Protocol of the Session on October 12, 2016

(Beifall bei der LINKEN)

Dazu gehört auch, was man in der Großen Anfrage an Antworten bekommt, das Bekenntnis zum Erdgas als vergleichsweise klimafreundlichen Energieträger und dass die Energieversorgung grundsätzlich auf absehbare Zeit des Einsatzes fossiler Energieträger bedarf und zum Beispiel, dass nach wie vor auf die bilanzielle Versorgung abgestellt wird, einem reinen Rechentrick für die Klimabilanz. Die Behörde für Umwelt und Energie hat für eine Ablösung des Kohleheizkraftwerks in Wedel sechs Szenarien vorgelegt. Keines dieser sechs Szenarien entspricht wirklich dem zweiten Satz des Volksentscheids. Wir haben sogar, und das ist eigentlich der Gipfel der Dreistigkeit, ein Vattenfall-Szenario, in dem tatsächlich Wärme aus Moorburg genutzt wird. Doch wir haben auch zwei Szenarien, bei denen Moorburg nicht erwähnt wird, aber implizit enthalten ist, nämlich mit dem Rugenberger Damm, der bisher das Industriegebiet Neuhof versorgt. Das ist Täuschung der Wählerinnen und Wähler, die damals im Volksentscheid anders abgestimmt haben.

(Beifall bei der LINKEN)

Denn das, was wir diesen Szenarien entnehmen können, ist eine Moorburg-Trasse light, das ist die Option des Anschlusses von Moorburg in einem zweiten Schritt und vor allen Dingen ist es eine Rochade zwischen der Müllverwertungsanlage Rugenberger Damm und Moorburg.

(Katja Suding FDP: Was ist denn Ihr Pro- blem damit?)

Wir haben unser Problem damit, dass es nicht dem Volksentscheid entspricht. Dort ist der Einsatz erneuerbarer Energien vorgeschrieben und der Senat hat alles dafür zu tun, dass es so kommt.

(Beifall bei der LINKEN)

Wenn die Umweltbehörde in der Antwort schreibt, "das in den nächsten Jahren zu entwickelnde Fernwärmekonzept", dann fragen wir uns, wie lange die Umweltbehörde denn weiß, dass sie das Fernwärmenetz übernehmen will. Das weiß sie spätestens seit dem Volksentscheid. Wir haben immer noch kein Fernwärmekonzept, stattdessen musste erst im Parlament beantragt werden, dass überhaupt die Daten des Fernwärmenetzes eingesehen werden dürfen, und das passiert seit De

(Carsten Ovens)

zember. Das, was wir aus dieser Einsichtnahme sehen und erfahren wollen, wird unter Geschäftsgeheimnis in der Anfrage nicht beantwortet. Wir wissen genau, dass es keine unabhängige Untersuchung gibt und Erfahrungen aus der gemeinsamen Einsichtnahme von Vattenfall, dem Partner der Freien und Hansestadt Hamburg, und der Umweltbehörde zutage treten. So müssen wir uns weiter darauf verlassen, dass die Behörde, dass der Senat sagt, das, was uns Vattenfall mit horrenden Zahlen für eine umweltverträgliche Lösung zur Wärmeversorgung sagt, sei valide. Und wir müssen feststellen, dass schließlich jahrelang auf das falsche Pferd gesetzt worden ist, indem nach wie vor für Wedel als Ablösung ein GuD geplant wurde. Heute stehen wir im Prinzip mit leeren Händen da und müssen von vorn anfangen zu planen. Das ist nicht nur verantwortungslos gegenüber den Hamburgerinnen und Hamburgern, sondern auch gegenüber den Wedelerinnen und Wedelern

(Beifall bei der LINKEN)

und vor allen Dingen auch gegenüber der Erfordernis von Transparenz, die wir mittlerweile haben. Man hat das Gefühl, es werde wieder wie in alten Zeiten gemauschelt mit unserem, nicht meinem, Partner Vattenfall. Ab 2019 wird die Freie und Hansestadt Hamburg Eignerin des Kohleheizkraftwerks in Wedel sein. Jetzt geht ein Partikelniederschlag über Wedel nieder, pH-Wert 1,5, Nickel und Chrom liegen deutlich über den schadstoffzulässigen Werten. Trotz aller Ertüchtigung werden wir uns schlicht und ergreifend ein Schrottkraftwerk ans Bein binden. Auch das ist der späten Entscheidung des Senats geschuldet, erst jetzt zu handeln.

