Protocol of the Session on March 31, 2016

(Dirk Kienscherf SPD: Da sind Sie erwischt worden!)

Frau Friederichs hat es versucht, aber das ist doch wirklich eine unangemessene Geschichte. Sie wissen genau, dass wir dies Mitte letzten Jahres gefordert haben. Wir haben es im Zusammenhang mit den Großsiedlungen im Dezember 2015 der Presse vorgestellt, am 21. Dezember 2015. Darum kann es doch auch nicht gehen.

(Dirk Kienscherf SPD: Da hat Frau Dutschke einmal recht gehabt!)

Nein, Frau Dutschke hat das gar nicht gesagt, Frau Friederichs hat es gesagt.

(Beifall bei der CDU)

Sehr geehrter Herr Nockemann, ich verstehe es, dass Sie damit nicht umgehen können, dass die Flüchtlingszahlen drastisch sinken und dass das natürlich ein Erfolg der Politik – übrigens nicht nur der Kanzlerin, sondern der gesamten Bundesregierung – ist. Wir sitzen doch gemeinsam in einem Boot in Berlin, lieber Herr Dressel. Ich verstehe, dass Sie damit nicht umgehen können. Das passt Ihnen auch politisch nicht in den Kram, aber Sie werden damit umgehen müssen.

Eines will ich Ihnen zur Balkanroute sagen: Es mag sein, dass es mit dazu beigetragen hat, dass die Flüchtlingszahlen sinken. Es ist aber auch ein klares Beispiel dafür, wie Solidarität in Europa nicht funktioniert. Genau das dürfen wir in Deutschland nicht machen. Deutsche Bundesländer müssen sich solidarisch verhalten, europäische Länder müssen sich solidarisch verhalten. Insofern geht Ihr Hinweis an der Sache vorbei, er ist überhaupt kein Lösungsansatz, und von daher weiß ich gar nicht, ob ich mich darüber freuen soll, dass Sie unseren Antrag unterstützen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Jetzt hat sich Antje Möller von der GRÜNEN Fraktion noch einmal gemeldet.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Prien und all die zwischenrufenden Kolleginnen und Kollegen, es ist mir relativ egal, ob Sie mir abnehmen, was ich hier sage oder nicht. Aber in Ihrem Antrag kommt weder in der Antragsbegründung noch in dem Petitum an irgendeiner Stelle auch nur ein Hinweis darauf vor, dass es Ihnen darum ginge, einen Verteilungsschlüssel zu finden, der bestimmte Bedingungen außer mehr Platz und Unterbringungsmöglichkeiten für die Geflüchteten beinhaltet. Das ist aber der Dreh- und Angelpunkt der Debatte in allen wissenschaftlichen Diskussionen dazu und sollte unserer Meinung nach auch der Dreh- und Angelpunkt in allen politischen Diskussionen dazu sein.

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und ver- einzelt bei der LINKEN – Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein FDP: Das kann ich mir vorstellen!)

Jetzt liegen wirklich keine Wortmeldungen mehr vor und deshalb kommen wir zur Abstimmung.

Wer möchte einer Überweisung der Drucksache 21/3684 an den Innenausschuss folgen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist einstimmig an den Innenausschuss überwiesen.

Ich rufe auf Punkt 64 der Tagesordnung, Antrag

(Karin Prien)

der Fraktionen der GRÜNEN und der SPD: Integration von jungen Geflüchteten in die offene Kinder- und Jugendarbeit.

[Antrag der Fraktionen der GRÜNEN und der SPD: Integration von jungen Geflüchteten in die offene Kinder- und Jugendarbeit – Drs 21/3692 –]

[Antrag der Fraktion DIE LINKE: Offene Kinder- und Jugendarbeit endlich ausreichend ausstatten – Drs 21/3818 –]

[Antrag der CDU-Fraktion: Flüchtlingsbetreuung darf nicht zulasten der regulären Kinder- und Jugendarbeit gehen – Drs 21/3821 –]

Hierzu liegen Ihnen als Drucksachen 21/3818 und 21/3821 Anträge der Fraktion DIE LINKE und der CDU-Fraktion vor. Alle drei Drucksachen möchte die Fraktion DIE LINKE an den Familien-, Kinderund Jugendausschuss überweisen.

