finden das eben so: Wenn nicht gemeckert wird, ist das schon genug gelobt, und insofern kommen Sie immer noch gut genug weg.
Es hat sich, das kann man mit einem Blick in die letzte Haushaltsdebatte zum Schulhaushalt unschwer erkennen, nicht viel getan in der Qualität an den Hamburger Schulen. Leider hat sich wenig verbessert. Insbesondere, und das werde ich Ihnen heute nachweisen, ist das Hamburger Schulsystem mitnichten sozial gerechter geworden. Im Gegenteil: Die von Ihnen betriebene Bildungsexpansion erfolgt mit der Gießkanne. Sie erfolgt ohne Rücksicht auf das Bildungsniveau in unserer Stadt, und in Wahrheit erfolgt sie zulasten vor allem der benachteiligten Kinder und Jugendlichen und auch der Migrantenkinder. Viele Probleme haben sich verschärft in unserem Schulsystem, und sie sind in Wahrheit auch gar nicht angegangen worden.
Ich gestehe Ihnen zu, Herr Senator Rabe, dass Sie eine Menge zu tun hatten mit der Beschulung und den ersten Integrationsschritten für die vielen Flüchtlingskinder, die zu uns gekommen sind. Ich denke, es ist heute an der Zeit, einmal denen, die sich besonders engagiert haben, den Lehrerinnen und Lehrern vor Ort, den vielen Freiwilligen, aber auch den Mitarbeitern der Behörde, die dies möglich gemacht haben, zu danken. Dieses Lob will ich hier tatsächlich einmal loswerden heute Abend.
Aber das kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass wir inzwischen in einer tiefen Akzeptanzkrise der Stadtteilschule angelangt sind, dass die Probleme der Inklusion sich seit zwei Jahren mitnichten verbessert haben, dass wir in Wahrheit die notwendigen Strukturveränderungen aus falsch verstandener Ideologie nicht eingeleitet haben, dass der Schulentwicklungsplan Makulatur ist und dass Qualitätsverbesserungen vor allem in den Bereichen Mathematik, Rechtschreibung und in den MINT-Fächern nicht vorangekommen sind.
Herr Bürgermeister, wenn Sie selbst völlig zu Recht sagen, Hamburg müsse Innovationshauptstadt werden, fragt man sich natürlich: Wie soll das passieren? Wie soll eine Stadt Innovationshauptstadt werden, wenn gerade in der Mathematik und den MINT-Fächern leider nicht nur kein Fortschritt zu verzeichnen ist, sondern die Ergebnisse – und das zeigen die Ergebnisse der TIMSS-Studie, das zeigen die Ergebnisse des Bildungs-Reports – tatsächlich schlechter geworden sind? Auch die letzte PISA-Studie hat dies erneut ergeben.
Das Schlimme ist, dass wir das nicht nur wissen, sondern dass darüber hinaus dieser Schulsenator nicht bereit ist, diese Tatsachen im öffentlichen Raum und in diesem Parlament vernünftig zu diskutieren, dass verheimlicht wird, dass Unterlagen
nicht herausgegeben werden, dass Daten nicht herausgegeben werden und dass deshalb eine vernünftige Ursachenanalyse nach wie vor nicht möglich ist.
Und warum das alles? Weil auf Teufel komm raus an einem nicht einzuhaltenden Gleichheitsversprechen festgehalten werden soll und nicht dort differenziert werden soll, wo Differenzierung unbedingt notwendig wäre.
