Vielen Dank. – Das klang beeindruckend. Wollen wir doch gleich einmal sehen, ob das einem Faktencheck standhält.
Aber ich fange hinten an. Herr Nockemann, wen oder was Sie für erbärmlich halten, interessiert hier im Hause glücklicherweise niemanden.
(Beifall bei der CDU, der SPD, den GRÜ- NEN, der LINKEN und der FDP – Dr. Andre- as Dressel SPD: Das stimmt!)
Lieber Urs Tabbert, du kennst mich lange genug. Ohne vernünftige Lösungsvorschläge stünde ich hier nicht. Deswegen will ich gern auch gleich darauf eingehen. Vorher aber müssen wir einmal aufräumen mit diesem wilden Kuddelmuddel, wer eigentlich wann, wie, wo woran Schuld hat. Das kann man nämlich ganz knapp und kurz fassen: 2009 gab es eine befristete Aussetzung einer Ausbildung,
die die SPD weitgehend über eine komplette Legislatur durchgezogen hat – und das, wohlgemerkt, unter Voraussetzungen, die sich komplett geändert haben. Denn wir hatten damals – Faktencheck – 8 Milliarden Euro Steuereinnahmen und mussten sparen. Und wie sieht es jetzt aus? Sie haben 10 Milliarden Euro Steuereinnahmen. Da kann man sich also so schwer nicht tun. Das ist der erste Punkt.
Ist es richtig, dass die Senatorin Schiedek in ihrer Amtsperiode die Ausbildung wieder hochgefahren hat?
Meine Damen und Herren, es ist doch mit Personalplanung etwas furchtbar Einfaches: Sie ist langfristig. Sie können am Personalbericht Ihres Senats jährlich absehen, wie der Bedarf ist und wie nachgesteuert werden kann. Und nun können Sie gern an 2009 anknüpfen, dagegen ist gar nichts
Und dann zum Sofort-Senator. Ich finde auf Seite 97 des Koalitionsvertrags keine 60 weiteren Stellen, die die GAL der SPD in den Koalitionsverhandlungen abgerungen hat, wie Sie vom "Hamburger Abendblatt" zitiert werden.
Ich freue mich, dass die wesentliche Aussage des Senators heute war – und auch Sie, Frau Timm, haben es bestätigt –, die Sicherheit sei gewährleistet. Das ist eine klare Aussage. Wir hören sie sehr gern, und an diesem Versprechen wollen wir Sie auch sehr gern messen. Jetzt will ich Ihnen aber einmal die wesentlichen objektiven Fakten sagen.
Erstens: Die Schichten in den JVAs werden nicht einmal mehr mit der erforderlichen Mindeststärke besetzt, und zwar nicht nur in Santa Fu, sondern in keiner Anstalt. Heute, Mittwoch 28. September 2016, JVA Billwerder. Mindestbesetzung: 38 bis 40. Anwesend: 19 – plus drei Auszubildende, die dort Anwärter heißen. Die können das nicht, die sind für die Sicherheitslage dort nicht geeignet. Und jetzt kommt es: Damit es nicht ganz so desolat aussieht, wurden gestern spätnachmittags nach Aufhebung einer Anstaltsverfügung des Anstaltsleiters durch die Justizbehörde drei Mitarbeiter der Hundestaffel für heute eilig nach Billwerder geschickt, allerdings weniger wegen der Unterstützung als vielmehr deshalb, weil der Senator heute einen wichtigen Termin habe und keinen Ärger haben möchte. Das finde ich sehr interessant.
Zweitens: Anwärter oder Auszubildende müssen ganze Stationen allein betreuen. Das ist unzumutbar. Das würden Sie in keinem privaten Betrieb machen und schon gar nicht in einer Justizvollzugsanstalt.
Drittens: Art und Ausmaß der Übergriffe gegen Bedienstete nehmen zu. Daran sehen Sie, dass das mit der Sicherheitslage nicht stimmt. Schauen Sie in meine letzte Schriftliche Kleine Anfrage dazu, da haben Sie allein drei Mitarbeiter, die schwer verletzt wurden durch einen einzigen gewalttätigen Gefangenen in Billwerder.
Viertens: Der Personalmangel führt zu erheblichen Leistungseinschränkungen für die Insassen, bei Arbeit, Geldverdienen, Sport, und das erhöht bei denen natürlich ungemein den Druck. Wenn die keinen Sport treiben können, wenn sie sich nichts mehr kaufen können, dann werden die geladen, und diese Ladung, die da entsteht, entlädt sich natürlich bei den Bediensteten, weil sie gar keine andere Chance mehr haben und länger eingeschlossen sind.
