Protocol of the Session on February 1, 2017

(Dr. Andreas Dressel SPD: Das geht dann ja auch super ohne Vertrag!)

sondern er muss fortgesetzt werden. Aber wir sehen keine vertrauensvolle Grundlage für eine weitere Zusammenarbeit, solange nicht klar ist, dass es eine Unabhängigkeit von der türkischen Regierung gibt. Dass das der Fall ist, müssen Sie uns beweisen.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Wir müssen überhaupt gar nichts beweisen!)

Das können Sie nicht und deshalb ist es weiterhin so, dass DITIB insbesondere von der türkischen Behörde Diyanet direkt gesteuert wird. Ich erwarte in dieser Frage Zustimmung zu unserem Antrag. Ein Partner um jeden Preis, das ist aus meiner Sicht nicht der richtige Weg. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der FDP und der AfD)

Herr Dr. Dressel von der SPD-Fraktion hat das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es gibt wenige Themen, die sich so wenig für populistische Schnellschüsse und für die Aktuelle Stunde mit sehr kurzen Redezeiten eignen wie dieses.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN – Mi- chael Kruse FDP: Aber Ihr Thema gehört dazu!)

Dass FDP und AfD ein bisschen darum wetteifern, wer die populistischeren Töne anschlägt, werden wir nachher noch miteinander diskutieren.

(Zuruf von Michael Kruse FDP)

Aber jetzt wende ich mich an die CDU, denn es waren Sie, die Abgeordneten der CDU, die 2007 mit einem Antrag hier in der Bürgerschaft diesen Prozess angestoßen haben. Nun wollen Sie ihn umkehren. Deswegen sagen wir, dass bei Ihnen von einer weltoffenen, toleranten, liberalen Großstadtpartei nicht mehr viel zu sehen ist. Und Sie sprechen jetzt das Thema Haltung an; das ist interessant.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: Wir teilen sehr viele religiöse und politische Vorstellungen von bestimmten Vertretern islamischer Religionsgemeinschaften ausdrücklich nicht, was nebenbei bemerkt insofern Teil von Religionsund Meinungsfreiheit ist.

(Dr. Anjes Tjarks GRÜNE: Das ist Religions- und Meinungsfreiheit!)

Es ist nicht Geschäftsgrundlage eines gemeinsamen Vertrags, dass man überall einer Meinung ist, das wäre ja auch sehr interessant, aber bestimmte Vorgänge bei Teilen von DITIB, bei Akteuren aus dem IZH verurteilen auch wir scharf, und wir werden uns Verfassungsfeindlichkeit und Antisemitismus überall mit den Mitteln des Rechtsstaats, mit den Mitteln der wehrhaften Demokratie, des Verfassungsschutzes und so weiter klar in den Weg stellen.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Insofern teilen wir auch Ihre Sorgen. Wir werden deshalb nachher zwei Ziffern Ihres Antrags zustimmen. Wir kritisieren auch respektlosen, inakzeptablen Umgang mit christlichen Traditionen, wo es ihn gibt. Es ist völlig klar, dass DITIB in der Pflicht ist, hier ihre Hausaufgaben zu machen, Aufarbeitung, Aufklärung, Reformen an den Stellen, wo es nötig ist, und sich auch an Distanzierungen aktiv zu beteiligen, wie sie uns dies in vielen Gesprächen zugesagt haben und wie es die gemeinsamen Wertegrundlagen dieses Vertrags vorsehen. Genau das ist auch der Punkt, wo offensichtlich das Missverständnis bei Ihnen liegt. Denn die angespannte Lage, die Kontroversen, die Kritik, die Probleme sind aus unserer Sicht genau ein Argument, an den Verträgen festzuhalten und sich eben nicht davon zu lösen. Das ist Ihr Missverständnis.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Genauso sieht es auch das Interreligiöse Forum, in dem sich praktisch alle relevanten Religionsgemeinschaften zusammengetan haben. Einige, die der Debatte heute beiwohnen, begrüße ich sehr herzlich. Sie haben in einer gemeinsamen Erklärung am Montag gesagt, gerade die Verträge böten das Instrumentarium, um auftretende Probleme und Konflikte zu bearbeiten und zu lösen. Es ist daher aus unserer Sicht nicht konstruktiv, die Kündigung solcher Verträge ausgerechnet in einer Situation zu fordern, in der diese Form des institutionalisierten Dialogs dringend gebraucht wird. Als Interreligiöses Forum Hamburg appellieren wir daher an die politisch Verantwortlichen dieser Stadt, an den Staatsverträgen festzuhalten. Wir haben den Appell verstanden, Sie leider nicht.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Ich möchte Ihnen zwei Beispiele nennen. Wir sind uns doch einig, dass wir den gewaltbereiten Sala

(André Trepoll)

fismus bekämpfen müssen. Und mit wem machen wir das an der Stelle am besten?

(André Trepoll CDU: Indem wir ihnen den Nährboden bereiten!)

