Ein Senator, der sich mit großer Vorliebe seinen Lieblingsprojekten wie Cannabisfreigabe oder keine Strafe für Schwarzfahren widmet, der aber ganz offensichtlich nicht die Muße und die Zeit hat, sich in die Niederungen seiner Behörde zu begeben und dort für vernünftige Organisationsstrukturen, Dienstaufsichtsstrukturen und Kommunikationsstrukturen zu sorgen, ist schlichtweg fehl am Platz.
Nicht umsonst wird Senator Steffen von seinen eigenen Beamten häufig vorgehalten, er sei stärker um das Wohl der Strafgefangenen besorgt als um die zumutbaren Arbeitsbedingungen seiner Justizverwaltung.
In der Sondersitzung des Justizausschusses vor wenigen Tagen tat dieser Senator nichts anderes als das, was man von ihm und von vielen Politikern dieser Zeit gewohnt ist: Er trat die Verantwortung für diesen Skandalfall ab und prügelte stattdessen auf seine Justizverwaltung ein. Angeblich habe er erst zum 1. März 2016 von diesem Vorfall Kenntnis erlangt. Herr Senator, dass Sie heute, also mehrere Monate später, noch nicht in der Lage sind, diesen Sachverhalt umfassend aufzuklären, dafür habe ich Verständnis. Aber dass Sie nicht in der Lage sind, mehrere Monate später klipp und klar die Frage zu beantworten, wer was wann gewusst hat, das ist peinlich, das ist ein Skandal. Ich war doch selbst leider nur ein Jahr Innensenator, aber das hätte es bei mir nicht gegeben.
Nach zwei Monaten hätte ich jedem sagen können, wer wann was gewusst hat. Und wenn ich es nicht gekonnt hätte, dann hätte ich nicht in dieses Amt gehört, und das Gleiche gilt auch für Sie.
Und dass Ihre Staatsrätin nur en passant von diesem schwierigen Fall gehört hat, nämlich anlässlich eines Routinegesprächs mit dem Vorsitzenden des Richterbunds, der einmal so en passant darauf hingewiesen hat, dass demnächst irgendein brisanter Fall ansteht, das glauben Sie doch selbst nicht. Das widerspricht doch jeder Lebenserfahrung. Eine Staatsrätin, die bei einer derartigen Bemerkung nicht nachhakt und fragt, was das denn für ein Fall sei, gehört nicht länger als Staatsrätin verwendet, nein, die gehört vor die Tür gesetzt. Das, was Sie im Ausschuss dargelegt haben, führt zu der Erkenntnis, dass Sie kein Frühwarnsystem gehabt haben. Um als Senator erfolgreich zu sein, geht man von Anfang an in seine nachgeordneten Behörden, spricht mit den Behördenleitern, schafft dort ein Vertrauensverhältnis, sagt etwas zum roten Telefon und bietet an, dass alle zu ihm kommen können, wenn sie nur die leiseste Ahnung davon haben, dass irgendetwas schiefgegangen sein könnte. Das habe ich mit dem Leiter des Einwohnerzentralamts, mit dem Leiter des Verfassungsschutzes, des Staatsschutzes gemacht. Warum machen Sie das nicht mit Ihren nachgeordneten Behördenleitern? Sie kommen überhaupt nicht auf die Idee, dass Sie auch nur ansatzweise politische Verantwortung zu tragen haben. Es ist völlig unerheblich, ob es Schlamperei in Ihrer Behörde gegeben hat oder ob der eine oder andere vielleicht nicht informiert hat, weil er das falsch eingeschätzt hat.
Die Bürger dieser Stadt haben mittlerweile genug, Herr Senator. Sie haben mehr als genug von Justizpolitikern, die dafür verantwortlich sind, dass Straftäter erstens nicht verurteilt sind und zweitens, falls sie doch verurteilt werden, dass 100 000 Haftbefehle in Deutschland außer Kraft gesetzt wer
den. Sehr geehrter Herr Bürgermeister, Sie tragen die Verantwortung für diesen Senator. Wenn Sie zu Fall kommen, weil dieser Senator in Zukunft eine Fehlentscheidung trifft, dann scheidet mit Ihnen der letzte Hoffnungsträger der SPD.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ein Wort vorweg: Es ist gut, dass der entlassene Sicherungsverwahrte wieder in Haft ist, und ich finde es auch richtig, dass die Staatsanwaltschaft einen Antrag auf Widerruf der Bewährung gestellt hat.
