Protocol of the Session on December 14, 2016

"Alle Produktgruppen sind durch Zuwanderung beeinflusst."

Alle. Und es heißt, Unterbringung und Integration von Flüchtlingen seien ein Schwerpunkt im Einzelplan. Dreh- und Angelpunkt bleibt bei all dem, ob das Kernmantra der rot-grünen Politik, die Flüchtlinge leisteten einen wesentlichen Beitrag zum Fachkräftemangel, wie es in Ihren Drucksachen immer heißt, wirklich Bestand hat. Das ist sehr umstritten. Das W.I.R-Programm hüllt sich seit einem halben Jahr in Schweigen. Die Zahlen, die damals genannt wurden, waren nicht besonders hoch, seit einem halben Jahr werden gar keine Zahlen mehr genannt. Wie sich zeigt, betreiben Sie sozialpolitisch eine Hochrisikopolitik mit existenziellen Auswirkungen auf die gesamte Bevölkerung; darüber müssen Sie sich klar sein. Wenn das schiefgeht, werden uns künftige Soziallasten überrollen. Sie nehmen das nicht ausreichend zur Kenntnis. Das ist die Sicht vonseiten der AfD.

(Ksenija Bekeris SPD: Und der FDP!)

Die Schieflage künftiger Sozialhaushalte hätte zur Folge, dass Geld für Zielgruppen, darunter viele Migranten, hierzulande fehlen muss. Wir haben eben schon beim Thema Arbeitsmarktpolitik darüber gesprochen. Es steht nicht nur als Beispiel, sondern im Kern Industrie 4.0 vor der Tür. Manchen Berufsgruppen werden 50 bis 60 Prozent Arbeitsplatzverluste vorhergesagt, so sehr verängstigt das durch Spezialisierung, durch Hochtechnisierung, durch Digitalisierung. Da muss sehr nachhaltig qualifiziert werden. Wir brauchen richtige Offensiven in diesem Bereich. Ansätze hierfür sind in Ihren Haushalten wenig zu sehen.

Jeder Euro kann eben nur ein Mal ausgegeben werden. Der Kuchen kann nicht größer werden. Was Sie für die Flüchtlingsarbeitsmarktintegrationspolitik ausgeben, auch für jene, die keinen Anspruch haben hierzubleiben, kein Schutzbedürfnis und so weiter haben, fehlt natürlich den Bedürfti

gen andernorts. Die Haushaltsansätze für die Schwächsten in Hamburg, die Obdachlosen, scheinen bereits deutlich zurückzugehen – von 2014 mit 2,3 Millionen Euro im Plan auf 1,6 Millionen Euro heute. Selbst wenn im Vergleich dieser beiden Abrechnungsversionen vielleicht noch Bereinigungen vorzunehmen sind, ist es auf jeden Fall eine immer geringere Ausstattung. Deswegen haben wir den Antrag eingebracht, den Schutzlosesten unserer Gemeinschaft etwas Linderung zu geben, den vollends Obdachlosen, deren Zahl steigt und steigt. Was diese wiederum am Nötigsten brauchen, sind Hilfen für ihre Gesundheitsprobleme. Sie brauchen mehr mobile Hilfsdienste; da müssen wir etwas drauflegen. Stimmen Sie unserem Antrag bitte zu.

Eine Schieflage hat der Sozialhaushalt aber auch beim Aufgabengebiet Förderung der demokratischen Kultur und des Zusammenhalts im Einzelplan 4.0. Durch Rot-Grün ist da viel unterwegs in Sachen Rechtsextremismusbekämpfung; das ist auch gut so. Wann aber nehmen Sie endlich zur Kenntnis, dass Hamburg die Hochburg des Linksextremismus in ganz Deutschland schlechthin ist? Unsere Stadt hat absolut mehr Linksextremisten als jedes andere Bundesland in Deutschland, das muss man sich einmal vorstellen, selbst mehr als das zehnmal größere Nordrheinwestfalen. Das kann so nicht bleiben, da muss sich etwas ändern. Im Haushalt findet sich dazu nichts. Das kann nicht so bleiben.

