(Dr. Andreas Dressel SPD: Das waren noch Zeiten, Sabine! – Dirk Kienscherf SPD: Nicht alles hat sich positiv entwickelt!)
Diese Rede hatte den Titel "Qualität vor Quantität in der Ganztagsschulentwicklung". Ich finde das heute noch richtig. Leider hat sich die SPD in Regierungszeiten davon verabschiedet, wollte davon nichts mehr wissen, und auch zahleiche Anträge der Opposition – übrigens mit demselben Inhalt, wie ihn Bärbel Duden und Stefanie von Berg richtig skizziert haben, dass Schule sich weiterentwickeln muss – und die Koalitionsverhandlungen der GRÜNEN konnten daran nichts ändern. Von daher ist mein Respekt vor der Volksinitiative, die sich angesichts dieser Arroganz gegründet hat, wirklich sehr, sehr groß.
Ist es schwer zu ertragen, dass ich das sage? Dass sich angesichts dieser Arroganz von SPD und GRÜNEN, die immer nur gesagt haben, im Ganztag stimme alles, sie machten alles richtig, sie hätten alles im Griff, es gebe keine Probleme, Eltern und Erzieherinnen und Erzieher zusammengefunden und all ihren Mut, all ihre Kompetenzen und all ihre Freizeit – was man einmal ehrlicherweise sagen muss – zusammengenommen und den Schritt gewagt haben, eine Volksinitiative zu gründen? Ich finde, dem gebührt wirklich großer Dank und großer Respekt.
Ich weiß, dass es eine große Verantwortung ist, wenn man eine solche Volksinitiative gründet, weil man natürlich Hoffnung in der Stadt weckt. Und gerade weil es so viele Probleme an den Standorten gab, war die Hoffnung natürlich entsprechend groß, dass diese Volksinitiative glückt und es zu einem Ergebnis kommt, wie wir es in Teilen jetzt erleben. Ich glaube, dass die Volksinitiative diese Hoffnungen nicht enttäuscht hat. Ich finde, dass die Ergebnisse ein wichtiger und richtiger Schritt sind, und ich glaube, wenn wir das jetzt gemeinsam – und dabei hat die Opposition natürlich auch ihre Aufgabe – auf den Weg bringen, dann ist das wirklich ein tolles Ergebnis für Hamburgs Schulen.
Ich finde es eine tolle Leistung der Volksinitiative, dass sie es überhaupt geschafft hat, den Aspekt der Qualität auf die Tagesordnung zu setzen, den Blick darauf zu wenden, dass man auch feststellen muss, dass Schule nicht einfach plötzlich zu einem Ganztagsschulbetrieb werden kann, ohne dass man überdenkt, wie Schule sich weiterentwickeln muss. Der Senat hat die Schule im Grunde bis 13 Uhr mittags so gelassen und einfach die Nachmittagsbetreuung ziemlich rüde und mit wenig Ressourcen angeklatscht und sogar bei der Einführung noch die offene Kinder- und Jugendarbeit um 3,5 Millionen Euro gekürzt, weil er davon aus
gegangen ist, die bräuchte man nicht mehr. Das waren alles schwere Fehler, und das alles zusammen hat dazu geführt, dass es diese Bewegung der Volksinitiative gegeben hat.
Ich finde, dass wir jetzt feststellen müssen, dass die hohe Akzeptanz der Eltern für die Ganztagsschule Respekt bekommt durch den Senat. Die 80 Prozent zeigen ja nicht, dass das eine tolle Qualität war, sondern dass erst einmal die Bedürfnisse da sind, dass Kinder ganztägig untergebracht werden.
Deswegen erst recht die Herausforderung, jetzt auch die Qualität gut zu machen. Von daher sollte sich Rot-Grün ein bisschen bescheiden und zugeben, dass sie durch den wahnsinnigen Druck, der entstanden ist, natürlich reagieren mussten.
Dass Sie reagiert haben und dass Sie jetzt zusammen mit der Volksinitiative zu einem guten Ergebnis gekommen sind, dafür gebührt Ihnen auch Respekt, aber Sie mussten erst einmal auf die richtige Fährte gesetzt werden. Das habe ich von Ihnen noch nicht gehört.