Der Mann hat in kürzester Zeit mehrere Weisungsverstöße begangen und damit gezeigt, dass er nicht gewillt ist, sich an die Regeln zu halten. Mein ausdrücklicher Dank noch einmal an dieser Stelle geht an alle Beteiligten bei der Polizei, bei der Führungsaufsichtsstelle, bei der Staatsanwaltschaft und der Justizbehörde für die gute Zusammenarbeit.
Nun zur Arbeit meiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Fakt ist, dass die Kolleginnen und Kollegen in der Anstalt wie auch in meiner Behörde sehr qualifiziert sind.
Der Umgang mit Sicherungsverwahrten ist nicht einfach. Die Devise wegsperren, und zwar für immer, ist angesichts der zu Recht fortentwickelten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht mehr umsetzbar. Gefordert ist stattdessen, dass es immer eine Chance auf Resozialisierung gibt. Gleichzeitig müssen die Anstalten stets die Sicherheit garantieren. Schließlich sitzt niemand oh
ne sehr triftigen Grund in der Sicherungsverwahrung. Genau in dieser Situation war es für die Justizvollzugsanstalt ausgesprochen schwierig, alles richtig zu machen. Es gab von ihrer Seite sehr viele Therapieversuche. Sie stand letztlich aber im aus ihrer Sicht nicht auflösbaren Spannungsfeld zwischen der Weisung, eine Therapie bei einem bestimmten Therapeuten außerhalb der Anstalt durchzuführen, und der nicht abgemilderten Verantwortung dafür, eine Flucht zu verhindern. Ich halte die von der Anstalt seinerzeit vorgesehenen Sicherungsmaßnahmen für nicht übertrieben. Seine mehrfache Flucht bei einer früheren Inhaftierung und die prompten Weisungsverstöße in der letzten Woche sprechen da eine deutliche Sprache.
Auch im Hinblick auf das richtige Verfahren waren die Vorgaben der Rechtsprechung der hamburgischen Gerichte widersprüchlich; wir haben das im Ausschuss erörtert. Umso wichtiger wäre ein intensiverer Austausch in einer solch schwierigen Situation gewesen, um genau das zu tun, was wir sonst in diesen vielen Fällen tun, nämlich gemeinsam zu beraten, um eine Lösung zu finden. Das ist Aufgabe der Justizbehörde, auch die Aufgabe der Leitung der Justizbehörde und auch meine Aufgabe, was uns jede Woche beschäftigt.
Für die Zukunft ist für diese Fallgruppe sehr konkret sichergestellt, dass sich das nicht wiederholt. Erstens hat das Oberlandesgericht nun klargestellt, wie Justizvollzugsanstalt und Staatsanwaltschaft als Vollstreckungsbehörde vorgehen müssen, wenn eine Therapieweisung sich als nicht durchführbar herausstellt.
Zweitens habe ich als sofortige Konsequenz angeordnet, dass JVA und Aufsichtsreferent in einer monatlichen Besprechung sämtliche Fälle von Sicherungsverwahrten durchgehen und sich so frühzeitig über problematische Entwicklungen austauschen. Die Frage, wie es im Einzelnen zu der Entlassung kommen konnte, untersuchen wir nun genau. Aus jetziger Sicht ist allerdings klar, dass es darauf keine einfache Antwort gibt. Ich habe deswegen die Leiterin der Personalabteilung meiner Behörde beauftragt, das gesamte Verfahren einschließlich der internen Abläufe gründlich zu untersuchen.
Sie soll klären, wie mit der Information, dass der Beschluss des Gerichts für eine externe Therapie nicht mit der Beurteilung der Sicherheitslage in Einklang zu bringen sei, umgegangen wurde. Dies ist nicht nur wichtig, damit wir wissen, wo es gehakt hat. Wir brauchen belastbare Ergebnisse, um den Prozess und die Abläufe beurteilen zu können. Das ist wichtig, damit wir für die Zukunft daraus lernen können.
