Protocol of the Session on December 14, 2016

Ich komme mir gerade so vor, als hätten Sie Justizpolitik in Hamburg neu definiert und neu erfunden. Das ist fast ein justizpolitischer Urknall, was Sie uns hier verkauft haben.

(Beifall bei der AfD)

Herr Tabbert, das Schlimme ist nur, dass all das nicht aufgrund eigener Einsicht in die Notwendigkeiten passiert ist.

(Farid Müller GRÜNE: Sondern?)

Es ist passiert, weil wir verschiedene Brandbriefe von außen hatten, die darauf hingewiesen haben, wie sehr dem Justizvollzug und wie sehr den Rich

(Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein)

tern bereits das Wasser bis zum Hals gestanden hat und wie sehr die Funktionsfähigkeit der Justiz in Hamburg gefährdet war. Und weil sich mittlerweile auch meine Partei, nämlich die AfD, bundesweit als drittstärkste Kraft etabliert hat, haben Sie endlich reagiert.

(Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein FDP: Ach, deswegen!)

Der Druck im Kessel ist so stark geworden, dass der Justizsenator das Spardiktat endlich gelockert hat – natürlich nur wegen des Bürgermeisters – und neue Stellen geschaffen worden sind. Wie gesagt, diese Reaktion war keine kluge Weitsicht.

Wie dem auch sei, es sind endlich die richtigen Schritte in die richtige Richtung unternommen worden. Es war zwar mehr eine hastige Reaktion, und zwar infolge der veränderten politischen Verhältnisse in ganz Deutschland, aber immerhin. Wir sind zufrieden, wenn der Senat aus purer Angst vor dem Durchmarsch der AfD endlich reagiert.

(Beifall bei der AfD – André Trepoll CDU: Ihr Selbstbewusstsein ist ja noch größer als das des Bürgermeisters!)

Herr Dr. Tjarks, es mag sein, dass Sie das als lächerlich empfinden. Um aber einmal kurz auf Ihren gestrigen Debattenbeitrag einzugehen, mit dem Sie recht mühselig und sehr umständlich vergeblich versucht haben, sich an der AfD abzuarbeiten: Wir machen lieber die große Politik. Ich muss nicht mit kleinem Karo eine Reihe von marginalen Haushaltsanträgen stellen,

(Milan Pein SPD: Nee, ist klar!)

die Sie mit rot-grüner Mehrheit permanent mit der gesamten Arroganz der Macht ablehnen.

(Glocke)

(unterbrechend) : Herr Nockemann, lassen Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Dr. Tjarks zu?

Und wieder einmal. Ja.

Herr Nockemann, vielen Dank. Wie viele Anträge haben Sie denn zum Justizhaushalt gestellt?

Herr Tjarks, ich kann Ihnen eines deutlich sagen: Ich werde mich nicht verkämpfen mit Anträgen,

(Zurufe von den GRÜNEN und der SPD – Dr. Anjes Tjarks GRÜNE: Null!)

die Sie, das habe ich gerade schon gesagt, mit Ihrer rot-grünen Mehrheit kompromisslos und ungeprüft ablehnen. Ich nehme doch von Ihnen keine Beschäftigungstherapien an. Herr Dr. Tjarks, Sie

haben eine Reihe von Anträgen gestellt, Sie stellen so viele Schriftliche Kleine Anfragen. Was haben Sie damit erreicht in dieser Stadt? Das Debakel HSH Nordbank oder Hapag-Lloyd – nichts haben Sie erreicht mit Ihren Anträgen. Was haben Sie getan mit all dem Gerede in den Ausschüssen? Die Polizei ist kaputtgespart worden. 150 Stellen sind vor Jahren gestrichen worden. Was haben Sie getan? Und was haben Sie geredet.

(Glocke)

(unterbrechend) : Herr Abgeordneter Nockemann, darf ich Sie darauf hinweisen, dass wir im Moment in der Debatte zum Einzelplan 2 Justizbehörde sind?

(Farid Müller GRÜNE: Es gehört zum Parla- mentarismus, Anträge zu stellen!)

Es gibt neue Zeiten und wir machen neue Politik und die Folgen werden Sie auch kurzfristig erkennen.

(Glocke)

(unterbrechend) : Herr Nockemann, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Dr. Schinnenburg?

Nein, jetzt nicht mehr. Ich kann ja nicht immer antworten, weil mir letztlich immer gesagt wird, ich müsse zum Thema kommen, und die Kollegen können fragen, was Sie wollen. Nein, es tut mir leid.

(Glocke – Gerhard Lein SPD: Was ist das für ein frecher Kerl!)

Herr Nockemann, ich würde auch die Kollegen, die die Zwischenfragen stellen, darauf hinweisen, beim Thema zu bleiben.

Gleichwohl lehne ich dieses Mal eine Zwischenfrage ab.

Wie gesagt, ich brauche keine Anträge zu stellen. Mir reicht es, wenn Sie von SPD und GRÜNEN und dem Senat die Arbeit machen, die Sie ohne unsere Existenz nicht machen würden, wenn Sie und der Senat die Arbeit machen, die wir durch Debatten im Plenarsaal von Ihnen einfordern. Das reicht mir, und da muss ich nicht jedes Mal Anträge stellen.

(Zurufe von der SPD, den GRÜNEN und der FDP – Dr. Anjes Tjarks GRÜNE: Es ist echt selten, dass jemand Verweigerungsarbeit von vorne macht!)

