Protocol of the Session on February 15, 2017

Und ich wünsche mir von uns als Bürgerinnen und Bürgern, dass wir einen souveränen Umgang mit Großvorhaben und ihren komplexen rechtsstaatlichen Prozeduren entwickeln.

(Beifall bei der SPD und bei Dr. Anjes Tjarks GRÜNE)

Der Hamburger Hafen, zu dessen konkreter Entwicklung Senator Horch im Anschluss noch sprechen wird, ist viel mehr als die Schiffe, Kräne und Kais, die das Stadtbild so beeindruckend machen. In Hamburg sammeln sich nicht nur die Waren, in Hamburg versammelt sich auch die Kompetenz im Außenhandel. Die Firmen in unserer Stadt haben die Erfahrung, wie man weltweit einkauft und verkauft. Sie wissen, wie der Weltmarkt funktioniert – nämlich so, dass die meisten Fernseher, die man in München oder Bratislava kaufen kann, schon einmal in Hamburg waren. Die Schiffsromantik, die man selbst bei den modernen Containerriesen entwickelt, lässt einen leicht übersehen, dass der Hamburger Hafen an der Spitze innovativer Entwicklungen steht und ein hochgradiger Innovationstreiber ist.

(Beifall bei der SPD und bei Anna Gallina und Dr. Anjes Tjarks, beide GRÜNE)

Seit Jahrzehnten werden dort Logistikprozesse durch Software und IT-Dienstleistungen unterstützt. Mit smartPORT hat die Hamburg Port Authority den Hafen in die digitale Zukunft geführt. Im Hafen werden nicht nur intelligente Nutzung der vorhandenen Infrastruktur erprobt, sondern auch die Mobilität und die Energiequellen der Zukunft.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Wir machen Hamburg zu einem herausragenden europäischen Standort für Forschung und Innovation. Wenn in diesem Sommer mit dem European XFEL der beste Röntgenlaser der Welt seinen Betrieb aufnimmt,

(Zurufe von der CDU: Das ist doch lächer- lich!)

wenn wir neue Max-Planck-Institute einweihen, wenn wir nun Mitglied in der Fraunhofer-Gesellschaft geworden sind und im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt werden,

(Glocke)

(Erster Bürgermeister Olaf Scholz)

wenn wir auf den Flugzeugbau und die Windkraft setzen, wenn wir die IT-Wirtschaft stärken und eine Informatikplattform aufbauen, wenn wir Forschungs- und Technologieparks einrichten, wenn wir den Medienstandort ausbauen

(Zuruf von Jörg Hamann CDU)

und bei den sozialen Medien weit vorn in Deutschland mitspielen, wenn wir Innovationen und Startups fördern …

(Glocke)

Verzeihen Sie, Herr Bürgermeister. – Meine Damen und Herren, …

Erster Bürgermeister Olaf Scholz (fortfahrend): Das stört mich nicht weiter.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN – Jörg Hamann CDU: Das ist genau das Pro- blem!)

Wenn wir all diese Dinge voranbringen,

(Michael Kruse FDP: Sie merken nichts mehr!)

dann geschieht das alles im Rahmen einer Wirtschaftsstruktur, die ohne den Hafen undenkbar wäre. Der über Jahrhunderte gewachsene Hafen ist unverändert ein Teil von Hamburgs Aufbruch in die Zukunft.

(Anhaltender Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Über alle Jahrhunderte hinweg hat jeder Senat, unabhängig davon, dafür gesorgt, dass der Hafen auf der Höhe der Zeit und der Fluss schiffbar bleiben. Das war immer aufwendig und immer auch konfliktreich. Aber an diesen beiden Zielen haben alle Senate zu allen Zeiten festgehalten. Und so ist es auch heute.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei den GRÜNEN)

Ohne einen wettbewerbsfähigen Hafen würde es ungleich schwerer fallen, unsere Vorstellung einer für alle Bürgerinnen und Bürger lebenswerten Stadt voranzubringen, einer Stadt, in der es bezahlbaren Wohnraum, nachhaltige Mobilität, gebührenfreie, gute Bildung und vieles mehr gibt. Der Hafen wird auch nach der digitalen Revolution ein Herzstück unserer Wirtschaft bleiben. Er hat eine Hinterlandanbindung, wie sie nur sehr wenige Häfen auf der Welt vorweisen können. Der Hamburger Hafen ist als Drehkreuz zukünftiger Warenströme und als Motor von Innovationen unverzichtbar.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Es ist gut, dass die Anpassung der Fahrrinne nun kommt.