(Beifall bei der AfD)

Irgendetwas muss es doch in Hamburg geben, was so viele Linksextremisten und Gewalttäter attraktiv und vorteilhafter als in anderen Bundesländern finden. Hier muss sich die Stadt ganz anders aufstellen. Und dazu gehört nicht nur die konsequente Verfolgung aller linken Straftaten, auch nicht nur, dass linksextremistische Organisationen nicht länger aus Steuermitteln gefördert werden, weshalb wir dringend die Demokratieklausel wieder einführen müssen, sondern es geht um etwas viel Wichtigeres: Es geht um die umfassende Mobilisierung der gesamten Zivilgesellschaft gegen diese Gewaltausbreitung von links. Das muss auch Sache des Sozialhaushalts werden. Hamburg braucht viel mehr Mittel für Beratungsnetzwerke für aussteigewillige Linke, für Opfer, für Familienangehörige und Nachbarn, viel mehr Informationsveranstaltungen, Aufklärung auch an Schulen, Informationskampagnen auch in den Medien. Da müssen wir zulegen.

(Beifall bei der AfD)

Auch zur Einhegung und Bekämpfung des religiösen Extremismus, der seit den explodierenden Flüchtlingszahlen erheblich höherer Aufmerksamkeit bedarf, braucht es höhere Bereitstellung von finanziellen Mitteln. Deswegen haben wir beispielhaft den Antrag eingebracht, der wenigstens die

allergefährlichste Bedrohung in dieser Richtung durch das rapide Wachstum gewaltbereiter Salafisten in den Blick nimmt. Hamburg war schon Heimstadt der Terroristen vom 11. September 2001 und auch heute stammen fast 9 Prozent der Dschihadisten, die von Deutschland aus nach Syrien zum Kampf abgereist sind, aus der Hansestadt Hamburg. Laut Verfassungsschutzbericht von 2015 sind es 70 von 820 bundesweit. Meine Damen und Herren, wann handeln Sie hier endlich?

(Beifall bei der AfD)

Als Nächste erhält das Wort Frau Senatorin Dr. Melanie Leonhard.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Arbeitsbereich Soziales im Einzelplan 4 ist im Wesentlichen gekennzeichnet – das haben einige Vorredner ebenfalls gesagt und das will ich gar nicht weiter ergänzen, weil es zutreffend ist – durch die großen Positionen der gesetzlichen Leistungen. Das sind einmal die Hilfen zur Existenzsicherung, das ist das Asylbewerberleistungsgesetz, aber das ist auch der Bereich der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderung, der in diesem Jahr durch eine neue bundesgesetzliche Regelung – ein, wie ich finde, sehr, sehr großer Fortschritt, die Herausführung behinderter Menschen aus der Sozialhilfe hin zu einem echten Teilhaberecht – wirklich große Aufmerksamkeit erfahren hat. Das wird auch haushalterisch ein Thema sein, auf das wir im nächsten Jahr besondere Aufmerksamkeit werden legen müssen und sollten.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Da wir in Hamburg Vorreiter für das Thema Ambulantisierung waren, spiegelt sich das auch für das Thema persönliches Budget und Budget für Arbeit für einzelne Menschen in unserem Haushaltsplan wider, das den Weg für Menschen mit Behinderung raus aus der Werkstatt in Arbeitsplätze im ersten Arbeitsmarkt erleichtern und am Ende auch ermöglichen soll. Insofern, finde ich, haben wir etwas Gutes vorgelegt, um diesen Systemwechsel in Zukunft auch haushalterisch nachzuvollziehen.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Auf einen weiteren, bislang noch nicht groß thematisierten Punkt möchte ich besonders eingehen, nämlich unsere wachsenden Aufwendungen im Bereich Opferschutz. Wir haben es uns zum Ziel gemacht, die Hilfe für diejenigen, die es gesellschaftlich am schwierigsten haben, in die Hilfesysteme zu kommen, nämlich Frauen und Männer, die von Gewalt im privaten Raum bedroht sind, wesentlich auszubauen, und haben namentlich mit der Koordinierungsstelle 24/7 unser Notaufnahmesystem für die Frauenhäuser verändert, verbes