Und dass Sie das tun, erkenne ich doch daran, dass Sie endlich die erforderlichen Stellen geschaffen haben. Sie haben es gemacht, weil wir Ihnen im Nacken sitzen. Herr Dr. Tjarks, mit Ihrem gestrigen Debattenbeitrag haben Sie doch deutlich gemacht, warum Sie diese Stellen schaffen. Sie haben nämlich gestern gesagt – wörtlich –, der tiefere Grund …

(Dr. Anjes Tjarks GRÜNE: Das habe ich nicht gesagt!)

Sie wollen deutlich machen mit diesen Anträgen, wie man Populisten wie uns das Wasser abgraben kann. Das heißt, Sie stellen diese Anträge, und zwar nicht, weil Sie die Innere Sicherheit oder die Justizpolitik stärken wollen, sondern weil Sie uns das Wasser abgraben wollen. Wissen Sie eigentlich, was ein Populist ist?

(Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein FDP: Ja! Sie!)

Nicht wir sind Populisten, die wir die richtigen Sorgen der Bürger ins Parlament tragen, sondern Populist ist jemand, der seine falsche Politik, von deren Richtigkeit er überzeugt ist, nur deshalb umstellt, weil er auf Wählerfang gehen will. Und das machen Sie, Herr Tjarks. All Ihre Argumente, die Sie gegen uns anwenden, ziehen doch nicht mehr. Auch was Sie gestern gesagt haben, SchlechteLaune-Partei: Sie bekommen schlechte Laune, wenn Sie unsere Wahlergebnisse im Bund sehen. Da verwechseln Sie irgendetwas ganz deutlich.

(Dr. Anjes Tjarks GRÜNE: Beifallsstörung von rechts! Ich glaub's nicht!)

Im Übrigen, liebe rot-grüne Kollegen, schauen Sie sich doch einmal das Volumen Ihrer Haushaltsanträge an. So viel ist da auch nicht. Und, Herr Dr. Tjarks, ein richtig originär grüner, ein richtig originär alt-grüner Antrag ist bei Ihnen überhaupt nicht zu erkennen. Sie wollen plötzlich die Staatsanwaltschaften verstärken. Mit denen standen Sie doch in der Vergangenheit auf Kriegsfuß. Das ist Populismus, was Sie machen.

(Zurufe)

Mit Ihren Anträgen sind Sie fast schon ein integraler Bestandteil der SPD in Hamburg geworden.

(Zurufe)

Nein, tut mir leid, die grüne Seele Ihrer Wähler streicheln Sie mit ihren Haushaltsanträgen schon lange nicht mehr. Sie wollen die Sicherheit der Gerichtsgebäude mit baulichen Maßnahmen erhöhen. Hören Sie auf mit Ihrem selbstgerechten Verhalten. Ihre Anträge von Rot-Grün sind doch nichts als Kosmetik. Eigentlich ist die Finanzierung doch auch ohne Ihre Anträge gesichert. Der Senat könnte das alles finanzieren. Er finanziert es nur nicht aus, um Ihnen noch ein paar Brotkrumen übrig zu lassen, damit Sie ein paar Haushaltsanträge stel

len können, Herr Tabbert, auch wenn Sie jetzt trotzig mit dem Kopf schütteln.

Sehen Sie sich einmal den Antrag 21/6979 an, da geht es um die weitere personelle Stärkung der Gerichte. Seit Anfang 2015 sind bereits drei neue Kammern mit neun Richterstellen geschaffen worden, zusätzlich sind nicht besetzte Stellen besetzt worden. Wir hatten diesen Antrag auch auf der Agenda, bis wir die Schriftliche Kleine Anfrage 21/6274 zur Belastung der Hamburger Justiz gelesen haben. In ihr wird die Präsidentin des Verwaltungsgerichts zitiert. Unter anderem legte sie dar, vor zwei Jahren sei sie noch in großer Sorge gewesen. Am Ende der DIN-A4-Seite, nach langen Ausführungen, hieß es dann, zusammenfassend lasse sich sagen, dass das Verwaltungsgericht derzeit mit der personellen Ausstattung auskommen könne und man hoffen könne, die weiteren Zuwächse an Arbeit mit Bordmitteln zu bewältigen. Daraufhin haben wir uns gesagt, wenn das so ist, wenn die Präsidentin des Verwaltungsgerichts sagt, sie komme mit dem Personal aus, wozu sollen wir denn dann noch weitere Anträge stellen.

Mit noch einem Antrag möchte ich mich kurz auseinandersetzen, er kommt von den LINKEN, die heute Gott sei Dank nicht mehr vertreten sind. Es geht darum, dass die LINKEN mit einem Haushaltsantrag fordern, so etwas wie einen Polizeibeauftragten einzuführen. So eine Polizeikommission hatten wir schon, 1998 unter der GAL und Ortwin Runde. Das ist nichts weiter als eine Institution zur Verunsicherung und zur Diskreditierung der Polizei. Das brauchen wir nicht, und die vier Stellen, die damit verbunden sind, sind auch überflüssig. Am liebsten würden die LINKEN das noch in der Roten Flora als Dienstelle ansiedeln. Dieser Unfug ist mit uns nicht zu machen.

(Beifall bei der AfD)

Wie gesagt: Im Grunde genommen sind es Schritte in die richtige Richtung, aber leider viel zu spät, nach jahrelangem Kaputtsparen der Justiz. – Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)