Wer wünscht das Wort? – Frau Blömeke von der Fraktion der GRÜNEN erhält es.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Heute ist ein guter Tag. Eine Million Euro für die offene Kinder- und Jugendarbeit in den Hamburger Bezirken; das ist eine gute Nachricht, die wir verkünden können und mit unserem Antrag heute beschließen.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Wir erfüllen damit nicht nur ein Versprechen aus dem Koalitionsvertrag von Rot und Grün, sondern wir gehen mit der finanziellen Zuwendung sogar darüber hinaus.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Aber das ist nur eine Seite der guten Nachrichten. Ich will Ihnen ein Beispiel aus der Praxis nennen. In vielen Gesprächen, die ich gemeinsam mit den Kolleginnen und Kollegen der SPD und auch aus dem Bezirk vor Ort mit Bürgerinnen und Bürgern, mit Initiativen und mit Einrichtungen führe, wenn es um die Unterbringung von Flüchtlingen geht, wird immer wieder die Sorge geäußert, wie gerade die jungen Flüchtlinge integriert werden könnten. Hier kommt der offenen Kinder- und Jugendarbeit eine besondere Rolle zu. Neben der Schule, die natürlich per se für Integration sorgt, ist die offene Kinder- und Jugendarbeit das zweite Standbein der Integration, die nahezu spielerisch, aber gleichzeitig unter fachkundiger Leitung, gelingt und gelebt werden kann. Ob auf dem Bauspielplatz oder im Jugendtreff an der Ecke, das Wesen der offenen Kinder- und Jugendarbeit ist, dass hier Jugendli

che aller Nationen zusammenkommen und die Nationalität überhaupt nicht mehr zählt. Es geht darum, gemeinsam Projekte zu planen, gemeinsam Spaß zu haben, zu spielen, zu reden, aber auch bei ernsthaften Problemen kompetente Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner in den betreuenden Sozialpädagogen zu haben. Zusammen mit unserer Initiative, die wir in der Bürgerschaft zum Ausbau der Spielmobilangebote bereits hatten, aber auch mit dem Ausbau der Eltern-Kind-Zentren ist das ein weiterer wichtiger Baustein zur Integration von jungen Geflüchteten.

Die Unkenrufe der Opposition kann ich dabei nicht ganz verstehen. Beim Antrag der Links-Fraktion hatte ich ein Déjà-vu, denn nahezu denselben Antrag hat die Links-Fraktion bereits in der letzten Legislaturperiode gestellt, als es um die Umsteuerung und Kürzung in der Jugendhilfe von 3,5 Millionen Euro ging. Ja, das war damals schmerzlich und auch wir GRÜNE haben diese Kürzung abgelehnt und als fachlich absolut falsch angesehen. Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen der LinksFraktion, einfach nur den alten Antrag wieder neu aufzulegen, damit machen Sie es sich zu einfach und übersehen die aktuelle Sachlage.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Sie lassen übrigens genauso wie die Kolleginnen und Kollegen der CDU in Ihrem Antrag völlig außer Acht, dass diese eine Million Euro – Sie sagen, das reiche alles nicht, was wir da geben – nicht die einzigen Gelder sind, die zur Integration von jungen Menschen zur Verfügung gestellt werden. Diese eine Million Euro heute für die offene Kinderund Jugendarbeit kommt on top zu den Maßnahmen, die ich nachher noch weiter erläutere.

