Protocol of the Session on September 7, 2016

(Beifall bei der CDU und bei Carl-Edgar Jar- chow FDP)

Vielen Dank, Herr Kleibauer. – Jetzt hat Herr Dr. Tjarks von der GRÜNEN Fraktion das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir sind uns darin einig, dass die öffentlichen Unternehmen mit 58 600 Beschäftigten von 114 000 Beschäftigten des Konzerns Hamburg, einem Investitionsvolumen von 1,3 Milliarden Euro – doppelt so viel wie der Kernhaushalt – und mit 40 Prozent der Bilanzsumme der Freien und Hansestadt Hamburg sehr sorgfältig betrachtet werden sollten. Ich glaube, dass wir uns in der Sache nicht so uneinig sind, in welche Richtung das gehen sollte. Insofern kann man vieles, was gesagt worden ist, abschichten.

Aber, Herr Kruse, der zentrale Knackpunkt der Debatte, die Sie aufgemacht haben, ist die Frage, ob wir eigentlich öffentliche Unternehmen wollen, und wenn ja, wohin diese geführt werden sollen. Ich sah mir Ihren Antrag zum letzten Landesparteitag an, in den Sie folgenden Satz hineingeschrieben haben:

"Nur bei Beteiligungen, die Aufgaben erfüllen, für die es keinen Markt gibt oder sich dieser regulatorisch nicht herstellen lässt, kann auf eine Veräußerung verzichtet werden. Andernfalls werden wir privatisieren, insbesondere wenn dies aus ordnungspolitischen Gründen geboten ist."

In diesem Satz steckt doch die eigentliche Sprengkraft der Debatte, denn mit diesem Satz, Wohnen sei ein Markt, sagen Sie doch, dass Sie SAGA GWG privatisieren wollen. Genau das steht in diesem Satz, auch wenn Sie jetzt den Kopf schütteln. Das steht in Ihrem Leitantrag, Sie haben es eben noch einmal gesagt. Dann müssen Sie doch einmal den Hamburgerinnen und Hamburgern reinen Wein einschenken, indem Sie sagen, Sie als FDP möchten SAGA GWG privatisieren. Ich halte das für falsch.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Das, was Sie möchten, ist falsch für diese Stadt. Es gibt noch andere Unternehmen, die einen Markt haben, die HHLA zum Beispiel.

(Michael Kruse FDP: Da waren Sie auch mal progressiver!)

Das ist ein großer Markt. Man kann sich darüber streiten, ob das eine staatliche Dienstleistung sein soll. Aber wenn Sie, Herr Kruse, jetzt sagen, Sie wollen sie privatisieren, dann kann ich nur sagen, dass schon einmal HHLA-Anteile für 1,16 Milliarden Euro privatisiert wurden. Das Gesamtvolumen des Wertes der HHLA ist momentan 1,03 Milliar

den Euro. Ich weiß nicht, ob Sie nicht dann einfach sagen würden, wir würden öffentliches Vermögen an dieser Stelle verschleudern, weil die HHLA an dieser Stelle unterbewertet ist. Auch das wäre total falsch unabhängig von der Frage, ob es sinnvoll ist oder nicht. Auch da fahren Sie eine Strategie, die nicht nachvollziehbar ist.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD – Katja Suding FDP: Weil Sie es nicht verstan- den haben, Herr Tjarks!)

Dann haben wir das Thema Hapag-Lloyd. Auch bei diesem Thema haben Sie wieder gesagt, auch wenn der Wirtschaftsabschluss der HGV durch Wirtschaftsprüfer testiert wird, also nicht ganz unrechtmäßig sein kann, es gebe eine Differenz in der Bewertung der Aktien in den Büchern und der realen Bewertung an der Börse. Sie sagen, wir sollten das jetzt auch verkaufen. Sagen Sie, wir sollten diese Verluste realisieren und dann nicht mehr die Sicherheit haben, dass das Unternehmen am Standort bleibt? Was sagen Sie eigentlich in der Konsequenz dazu, außer dass das alles überhaupt keinen Sinn macht? Wir werden die weitere Fusion mit UASC beraten. Aber das ist keine Strategie, wie man öffentliche Unternehmen in Hamburg führt.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD - Mi- chael Kruse FDP: Das haben Sie vor der Wahl doch auch noch erklärt!)