Ich möchte noch eine Bemerkung machen. Es ist schon erheblich, was Sie im Zeitablauf vom 5. Januar bis zum 13. Juni an Lernzuwachs hatten. Respekt auch dafür. Bei der öffentlichen Anhörung im Schulausschuss hatte ich überhaupt nicht den Eindruck, dass auf Ihrer Seite ein Einsehen vorhanden war, dass die Volksinitiative Anlass hat zu sagen, das müsse besser werden. Da gab es immer nur Einwände: Das ist alles zu teuer. Wie stellen Sie sich das vor? Haben Sie sich das alles überhaupt gut überlegt? Die Kassen sind leer. Und so weiter und so weiter. Es gab dann wirklich eine Lernkurve. Ich fand es sehr erfreulich von Bärbel Duden, wie sie auf der Pressekonferenz sagte, dass auch sie viel gelernt habe. Die Volksinitiative wirkt offensichtlich, weil sie dem Senat ehrenamtlich auch Nachhilfe gegeben hat. Das ist ebenfalls ein gutes Ergebnis.
In der Bewertung der Ergebnisse bin ich ganz bei Rot-Grün. Ich finde, es ist wirklich ein Riesenschritt gemacht worden. Ich finde, es ist sehr, sehr wichtig, dass das Personal aufgestockt wird. Es ist unerlässlich, dass die Raumfrage überarbeitet wird. Ich möchte dazu in Klammern sagen, dass das Musterflächenprogramm überarbeitet werden muss. Eine Anfrage von uns hat gerade gezeigt, dass eine wirklich hohe Quadratmeterzahl an Ab
vermietung geplant ist, auch in ganztägig arbeitenden Schulen. Das geht natürlich nicht. Es ist sehr, sehr wichtig, dass das Mitbestimmungsrecht, dass die Kooperation, die Verzahnung von Vor- und Nachmittag in den Blick genommen worden sind.
Wir fragen uns natürlich, mit welcher Wirkung das passiert. Das werden wir beobachten. Deswegen ist es wichtig, dass Sie in den Antrag geschrieben haben, es solle einen jährlichen Bericht geben. Das finde ich sehr, sehr gut.
Ich glaube, jetzt ist es Aufgabe des Senats, die Schulen zu beraten. Natürlich, Stefanie von Berg, sind die Schulen selbstverantwortete Schulen. Natürlich müssen sie den Prozess jetzt mitgestalten.
Darf ich es trotzdem noch einmal sagen, auch wenn es drinsteht? Sie haben auch viel gesagt, was hier schon drinsteht.
Denn es ist schulische Realität, dass die selbstverantworteten Schulen unglaublich viele Aufgaben haben, und das ist erst einmal eine zusätzliche Aufgabe. Das ist zwar erfreulich, wenn sie zu einem guten Ergebnis kommt, aber erst einmal ist es eine zusätzliche Aufgabe. Und deswegen brauchen sie wirklich die Unterstützung, sie brauchen die Beratung. Ich hoffe, dass die Gelder dann auch abgerufen werden und es nicht am Ende heißt, die Schulen hätten keine Anträge gestellt. Von daher ist es sehr wichtig, eine hohe Kompetenz dareinzusetzen, die Schulen entsprechend zu beraten.
Und ich sage noch darüber hinaus: Wir werden den Faden da aufnehmen, wo er jetzt durch diese Kompromisslage abgerissen ist. Es geht in den Haushaltsberatungen weiter. Inklusion muss am Nachmittag bedarfsgerecht ausgestattet werden. Es müssen die Kooperationen zwischen Vormittag und Nachmittag so ausfinanziert sein, dass es nicht mehr zu Kündigungen kommt.
Und zum Schluss: Ich freue mich darüber, dass Sie das Geld aus dem Titel nehmen, aus dem wir unser Sofortprogramm für eine sozialere Infrastruktur gemacht haben. Da haben wir uns wieder getroffen. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Präsident. – Meine Damen und Herren! Die Debatte zu diesem Tagesordnungspunkt schien bis gestern ein heißer Kandidat für eine Streichung noch vor 17 Uhr gewesen zu sein angesichts der doch überschaubaren Durchschlagskraft der Antrag gewordenen Schriftlichen Kleinen Anfrage, die die SPD ursprünglich zur Debatte angemeldet hatte. Das stellt sich nun etwas anders dar, nachdem die Regierungsfraktionen diesen Tagesordnungspunkt geentert haben, um die gestern erzielte Einigung mit der Initiative Guter Ganztag pflichtschuldig durch die Bürgerschaft zu peitschen.
Konsequenterweise haben Frau Duden und Frau Berg auch beide den Ursprungsantrag, der eigentlich angemeldet wurde, mit keinem Wort erwähnt. Die Debatte mögen Sie so vielleicht gerettet haben, für den Umgang mit dem Parlament ist es aber ein Tiefschlag, denn Sie degradieren die Bürgerschaft zum Erfüllungsgehilfen, wie es gerade passt. Und das, liebe Kollegen von Rot-Grün, ist unabhängig von den Inhalten, auf die ich gleich zu sprechen komme.