Beginnen möchte ich damit, dass bereits jetzt Mehrbedarf in den Einrichtungen bei den entsprechenden Behörden angemeldet werden kann. Einrichtungen der Jugendhilfe könnten ihren begründeten Mehrbedarf an die Sozialbehörde richten. Nach fachlicher Prüfung bei positivem Bescheid werden dann die Gelder aus dem Titel der Mehrbedarfsdrucksache vergeben. Ein Verzicht der CDUFraktion auf diese fachliche Prüfung, wie die CDU ihn in ihrem Antrag gefordert hat, ist aus unserer Sicht absolut unsinnig. Die Behörden verfügen nämlich über entscheidungsrelevante Informationen und Planungsdaten, die bei einer Vergabe zwingend herangezogen werden müssen.

Kurz vor dem Beschluss in der Bürgerschaft steht auch ein weiterer rot-grüner Antrag mit dem Titel "25 Punkte für eine gelingende Integration vor Ort". Dieser Antrag soll ebenfalls zur Stärkung der Infrastruktur beitragen, und auch dazu gehört die offene Kinder- und Jugendarbeit. Dieser Antrag stellt aus dem Quartiersfonds jedem Bezirk weitere eine Million Euro zur Verfügung.

(Beifall bei den GRÜNEN)

(Erster Vizepräsident Dietrich Wersich)

Das ist durchaus beachtlich. Die CDU – das kann ich zwar irgendwo nachvollziehen – nutzt jetzt die Gunst der Stunde und versucht in ihrem Antrag eine weitere Million für Kultureinrichtungen, Bürgerhäuser und so weiter draufzupacken. Meine Damen und Herren der CDU-Fraktion, ich kann es zwar in gewisser Weise verstehen, dass Sie reingrätschen, aber das Thema Kultureinrichtungen und Bürgerhäuser ist heute nicht unser Thema. Wir wollen mit unserem Antrag einen Schwerpunkt auf die Förderung der Kinder und Jugendlichen setzen. Gerade vor diesem Hintergrund, dass wir mit dem Ausbau von Eltern-Kind-Zentren gerade erst die frühkindliche Integration und die derer Eltern, die gleich mit integriert werden, auf den Weg gebracht haben, ist es heute nur folgerichtig, dass wir uns um die etwas älteren Jugendlichen mit der offenen Kinder- und Jugendarbeit kümmern.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Eins ist mir auch noch wichtig, das klang schon zu Beginn meine Rede an: Natürlich werden wir uns in den zahlreichen Gesprächen vor Ort genau mit den Einrichtungen unterhalten, die in unmittelbarer Nachbarschaft zu größeren Flüchtlingsunterbringungen liegen. Wir werden prüfen, welchen Bedarf es dort individuell gibt, damit die Integration gelingen kann. Diesen Bedarf werden wir dann gemeinsam erörtern und Wege suchen, um gegebenenfalls Angebote und Ausstattung angemessen zu verstärken.

Alle Maßnahmen zusammen tragen zu einer gelingenden Integration bei. Und so ist unser Antrag, eine Million Euro mehr zur Verfügung zu stellen, ein wesentlicher Baustein aller Maßnahmen.

Es ist eine lebendige Unterhaltung hier in diesem Haus, aber ich rede trotzdem einfach weiter in der Annahme, dass einige Menschen mir zuhören. Das finde ich dann immer schon schön. Man muss nicht auf die Masse setzen, es kommt auf die Qualität des Zuhörens an.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Ich kann zwar aus Sicht einer Oppositionsfraktion verstehen, dass die Mittelvergabe der Regierungsfraktionen jetzt genutzt wird, um noch mehr zu fordern, aber liebe Kolleginnen und Kollegen der Links-Fraktion, einigen Punkten Ihres Antrags würde ich selbst dann nicht zustimmen, wenn ich heute noch in der Opposition wäre. Ich will Ihnen das gern erläutern. Damals, als Sie diesen ähnlichen Antrag schon einmal gestellt haben, lehnten wir genauso wie heute vor allen Dingen Ihren ersten Punkt ab, jede Einrichtung mit zwei vollen Personalstellen auszustatten. Diese Forderung ist viel zu pauschal. Es ist wesentlich wichtiger, vor Ort die Infrastruktur anzusehen und davon die Personalausstattung abhängig zu machen.