sert, effizienter gemacht, die Verweisberatung wesentlich gestärkt und das auch haushalterisch abgesichert. Das ist schon ein großer Erfolg.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Ein dritter Punkt, der bereits angesprochen wurde und zu dem es sicherlich noch intensive Beratungen im zuständigen Fachausschuss geben wird, ist das Thema Extremismusprävention. Auch dafür haben wir im Haushalt wesentliche Schwerpunkte gesetzt. Dabei geht es natürlich um politischen Extremismus, aber auch um das Thema religiöser Extremismus. Insbesondere zur Salafismusprävention hatten wir schon intensive Beratungen in den zuständigen Fachausschüssen Inneres und Soziales. Auch das werden wir weiterhin intensiv begleiten müssen und gemeinsam mit dem Parlament einen Blick darauf haben, ob wir als Stadt dafür auch in Zukunft immer so aufgestellt sein werden, wie wir es müssen. In bestimmten Bereichen wird uns Flexibilität abgefordert werden.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Ich möchte noch auf die Hilfen für die Wohnungslosen eingehen. An dieser Stelle, finde ich, muss auch einmal erlaubt sein, etwas dazu zu sagen, wer auf wessen Kosten welche Punkte in der öffentlichen Wahrnehmung zu machen versucht. Ich hatte bisher immer geglaubt, dass es Konsens hier im Hause ist, das Thema Freizügigkeit am Arbeitsmarkt am besten in der gesamtgesellschaftlichen Akzeptanz so zu verteidigen, indem wir die Regelungen dafür möglichst eng und möglichst korrekt auslegen. Das bedeutet, dass Freizügigkeit für all diejenigen gilt, die in den Arbeitsmarkt, zur Arbeitssuche zuwandern und eben nicht in unser Winternotprogramm. Insofern bieten wir in diesem Jahr besondere Beratungsdienstleistungen an. Das dient der Akzeptanz der Wohnungslosenhilfe insgesamt. Dazu gehört auch, dass der eine oder andere, für den sich keine Perspektive in Deutschland bietet, die Perspektivberatung als restriktiv empfinden mag. Aber ich halte es schon für sehr schwierig, das im Zusammenhang mit unseren Ausgaben zur Integration gegenläufig darzustellen.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Um diesen Bereich zu stärken, haben wir beim Wohnungsbau für besondere Zielgruppen, zu denen auch die Wohnungslosen gehören, entscheidende Schritte unternommen. Das ist die Möglichkeit der Einräumung für Bürgschaften für besondere Träger, die in diesem Bereich etwas machen wollen. Das ist die Weiterentwicklung des fördernund-wohnen-Gesetzes. Insofern, glaube ich, müssen wir uns in diesem Bereich nicht verstecken. Hamburg legt in seinen Sozialausgaben einen wesentlichen Schwerpunkt auf die Bekämpfung von Wohnungslosigkeit und das ist auch richtig und nötig.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

(Dr. Bernd Baumann)

Des Weiteren finden Sie dazu in unserem Haushalt das Thema Förderung des Ehrenamtes vor. Wir werden hoffentlich auch weiterhin in Hamburg einen so positiven, so ausgeprägten und so viele gesellschaftliche Bereiche erreichenden ehrenamtlichen Bereich haben, von der Wohnungslosenhilfe bis hin zur Arbeit vieler Menschen, die ihren Teil zur Integration von Flüchtlingen beitragen. Ich finde es gut, dass wir auch weiterhin Mittel für die Förderung der Freiwilligenbörse und vieles mehr vorsehen. Das ist richtig und angemessen bei einer so aktiven Zivilgesellschaft. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Jetzt erhält das Wort Frau Prien von der CDU-Fraktion.

Meine Damen und Herren, liebe Frau Senatorin! Zwei Bemerkungen müssen Sie mir erlauben. Ich bin fassungslos, dass Sie zu diesem Thema heute sprechen und zur Flüchtlingsintegration nicht ein einziges Wort verlieren. Das ist wirklich unglaublich.

(Beifall bei der CDU – Zurufe von der SPD)

Wir haben während der heutigen Debatte die Antwort auf die Anfrage zur Obdachlosenhilfe bekommen. Auch das ist eine ziemliche Missachtung des Parlaments.

