Protocol of the Session on April 14, 2016

Aber letztendlich haben wir in dieser Freien und Hansestadt zu viel Moorburg. Wir brauchen nicht noch mehr von Moorburg und schon gar nicht für die Energieversorgung.

(Beifall bei der LINKEN)

(Ulrike Sparr)

Dass Rot-Grün sich dieses Steinzeitmonster ans Bein gebunden hat, heißt doch noch nicht, dass man es auch noch füttern müsste. Rot-Grün, Schwarz-Grün, es waren viele daran beteiligt, Frau Schaal.

Hamburgs Stromversorgung zu 68,8 Prozent aus Kohle, schon das ist für den Klimaschutz kein gutes Zeichen. Moorburg soll dann auch noch an der Wärmeerzeugung für das Fernwärmenetz beteiligt werden. Auch das wäre ein völlig falscher Weg, den Hamburg hier entgegen dem zweiten Satz des Volksentscheids gehen würde, denn dort ist eindeutig festgehalten, dass es ein verbindliches Ziel ist, eine sozial gerechte, klimaverträgliche und demokratisch kontrollierte Energieversorgung aus erneuerbaren Energien sicherzustellen. Wer Kohle für erneuerbar hält, der denkt in Millionen-JahrenZeiträumen, und das kann nicht wirklich Ihr Ernst sein.

(Beifall bei der LINKEN – Michael Kruse FDP: Das wünschen Sie sich doch!)

Im Verhältnis zum Volksentscheid ist dieser Antrag wirklich zum Fremdschämen. Wer diesen Antrag für im Sinn des Volksentscheids hält, könnte auch dazu übergehen, Krankenhäuser zu privatisieren, obwohl ein Volksentscheid sich dagegen ausspricht.

Der Kollege Gamm hat in seiner Pressemitteilung richtig festgestellt, dass der Senat unfähig ist, Konzepte vorzulegen. Da stimme ich ihm zu, auch an seiner Kritik an der Ertüchtigung von Wedel. Das ist richtig. Der Senat hat eine Reihe von Fehlentscheidungen getroffen, katastrophal für den Klimaschutz. Er zaudert, er handelt zu spät. Wenn man die neue Schriftliche Kleine Anfrage sieht, in der nach Potenzialen der industriellen Abwärme gefragt wird, ist es völlig klar, dass der Senat nach wie vor unvorbereitet ist. Er kennt die Potenziale nicht, er hat keine Trassenplanung für Aurubis. So spätes Handeln ist unverantwortlich für Hamburgs Klima und für Hamburgs Beitrag für den Klimaschutz.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Kollegin Sparr hat bereits auf das BET-Gutachten hingewiesen. Die dort aufgeführte und sicherlich für die Fernwärmeproduktion und nicht für die Abwärme gedachte Variante, die man aber sehr gut portieren kann, hat politisch natürlich meine tiefe Sympathie, denn die meisten Spalten sind dort rot. Es ist die mit Abstand schlechteste Variante für Hamburgs Wärmeversorgung: bei der Versorgungssicherheit, bei der sozialen Gerechtigkeit und bei der Wirtschaftlichkeit auf dem letzten Platz, lediglich bei der Klimaverträglichkeit nur von Wedel nach hinten überholt. Das bedingt dann natürlich auch die Moorburg-Trasse, das ist schon gesagt worden. Dieser Antrag ist in dieser Form wirklich nicht zu halten. Da kann ich der CDU nur mit ei

nem alten Sprichwort der Dakota-Indianer sagen: Wer merkt, dass er auf einem toten Pferd reitet, möge absteigen.

(Beifall bei der LINKEN)

Tote Pferde reitet man nicht. Moorburg ist für Hamburg ein totes Pferd. Wie gesagt, wir brauchen weniger.

Der Senat hat sich festgelegt auf klare Ziele für die Energiewende. Er hat der Ertüchtigung Wedels eine klare Absage erteilt. Leider benutzt er Wedel doch länger, statt den Haferweg zu nutzen. Da haben wir durchaus Unterschiede. Ich denke, wir könnten wesentlich schneller auf erneuerbare Energien umstellen. Er hat zudem den Neuanschluss von kohlebefeuerten Anlagen ausgeschlossen. Der Senat muss sich an diesen Aussagen messen lassen. Die Klimawende werden wir nur mit großen gesellschaftlichen Anstrengungen aufrechterhalten können. Damit diese sozial gerecht ausgehen, muss dieser Senat etwas tun, aber das kann nicht heißen, Moorburg weiter zu betreiben. Moorburg muss weg aus dieser Stadt. Deswegen werden wir den beiden Anträgen so nicht zustimmen. – Danke.

(Beifall bei der LINKEN – Michael Kruse FDP: In Niedersachsen oder was?)

