der CDU und der FDP – Dr. An- dreas Dressel SPD: Dass wir einen Hafen- geburtstag haben, wissen Sie? Das ist ja ein Betrag, Herr Trepoll!)
Machen Sie sich keine Sorgen, Sie bekommen von uns den Aktionsplan. Vom Bürgermeister habe ich dazu gar nichts gehört. Also gedulden Sie sich noch ein bisschen, Herr Dressel, dann können Sie das auch noch verfolgen.
Warum ist es jetzt eine besondere Situation? Weil sich der Hafen, weil sich die maritime Wirtschaft schon seit einigen Jahren in einer schweren Krise befindet; das können Sie doch gar nicht weg reden. Und deshalb wäre es so wichtig, dass der Hamburger Hafen Planungssicherheit und bessere Wettbewerbsbedingungen bekommt. Diese Entscheidung zum jetzigen Zeitpunkt wäre das richtige Signal gewesen, das wäre der wichtigste Baustein für die Zukunftsfähigkeit unseres Hafens gewesen. Das Bundesverwaltungsgericht hat den Hamburger Senat schon während der mündlichen Verhandlungen im letzten Dezember dafür abgewatscht, dass er bei den Ausgleichsflächen getrickst hat und dass eingereichte Planungsunterlagen zu den Umweltauswirkungen unvollständig waren,
was auch schon völlig richtig in dem Urteil 2014 deutlich geworden ist. Es sind vorher bereits gleichlautende Hinweisbeschlüsse des Gerichts ergangen. Ich sage deutlich: Das hätte nicht passieren dürfen, Herr Scholz.
Dass Sie dann ausgerechnet vom SchierlingsWasserfenchel besiegt werden, entbehrt nicht einer gewissen Komik, wenn es nicht so tragisch wäre in den Auswirkungen für unsere Stadt. Man stolpert eben nicht immer über die großen Steine, sondern über die kleinen. Das ist dem Bürgermeister offensichtlich passiert.
Ich kann mich noch erinnern, als Sie im Jahr 2014, hier an dieser Stelle, den damaligen Stopp der Elbvertiefung mit der Auslegung der Wasserschutzrahmenrichtlinie erklärt haben.
Das war das gleiche Verhaltensmuster wie eben. Da sagen Sie, das sei eine sehr neue Rechtsmaterie, der EuGH habe die Schuld, und taten so, als ob Sie Opfer höherer Mächte wären. Aber diese Fehler, die Sie hier und heute zu verantworten haben, sind normale Dinge, die in jedem Planfeststellungsverfahren seit Jahren und seit Jahrzehnten nicht passieren dürfen.
(Beifall bei der CDU und der FDP – Dr. An- dreas Dressel SPD: So ist das, wie sich Klein Fritzchen das vorstellt!)
Herr Dressel, jeder Bezirksabgeordnete weiß, dass man Ausgleichsflächen nicht doppelt verwerten darf. Der Richter hat wörtlich von Etikettenschwindel gesprochen. Was haben Ihre Prozessbevollmächtigten, Herr Dressel, geantwortet? Vielleicht, haben sie gesagt. Das heißt, Sie wussten von Anfang an über diese Fehler Bescheid, und das muss man Ihnen politisch vorhalten: dass dort nicht eingegriffen und nachgebessert haben. Da können Sie die Schuld auf keinen anderen schieben.
Bei einer so wichtigen Zukunftsfrage für unsere Stadt ist das eine wirkliche Blamage, das muss man mit aller Deutlichkeit sagen. Herr Dressel, erklären Sie uns, warum Sie keinen Antrag auf Nachbesserung gestellt haben? Warum haben Sie diese Niederlage vor dem Bundesverwaltungsgericht,
Jetzt haben wir sie wieder, die Hängepartie. Haben Sie vom Bürgermeister gehört, wann er damit rechnet, dass die Elbvertiefung kommt? Ich habe nichts gehört. Herr Horch hat in der Pressekonferenz einmal locker von drei bis sechs Monaten gesprochen, mittlerweile hört sich das schon wieder anders an. Von daher ist der Schaden da. Sie haben es erlebt, die Aktien der HHLA sind nach der Urteilsverkündigung regelrecht abgestürzt.
Reeder geraten unter Druck, ihre Liniendienste zu verlegen. Wir haben heute erste Meldungen gehört, es drohe ein weiterer Umschlagsmengenverlust für unseren Hafen. Sogar die Staatsreederei Hapag-Lloyd denkt darüber nach, Liniendienste aus Hamburg zu verlegen, weil es sich betriebswirtschaftlich nicht mehr rechnet. Das macht deutlich, wie wichtig ein positives Urteil gewesen wäre.
Ich war selbst – ich habe Ihnen das schon berichtet vor einigen Monaten – in Taiwan und habe mit den Vorstandsvorsitzenden von Yang Ming und Evergreen gesprochen. Deren Botschaft war glas
klar, da gab es keine asiatische Zurückhaltung. Sie haben gesagt: Wenn die Elbvertiefung nicht kommt, dann können wir nicht mehr kommen. Die 18 000-TEU-Schiffe sind bestellt. Und deshalb gibt es keine Alternative für die Fahrrinnenanpassung. Die Ladung wird ihren Weg finden, dann eben nicht mehr über den Hamburger Hafen. Und wer davor die Augen verschließt,
Dann ist es so, Herr Scholz, dass doch der Stopp der Elbvertiefung, den Sie zu verantworten haben, in trauriger Kontinuität zu Ihrer bisherigen Hafenpolitik steht: unklare Hafenentwicklung, die Verschlickungsproblematik, Verkehrsprobleme, unzureichende digitale Infrastruktur, Wettbewerbsnachteile durch die zu hohen Gebühren und Auflagen, insbesondere zu den Konkurrenzhäfen. Die Uneinigkeit in der Koalition will ich gar nicht erwähnen. Wer eben darauf geachtet hat, wer hier klatscht und wer nicht, sieht, dass das noch einmal ein eigenes Thema für sich ist.
Aber was wir jetzt von Ihnen erwarten, ist ein umfassender Aktionsplan für den Hamburger Hafen, einen Überbrückungsplan, bis eine erfolgreiche Elbvertiefung kommt. Mich überrascht es sehr, wie unvorbereitet Sie offensichtlich mit dieser Situation konfrontiert wurden. Ihre Regierungserklärung, Herr Scholz, hat das noch einmal sehr deutlich gemacht. Denn selbst wenn die Elbvertiefung, hoffentlich so schnell wie möglich, kommen wird, wissen wir aus der Erfahrung, zum Beispiel Vertiefung der Schelde, dass es Zeiträume von sechs bis zehn Jahren sind, bis wir das wieder aufgeholt haben, bis der Rückstand wieder wettgemacht ist.
Sie haben dazu gar nichts gesagt, Herr Scholz, deshalb denke ich einmal, Sie haben erwartet, dass wir Ihnen das vorlegen. Das will ich an dieser Stelle tun.
Erstens: Bis zur erfolgten Elbvertiefung darf es keine weiteren Kostenerhöhungen für die Hafenbetriebe mehr geben. Das betrifft insbesondere die kostenintensiven Frachten und die Hafenbahn. Wir sagen: Keine Belastungen auf der Kostenseite, damit unser Hafen wettbewerbsfähig bleibt.