(Dirk Kienscherf SPD: Immer diese gespielte Empörung!)

Wenn Sie das schon machen, hätten Sie an dieser Stelle einmal Ihre Wertschätzung für diejenigen, die Obdachlosenhilfe in dieser Stadt leisten, zum Ausdruck bringen müssen. Ihr Problem mit den Menschen, die aus Südosteuropa zu uns kommen, haben wir auch und da muss etwas geschehen; dazu fehlt aber das Konzept von Ihrer Seite.

(Dirk Kienscherf SPD: Das stimmt doch gar nicht! Da holen Sie sich doch einen weißen Fuß!)

Das zulasten derjenigen zu tun, die wirklich ganz unten in unserer Gesellschaft sind, finde ich nicht in Ordnung. Da hätte ich heute von Ihnen mehr erwartet.

(Beifall bei der CDU)

Jetzt erhält das Wort Phyliss Demirel von der GRÜNEN Fraktion.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Etwa ein Drittel der Hamburgerinnen und Hamburger und nahezu jedes zweite Kind im Grundschulalter haben einen Migrationshintergrund. Für eine Stadt, die sich das Tor zur Welt nennt, ist das doch eigentlich eine Normalität.

Zudem sind in den letzten zwei Jahren mehr als 30 000 Geflüchtete hinzugekommen, die dauerhaft in Hamburg leben und das Recht haben, hier ein neues Zuhause zu finden. Jetzt geht es konkret darum, allen Menschen die Teilhabe in unserer Gesellschaft zu ermöglichen, egal ob mit oder ohne Migrationshintergrund.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Wir wollen nicht mehr darüber diskutieren, was uns unterscheidet, sondern vielmehr festlegen, wo wir gemeinsam hinwollen, und vor diesem Hintergrund gehen wir in Hamburg in vielen Bereichen integrationspolitisch voran. Als Land finanzieren wir Sprachkurse für Geflüchtete, die vom Bund ausgeschlossen werden. Mit dem Hamburger Welcome Center, der Zentralen Anlaufstelle Anerkennung, der Antidiskriminierungsstelle, der Clearingstelle für Menschen ohne Papiere und vielen weiteren Institutionen sorgen wir weiterhin dafür, dass die Menschen zielgerichtet unterstützt werden.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei Uwe Giffei SPD)

Hinzu kommen noch die Kampagnen zur interkulturellen Öffnung in der Verwaltung und Einbürgerung. Durch den Integrationsfonds kommen noch zusätzliche Projekte, die in den nächsten zwei Jahren die Arbeit von Ehrenamtlichen, aber auch die Integration von Geflüchteten vor Ort erleichtern. Die anstehende Fortentwicklung des Integrationskonzepts hilft uns dabei, mit unseren Maßnahmen immer auf dem aktuellsten Stand zu sein. Mit dem vorliegenden Haushaltsentwurf setzen wir den Rahmen, dass die erfolgreiche und innovative Integrationsarbeit in Hamburg auch in den kommenden Jahren fortgesetzt und ausgebaut werden kann.

Integration soll Menschen zusammenführen. Leider muss Integrationspolitik aber auch diejenigen zur Kenntnis nehmen, die an dem Gegenteil arbeiten, die Menschen gegeneinander aufhetzen. Integration funktioniert nicht, wenn Teile der Gesellschaft unter permanentem Generalverdacht stehen. Daher müssen wir entschieden gegen diejenigen vorgehen, die für solche Verdächtigungen verantwortlich sind,

(Beifall bei Mareike Engels GRÜNE)

gegen radikale Islamisten, Salafisten und Dschihadisten, gegen Rechtsextremisten und Populisten, Reichsbürger und Identitäre.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Die Bekämpfung von gewaltbereitem Salafismus und Rechtsextremismus ist kein rein sicherheitspolitisches Thema. Deshalb ist es gleich doppelt wichtig, dass wir die Arbeit in diesen Bereichen mit dem neuen Haushalt fortführen und ausbauen und das tun wir auch. Insgesamt liegt uns ein Haushaltsentwurf vor, mit dem wir in den kommenden