Ich habe nicht erklärt, dass man Hapag-Lloyd verkaufen soll, ich habe erklärt, dass ich die zweite Tranche nicht gekauft hätte.

Aber man muss doch damit umgehen, was man mit den gekauften Aktien macht. Man muss doch zur Kenntnis nehmen, dass wir mit der Fusion von UASC jetzt auf, ich weiß nicht genau, 14 Prozent des Gesamtanteils schrumpfen. Und wenn wir unter 10 Prozent kommen, kann man den Hauptsitz aus Hamburg verlagern. Aber genau das wollen wir doch nicht. Wir wollen doch gemeinsam, dass Hapag-Lloyd in Hamburg bleibt. Insofern ist doch der Verkauf keine Option.

(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

In der Sache ist es, glaube ich, klar. Wie Herr Kleibauer gesagt hat, ist die Beteiligungsverwaltung eine komplexe Angelegenheit. Es gibt aus unterschiedlichen Gründen mehr Unternehmen, es gibt einen leichten Anstieg an Vollzeitkräften, die sich um die Betreuung dieser Unternehmen kümmern, und es wird natürlich auch darum gehen, die Beteiligungssteuerung neu einzurichten. Es geht um die Frage, welchen Wert die Fachlichkeit und die finanzielle Kraft haben. Insofern ist dieser Antrag der Auftakt, nicht nur für ein Gutachten zu sorgen, sondern nach dem Gutachten stehen auch Entscheidungen an. Ich würde mir wünschen, dass wir uns diesbezüglich möglichst gemeinsam auf den

(Thilo Kleibauer)

Weg machen. Deswegen werden wir diesen Antrag und auch Ihre Große Anfrage an den Ausschuss überweisen, obgleich ich das inhaltlich anders sehe. Aber wir sollten gemeinsam für eine Risikominimierung sorgen, auch wenn wir beim Wohl und der Sinnhaftigkeit der öffentlichen Unternehmen möglicherweise sehr weit auseinanderliegen. – Danke schön.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Vielen Dank, Herr Dr. Tjarks. – Herr Hackbusch von der Fraktion DIE LINKE hat jetzt das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin! Herr Tjarks hat eben das große Thema aufgemacht, mit dem zumindest der männliche Teil der FDP nach der Sommerpause die großen Prinzipiendiskussionen aufgemacht hat: Keine Staatswirtschaft mehr in Hamburg, die Wohnungswirtschaft solle frei organisiert werden. Ich glaube nicht, dass das eine Lösung für Ihre Krise ist, die Sie in den nächsten Monaten haben werden. Aber das sollte jetzt kein großes Thema sein.

Wir müssen ernsthaft über das Problem der Beteiligungsverwaltung diskutieren. Darauf ist Herr Tjarks auf die schöne Rede von Herrn Kleibauer hin, der die Genese des Antrags aufgezeigt hat, überhaupt nicht eingegangen. Der Antrag ist drei Jahre alt, wird jetzt noch einmal ausgepackt und als etwas Neues dargestellt. Das hat mit seriöser Politik nichts zu tun. Dazu kann ich nur sagen, tut mir leid, das ist eigentlich eine gute Idee, aber man kann ja einmal auf sie eingehen.

Ich möchte kurz auf die zwei wichtigen Themen zu sprechen kommen. Erstens: Was ist mit der HSH Nordbank schiefgegangen? Zur Erinnerung: Die krisenhafte Entwicklung der HSH Nordbank fand zwar noch unter öffentlicher Beteiligung statt, aber der Sprung in die Privatisierung war bereits vorgenommen worden. 25 Prozent sind damals schon privatisiert worden. Man hat die Gewährträgerhaftung riesig aufgebläht, um diesen großen Privatisierungsschritt zu machen. Das heißt, es ist weniger eine Bilanz von öffentlicher Beteiligung als vielmehr eine Bilanz von Privatisierung schiefgegangen. Darüber müssen wir meiner Meinung nach anders diskutieren. Hätte die HSH Nordbank wie die Bremer Landesbank agiert, wäre das eine andere Situation gewesen. Dann hätte es nicht diese Katastrophen gegeben, die wir gegenwärtig zu verdauen haben.