Vattenfall ist kein Partner, Vattenfall ist ein Dividendengenerator für seine Anteilseigner und kann unmöglich gemeinsam mit uns den Weg für erneuerbare Energien gehen. Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass es gemeinsame Interessen gibt. Der Senat ist aufgefordert, jetzt Dampf für erneuerbare Fernwärme zu machen und die bilanzielle Versorgung zu beenden, diesen Rechentrick, mit dem die Bilanzen an erneuerbaren Energien in Hamburg schöngerechnet werden. Vor allen Dingen ist Kontrolle nötig, Transparenz muss geschaffen und Daten müssen offengelegt werden. Wir fordern die Einsichtnahme für die Öffentlichkeit oder zumindest eine unabhängige Begutachtung,

(Beifall bei der LINKEN)

sodass wir wissen, woran wir sind. Es ist überhaupt keine Alternative, wenn die Umweltbehörde, der Energiebeirat ein Gutachten in Auftrag gibt, aber gleichzeitig implizit mitteilt, dass die Daten nicht eingesehen werden können. Wo sind wir eigentlich angekommen? Aurubis als Fernwärmestandort wäre ein Leuchtturm der Fernwärme. Mit ihm könnte man sehr schnell sehr viel erreichen. Wir bezweifeln, dass die unter Verschluss gehaltenen Zahlen wirklich ausschließen, dass ein solcher

Weg genutzt werden kann und stattdessen mit Vattenfall in alter Kumpanei weitergemacht werden muss.

Nicht der Weg zur erneuerbaren Energie ist das Ziel, sondern der zweite Satz des Volksentscheids. Wir sagen, danach muss der Senat handeln und wir werden den Senat weiterhin in diese Richtung drücken, weil die Bevölkerung Hamburgs ihn dazu verpflichtet hat. – Danke.

(Beifall bei der LINKEN)

Danke, Herr Jersch. – Frau Dr. Schaal von der SPD-Fraktion hat sich zu Wort gemeldet.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Drei Jahre nach dem Volksentscheid können wir sagen, dass der Senat ihn umsetzt.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Das Stromnetz ist zurückgekauft und zu 100 Prozent in öffentlicher Hand. Der Konzessionswettbewerb wurde dank der klugen Strategie der Stadt gewonnen und Stromnetz Hamburg versorgt jetzt als zweitgrößter Verteilnetzbetreiber Deutschlands zuverlässig und sicher 1,3 Millionen Kunden. Netservice, Metering und alle 1 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wurden übernommen und in das Unternehmen integriert. Eine eigene IT ist aufgebaut und läuft. Stromnetz Hamburg macht 550 Millionen Euro Umsatz, investiert pro Jahr durchschnittlich 200 Millionen Euro in die Modernisierung und Instandhaltung der Infrastruktur und macht Gewinn. Stromnetz Hamburg bringt neben dem Brot- und Buttergeschäft eines Verteilnetzbetreibers aber auch die Energiewende in Hamburg durch wachsende Digitalisierung, Flexibilität und Kommunikation im Stromnetz voran. Hinzu kommt ab 2017 auch noch das Roll-out intelligenter Zähler. Der Anschluss der erneuerbaren Energieanlagen ist selbstverständlich und der Bau neuer Umspannwerke ist voll im Gang.

Stromnetz Hamburg ist ein weiterer wichtiger Partner der norddeutschen Energiewende 4.0, eines Projekts, an dem 60 Teilnehmer mitwirken und das vom Bund gefördert wird. Ziel ist es, den in Schleswig-Holstein erzeugten Windstrom in der Lastsenke Hamburg zu speichern und zu nutzen, statt ihn abzuregeln, wie es jetzt geschieht, wofür wir alle übrigens zahlen müssen. Hinzu kommt der Ausbau der Ladeinfrastruktur für die Elektromobilität und zunehmend auch für den öffentlichen Nahverkehr. Und das ist gut so.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Herr Jersch, das haben Sie leider überhaupt nicht erwähnt: Wir haben in diesem Jahr den Energie

(Stephan Jersch)

netzbeirat gegründet, der bereits viermal öffentlich getagt hat.

(Stephan Jersch DIE LINKE: Ich hab ihn er- wähnt!)

Aber offensichtlich wissen Sie dessen Bedeutung nicht zu schätzen.

Alle Fraktionen sind vertreten. Umweltverbände, Kammern, Gewerkschaften, Wissenschaft und die Energiewirtschaft, alle arbeiten mit. Auch interessierte Bürgerinnen und Bürger können sich dort mit Beiträgen und Fragen einbringen. Protokolle, Präsentationen und Dokumente der Arbeit des Gremiums und des Senats sind darüber hinaus im Internet öffentlich zugänglich. Das alles ist transparent. Was wollen Sie denn eigentlich noch mehr, Herr Jersch?

(Stephan Jersch DIE LINKE: Die Vattenfall- Daten!)

Die Vattenfall-Daten können Sie erfragen. Sie haben ja auch in der Großen Anfrage gelesen, dass dort alles transparent ist.

(Stephan Jersch DIE LINKE: Alles geheim, Geschäftsdaten! – Gegenruf von Dr. Anjes Tjarks GRÜNE: Das ist Gesetz!)

Sie und auch Bürgerinnen und Bürger der Stadt werden wohl akzeptieren müssen, dass ein Unternehmen seine innersten Daten nicht preisgibt.

Die Umsetzung der Energiewende und die Umsetzung des Volksentscheids sind in der Tat im Sinne des Volksentscheids demokratisch kontrolliert. Das ist in der gesamten Republik einmalig. Wir werden von anderen Kommunen darum beneidet. Das stößt auch international und in der Wissenschaft auf großes Interesse, bloß offensichtlich nicht bei der LINKEN.