Sie, Herr Bürgermeister, haben versprochen, ein gerechtes Schulsystem müsse Kindern und Jugendlichen aus benachteiligten Familien gute Chancen bieten. Sie haben es heute noch einmal wiederholt. Aber genau hinter diesem Anspruch bleiben Sie meilenweit zurück, und Sie bleiben auch deshalb meilenweit dahinter zurück, weil Sie nicht bereit sind, an den Ursachen anzusetzen und diese Frage an der Wurzel zu packen. An der Wurzel packen würde bedeuten, dass man endlich anfangen würde, im Bereich der frühkindlichen Bildung in der Grundschule neue Maßstäbe zu setzen. Thomas Kerstan hat es in der letzten Ausgabe der Wochenzeitung "Die Zeit" beschrieben: Die wirklich große Leistung wäre es, wenn man dazu kommen würde, Kinder so früh so gut zu fördern, dass sie ohne Sprachprobleme in die Grundschule kommen, sodass man dann in den Grundschuljahren, vor allem in den ersten beiden, dazu kommen würde, die Kinder so zu fördern, dass sie am Ende der Grundschulzeit den Regelstandard erreichen. Das wäre die große Aufgabe, die im Hamburger Schulsystem zu lösen wäre. Aber die Grundschule findet im Vorwort zu Ihrem Einzelplan gar nicht statt, Sie erwähnen sie nicht einmal. So wie Sie auch die Rolle der Sonderschulen in Ihrem ersten Entwurf nicht erwähnt haben, den Sie uns als Bürgerschaft vorgelegt haben – ein echter Fauxpas und ein wirklicher Verstoß gegen das Wahlrecht, das die Eltern in Hamburg zwischen allgemeiner Schule und Grundschule haben.
Die andere große Herausforderung, die wir zu meistern haben im Hamburger Schulsystem, ist die Frage der digitalen Bildung. Hier sind Sie seltsam verdruckst und verzagt. Ihr eigenes Pilotprojekt war kein sonderlich großer Erfolg, und Sie haben auch mit diesem Haushalt kein Konzept für das digitale Klassenzimmer, für die digitale Bildung in dieser Stadt vorgelegt. Auch hier gilt, wenn Sie es wirklich ernst meinen würden mit Innovation in unserer Stadt, mit der innovativen Stadt Hamburg, dann müssten Sie gerade in diesem Bereich schauen: Wie machen die das eigentlich in Großbritannien? Wie machen die das in Estland? Wie schafft man es, bei den Kindern und Jugendlichen Neugier zu wecken, Neugier für den Umgang mit unserer digitalen Zukunft? Wie schafft man es, ein
gesellschaftliches Bewusstsein zu schaffen für Innovation in den Schulen, für Entrepreneurship? Wie bekommt man es hin, dass Kinder irgendwann einmal ein Unternehmen gründen wollen, wenn sie erwachsen werden? All das findet in unseren Schulen in Hamburg leider nicht statt, und hier bleibt Ihr Haushaltsplan-Entwurf hinter allen Erwartungen, die auch die Hamburger Wirtschaft an Sie hat, leider zurück.
Ein weiteres Thema, das Sie mit Ihrem Haushaltplan-Entwurf nicht anfassen, ist die Frage der Förderung von besonders leistungsstarken und begabten Kindern. Auch das ist ein Stiefkind in Ihrer Bildungspolitik, obwohl das so dringend erforderlich wäre. Es ist ein Stiefkind der Bildungspolitik in Deutschland und es ist besonders ein Stiefkind der Bildungspolitik in Hamburg, und das, obwohl die Notwendigkeit des Handelns in der letzten PISAStudie erneut zutage getreten ist. Auch hier setzen Sie wieder auf das Gießkannenprinzip. Sie verweigern sich der Differenzierung. Hochbegabte und begabte Schüler haben in Hamburg keinen guten Stand. Sie müssen sich fragen lassen, warum Sie sich Best-Practice-Beispiele, etwa aus dem Süden der Republik, aus Bayern, nicht zu eigen machen und dafür Sorge tragen, dass begabte und besonders leistungsfähige Schüler in Hamburg auf ihre Kosten kommen.
Wir haben dazu wie zur Verbesserung der Situation an allen Hamburger allgemeinen Schulen umfangreiche Vorschläge vorgelegt. Es wird Zeit, dass wir über diese endlich eine intensive bildungspolitische Debatte in der Stadt führen. Wir sind dazu bereit. Zu Lob sind wir nicht bereit, aber wir sind bereit zu einer ernsthaften Debatte. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ein Schwerpunkt der Haushaltsberatungen für den Doppelhaushalt 2017/2018 ist die Schulpolitik, auch wenn sie heute, sozusagen am Ende der Generaldebatte, vermutlich etwas untergehen wird. Aber unsere vorliegenden Haushaltsanträge machen deutlich, dass wir weiterhin drei zentrale Anliegen konsequent weiterverfolgen: Wir wollen mehr Bildungsgerechtigkeit – unabhängig von dem, was Frau Prien sagt –, wir wollen eine weitere Entlastung von Eltern, und wir wollen vermehrte Informationen für Erstwähler.