(Vizepräsidentin Christiane Schneider über- nimmt den Vorsitz.)

Etwas erschrocken war ich über Ihren letzten Punkt, Kollegen der Links-Fraktion. Da fehlt Sachkenntnis, denn Sie wollen den Senat mit Prüfaufgaben versehen, die ihm schon allein wegen des Subsidiaritätsprinzips nicht zustehen. Die Steuerung der Angebotsstruktur ist ausschließlich Aufgabe der Bezirksversammlung. Das ist auch gut so, weil die Bezirksversammlungen und ihre Ausschüsse sich natürlich vor Ort in den Bezirken gut auskennen. Es ist nicht Aufgabe des Senats, hier Angebote zu machen und nachzusteuern. Das entscheidet ausschließlich der Bezirk.

Natürlich kann die Opposition auch fordern, die Kürzungen der letzten Legislaturperiode zurückzunehmen und zusätzlich noch einmal 4 Millionen Euro draufzulegen. Es macht aus unserer Sicht jedoch keinen Sinn, diesen Antrag der Vergangenheit einfach zu recyceln und die aktuelle Situation in dieser Stadt und die gesamte Haushaltslage außer Acht zu lassen. Man kann das Rad nicht einfach zurückdrehen. Das würde ich vielleicht auch gern, aber die Situation ist eine andere. Die damaligen Kürzungen waren aus grüner Sicht politisch und auch fachlich falsch. Aber diese Stadt befindet sich jetzt mit ihren Aufgaben und ihren Anforderungen in einer völlig anderen Situation, und das berücksichtigt die Links-Fraktion in ihrem Antrag nicht. Und darum – wir werden nachher punktweise abstimmen – werden wir auch diesen Punkt in Ihrem Antrag ablehnen. Wir alle sollten begrüßen, dass wir jetzt 1 Million Euro mehr in die offene Kinder- und Jugendarbeit steuern und dazu einen wesentlichen Beitrag für die Integration der jungen Geflüchteten leisten.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Vielen Dank, Frau Blömeke. – Ich möchte aufgreifen, was Sie gesagt haben. Dafür, dass relativ wenige Menschen im Raum sind, ist es sehr laut. Und ich möchte die Gruppe, die hinten in den Gängen steht, bitten, sich hinzusetzen und zu schweigen oder hinauszugehen. – Herr Lohmann von der SPD-Fraktion, Sie haben jetzt das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Man muss unseren gemeinsamen Antrag natürlich im Konsens sehen, denn vor Kurzem haben wir beschlossen, dass die Eltern-Kind-Zentren, die ElternlotsenProjekte für Flüchtlinge und die Spielmobile gestärkt werden. Jetzt stellen wir weitere Mittel zur Unterstützung oder Schaffung von Projekten der offenen Kinder- und Jugendarbeit mit Blick auf Flüchtlingskinder und jugendliche Flüchtlinge zur Verfügung. 1 Million Euro zusätzlich für das Jahr 2016 und natürlich auch für die folgenden Jahre, zumindest für 2017, stehen den Bezirken zur Verfügung. Und das, das ist wichtig, geht nicht zulasten der regulären Kinder- und Jugendarbeit.

(Christiane Blömeke)

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Viele der Geflüchteten, denen Hamburg heute Schutz bietet, sind Kinder und Jugendliche. Sie zu integrieren ist eine besondere Aufgabe der Kinderund Jugendhilfe. Wir werden darauf nicht mit einem Spezialangebot für die Freizeitgestaltung von Kindern und jugendlichen Geflüchteten reagieren, sondern die bestehenden Einrichtungen qualifizieren und stärken, um die dort stattfindende Integrationsarbeit zu unterstützen und aufzubauen.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)