Protocol of the Session on July 14, 2016

(Kazim Abaci SPD: Sehr gut!)

Alles zusammen bedeutet, gute Arbeit ist Arbeit mit Wert und Würde. Sie ist der Kern der sozialen Marktwirtschaft und der sozialen Demokratie und sie gehört seit über 150 Jahren zu den Grundwerten der Sozialdemokratie.

(Beifall bei der SPD)

Die Rahmenbedingungen für die Arbeitswelt im Ganzen sind durch Bundesgesetze geregelt, aber wir können in Hamburg dennoch Impulse geben und beispielhafte Maßstäbe setzen, indem wir bei der Gestaltung der Arbeitsplätze im Einflussbereich der Stadt vorangehen. Das haben wir seit 2011 durch eine Reihe von Entscheidungen getan, die für Hunderttausende Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wesentliche Verbesserungen gebracht haben. Wir haben, um nur die wichtigsten Punkte zu nennen, lange vor der Bundesebene in Hamburg den Mindestlohn für alle Beschäftigten im Einflussbereich der Stadt eingeführt. Wir haben durchgesetzt, dass Leiharbeit und Werkverträge in unserem Einflussbereich sehr restriktiv gehandhabt werden, so wie es der Bundestag nun auch beschlossen hat. Wir haben das Vergabegesetz so reformiert, dass die öffentliche Auftragsvergabe zwingend an Tariftreue und Mindestlohn gebunden ist. Wir haben die Verschlechterungen der CDUSenate im Personalvertretungsrecht korrigiert und die Mitbestimmung im öffentlichen Dienst vorbildhaft ausgebaut. Wir haben die vollständige Übernahme der Tarifergebnisse für die Beamtinnen und Beamten wiederhergestellt und garantiert. Wir haben mit dem neuen Gleichstellungsgesetz die Gleichstellung der Frauen im Arbeitsleben gestärkt. Wir haben verschiedene Maßnahmen ergriffen, um die psychische Gesundheit am Arbeitsplatz zu verbessern. Und wir haben nicht zuletzt

den Sonntagsfrieden für die vielen Beschäftigten im Einzelhandel und als kulturelles Gut für die ganze Stadt verteidigt und garantiert. Diese Beispiele zeigen: Gute Arbeit ist kein Zustand, sondern ein ständiger Prozess, und dabei ist es nicht egal, wer regiert.

(Beifall bei der SPD und bei René Gögge und Farid Müller, beide GRÜNE)

Nun gehen wir als rot-grüne Koalition gemeinsam ein weiteres wichtiges Thema an, das auch die Gewerkschaften zu Recht ins Zentrum ihrer Anforderungen an gute Arbeit in Hamburg gestellt haben, nämlich die Begrenzung der befristeten Arbeitsverhältnisse. Insgesamt sind unbefristete Arbeitsverträge in der deutschen Arbeitswelt noch immer die Regel, doch bei den neu abgeschlossenen Verträgen sind mittlerweile auch über 40 Prozent befristet und von diesen jeder zweite ohne sachlichen Grund.

In Hamburg als Dienstleistungs- und Wissensmetropole ist der Anteil befristeter Jobs mit 12,5 Prozent insgesamt sogar überdurchschnittlich hoch. Auch der öffentliche Sektor bildet hier keine Ausnahme, wie eine aktuelle Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung zeigt. Die Möglichkeiten dazu sind im Teilzeit- und Befristungsgesetz geregelt. Danach sind Befristungen beliebiger Dauer aus einer Reihe sachlicher Gründe zulässig, vor allem bei Vertretungen oder zeitlich begrenzten Bedarfen. Aber auch ohne die Angabe eines sachlichen Grundes sind Befristungen bis zu einer Dauer von zwei Jahren zulässig, bei älteren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern sogar bis zu fünf Jahren. Vor allem diese sachgrundlosen Befristungen haben zugenommen.