Als Nächster hat das Wort Herr Dr. Duwe von der FDP-Fraktion.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben einen Volksentscheid, und dort gibt es Hauptsätze, die man beachten muss und denen man auch gerecht werden kann. Ich sage Ihnen aber auch: Hauptsätze, die selbst in Beschlüssen des Souveräns stehen, können nicht die Hauptsätze der Thermodynamik außer Kraft setzen.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

So ähnlich komme ich mir bei dieser Diskussion vor.

Wir haben ein hehres Ziel. Wir haben schon sehr viele Faktoren ausgeschlossen. Es ist eine richtige Ausschließeritis: Das wollen wir nicht, das wollen wir nicht und das wollen wir nicht. Dann sagen wir aber, bis 2019 hätten wir die 100-prozentige politisch korrekte Lösung, und dann hoffen wir, dass wir sehr viel Wind machen beziehungsweise sehr viel heiße Luft und dass das am Ende alles klappen werde. Das ist wirklich nur Wunschdenken. Das wird so nicht funktionieren.

(Beifall bei der FDP, vereinzelt bei der CDU und bei Dr. Joachim Körner AfD)

(Stephan Jersch)

Dann muss man sich überlegen, welche Prioritäten man setzen will. Es wurde ein bisschen herumlaviert, wegen Versorgungssicherheit und Klimaschutz und so weiter und so fort. Da muss man sich endlich entscheiden, da muss man Prioritäten setzen. Wollen wir Klimaschutz auf Kosten der Versorgungssicherheit? Wollen wir die Versorgungssicherheit auf Kosten des Klimaschutzes? Nein, da wird immer ein bisschen herumargumentiert, da werden Gutachten erstellt. Wie ich es bisher verstanden habe, haben alle Experten noch keine Lösung. Bis 2019 soll zumindest eine richtige Lösung da sein, und irgendwann soll sogar dieses Kraftwerk Wedel vom Netz gehen. Sie können sich daran erinnern: Der erste Grund, warum man überhaupt Moorburg geplant hatte, war, dass man dieses alte Kraftwerk endlich loswird. Was haben wir jetzt? Wir haben jetzt gefühlte drei Steinkohlekraftwerke,

(Beifall bei der FDP, vereinzelt bei der CDU und bei Dr. Joachim Körner AfD)

nämlich Moorburg, das wurde um den Faktor 2 von der CDU vergrößert, und dann Wedel. Für mich sind das drei Steinkohlekraftwerke. Angeblich war die Planung, wir wollten überhaupt keines. Das ist die Energiepolitik dieser Stadt.

Ich hoffe, dass wir endlich in die Diskussion, in die Substanz kommen. So, wie sich das Grün-Rot in diesem Falle vorstellt, wird es auf jeden Fall nicht gehen. Wir müssen sicherstellen, dass wir Hunderttausende von Abnehmern in dieser Stadt im Winter mit Fernwärme versorgen können.

(Farid Müller GRÜNE: Das wissen wir auch!)

Ich sehe bisher nichts, außer sehr viel heißer Luft. "Intelligente Lösungen", wenn ich das schon höre; intelligente Lösung bedeutet, man kann es nicht beschreiben, weil man die Lösungen noch nicht hat. Dann braucht man intelligente Lösungen und dann geht das irgendwie alles. Was haben wir gehört? Eigentlich hätte das Steinkohlekraftwerk Wedel schon lange vom Netz sein müssen, denn wir haben doch irgendwann intelligente Lösungen. Die haben wir nicht.

(Dr. Monika Schaal SPD: Aber Sie haben auch keine!)

2019 haben wir sie auch nicht. Dann kann man aber nicht mit hehren Zielen ankommen und sagen: Wir wollen die Welt retten, aber wir wissen noch nicht wie; dies und jenes wird ausgeschlossen und das andere wollen wir auch nicht. Das ist das Maoam-Syndrom. Dafür steht die FDP nicht. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP – Farid Müller GRÜNE: Diesen Begriff habe ich auch noch nie ge- hört!)

Als Nächste erhält Frau Oelschläger von der AfD-Fraktion das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Die Nutzung des Kraftwerks Wedel neigt sich dem Ende zu und stellt Hamburg vor die Aufgabe, die Fernwärmeversorgung für 140 000 Haushalte auch künftig sicherzustellen. Hamburg verfügt dabei mit Moorburg über eines der modernsten Steinkohlekraftwerke der Welt. Dieses liefert einen sehr wichtigen Beitrag zur Energiesicherheit in dieser Stadt. Es ist unbegreiflich, wieso die hier sowieso entstehende Wärme nicht für die Fernwärmeversorgung genutzt wird. Die Lösung liegt quasi vor der Tür. Nach dem ursprünglichen Scheitern der Fernwärmepläne ist es endlich an der Zeit, erneut zu überprüfen, wie das volle Potenzial des Kraftwerks Moorburg ausgeschöpft werden kann. Dabei könnten Umwelt und Portemonnaie gleichermaßen gewinnen. Die Umwelt profitiert von geringerer Abwärmeabgabe aus dem Kraftwerk in die Elbe und direkt in die Luft, und günstiger als ein kompletter Neubau eines Ersatzkraftwerks für Wedel dürfte es auch werden. Daher ist es völlig unverständlich, dass diese Option von den beauftragten Gutachtern zurzeit nicht einmal untersucht wird. Ich habe das Gefühl, Frau Dr. Schaal, hier ist ein Gutachten schon vorweggenommen worden.