Thema Resozialisierung. Es ist ja richtig, dass Sie sagen, die Bediensteten hätten heute immer mehr Aufgaben, die sie erledigen müssten. Das ist völlig korrekt. Dann frage ich mich aber: Wenn mehr Resozialisierung gewährleistet werden soll, warum ist im Haushalt nicht ein einziger Cent von Ihnen dafür veranschlagt? Keiner. Null. Zero. Da will ich einmal wissen, wie Sie das den Bediensteten verkaufen wollen, dass sie sich jetzt noch mehr darum kümmern sollen, dass resozialisiert wird.
Positiv gefragt: Was ist zu tun? Es ist richtig, dass die Ausbildung wieder hochgefahren wurde. Das ist uneingeschränkt zu begrüßen und der wichtigste Punkt. Stimmen Sie außerdem – und das habe ich gerade mit Freuden gehört – unserem bereits eingebrachten Antrag auf Auszahlung der Mehrarbeitsstunden zu. Dann können sich die Bediensteten etwas Erleichterung verschaffen und arbeiten auch wieder gern. Und räumen Sie den Justizwachtmeistern die Möglichkeit ein, ihre Beförderung zu bekommen. Wenn Sie das nicht tun – letzter Satz –, stehe ich das nächste Mal hier und verlese die Stellenbeschreibung eines neuen Justizsenators. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Herr Thering, Sie haben den Rat Ihres Fraktionsvorsitzenden angenommen, Zwischenrufe müssten kurz und verletzend sein. Dass Sie mich als Hochkaräter bezeichnet haben, habe ich verstanden – genau so ist es.
Aber zunächst einmal zu dem Abgeordneten Nockemann. Herr Nockemann, hier die Pauke zu schlagen und im Ausschuss die Triangel zu spie
len, das ist wirklich nicht das, was ich mir vorstelle. Sie machen hier unglaublich Rabatz, werfen dem Justizsenator in einer Art und Weise persönliche Dinge vor, die wirklich unter aller Kanone ist, aber ich kann mich nicht erinnern, dass Sie sich im Ausschuss in irgendeiner Art und Weise sinnvoll an den Debatten beteiligt hätten. Vielleicht ändern Sie das einfach einmal.
Es gibt inhaltlich gar nicht mehr so viel zu sagen. Vielleicht nur etwas zu dem, was der sonst geschätzte Richard Seelmaecker gesagt hat. Lieber Richard Seelmaecker, ich finde es gut, dass mit dir endlich auch jemand in der CDU ist, der die Resozialisierung wichtig findet. Wir haben früher mit Ihnen jahrelang nur darüber debattiert, ob es eigentlich die Sicherheit ist, um die es im Strafvollzug geht, und was die Resozialisierung überhaupt für eine Rolle spielt.
Da denken Sie zum Glück anders. Das finde ich schon einmal gut. Aber Sie haben vorhin gefragt, wo die Resozialisierung im Haushalt zu finden sei. Ich kann mich nicht erinnern, dass Sie während der Beratung des Haushalts im Justizausschuss danach gefragt hätten. Morgen haben wir die Beratung des Justizhaushalts im Haushaltsausschuss. Dann kommst du am besten einfach vorbei, lieber Richard, und fragst dort noch einmal genau danach, wo die Resozialisierung im Haushalt stattfindet, da wird es dir bestimmt erklärt werden.
Man kann das, was gesagt wurde, einfach zusammenfassen. Es gibt natürlich Probleme. Das ist hier benannt worden und es ist auch gesagt worden, wie gegengesteuert wird. Die Ideen und Vorschläge, die dafür auf dem Tisch liegen, sind doch das, was die Leute von uns erwarten, was gemacht werden soll. Und es wird gemacht. Es wird ausgebildet und wir denken über eine Restrukturierung des Hamburger Justizvollzugs nach, weil wir wissen, dass man nicht einfach losgehen und Justizbeamte verpflichten kann. Ich glaube, wir konnten zwei oder drei aus anderen Bundesländern einsammeln. Man muss sie ausbilden, ansonsten hat man sie einfach nicht. Wenn es aber nicht so viele ausbildungsfähige Leute gibt … Das ist doch etwas, womit jeder, der neben seiner Tätigkeit als Abgeordneter arbeitet, zu tun hat; ich als Rechtsanwalt weiß, dass es nicht mehr so viele Leute gibt, die geeignet sind und die man einstellen kann. Also müssen wir darüber nachdenken, wie wir eine Struktur aufbauen, mit der wir eventuell auch mit weniger Bediensteten auskommen. Bei gleicher Qualität des Strafvollzugs – das ist die Anforderung – wollen wir etwas erreichen, was die
Mitarbeiter entlastet und die Staatskasse entlastet. Darüber reden wir gleich in der nächsten Debatte.
Das hat aber alles nichts mit Skandalen oder etwas dergleichen zu tun. Ich frage mich manchmal, ob Sie eigentlich einen Skandal erkennen würden, wenn er Ihnen direkt gegenüberstünde; da würden Sie wahrscheinlich in Ohnmacht fallen. Denn das, was für Sie alles Skandale sind, das sind Chimären.