Protocol of the Session on January 18, 2017

Als Mitglied im Kulturausschuss möchte ich aber noch drei weitere Punkte ansprechen. Wenn auch die Erstellungskosten unserer Elphi irgendwann vergessen sein werden, so wird der regelmäßige Betrieb ebenfalls beträchtliche Zuschüsse benötigen. Gemäß der Senatsplanung sind das rund 10 Millionen Euro per anno. Der Senat rechnet zu Beginn mit knapp 3 Millionen Euro, später mit 4 Millionen Euro Sponsoring und Spendenerlösen, die den Zuschuss aus Steuermitteln jährlich auf rund 6 Millionen Euro reduzieren sollen. Ob diese gewagten Prognosen jemals zutreffen, wird sich erst in der Zukunft zeigen. Wir werden darauf genau achten.

Zweiter Punkt: Die Verkehrssituation ist schon heute und erst recht im Hinblick auf die künftigen Bewohner- und Besucherzahlen in der HafenCity katastrophal: viel zu wenige Parkmöglichkeiten, sehr enge Straßenprofile und unmittelbar vor der Elbphilharmonie auch viel zu wenige Taxiplätze.

(Sylvia Wowretzko SPD: Das müssen Sie Herrn von Beust sagen!)

Der sinnvolle Antrag für ein Verkehrskonzept, den die CDU-Kollegen vor einigen Wochen vorgelegt hatten, wurde von Ihnen, meine Damen und Herren von Rot-Grün, in der üblichen Überheblichkeit abgebügelt. Hierüber wird trotzdem weiterhin zu reden sein.

Dritter Punkt: Die Großartigkeit der Elbphilharmonie in allen Ehren, aber die kulturelle Vielfalt der Stadt darf dadurch nicht geschmälert werden. Vergessen Sie deshalb nicht die kleinen und mittleren Kultureinrichtungen, die nicht so sehr im Fokus stehen, aber für die Bildung und Integration in unserer Stadt Großes leisten. Die freie Szene, die Stadtteilkultur, die kleinen Bühnen unserer Stadt und auch die Museen, Ausstellungen, kleine Kulturveranstaltungen und Privattheater verleihen unserer Stadt ihre ganz besondere Vielfalt, die nicht nur von Touristen, sondern auch von Hamburgerinnen und Hamburgern geliebt wird. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Das Wort bekommt Professor Kruse von der AfD-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben eine grandiose und begeisternde Elbphilharmonie. Bei der Eröffnung, bei der wir, glaube ich, fast alle dabei waren, hatten wir dieses einmalige Erlebnis, und mir sind dabei häufig geradezu die Tränen gekommen und ich war stolz auf die Stadt, in der ich jetzt lebe.

Nach allem, was da jetzt steht, architektonisch und als riesiger Möglichkeitsraum und als nationale und internationale Attraktion für Hamburg will man nach der begeisternden Eröffnung am letzten Mittwoch gar nicht mehr von Baukosten reden; ich auch nicht. Was sind schon ein paar hundert Millionen Euro? So etwas würde man natürlich niemals im Ernst sagen. Aber bei einem so begeisternden Ereignis vergisst man das leicht, auch ich, und zwar deshalb, weil jetzt alle Kosten, die wir tausendfach in der Zeitung gelesen haben, sunked costs, versunkene Kosten sind und deshalb bei diesem Objekt und seinem Betrieb nicht mehr entscheidungsrelevant sind. Versunken waren die meisten Kosten übrigens schon 2011, als dieser Senat beziehungsweise die meisten Senatoren dieses Senats ins Amt kamen. Sie waren nicht verantwortlich für die Fehler der Vorgänger, haben aber die Entscheidung getroffen, das spektakuläre Haus zu Ende zu bauen und keine Bauruine an der Elbe stehen zu lassen.

(Arno Münster SPD: Nein! Das hat die Bür- gerschaft getan!)

Das war richtig und dafür bin ich ebenso dankbar wie wohl die meisten in Hamburg.

(Beifall bei der AfD)

Wenn also die SPD sich heute mit ihrer Anmeldung für die Aktuelle Stunde dafür feiern lassen will, dann bin ich gern bereit, mitzufeiern und Chapeau zu sagen. Nicht ganz so einverstanden bin ich mit der Formulierung der SPD, die Elphi sei ein offenes Haus für alle, wie es auch schon Senator Tschentscher in der Haushaltsdebatte im Dezember 2016 gesagt hat.