(Dr. Monika Schaal SPD: Es liegt bereits vor! Da muss man nur mal reingucken!)

Das nenne ich Ideologie. Genauso wichtig wie die konkrete Handlungsoption ist bei der Fragestellung die Erkenntnis, auch im Energiesektor endlich zu einem Zustand zu gelangen, in dem nicht von vornherein Handlungsoptionen ausgeschlossen sein werden. Dabei gilt: Anders als bei der Stromversorgung muss dieses Mal ohne ideologische Scheuklappen an die Thematik herangegangen werden. Beim Strom ist nichts so richtig recht. Bei der Kernkraft ist die Endlagerfrage nicht geklärt. Kohlekraftwerke, gerade älteren Baujahrs, wirken sich unmittelbar negativ auf die Luftqualität aus. Windkraftanlagen verschandeln die Landschaft und kommen dem Artenschutz in die Quere, und spätestens bei der Nutzung der Sonnenenergie stellt sich die Frage nach der Speicherung und der Sicherstellung der Versorgung zu Spitzenlastzeiten. Die eierlegende Wollmilchsau gibt es nicht. Aber es gibt Lösungen, für die einige gegebene Problemstellungen sinnvoller erscheinen als andere. Deshalb muss nun ohne ideologische Scheuklappen untersucht werden, inwieweit die Abwärme aus Moorburg das alte Kraftwerk ersetzen könnte. Wir als AfD-Fraktion unterstützen daher den Antrag der CDU und finden, dass der Antrag der FDP auf jeden Fall interessante Ansätze enthält und wir ihn diskutieren sollten. – Vielen Dank.

(Dr. Kurt Duwe)

(Beifall bei der AfD)

Wenn keine weiteren Wortmeldungen vorliegen, kommen wir jetzt zur Abstimmung.

Wer möchte zunächst einer Überweisung der Drucksachen 21/3854 und 21/4032 an den Ausschuss für Umwelt und Energie folgen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Dann ist die Überweisung abgelehnt.

Wir stimmen dann in der Sache ab und beginnen mit dem Antrag der CDU-Fraktion aus der Drucksache 21/3854.

Wer möchte sich diesem Antrag anschließen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Dann ist der Antrag mehrheitlich abgelehnt.

Nun zum Antrag der FDP-Fraktion aus der Drucksache 21/4032.

Wer möchte diesen annehmen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Dann ist auch dieser mehrheitlich abgelehnt.

Ich rufe jetzt auf Punkt 30 der Tagesordnung, Antrag der Fraktionen der SPD und der GRÜNEN, Drucksache 21/3816: Koordinierendes Zentrum für die Beratung und Behandlung von Folteropfern und traumatisierten Flüchtlingen.

[Antrag der Fraktionen der SPD und der GRÜNEN: Koordinierendes Zentrum für die Beratung und Behandlung von Folteropfern und traumatisierten Flüchtlingen – Drs 21/3816 –]

Diese Drucksache möchte die CDU-Fraktion an den Gesundheitsausschuss überweisen.

Wer wünscht das Wort? – Frau Blömeke von der GRÜNEN Fraktion, Sie haben es.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Im letzten Jahr sind über 20 000 Menschen nach Hamburg geflüchtet. Sie waren gezwungen, all das, was ihnen vertraut ist und was ihnen lieb war, zurückzulassen, sich von Familienmitgliedern, von Freunden und von Bekannten zu verabschieden. Gezwungen waren sie zu dieser Flucht durch Krieg oder Verfolgung. Für uns, die wir das Glück haben, hier in Deutschland sehr viel sicherer leben zu können, ist es kaum vorstellbar, wie Erlebnisse von Krieg, Folter oder Flucht verarbeitet werden können. Das sind Dinge, die wir fast alle nur aus dem Fernsehen kennen, aus den Nachrichten. Dort ist es so, wenn es uns zu viel ist, können wir einfach wegschalten, wenn uns die Bilder nicht mehr aushaltbar erschei

nen. Die geflüchteten Menschen haben diese Möglichkeit nicht. Sie müssen mit den immer wiederkehrenden Schreckensbildern fertig werden. Sie sind traumatisiert, sie haben tiefe seelische Verletzungen und sie müssen langsam erst wieder das Vertrauen in die Zukunft gewinnen.

Traumata haben gravierende Folgen. Sie ersticken nicht nur die persönlichen Entwicklungsmöglichkeiten, sondern behindern auch die Integration. Gerade deshalb wollen wir, dass mehr Menschen, die vor Krieg und Folter nach Hamburg geflüchtet sind, professionell psychologisch geholfen werden kann.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)