Zweitens möchte ich etwas zum Thema Elbphilharmonie ausführen, denn die Elbphilharmonie wird gern als Beispiel dafür angeführt, dass öffentliche Unternehmen damit nicht umgehen können. Wir haben das im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss genau untersucht und festgestellt, dass man für die Organisation der Elbphilharmonie Pri

vate hinzugezogen hat, um den gesamten Staatsapparat möglichst zu umgehen. Das ist kein typisches Beispiel dafür, wurde aber als typisches Beispiel für ÖPP, also öffentlich-private Partnership genannt. Das und nicht die staatliche Beteiligung ist in die Hose gegangen. Von daher taugen diese beiden Bereiche nicht als Beispiele, auch wenn die staatliche Beteiligung immer zu Fehlern führen kann und das durchaus ein wichtiger Bereich ist.

Die Schlussfolgerungen aus diesen Beispielen müssen sein, dass wir eine enge politische Steuerung von öffentlichen Unternehmen haben müssen. Dafür müssten Sie sich ein bisschen kritischer mit dem Rechnungshofbericht auseinandersetzen, denn der Rechnungshofbericht nennt Ihnen drei kritische Punkte: Erstens: Wir steuern die öffentlichen Unternehmen über Zielbilder. Das machen Sie, wie der Rechnungshof deutlich festgestellt hat, aber nicht. Die Zeitbilder sind in weiten Bereichen nicht entwickelt, nicht aktualisiert und es wird nicht aktiv danach gehandelt. Das heißt, die gesamte politische Steuerung findet diesbezüglich nicht statt. Das ist das erste Entscheidende, das wir kritisch diskutieren müssen.

Zweitens – das hat Herr Kleibauer schon deutlich dargestellt – sind die Ressourcen kaum vorhanden, um das wirklich kontrollieren zu können. Ich will Ihnen das als praktisches Beispiel nennen, über das wir alle uns geärgert haben. Das war diese 140-Millionen-Euro-Geschichte, die von HPA und einem Unternehmer, dessen Namen egal ist, in Steinwerder versenkt worden ist. Sie alle kennen dieses Beispiel. Bei der Untersuchung dieses Falls bestand doch die Schwierigkeit des Rechnungshofs darin, festzustellen, dass es zu den Vorbereitungen der Aufsichtsratssitzung der HPA in der Wirtschaftsbehörde noch nicht einmal Unterlagen darüber gab, dass wir das kontrollieren konnten und nicht einmal eine Ahnung davon hatten, was dort geschehen ist. Dort ist keine politische Steuerung, sondern ein Desaster geschehen.

(Arno Münster SPD: Das war doch der CDU- Kollege! Das müssen Sie nicht der SPD vor- werfen!)

Ja, ich sage doch nur, dass die Situation der Beteiligungsverwaltung sich seitdem nicht verbessert hat. Ich befürchte, dass wir an verschiedenen Punkten solche Situationen, wie sie auch der Rechnungshof festgestellt hat, bekommen werden. Dementsprechend ist an dieser Stelle etwas zu machen.

Von daher ist das, was Sie machen, ein kleiner Schritt voran; er ist überfällig, wird aber nicht ausreichen. Wir brauchen eine stärkere Entwicklung von Zielbildern, denn nur so sind wir in der Lage, öffentliche Unternehmen so zu steuern, dass es zu den anvisierten Ergebnissen kommt.

Ein Beispiel für Arno Münster:

(Dr. Anjes Tjarks)

(Arno Münster SPD: Ja, gern!)

Worin bestand denn die Steuerung des Staats im Zusammenhang mit der HHLA in den letzten Monaten? Die HHLA hat einen wichtigen Teil, die Logistik, mehr oder weniger abgestoßen.

(Arno Münster SPD: Halt mal den Ball ein bisschen flach!)

Das hat sie doch so gemacht. Das können wir noch einmal genauer diskutieren.