(Zurufe von der CDU und der FDP)

Wir werden jetzt prüfen, mit welchen Vorbereitungen für den Fahrrinnenausbau wir schon ohne Planfeststellungsbeschluss beginnen können

(Dennis Thering CDU: Das sind Träumerei- en!)

und ob Ausschreibungen für 2018 und 2019 bereits möglich sind. Sie können also sicher sein: Hamburg wird auch in Zukunft eine Welthafenstadt sein.

(Lang anhaltender Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren! Das Wort bekommt Herr Trepoll von der CDUFraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Bürgermeister, lassen Sie mich mit etwas Positivem anfangen. Ich fand es richtig, dass Sie dieses Mal für Ihren Vortrag zum Instrument der Regierungserklärung gegriffen und nicht wie beim letzten Mal die Aktuelle Stunde gesprengt haben. Da deutet sich zumindest ein gewisser Lerneffekt an; das hätten wir Ihnen gar nicht zugetraut.

(Beifall bei der CDU)

Deshalb ist es auch gut – und ich glaube, nach Ihrem Vortrag hier auch notwendig –, dass wir die entsprechende Zeit investieren, um uns mit Ihren Ausführungen auseinanderzusetzen. Denn dann sind Sie leider wieder in altbekannte Verhaltensmuster zurückgefallen. Sie haben von Anfang an konsequent an Ihrer politischen Verantwortung für die Fakten, über die wir heute sprechen müssen, vorbeigeredet, Herr Bürgermeister.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Dr. An- dreas Dressel SPD: Nö!)

Wir haben einmal von Ihnen gehört, Sie wollten die Lufthoheit über die Kinderbetten erringen, mittlerweile, muss man in Hamburg sagen, haben Sie die Lufthoheit über die Durchhalteparolen, denn nichts anderes war das, Herr Scholz.

(Beifall bei der CDU – Dr. Andreas Dressel SPD: Wo habt ihr denn eine Lufthoheit? Null!)

Wir haben also keine Regierungserklärung gehört, in der Sie auch die Fehler, die Sie gemacht haben, erklären; das war heute eine Regierungsverklärung, die Sie uns vorgetragen haben.

(Beifall bei der CDU)

Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zur Elbvertiefung ist eine bittere Enttäuschung für die maritime Wirtschaft in Hamburg und für unsere Stadt insgesamt. Die negativen Auswirkungen sind in ih

(Erster Bürgermeister Olaf Scholz)

rer Dimension heute noch nicht absehbar. Sie haben dazu kein einziges Wort gesagt, aber klar ist, dass der von Ihnen zu verantwortende Stopp der Elbvertiefung eines bedeuten kann: weniger Schiffsanläufe in den nächsten Jahren, weniger Umschlag und weniger Arbeitsplätze. Jeden, dem das Wohl unserer Stadt am Herzen liegt, muss diese Entwicklung deshalb ernsthaft auch mit Sorge erfüllen. Das, finde ich, ist das Mindeste, was Sie hätten sagen müssen, Herr Bürgermeister.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Wir haben in den letzten Jahren viel Schönfärberei und Optimismus von Ihnen und Herrn Horch gehört. Aber das reicht natürlich nicht aus. Den Gipfel haben Sie dem dann in der letzten Woche aufgesetzt, als Sie das Urteil bewertet haben, nämlich als Meilenstein für die Wirtschaftsnation Deutschland.

(Wolfgang Rose SPD: Recht hat er!)

Und da frage ich mich, Herr Scholz: Sprechen Sie eigentlich noch mit den Verantwortlichen, mit den Mitarbeitern im Hafen? Schauen Sie, wenn man wie ich aus Harburg kommt, wo fast jeder Zweite direkt oder indirekt im Hafen oder bei Unternehmen im Hafen arbeitet, weiß man, dass sich die Betroffenen große Sorgen über diese Entwicklung machen und bei Ihren Worten nur noch mit dem Kopf schütteln. Das entnehme ich auch den Reaktionen Ihrer eigenen Kollegen.

(Beifall bei der CDU – Arno Münster SPD: Waren Sie schon mal im Hafen?)

Verbände, Vorstände, Gewerkschaften – die Mitarbeiter auch, Herr Münster –, alle wissen, welche negativen Folgen dieses Urteil und der von Ihnen zu verantwortende Stopp haben kann. Deshalb frage ich mich ernsthaft, Herr Scholz: Meilenstein für Deutschland, haben Sie das wirklich ernst gemeint?

(Zuruf: Lächerlich ist das!)