Die Koalition legt Ihnen heute drei Anträge zum Einzelplan 3.1 vor. Der erste Antrag zielt auf die kostenlose Sommerferienbetreuung für Kinder im SGB-II-Bezug. Wir haben von Anfang an darauf hingewiesen, dass die Angebotsqualität zusätzlich zu den bereits geleisteten qualitativen Verbesserungen stetig gesteigert wird. So haben wir uns auch mit der Volksinitiative "Guter Ganztag" in vielen sehr fruchtbaren Gesprächen auf ein Maßnahmenpaket geeinigt; Sie alle werden sich noch an die Diskussionen, die wir im Parlament hierzu geführt haben, erinnern. Die Ganztagsangebote und die Ferienbetreuung dienen der besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf, und das ist, das hat auch der Bürgermeister in seiner Rede deutlich gemacht, zunehmend ein Markenzeichen für Hamburg.
Die Ganztagsangebote und die Ferienbetreuung sind nicht nur für viele Kinder die oft einzige Möglichkeit, an sportlichen und kulturellen Angeboten teilzunehmen, sie dienen auch der Integration, sie dienen der Wertevermittlung und sie dienen dem Spracherwerb. Herr Trepoll, wenn Sie vorhin in Ihrer Rede behauptet haben, wir würden keine Investitionen in die Zukunft tätigen, dann sage ich: Das ist eine Investition in die Zukunftsfähigkeit unserer Stadt.
Es gibt insgesamt steigende Teilnehmerquoten bei der Ganztagsbetreuung und auch bei der Ferienbetreuung. Hier gab es jedoch eine Entwicklung, der wir mit unserem Antrag entgegensteuern wollen. Nur 25 Prozent aller Kinder aus SGB-II-Familien haben in der Vergangenheit an dem Ferienprogramm teilgenommen. Das ist eine deutlich zu niedrige Quote. Ein Punkt, an dem die Teilnahme oft scheiterte, waren die Kosten von über 100 Euro. Das Ergebnis war: Die Kinder wurden nicht angemeldet und blieben während der Ferien zu Hause, oft ohne Bildungsanregung oder Eindrücke von außerhalb. Die Anregungen und Eindrücke von Ferienprogrammen wirken sich positiv auf die schulische und auch auf die persönliche Entwicklung aus. Wir wollen mit der Annahme dieses Antrags dazu beitragen, dass sich die Schere zwischen stärkeren und schwächeren Kindern nicht weiter vergrößert. Deshalb ist das ein weiterer sehr wichtiger Schritt zu mehr Bildungsgerechtigkeit.
Zu unserem zweiten Antrag. Mit ihm wollen wir die Begleitung zum Schulschwimmen durch schulisches Personal weiter ausbauen. In Zeiten, in denen wir die Vereinbarkeit von Familie und Beruf voranbringen, ist es für viele nicht leistbar, als El
ternteil am Vormittag als Schulschwimmbegleitung zur Verfügung zu stehen. Auch das ist ein Schritt in die richtige Richtung. Ich werde nachher noch etwas zum Schulschwimmen insgesamt sagen.
Der dritte Antrag beinhaltet eine finanzielle Stärkung der Landeszentrale für politische Bildung. Wir haben als Parlament das Wählen mit 16 beschlossen. Jetzt sind wir in der Pflicht, Informationsmaterialien zur Verfügung zu stellen, wobei es sicher nicht um die altmodische und von uns Abgeordneten sehr geliebte Broschüre geht, sondern es geht um Angebote, die der Altersgruppe und ihren Medienvorlieben entsprechen.