Kommen wir also zum angemeldeten Zusatzantrag, der erzielten Einigung mit der Volksinitiative. An dieser Stelle zunächst den Damen und Herren von der Initiative herzlichen Glückwunsch auch von der FDP-Fraktion. Wir möchten Ihnen unseren Dank aussprechen für die Arbeit, die Sie in den vergangenen Tagen, Wochen und Monaten geleistet haben. Sie können zu Recht stolz auf das sein, was Sie erreicht haben. Ihr größter Erfolg lässt sich nicht nur in Kennzahlen, Euro oder Gesetzen abbilden, sondern darin, dass Sie es geschafft haben, bei Rot-Grün, das bisher den Eindruck vermittelt hat, im Bereich Ganztag hätten wir einen paradiesischen Endzustand erreicht, dieses sehr dicke Brett zu bohren und diese Geisteshaltung "Quantität statt Qualität" bei den Regierungsfraktionen aufzubrechen. Dafür gebührt Ihnen schon jetzt der Dank aller Schüler und Eltern in unserer Stadt.
Denn eines lässt sich wohl zweifelsfrei festhalten – meine Vorredner haben es teilweise auch schon gesagt –: Hätte die Qualität in der Ganztagsbetreuung Rot-Grün bislang am Herzen gelegen, dann hätten Sie jederzeit ein Programm auflegen können, welches in diesem Bereich für Verbesserungen sorgt. Deshalb mutet es etwas seltsam an, wenn Frau Berg
weise sagen, dass Sie von der Initiative zum Jagen getragen werden mussten. Wir freuen uns, wenn sich jetzt doch etwas bewegt. Allerdings haben Sie das nicht aus eigenem Antrieb gemacht. Erst der öffentliche Druck und die nackte Angst vor einem Volksentscheid haben bei den Regierungsfraktionen Bewegung ausgelöst. Insofern teile ich die Einschätzung des Landeselternausschusses, der sagt, dass es eigentlich beschämend für Senator Rabe und die Regierungsfraktionen sei, dass es dieser Volksinitiative überhaupt erst bedurfte.
Schauen wir also einmal hinein in den Zusatzantrag. Es fällt auf, dass von Ihren 28 Petita, die Sie vorlegen, lediglich zwei konkret mit Geldmitteln hinterlegt sind. So schön es auch ist – und wir begrüßen das ausdrücklich –, dass es in den Bereichen Raumausstattung und Mittagessen nun Verbesserungen geben soll, so sehr sticht doch gleichzeitig ins Auge, dass die allermeisten Elemente Ihres Antrags
Arbeitsaufträge an sich selbst, die Schulen und die Träger darstellen, die gute Ziele formulieren, für sich selbst genommen aber erst einmal noch nichts verbessern. Frau von Berg, Sie sagten eben, es sei ein Armutszeugnis für die FDP, dass wir sagten, hier werde Verantwortung an die Schulen abgeschoben. Das ist es natürlich nicht. Wir stehen selbstverständlich zur selbstverantworteten Schule und wir stehen selbstverständlich zur Schulautonomie. Aber was ist Autonomie wert, wenn man – das ist übrigens eine allgemeine Krankheit im gesamten Bildungssektor, bei den Universitäten haben wir ein ähnliches Problem – immer nur Aufgaben verteilt, und mögen sie auch noch so selbstverantwortlich gelöst werden können, aber das nicht mit Geldmitteln hinterlegt? Dann ist der Autonomie überhaupt kein Stück geholfen.
Eine weitere Auffälligkeit, wenn man sich Ihren Antrag durchliest, ist der Verweis auf die kommenden Doppelhaushalte. Wenn man sich die Finanzierungspläne für die Umsetzung der Einigung anschaut, dann wird deutlich, dass sich die Regierungsfraktionen im Wesentlichen an kurzfristig zur Verfügung stehenden Steuermehreinnahmen bedienen und die mittel- und langfristige Gegenfinanzierung auf die kommenden Jahre vertagen. Das geht sogar so weit, dass Rot-Grün offenbar keinerlei Probleme damit hatte, für den Kompromiss Gelder zuzusagen, über die eine Bürgerschaft im Jahr 2020 zu entscheiden hat, also eine Bürgerschaft, die derzeit noch nicht einmal gewählt ist. Gleichzei
tig – etwas abseits vom Thema – lehnen die Regierungsfraktionen in der Bürgerschaft Anträge der Opposition regelmäßig ab, weil diese teilweise Auswirkungen auf den direkt folgenden Doppelhaushalt haben. Hier wird mit zweierlei Maß gemessen und das rundet das Bild nicht gerade auf zufriedenstellende Art und Weise ab.