Protocol of the Session on June 15, 2016

Die Stadtgesellschaft des 21. Jahrhunderts – ich hoffe, da sind wir uns einig – braucht die Beteiligung und auch die Einflussnahme von engagierten Bürgerinnen und Bürgern. Wer der Meinung ist, es reiche, alle fünf Jahre eine Stimme abzugeben, der spricht definitiv nicht von Beteiligung.

(Beifall bei der LINKEN)

Sie haben unseren Antrag gesehen, er ist relativ kurz und knackig. Es geht uns vor allen Dingen darum, dass es einen eigenen Posten im Haushalt gibt, der dezidiert für die Quartiers- und Stadtteilbeiräte vorgesehen ist. Und wir sagen, wir fangen an mit 1 Million Euro. Wir haben über 50 Beiräte, die in ganz Hamburg arbeiten, und wir finden, es sollen auch noch mehr werden.

(Vizepräsident Dr. Wieland Schinnenburg)

Wenn ich jetzt den SPD-Antrag lese, stelle ich erst einmal das Positive heraus. Ich bin sehr froh, dass SPD und GRÜNE gemeinsam sagen, sie hätten eine hohe Anerkennung für die Arbeit, die die Stadtteil- und Quartiersbeiräte leisten. Das ist sehr gut und daran sollten wir auch festhalten. Ich finde auch Ihre Überlegung sehr gut, dass der Senat prüfen möge, ob die Stadtteilbeiräte als sogenannte Träger öffentlicher Belange im Planverfahren einbezogen werden sollen. Dafür haben Sie auch von unserer Seite Applaus verdient.

(Beifall bei der LINKEN)

Genau, klappt noch. Aber schwierig wird es genau bei dem Kernpunkt unseres Antrags. Ich habe es schon einmal gesagt, es geht um Geld. Jetzt schreiben Sie in Ihrem Antrag:

"Der Senat wird ersucht, der Bedeutung der bestehenden Beiräte dahin gehend Rechnung zu tragen, dass sie im Rahmen der Aufstellung des Haushaltsplanes […] eine offizielle Erwähnung finden."

Ich weiß nicht, was Ihnen dazu einfällt, wenn Sie hören, im Haushaltsplan solle etwas eine offizielle Erwähnung finden.

(Dirk Kienscherf SPD: Können Sie den zwei- ten Punkt auch noch vorlesen?)

Nein, ich bin beim ersten Punkt, den wir heute abstimmen, und der heißt: eine offizielle Erwähnung.

Erwähnung kann ja schon heißen, dass zum Beispiel beim bezirklichen Quartiersfonds steht, daraus sollen auch die Stadtteilbeiräte finanziert werden. Herr Kienscherf, ich wäre sehr froh, wenn Sie sich hier gleich hinstellen und sagen, diese Erwähnung sei nicht so gemeint, dass die Stadtteilbeiräte irgendwo mit reingemuschelt würden, sondern es gehe darum, dass die Stadtteilbeiräte einen verlässlichen Fonds haben, von dem sie wissen, dass genau dieses Geld ihnen zusteht, und zwar ausschließlich ihnen.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich will Ihnen auch sagen, warum das so wichtig ist, denn beim ersten Lesen Ihres Änderungsantrags werden viele gedacht haben: Klasse. Sie sprechen von einer langfristigen finanziellen Förderung der Beiräte. Dann wird es schon ein bisschen schwächer, Sie sagen, der Mittelumfang solle sich an dem von heute orientieren. Das würde heißen, neue Beiräte kommen nicht dazu. Und dann sagen Sie in Ihrem dritten Punkt:

"Die Finanzierung sollte insbesondere über den bezirklichen Quartiersfonds erfolgen."

Eigentlich müssten alle Abgeordneten, die vor Ort sind, wissen, dass diese bezirklichen Quartiersfonds völlig ausgelutscht sind. Daraus werden Bürgerhäuser finanziert, daraus werden gute Sachen

finanziert, aber es ist gar nicht mehr das Geld dafür da, noch mehr für die Stadtteilbeiratsarbeit zu finanzieren.