Indem wir nämlich auch die islamischen Religionsgemeinschaften beteiligen und ihren Sachverstand in diesen Kampf mit einbeziehen.

(Michael Kruse FDP: Das steht aber nicht im Staatsvertrag!)

Das machen wir gemeinsam mit ihnen und deshalb können wir mit diesem Vertrag wuchern.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Zweiter Punkt: Wir sind uns doch einig, dass wir für die nachwachsende Generation der Stadt mehr Dialog und interreligiöses und interkulturelles Zusammensein brauchen und deshalb einen gemeinsamen Religionsunterricht, den wir als bundesweites Vorbild auch auf Basis dieses Vertrags entwickeln. Auch das ist ein Argument, an diesem Vertrag gerade jetzt festzuhalten.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Wir haben die Konsultationsregelung in Artikel 13 des Vertrags genau dafür, dass wir, wenn solche Probleme auftreten, den Dialog miteinander suchen. Deswegen wird unsere Forderung an den Senat nachher sein, jetzt das Gespräch zu suchen und die Punkte unmissverständlich und klar anzusprechen, um einen gemeinsamen Weg in die Zukunft zu finden. Pauschalforderungen helfen da nicht weiter.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Wie es weitergehen soll, wenn Sie sich von dem Vertrag lösen, sagen Sie auch nicht. Es wäre doch wohl das Mindeste, dass man dann sagt, in welche Richtung es weitergehen solle. Deshalb beantworten Sie die Fragen nicht, die für dieses Zusammenleben in unserer Stadt so relevant sind, und deswegen müssen wir gerade jetzt – gucken Sie in die USA, gucken Sie in andere Länder – gemeinsam auf Zusammenhalt statt auf Spaltung setzen. Das ist unser Weg, um weiterhin damit umzugehen. – Vielen Dank.

(Lang anhaltender Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Herr Dr. Tjarks von der GRÜNEN Fraktion bekommt das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir leben aktuell in Zeiten, in denen es zunehmend Politiker gibt, die Mauern bauen wollen und Menschen aufgrund ihrer Herkunft unter Generalverdacht stellen. Wir leben in einer Zeit, in der die Ausgrenzung von Menschen unsere Kultur, unsere Werte und auch unsere Ge

sellschaft infrage stellt. Für uns steht fest, dass man durch Ausgrenzung von Menschen sehr schnell Vertrauen kaputtmachen kann, das man hinterher kaum wieder reparieren kann. Deswegen werden wir an dem gemeinsamen interreligiösen Dialog festhalten.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Ich möchte an dieser Stelle leise hinzufügen, dass ich etwas erstaunt darüber bin, aus welch tagespolitischen Empörungserwägungen heraus dieser für unsere Stadt wichtige Dialog von einigen infrage gestellt wird.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD – Mi- chael Kruse FDP: Wir stellen den Vertrag in- frage, nicht den Dialog!)

Die ursprüngliche Idee zum Vertrag war – ich zitiere jetzt aus Drucksache 18/5553, Antrag der CDUFraktion –, eine dauerhafte Grundlage für den Dialog mit den muslimischen Religionsgemeinschaften in Hamburg zu schaffen, denn – Zitat –:

"Die Hamburger Politik und die Bürger der Stadt sind an einem konstruktiven und zukunftsorientierten Zusammenleben/Dialog mit den Angehörigen der verschiedenen Religionen interessiert."

Dieser Satz ist wahr und bleibt richtig.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

In Hamburg leben 140 000 Menschen muslimischen Glaubens. Sie tragen zu unserer Gesellschaft bei, gestalten sie, sind Teil unserer Gesellschaft. Von dem Vertrag sollte damals wie heute folgendes Zeichen an die 140 000 Mitbürgerinnen und Mitbürger ausgehen: Ihr gehört zu dieser Stadt dazu.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Wie Kollege Dressel bereits erwähnt hat, haben wir die Staatsverträge mit den muslimischen Gemeinden nicht deswegen geschlossen, weil die Stadt oder die CDU oder die SPD oder die GRÜNEN die politischen Auffassungen der religiösen Gemeinschaften teilen oder sich gar ihre religiösen Bekenntnisse zu eigen machen. Wir müssen an dieser Stelle, da haben Sie ja recht, die Schwierigkeiten deutlich ansprechen. Die Karikatur, die wir alle gesehen haben, ist, um es klar zu sagen, geschmacklos. Antisemitische Äußerungen sind für uns nicht akzeptabel und wir erwarten über die Distanzierung hinaus, dass diese Vorkommnisse nicht nur aufgearbeitet werden, sondern ihnen in Zukunft glaubhaft entgegengewirkt wird.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Aber die Verträge mit den religiösen Gemeinschaften, die – ich zitiere aus Ihrem Antrag, Herr Trepoll –

(Dr. Andreas Dressel)

"[…] eine dauerhafte Grundlage für den Dialog schaffen sollten",