Warum sehen wir gemeinsam mit den Gewerkschaften hierin eigentlich ein Problem? Schließlich bedeuten Befristungen ein Maximum an Flexibilität für das Personalmanagement der Betriebe. Doch für die Lebensrealität und die Zukunftsperspektiven der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bedeuten befristete Jobs vor allem Ungewissheit und Unsicherheit. Gerade bei kurzen und wiederholt aufeinanderfolgenden Befristungen ohne klare Perspektive auf Festanstellung bedeutet das oft eine erhebliche Einschränkung der Lebensqualität und auch eine Erschwerung der Lebensplanung vor allem im Hinblick auf Familie und Kinder. Das wollen wir ändern, denn für uns ist die Lebensqualität der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und ihrer Familien nicht weniger wichtig als die Flexibilitätsanforderungen der Betriebe und der Dienststellen.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Mit unserer Großen Anfrage haben wir als Erstes einen genauen und transparenten Überblick über das Ausmaß von Befristungen im Einflussbereich der Stadt erzielt. Dabei hat sich gezeigt, dass es in

weiten Bereichen des öffentlichen Dienstes, der öffentlichen Unternehmen und auch der Zuwendungsempfänger gar keine oder nur geringe Probleme mit Befristungen gibt und vor allem sachgrundlose Befristungen wenig vorkommen. Doch bei manchen Zuwendungsempfängern und öffentlichen Unternehmen wird von diesem Instrument bisher Gebrauch gemacht. Wir können in Hamburg kein Bundesgesetz ändern, aber mit unserem Antrag sorgen wir dafür, dass Befristungen im öffentlichen Sektor Hamburgs so weit wie möglich reduziert werden.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Alle Gründe kommen auf den Prüfstand und alle sachgrundlosen Befristungen werden nach sechs Monaten, also nach der üblichen tariflichen Probezeit, zwingend entfristet oder in eine begründete Befristung umgewandelt, sofern ein nachvollziehbarer gesetzlicher Sachgrund vorliegt. Damit wird die Möglichkeit, den Kündigungsschutz zu unterlaufen, faktisch beseitigt.

(Beifall bei der SPD und bei René Gögge und Farid Müller, beide GRÜNE)

Hamburg wird damit ein weiteres Mal bundesweit vorangehen und eine Vorreiterrolle für gute Arbeit einnehmen – dies übrigens nicht nur im Interesse der Beschäftigten, sondern auch der Unternehmen und des Standorts Hamburg insgesamt, denn attraktive Arbeitsbedingungen und gute Lebensperspektiven, vor allem für junge Familien, sind ein entscheidender Vorteil, wenn es darum geht, Fachkräfte für die Arbeit und das Leben in Hamburg zu gewinnen.

(Beifall bei der SPD und bei Phyliss Demirel GRÜNE)

Zum Schluss noch ein Wort zum Zusatzantrag der Links-Fraktion. Er kommt natürlich nicht unerwartet, denn DIE LINKE mag es nun einmal nicht, wenn die rot-grüne Regierungsmehrheit fortschrittliche Anträge im Arbeitnehmerinteresse durchsetzt.

(Zuruf von Deniz Celik DIE LINKE)

Es muss immer noch ein linker Zuschlag obendrauf. Der inhaltliche Unterschied zu unserem Antrag ist allerdings, dass die Links-Fraktion mit ihrem Zusatzantrag Bundesrecht außer Kraft setzen will, während wir die Anwendung des Bundesgesetzes regeln und begrenzen wollen. Es ist nun einmal so, dass die Änderung von Bundesgesetzen nicht durch Mehrheiten in der Hamburgischen Bürgerschaft stattfindet, sondern im Bundestag. Das hat die SPD bei den Verhandlungen zur Großen Koalition leider nicht geschafft, und wir werden bei der kommenden Bundestagswahl weiter dafür streiten.

(Beifall bei der SPD und bei Farid Müller GRÜNE)

Den dritten Punkt im Petitum des Zusatzantrags, nämlich das Verbot von Kettenbefristungen, halten wir allerdings für richtig, haben im Moment aber keine Anhaltspunkte für eine entsprechende Praxis gefunden. Sollte es sie geben, gehen wir davon aus, dass sie mit der Umsetzung unseres Antrags beendet werden. Wir lehnen daher den Zusatzantrag insgesamt ab.

Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, mit SPD und GRÜNEN wird Hamburg immer mehr zur Stadt der guten Arbeit. Heute setzen wir dafür einen weiteren Meilenstein. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Rose. – Das Wort hat Herr Dr. Wolf von der CDU-Fraktion.

(Arno Münster SPD: Es ist alles gesagt, Herr Wolf!)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich weiß nicht, ob Sie diese Rede schon einmal gehalten haben, aber sie hätte auch sehr gut auf einen SPD-Parteitag gepasst. Das war engagiert, das war dynamisch, das war prima, so stellt man sich eine Parteitagsrede vor.

Ich will auch das Ergebnis unseres Abstimmungsprozesses in der Fraktion gleich vorwegnehmen, um Ihnen hier einige Zwischenrufe zu ersparen. Wir werden dem Antrag zustimmen,

(Beifall bei der SPD und Zurufe von der SPD: Hey!)

und wir werden den Antrag der LINKEN ablehnen.

(Zurufe von der LINKEN: Oh!)

Große Enttäuschung, aber auch das ist leider Teil einer differenzierten Politik.

Ich will Ihnen dazu noch einige Worte sagen. Eine Befristung von Arbeitsverhältnissen kann in Einzelfällen sinnvoll sein. Sie kann eine Einstiegslösung in den Arbeitsmarkt sein. Sie kann zur Deckung kurzfristiger Bedarfe – auch der öffentliche Dienst und öffentliche Unternehmen können kurzfristige Bedarfe haben – durchaus sinnvoll sein. Dann haben wir einen Sachgrund, das ist sinnvoll. Auch in Elternzeitfällen zum Beispiel bietet sich eine Befristung auf zwei Jahre an.

Wir haben, Sie haben es erwähnt, in diesem Land, das ein Rechtsstaat ist, einen Schutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer durch das Teilzeitund Befristungsgesetz. Befristungen sind maximal für zwei Jahre zulässig, wenn ein Sachgrund vorliegt. Es gibt eine Befristungskontrollklage, da können Arbeitnehmer hingehen, die Wirksamkeit einer Befristung überprüfen lassen und unzulässige Befristungen können gerichtlich aufgehoben werden.

(Wolfgang Rose)

Das Arbeitsverhältnis gilt dann als unbefristet geschlossen. Das ist Rechtsstaat, das ist Arbeitnehmerschutz, und das ist gut so.

Wissen Sie, warum wir unter anderem Ihrem Antrag zustimmen? Das hat einen speziellen Grund, den ich Ihnen nenne. Den haben Sie ein bisschen in Ihrer Rede angedeutet, aber natürlich nicht so ausformuliert, weil er Ihnen unangenehm ist. Einer der größten Arbeitgeber, der den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern massiv nur befristete Arbeitsverhältnisse anbietet, ist nämlich die öffentliche Hand. Und diese öffentliche Hand haben Sie seit 2011 mehr oder weniger unter Ihrer politischen Kontrolle. Wenn Sie jetzt sagen, von diesem Mittel solle nicht mehr in dem bisherigen Umfang Gebrauch gemacht werden, dann sagen wir, das ist gut so. Denn wissen Sie, was das heißt? Dass der Senat nämlich besser planen muss.

Wir wissen ja, das haben wir heute in der Debatte von Herrn Seelmaecker gehört, dass der Senat es im Justizbereich versäumt, richtig zu planen. Wir haben es in der Debatte über die Kundenzentren gehört: Auch da fiel der Finanzsenator aus allen Wolken, dass auf einmal die Mitarbeiter in den Kundenzentren weg waren und das zu bis zu neunwöchigen Wartezeiten geführt hat. Dieser Senat plant sein Personal nicht richtig und deswegen wird im öffentlichen Dienst massiv mit befristeten Arbeitsverhältnissen gearbeitet. Wenn Sie das jetzt ändern wollen, dann finden wir das richtig und gut, denn dieser Senat muss endlich anfangen, Personalbedarfe rechtzeitig zu erkennen und entsprechend Vorsorge zu treffen, damit wir keine unbesetzten Stellen haben und die Aufgaben in dieser Stadt auch richtig erfüllt werden können.