(Heike Sudmann DIE LINKE: Es gibt auch andere, nicht nur wir! – Beifall bei Sabine Boeddinghaus DIE LINKE)

Es geht noch weiter. Für die Übernahme des Gasnetzes und der Fernwärme bestehen rechtssichere Kaufoptionen, die wir ziehen werden. 2017 im Februar – das haben wir gestern im Haushaltsausschuss gehört – wird die Option für Gas und ein Jahr später für die Fernwärme gezogen. Schon jetzt arbeiten Hansewerk und das Stromnetz Hamburg eng zusammen, zum einen natürlich im Forschungsprojekt 040 und zum anderen aber auch ganz praktisch bei der gemeinsamen Verlegung von Hausanschlüssen für Gas und Strom bei Neubauten. Das ist ein Schritt in die richtige Richtung und auch ein Schritt zu mehr Gemeinsamkeit in der Energiewende.

Zurzeit arbeitet die Behörde für Umwelt und Energie erfolgreich an der Frage, wie die Fernwärme klimaverträglich und zunehmend auch erneuerbar aufgestellt werden kann. 100 Prozent erneuerbar,

Herr Jersch, das wird Ihnen, glaube ich, niemand herbeizaubern und Sie wissen auch, dass die Voraussetzungen dafür nicht da sind. Im Kern geht es jetzt darum, das Kohlekraftwerk Wedel zu ersetzen. Das dauert und wir werden in dieser Zeit diejenigen, die jetzt Fernwärme beziehen, nicht frieren lassen können.

Die Energielandschaft hat sich im letzten Jahr so dramatisch verändert, dass die Pläne, das Kohlekraftwerk am Standort Wedel durch eine GuD oder Gasmotoren zu ersetzen, vom Tisch sind. Die BUE hat stattdessen – darauf haben Sie hingewiesen – verschiedene Szenarien entwickelt mit und ohne Heizkraft Am Haferberg, mit und ohne eine abfallwirtschaftlich basierte Lösung in Stellingen und mit und ohne Nutzung bereits vorhandener Infrastruktur. Die Aufgabe der BUE ist jetzt, ein Konzept vorzulegen, das ökonomisch wie ökologisch die beste Alternative für die Stadt und auch für die Wärmekunden ist. Wenn das Konzept vorliegt, Herr Jersch, können Sie es gern bewerten, aber nicht vorher; das ist nicht redlich.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN – Zu- ruf von Michael Kruse FDP)

Sie brechen den Stab über etwas, das Sie noch gar nicht kennen. Sie sind mit Bewertungen zu irgendetwas angetreten, das sie überhaupt noch nicht kennen.

(Stephan Jersch DIE LINKE: Sechs Szenari- en!)

Sechs Szenarien, genau. Aus sechs Szenarien muss ein Konzept werden. Das haben Sie offensichtlich noch nicht begriffen.

Am 10. November 2016 hat der Senat, wie Sie wissen, gesagt, wird im Energienetzbeirat vorgestellt, was in der Zwischenzeit erarbeitet worden ist, und ich denke, dass das Konzept sich dann schon etwas deutlicher abzeichnet.

Wenn die Stadt die Fernwärme erworben hat, können wir auch eine Fernwärmestrategie umsetzen. Aber bis dahin ist die Stadt nicht untätig. Wir haben aus der Anfrage erfahren, dass das Wärmekataster jetzt vorgelegt wird. Wir haben auch erfahren, dass bereits 61 Prozent der Gebäude an der Fernwärmetrasse energetisch saniert sind. Den Löwenanteil dieser Arbeiten und der Häuser macht die SAGA und das ist gut so.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Wir binden bereits die Abwärme in die Fernwärme ein, und zwar Abwärme aus der Müllverbrennungsanlage in der Borsigstraße, die jetzt auch der Stadt gehört. Insofern stimmt es einfach nicht, wenn Sie behaupten, dass das Thema Abwärme vernachlässigt wird. Was zum Beispiel Aurubis macht, ist durchaus offen. Das Unternehmen hat mehrere Optionen, die Abwärme in Nahwärmenetze einzuspeisen. Ein Antrag liegt der Stadt nicht vor; das

haben Sie auch gelesen. Wir alle wissen aber auch, dass es Gespräche zwischen Vattenfall und Aurubis gibt, um die Wärme in Richtung Osten zu nutzen. Denn die Wärme von Aurubis ist aufgrund der Bedingungen, die Sie bestreiten, sicher nicht geeignet, das Kraftwerk Wedel im Westen zu ersetzen. Das sind nun einmal unterschiedliche Temperaturen und das geht eben nicht so.

Wir überweisen die Anfrage nicht, wollen uns aber zu gegebener Zeit damit beschäftigen, was der Senat uns in diesem Jahr noch für den Ersatz des Kraftwerks Wedel und den weiteren Fortschritten bei der Fernwärme vorlegt. – Vielen Dank!

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)