Wir haben sehr fähige Leute in der Hamburger Justiz, bei mir in der Behörde und in den Anstalten. Uns allen ist daran gelegen, dass der Vollzug sicher ist und für die Hamburgerinnen und Hamburger, die Inhaftierten und die Bediensteten verlässlich läuft.
Die Arbeit im Vollzug ist ein Knochenjob. In der Regel muss man mit Leuten umgehen, die erst lernen müssen, Regeln einzuhalten. Das kann nicht jede und nicht jeder. Ich arbeite daher seit meinem Amtsantritt daran, die Arbeitsbedingungen zu verbessern, erstens durch die Steigerung der Ausbildung. Justizvollzugsbedienstete gibt es nicht auf dem Arbeitsmarkt. Wir bilden deshalb massiv aus. Wir haben 2015 die Ausbildung auf drei Lehrgänge erhöht, bieten dieses Jahr fünf an und werben jetzt intensiv um geeignete Auszubildende.
Zweitens: durch die Umstrukturierung des gesamten Justizvollzugs. Marode und leer stehende Gebäude kosten uns Geld, aber auch Personal. Wir haben Kleinstvollzüge, die zum Teil so wenige Gefangene haben, dass wir ihnen auf Dauer kein breites Qualifizierungsangebot bieten können. Statt uns auf die Arbeit mit den Gefangenen zu konzentrieren, müssen wir mit knappem Personal eine breite Vollzugslandschaft in der Fläche absichern. Das kann nicht richtig sein.
(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD – Mi- chael Kruse FDP: Darum geht es heute gar nicht! – Anna-Elisabeth von Treuenfels-Fro- wein FDP: Worüber reden wir eigentlich?)
Ein zentrales Ziel dabei ist, dass sich die Bediensteten in den Anstalten gegenseitig stärker unterstützen können. Deshalb prüfen wir, wie wir den Justizvollzug 2020 gestalten und Synergieeffekte mit Schleswig-Holstein nutzen können.
Zuletzt ein Wort zur Ausstattung der Gerichte und Staatsanwaltschaften. Auch hier haben wir gemeinsam für Bewegung gesorgt. Wir haben Gerichte und Staatsanwaltschaften seit meinem Amtsantritt um 31 Köpfe verstärkt, nämlich um drei Richterinnen und Richter und ebenso viele Servicekräfte für das Sozialgericht, fünf Richterinnen und Richter und ebenso viele Servicekräfte im Stellenpool für Gerichte und Staatsanwaltschaften, neun Richterinnen und Richter und sechs Servicekräfte für die Verwaltungsgerichte. Einen solchen Personalzuwachs hat es in der Hamburger Justiz in den letzten 20 Jahren unter keinem Senat gegeben.
Wir haben die Ausbildungsangebote für die Justizlaufbahn intensiviert. Damit begegnen wir den Schwierigkeiten, um geeignetes Personal für die
Tätigkeit in den Geschäftsstellen der Gerichte auf dem freien Arbeitsmarkt zu finden. Wir haben bei der Staatsanwaltschaft Ausgleichsmöglichkeiten für langzeiterkrankte Dezernentinnen und Dezernenten geschaffen. Damit unterstützen wir die ansonsten besonders belasteten Vertreterinnen und Vertreter. Personalverstärkung ist das eine, Entlastung bei Verfahren und in der täglichen Arbeit ein anderer wesentlicher Baustein. Deshalb setze ich mich dafür ein, dass wir überflüssigen Ballast loswerden, und arbeite gemeinsam mit anderen Justizministerinnen und Justizministern an Lösungen, wie wir Verfahren entschlacken können. Gute Justiz ist harte Arbeit.
Gute Justiz ist eine Gemeinschaftsaufgabe, die die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Vollzug, bei den Staatsanwaltschaften, an den Gerichten und in der Justizbehörde leisten. Es ist meine Aufgabe, dafür zu sorgen, dass die Rahmenbedingungen stimmen,