(Beifall bei der CDU)

Was wir an Ihrem Antrag gut finden, ist die Formulierung der Punkte 1 und 3, weil Sie nämlich sagen, das Unbefristete solle die Regel bleiben und die befristete Beschäftigung in Ausnahmen zugelassen werden. Das ist die Rechtslage, die wir richtig und gut finden, und da geht eben der Antrag der LINKEN viel zu weit, die dieses Verhältnis umkehren wollen und eben die Ausnahmen nicht mehr zulassen, auch wenn sie sachlich gerechtfertigt sind.

Insofern können wir Ihren Antrag unterstützen. Wir finden es gut, dass Sie Ihren Senat jetzt einmal antreiben, in eine vernünftige Personalplanung überzugehen und eben nicht mehr von befristeten Arbeitsverhältnissen Gebrauch zu machen, sondern hier langfristig zu planen und dafür zu sorgen, dass die Bürgerinnen und Bürger in dieser Stadt einen vernünftigen Service haben und die Verwaltung ihren Aufgaben richtig und ordnungsgemäß nachkommen kann. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Wolf. – Das Wort hat Frau Möller von der GRÜNEN Fraktion.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ein Arbeitsmarktrundumschlag war gut als Einstieg, um noch einmal alles an die richtige Position zu rücken. Herr Wolf, Sie hätten da natürlich auch beispielsweise etwas zum Thema Mindestlohn sagen können.

(Beifall bei René Gögge GRÜNE)

Aber Sie wollten es anders darstellen – auch in Ordnung. Was wir von der Bundesebene an Unterstützung brauchen, da weiß ich auch nicht, wo man sich das am besten holt, aber ich sehe nicht, dass wirklich Bewegung in die großen Fragen der Arbeitsmarktpolitik auf Initiative der CDU kommt, um es einmal sehr deutlich zu sagen.

Was wir in diesem Antrag machen, ist vor allem, ein wichtiges Signal zu setzen, dass wir das, was sich in den letzten zwei Jahren – vielleicht auch schon in den letzten fünf Jahren – abzeichnet, nämlich bei den Neueinstellungen überdurchschnittlich befristet einzustellen, politisch nicht wollen und dass das auch rechtlich hochgradig fragwürdig ist und vor allem die Chancen der Frauen und der jungen Leute, die neu eingestellt werden, verbaut.

Das wollen wir ändern. Dazu geben wir dem Senat Aufgaben und wir machen es uns auch selbst ein bisschen leichter, denn der eine Punkt, der vielleicht wie ein Nebensatz klingt, aber für die politische Arbeit nicht unwichtig ist, nämlich die Veränderung des Personalberichtes, soll künftig genau das darstellen, was wir durch die Große Anfrage einmal berichtet bekommen haben. Das schafft mehr Transparenz, das erleichtert uns die Arbeit als Parlament, die Kontrolle des Senats, und es gibt natürlich auch dem Senat selbst etwas an die Hand, um an der Stelle immer klar bei dem zu bleiben, was wir politisch wollen und was im Übrigen auch im Koalitionsvertrag vereinbart ist, nämlich die befristeten Verträge als Ausnahme zu sehen. Das ist ein guter Anfang, und ich glaube, dass wir mit diesem guten Anfang, wenn wir ihn denn so umgesetzt bekommen, schon ganz schön weit kommen.

Deshalb weiß ich beim Antrag der LINKEN – zu der rechtlichen Einschätzung wurde ja eben schon etwas gesagt –, vor allem aber bei dem Punkt Verbot von Zeit- und Leiharbeit, Verbot von Werkverträgen bei der Stadt und in ihrem Einflussbereich, nicht so genau, ob Sie das wirklich ernst meinen.

(Zuruf von Deniz Celik DIE LINKE)

Als politische Forderung sicherlich, aber wenn Sie sich einmal in die Lebenswirklichkeit an der Stelle begeben, möglicherweise auch in die Lebenswirk