(Farid Müller GRÜNE: Das wissen Sie doch gar nicht! Wir haben die Haushaltsberatun- gen noch vor uns!)

Herr Müller, wir wissen, wie es zurzeit aussieht.

Sie schreiben hier, die Finanzierung solle insbesondere über den bezirklichen Quartiersfonds erfolgen und dieser solle mindestens verstetigt werden. Da steht nichts von einer Erhöhung. Sie wissen heute, dass das Geld nicht reicht, und deswegen sollten Sie hier klipp und klar sagen, dass mehr Geld zur Verfügung gestellt werden soll.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich möchte Sie an die Debatten erinnern, die wir heute schon geführt haben. Als wir uns über die Volksinitiative "Guter Ganztag!" unterhalten haben, habe ich sehr oft gehört, gerade auch aus dem Mund der rot-grünen Koalitionsvertreterinnen und –vertreter, wie wichtig Beteiligung sei. Das hat mich wirklich gefreut. Und ich denke, dass Sie Beteiligung nicht nur auf kleine Gruppierungen, die jetzt Interessen vertreten, beschränken wollen, sondern dass Sie auch sagen, die Beteiligung in den Stadtteilen sei Ihnen wichtig. In den Stadtteilen, wo das Herz dieser Stadt ist. In den Quartieren, wo die Menschen sich engagieren.

(Vereinzelter Beifall bei der LINKEN)

Deswegen wünsche ich mir sehr, dass Sie Ihren Antrag zusammen mit unserem Antrag an den Ausschuss überweisen, damit wir gemeinsam darüber diskutieren können, wie wir am besten Beteiligung sichern können und wie wir gegen Politikverdrossenheit in dieser Stadt etwas unternehmen können. – Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Frau Sudmann. – Das Wort hat Herr Kienscherf von der SPD-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Liebe Kollegin Sudmann, einleitend können wir insgesamt für Hamburg feststellen, dass es ein so breites Spektrum an Bürgerbeteiligung und eine so enge Vernetzung in keiner anderen Stadt in Deutschland gibt. Die Bürgerbeteiligung in Hamburg ist spitze.

(Beifall bei der SPD und bei Farid Müller GRÜNE)

Ich will das einmal ein bisschen strukturieren, liebe Kollegin Sudmann, denn da sind so ein paar Punkte gefallen. Wir sind im Dialog mit dem Netzwerk. Und da ist merkwürdig: Wir haben über viele Dinge gesprochen und da geht es in der Tat um das The

(Heike Sudmann)

ma Finanzierung. Aber worüber wir nicht einmal in den letzten vier Jahren gesprochen haben, ist, ob diese Stadtteilbeiräte irgendwie verfassungswidrig sind oder ob sie den Regionalausschüssen Konkurrenz machen. Also da muss ich einmal den Appell an DIE LINKE richten, nicht überall zu versuchen, irgendetwas zu skandalisieren, wo es keinen Skandal gibt.

(Zuruf von Heike Sudmann DIE LINKE)

Nicht irgendwo neue Fragen auftauchen zu lassen, wo es keine Fragen gibt. Wir bekennen uns klar zu den heutigen Stadtteilbeiräten und wir werden dafür sorgen, dass es diese langfristig geben wird.

(Beifall bei der SPD und bei Farid Müller GRÜNE – Glocke)

Vizepräsident Dr. Wieland Schinnenburg (unter- brechend): Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Abgeordneten Sudmann?

Ich habe nur noch wenig Redezeit, aber natürlich lasse ich eine Frage der Kollegin Sudmann zu.

Herr Kienscherf, wir haben schon öfter hier debattiert. Erinnern Sie sich daran, wer immer gesagt hat, wir müssten auf jeden Fall die Regionalausschüsse berücksichtigen, die quasi über den Stadtteilbeiräten stehen? Nach meiner Erinnerung waren Sie das. Insofern trifft der Punkt immer noch genau zu.

(Beifall bei der LINKEN)

Nein, liebe Kollegin, da muss ich Sie enttäuschen. Wir haben bei den bestehenden Stadtteil- und Quartiersbeiräten nie infrage gestellt oder überhaupt nur prüfen wollen, ob sie verfassungsgemäß sind oder nicht.