(André Trepoll CDU: Wollen Sie da auch einen Parteitag machen, oder was? – Präsi- dentin Carola Veit übernimmt den Vorsitz.)

In diesem Punkt bin ich grundsätzlich mit Herrn Hackbusch einer Meinung, wenngleich aus ein bisschen anderen Gründen. Der Ausdruck, Haus für alle, bezieht sich nämlich offenkundig nur auf die Preise, die in der Tat sehr niedrig sind, und zwar für alle fünf Preiskategorien, weit unterhalb jeglichen Nachfragemengeneffekts. Aber ein offenes Haus für alle ist es schon deshalb nicht, weil die meisten keine Tickets bekommen können. Es

(Jens Meyer)

wird an dieser Stelle statt des Preises nur ein anderes Rationierungsverfahren verwendet, also zum Beispiel First-Come-First-Serve oder Zufall, wer zum richtigen Zeitpunkt auf der richtigen Webseite ist, oder Beziehungen, wenn man die richtigen Leute kennt. Ich hatte offenbar Beziehungen zu den richtigen Leuten, denn ich hatte das Glück, eine Karte zu bekommen, und das finde ich toll.

(Dirk Kienscherf SPD: Das gesamte Haus war eingeladen!)

Das gesamte Haus hatte gute Beziehungen, ja.

Die Frage ist – und das ist jetzt der Punkt, auf den ich schon im Dezember 2016 versucht habe zu sprechen zu kommen –, ob das tatsächlich angewandte Verfahren für die nächsten Veranstaltungen sozial gerechter und/oder politisch akzeptabler ist als eine preisliche Allokation. Daran habe ich meine Zweifel. Wenn ein gut verdienender Geschäftsmann oder Professor eine Karte für 20 Euro kaufen kann, aber ein Schüler, der sich redlich im Schulorchester bemüht, nicht, ist das politisch erwünscht oder sozial? Ich glaube nicht.

(Hansjörg Schmidt SPD: Weil der Professor die schnellere Internetverbindung hat?)

Aus welchen Gründen, Herr Schmidt, sei dahingestellt; de facto ist es so. Ich sage Ihnen auch gleich das Ergebnis. Wenn Sie mir noch eine Minute zuhören, werden Sie es auch verstehen, Herr Schmidt.

Natürlich hat der Preis nicht nur eine Allokationsfunktion, die ökonomisch immer im Mittelpunkt steht, sondern auch eine Erlösfunktion. Höhere Preise haben höhere Erlöse zur Folge, oder sollte ich sagen, geringere Defizite zulasten des Betreibers oder des Steuerzahlers, solange ein resultierender Mengeneffekt nicht eintritt? Genau das ist hier der Fall.

(Michael Kruse FDP: Das ist Ihre Vermu- tung!)

Wir haben also den eher seltenen Fall, dass eine Preiserhöhung praktisch keinen relevanten Mengeneffekt ergeben würde. Bei höheren Erlösen muss man sich aber nicht unbedingt mehr Geld für Senator Tschentschers große Kasse vorstellen.

(Glocke)

Herr Professor Kruse, Sie sehen seit geraumer Zeit das rote Licht. Das bedeutet, dass Ihre Redezeit zu Ende ist.

Dann werde ich das, was ich noch sagen wollte, zu geeigneter Zeit publizieren,

(Sabine Boeddinghaus DIE LINKE: Das ist eine gute Idee!)

sodass Sie es alle nachlesen können, auch die, die mir nicht glauben.

(Beifall bei der AfD)

Das Wort bekommt der Erste Bürgermeister Olaf Scholz.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, es geht uns allen so, dass wir uns über die Eröffnung der Elbphilharmonie freuen, nachdem wir so lange um sie gerungen haben. Ich möchte mich bei Ihnen allen bedanken, dass Sie als Haushaltsgesetzgeber in Vertretung der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler, aber auch in dieser Debatte, überwiegend mitgeholfen haben, immer wieder diejenigen zu vertreten, die sagen, das sei eine tolle Sache für Hamburg.