All diese Anträge zum Doppelhaushalt und die Initiativen und Anträge der vergangenen Jahre zeigen, dass Bildungspolitik weiterhin ein Schwerpunkt unserer Politik ist. Viele Errungenschaften haben Sie in den Reden heute schon gehört. Wenn Sie allerdings ein Anhänger der Methode sind, dass man es nicht oft genug hören kann, dann möchte ich nach der Rede von Frau Prien noch einmal ein paar Fakten dazu nennen, was sich in Hamburgs Schulpolitik verbessert hat: Seit 2011 ist die Zahl der Lehrkräfte und Pädagogen um 1 965 Stellen gestiegen, davon 1 100 Stellen wegen gestiegener Schülerzahlen und die übrigen für gezielte Qualitätsverbesserung. Ich denke, das ist eine Zahl, die sich sehen lassen kann.
Schulklassen an Grundschulen wurden, je nach KESS-Faktor, auf 19 bis 23 Kinder verkleinert. Leistungsstarke und hochbegabte Schüler, Frau Prien, die Diskussion haben wir im Schulausschuss geführt …
Vermutlich haben Sie das Protokoll gelesen. Ich denke, es hat durchaus eine Situation gegeben, dass wir sagen können: Dieses Problem wird angegangen. Wir müssen davon ausgehen, dass wir ganz viele Dinge im Schulsystem verbessern wollen und dies auch weiterhin machen. Ich glaube, das wird immer wieder deutlich in den Diskussionen. Wir haben 1 141 Stellen im aktuellen Schuljahr für Inklusion eingesetzt. Über 80 Prozent der Grundschüler nehmen am Ganztag teil. 204 Grundschulen haben zurzeit ein Ganztagsangebot, 2011 waren es nur 53. Die Zahl der Schulkantinen wurde deutlich erhöht. Es gibt die Einführung des Zentralabiturs, damit wir uns nicht in jeder dritten Sitzung anhören müssen, dass die Schülerinnen und Schüler in Sachsen und Bayern so viel klüger sind.
Die Flüchtlingsbeschulung beginnt bereits in der Erstaufnahme. Wir haben für besseren Spracherwerb kleine Gruppengrößen in Vorbereitungsklassen. Für die Flüchtlingsklassen wurden rund 560 zusätzliche Lehrerstellen bereitgestellt. Angebote für ältere Jugendliche wurden auch mit AvM Dual gestellt. Der Bürgermeister hat vorhin in seiner Grundsatzrede gesagt, dass wir natürlich und zu Recht stolz darauf sind, dass wir weniger Schulabbrecher haben. Und wir sind auch zu Recht stolz darauf, dass es eine größere Vermittlung in Ausbildungsplätze gibt, denn das ist für die Zukunft der Hansestadt sehr wichtig.
Zu den Anträgen der Opposition möchte ich ein paar Worte verlieren, zunächst zum Antrag der CDU-Fraktion zur digitalen Verbesserung des Unterrichts, den Frau Prien erwähnt hat. Dazu muss man sagen: Der Kultusministerbericht liegt vor und es hat 2015 eine Studie der Telekom gegeben, "Schule digital". Hamburg ist dort – man muss es betonen dürfen – in neun von elf Bereichen spitze. Ich finde, das ist ein Ergebnis, das sich sehen lassen kann.
Ich glaube, es wäre für uns alle sehr viel einfacher, wenn die Bundesministerin sich dazu bereit erklären würde, nicht nur einmalig eine Summe zur Verfügung zu stellen, sondern strukturell Mittel an die Länder zu verteilen, denn das wäre dann ein richtiger Gewinn für unsere Schulen.
Wir haben im Übrigen bereits einen Antrag zur informatorischen Grundbildung gestellt und abgestimmt.
Zum Leitantrag der CDU. Bei uns entsteht der Eindruck, dass es keine Einigkeit oder keine Abstimmung zwischen dem haushaltspolitischen Sprecher und den jeweiligen Fachsprechern gegeben hat. Die einen sparen, die anderen geben aus. Das ist keine gemeinsame Linie. Eine gemeinsame Linie ist nicht erkennbar. Das wirkt sich natürlich auch in der Diskussion um die Schulpolitik aus.