(Heike Sudmann DIE LINKE: Das habe ich gar nicht gefragt!)

Das ist völliger Blödsinn und das wissen Sie auch.

(Beifall bei Dr. Mathias Petersen SPD)

Da kann man ruhig applaudieren, das ist so.

Kommen wir noch einmal zum Anfang der Diskussion. Wir haben in Hamburg eine breite Bürgerbeteiligung und wir haben in der Tat die Situation, dass die Stadtteilentwicklung in den Bezirken stattfindet. Das finden wir alle gut so und da haben wir die Bezirke auch in den letzten Jahren gestärkt. Wir haben darüber hinaus, und das ist hier angesprochen worden, bei den Städtebaufördergebieten, wo wir festgestellt haben, dass es bauliche, aber auch soziale Probleme gibt, nachgesteuert. Dort haben wir Sanierungsgebiete entstehen lassen. Dort haben wir Gebiete der regionalen Stadt

teilentwicklung entstehen lassen. Und hier haben wir auch eine Beiratsstruktur geschaffen. Ich glaube, wir können heute sagen, dass wir in Bezug auf diese Beiratsstruktur und diese besonderen Städtebauförderungsgebiete alle gemeinsam erfolgreiche Arbeit geleistet haben – Politik, Verwaltung, die Stadtteilbeiräte, wir alle gemeinsam, und darauf können wir stolz sein.

(Beifall bei der SPD und bei Farid Müller GRÜNE)

Aber eines ist an vielen Orten eben nicht passiert: Man wusste, dass diese Gebiete zeitlich befristet sind und dass eigentlich überall vorgesehen war, eine Nachsorge zu betreiben. Denn eigentlich war überall das Ziel genannt worden, dass diese Gebiete sich langfristig selbst tragen sollen. Und auch die Strukturen, die man schafft, sollen sich langfristig selbst tragen. Das ist in vielen Gebieten ehrlich gesagt unterblieben. Als dann vor ein, zwei Jahren viele Gebiete aus der Förderung gefallen sind, haben wir natürlich mit den Stadtteilbeiräten zusammen das Problem gesehen, dass es nicht sein kann, dass diese Gebiete aus der Förderung fallen, bei denen wir weiterhin einen Unterstützungsbedarf sehen, aber diese Stadtteilbeiräte zukünftig finanziell nicht mehr unterstützt werden. Deswegen haben wir eine Lösung gefunden, diese Beiräte auch weiterhin finanziell zu unterstützen. Es ist gut, dass wir diese Lösung gefunden haben.

(Beifall bei der SPD und bei Farid Müller GRÜNE)

Diese Lösung – deshalb verstehe ich das auch wiederum nicht, Kollegin Sudmann – lag unter anderem darin, dass wir einen Quartiersfonds geschaffen haben. Wir als Bürgerschaft haben einen bezirklichen Quartiersfonds geschaffen, der für viele Dinge eingesetzt wird. Zuerst war es für das Thema Offene Kinder- und Jugendhilfe und die Umsteuerung. Aber wir haben ihn noch einmal aufgestockt und dann den Hinweis gegeben, die Bezirke müssten mit den zusätzlichen Mitteln dafür sorgen, dass wir diese Beiratsstrukturen erhalten. Das haben die Bezirke gemacht und das erwarten wir auch. Dazu dient auch dieser Antrag und er ist ein deutlicher Hinweis an die Bezirke, dass wir weiterhin mindestens dieses Niveau des Quartiersfonds halten werden. Vielleicht kann er irgendwann aufgestockt werden, aber wir werden ihn zumindest halten. Das ist ein deutlicher Appell an die Bezirke, dass die finanzielle Unterstützung der Quartiersbeiräte langfristig fortgeschrieben wird, und das ist ein klares Bekenntnis zur Arbeit der Stadtteil- und Quartiersbeiräte.

(Beifall bei der SPD und bei Farid Müller GRÜNE)

Darüber kann es gar keine zwei Meinungen geben und diese Mittel können auch nicht verplant sein,