(Beifall bei der SPD, der CDU, den GRÜ- NEN und bei Dr. Jörn Kruse AfD)

Vieles ist in den letzten Tagen geschrieben, gesagt und berichtet worden über die großartige Architektur, mittlerweile auch über die Akustik, über die einladende Atmosphäre der Konzertsäle und der Plaza. Das alles trägt dazu bei, dass sehr viele hier für sich einen Ort finden, an dem sie sich gern und immer wieder aufhalten möchten. Ich glaube, dass das neben vielem anderen auch daran liegt, dass die Elbphilharmonie genau am richtigen Ort steht. Sie liegt auf einer Elbinsel mit Blick auf Industrieanlagen, auf Container, auf Schiffe, auf all das, was Arbeit und Beschäftigung in dieser Stadt ausmacht, und man kann von dort aus die Stadt mit den Kirchtürmen, dem Rathaus und der uns so vertrauten Stadtsilhouette sehen. Das ist etwas ganz Besonderes, das man nur an dieser Stelle und auf dem Gebäude des Kaispeichers realisieren konnte. Das ist der Grund, warum wir auch alle Verkehrsprobleme hinnehmen.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Ich bin sicher, dass das gut funktionieren wird, so, wie es von Anfang an gut funktioniert hat: Alle, die dorthin wollen, stellen sich auf die Lage ein, die sie so großartig finden, freuen sich auf das Gebäude, freuen sich

(Michael Kruse FDP: Loben Sie doch Ihre Vorgänger für die Lage!)

auf die Aussicht und sind ganz sicherlich auch sehr begeistert von dem, was sie dort an Musik realisieren und hören können.

Es ist ein großer Auftrag, den wir formuliert haben, dass alle Kinder, die in dieser Stadt zur Schule gehen, die Möglichkeit haben sollen, dort ein Konzert zu genießen. Nicht nur, damit sie einmal das Gebäude sehen, sondern vielleicht auch, um berührt zu werden von der Inspiration der Musik, von der damit verbundenen Begeisterung, und für sich et

(Dr. Jörn Kruse)

was zu entdecken, das über den Besuch in der Elbphilharmonie hinausgeht. Mich würde das jedenfalls sehr freuen und ich bin sicher, dass das die Kultur in dieser Stadt verändern wird. Aus meiner Sicht ist das sehr angemessen, denn Hamburg hat eine lang zurückreichende Musiktradition. Diese Stadt war schon eine Musikstadt, als das andernorts in dieser Art und Weise nur an Fürstenhöfen gepflegt worden ist. Deshalb gehört es auch zum republikanischen Selbstbild Hamburgs, dass wir diese Musiktradition nun fortsetzen – mit Musik der ganzen Bandbreite.

(Beifall bei der SPD, den GRÜNEN und bei Carl-Edgar Jarchow FDP)

Genauso wie wir von Anfang gesagt haben, dass wir wollen, dass alle Kinder einmal dorthin gehen, haben wir gesagt – ich wiederhole es an dieser Stelle – , dass es keine Beeinträchtigung der übrigen Institutionen der freien Szene der Kultur in dieser Stadt geben wird. Ganz ausdrücklich haben wir uns im Zusammenhang mit der letzten Elbphilharmonie-Drucksache dazu verpflichtet, die Ausstattung dieser kulturellen Aktivitäten zu verbessern. Das wird auch für die Zukunft so sein; es wird eine Bereicherung und keine Einschränkung an einer anderen Stelle damit verbunden sein.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Die Auswirkungen auf Hamburg können wir gar nicht alle berechnen und vorhersehen. Aber ich glaube, dass der wirtschaftliche Erfolg, den Hamburg durch dieses idealistische Bekenntnis zur Kultur haben wird, wahrscheinlich überhaupt nicht ermessen werden kann. Wir werden als Stadt auf viele Weise davon profitieren, und ich bin sehr dankbar dafür, dass wir diese Leistung miteinander hinbekommen haben.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Wir bereits in der Eröffnungsrede möchte ich noch einmal Dank der leider verstorbenen Barbara Kisseler danken, die eine großartige Kultursenatorin war und in Sachen Elbphilharmonie eine sehr heftige und gute Streiterin, ohne die dieses Projekt nicht hätte fertig werden können, so, wie es jetzt fertig geworden ist.

(Beifall bei der SPD, den GRÜNEN, verein- zelt bei der CDU und bei Dr. Jörn Kruse AfD)

Es war und ist mir sehr wichtig, diese Leistung zu respektieren und zu würdigen. Darum habe ich mich dazu entschieden, die Nachfolge am Ende des Monats zu regeln, an dem die Elbphilharmonie eröffnet worden ist. Ich werde die Entscheidung, die ich getroffen habe, in diesem Monat bekannt geben. Ich glaube, aus Respekt vor dieser Leistung ist es richtig, so zu verfahren. – Schönen Dank.

(Beifall bei der SPD, den GRÜNEN, verein- zelt bei der FDP und bei Dr. Jörn Kruse AfD)