Ich merke, er hört gar nicht mehr zu, auch wenn man ihn dazu anspricht. Deswegen lasse ich das an dieser Stelle und wünsche Ihnen noch einen schönen Abend.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Herr Hackbusch. – Frau Oelschläger von der AfD-Fraktion, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Es ist schon sehr viel Richtiges gesagt worden. Öffentliche Unternehmen sind nichts per se Schlechtes. Das Gegenteil kann der Fall sein. In einem Unternehmen gibt es klare Verantwortlichkeitsbereiche. Personal wird nicht nach Parteibuch, sondern nach Kompetenz eingestellt, zumindest sollte das so sein, und straff von Fachleuten unter Aufsicht der Behörde geführt. Unter diesen Voraussetzungen ist ein öffentliches Unternehmen einer Verwaltung grundsätzlich vorzuziehen. Öffentliche Unternehmen können deutlich effizienter sein als Behörden. Auch gibt es gute Gründe, wenn zum Beispiel die Mehrheit der Bevölkerung per Volksentscheid bestimmt, dass bestimmte Aufgaben unter hoheitlicher Verwaltung für die Gründung öffentlicher Unternehmen auszuüben sind. Der Staat sollte sich einerseits nicht aus den Kerngebieten staatlicher Daseinsvorsorge zurückziehen. Hier sind in vielen Fällen nicht unmittelbar hoheitliche Aufgaben in der Organisation eines Unternehmens vorzuziehen. Was der Staat aber andererseits auch nicht machen sollte, ist, sich als der bessere Unternehmer zu sehen.

Jenseits der genannten Kerngebiete staatlicher Daseinsvorsorge ist die Privatwirtschaft erfolgreicher. Hauptaufgabe des Staats ist das Schaffen passender Rahmenbedingungen für das Wirtschaften. Dies vorausgeschickt, ergeben sich wichtige Schlüsse aus der Senatsantwort auf die Anfrage.

Auch eine große Anzahl von öffentlichen Unternehmen ist vom Grunde her unproblematisch. Bedingung ist, dass die Unternehmen sich an die Vorgaben der Stadt halten und kontrollierbar sind. Der Rechnungshof hat in seinem Bericht 2016 zurecht moniert, dass sich nicht alle öffentlichen Unterneh

men an diese Vorgaben halten. Als Beispiel wurde die Gründung einer im Ausland befindlichen Betriebsstätte angeführt, die dann einmal schnell 800 000 Euro Verlust einfuhr. Sie überraschte damit die Hauptniederlassung und den Senat. Der Hamburger Steuerzahler musste diesen Verlust ausgleichen, obwohl die ausländische Niederlassung gar nicht hätte gegründet werden dürfen. Dieses Beispiel zeigt, wie wichtig die Einhaltung von Regeln und Überwachung der städtischen Unternehmen und Beteiligungen ist.

Weiterhin ist Transparenz wichtig. Transparenz gegenüber der Bürgerschaft und gegenüber den Bürgern. Hier darf nicht einmal der Verdacht aufkommen, dass in der Vielzahl der Beteiligungen Haftungsrisiken versteckt werden sollen – keine Schattenhaushalte.

Noch einmal: Der Staat ist grundsätzlich ein schlechter Unternehmer. Ich darf an dieser Stelle das Bundeskartellamt zitieren:

"Wenn die öffentliche Hand wirtschaftlich tätig wird, sollte sie ihre Beweggründe und die mit der wirtschaftlichen Betätigung verbundenen Vor- und Nachteile vor der Entscheidung transparent und damit abwägbar machen."

Zitatende –

Ich möchte hinzufügen, dass die Notwendigkeit städtischer Unternehmertätigkeit regelmäßig neu zu überprüfen ist. Gerade in einer Stadt, die über Jahrhunderte vor allem auch von privatwirtschaftlichem Engagement profitiert hat und mit ihm gewachsen ist, sollte der Senat sich perspektivisch von allen nicht notwendigen Beteiligungen trennen. Das heißt nicht, dass man nach dem Motto, ein Wohnungsbauunternehmen sei nicht notwendig, handelt. Das heißt nur, dass man das überprüfen muss. In diesem Zusammenhang begrüßen wir, dass der Senat die Empfehlungen des Rechnungshofs in weiten Teilen annimmt. Dem Rechnungshof gebührt Dank für die ausführliche Würdigung der Problematik und die zielführenden Anregungen. Dem Antrag von SPD und GRÜNEN stimmen wir zu. – Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)