Meine Damen und Herren, die Debatte ist noch nicht beendet. – Das Wort bekommt nun Herr Celik von der Fraktion DIE LINKE.
Ich mache es ganz kurz. Wir hätten uns gewünscht, dass unser Antrag an den Gesundheitsausschuss überwiesen wird.
(unterbrechend) : Einen Moment, Herr Abgeordneter. Ich versuche, Ihnen ein bisschen Ruhe zu verschaffen. – Bitte fahren Sie fort.
Wir hätten uns gewünscht, dass unser Antrag an den Gesundheitsausschuss überwiesen wird, weil dort die Fachsprecher für dieses Thema sitzen, aber immerhin wird er an einen Ausschuss überwiesen.
Der SPD-Kollege sagt, Hamburg habe eine Vorreiterrolle, aber man muss auch sagen, dass zwischen Anspruch und Wirklichkeit eine große Lücke klafft. Wir wollen erreichen, dass die Geflüchteten in den Unterkünften keine Parallelversorgung bekommen, sondern das große Ziel muss sein, dass sie in die Regelversorgung integriert werden. Wir sprechen immer von Teilhabe, und deshalb müssen Sie uns erklären, weshalb die Geflüchteten die Gesundheitskarte nicht bekommen. Darüber haben wir im Gesundheitsausschuss kein einziges Mal gesprochen, und deshalb haben Sie die Pflicht, uns aufzuklären. Ich finde es gut, dass dieses Thema jetzt im Ausschuss behandelt wird.
Ansonsten begrüße ich es, dass Sie jetzt eine Traumaambulanz auch für Erwachsene einrichten möchten. Das ist ein guter Schritt, den wir begrüßen. Aber ich hoffe, dass diese Einrichtung finanziell und personell gut ausgestattet ist. Denn in der Flüchtlingsambulanz im UKE gibt es lange Wartezeiten, soweit ich weiß, von sechs bis neun Monaten. Das ist unzureichend. Die Einrichtung muss durch höhere finanzielle Zuweisungen in die Lage versetzt werden, die Geflüchteten schnell versorgen zu können.
Zum Schluss möchte ich darauf hinweisen, dass wir immer von Zwei-Klassen-Medizin sprechen. Aber wenn man die Situation der Geflüchteten betrachtet, muss man sagen, dass wir eigentlich eine Drei-Klassen-Medizin haben, und wenn man die Menschen ohne Papiere hinzunimmt, sogar eine Vier-Klassen-Medizin. Gesundheitsversorgung ist ein Menschenrecht, und Deutschland hat sich in internationalen Verträgen dazu verpflichtet, für alle Menschen den gleichen Zugang zur Gesundheitsversorgung zu gewährleisten. Das muss das Ziel sein, in diese Richtung müssen wir Schritte unternehmen. Deshalb freuen wir uns, dass wir im Fachausschuss darüber intensiver diskutieren können.
Wer möchte diesen Antrag an den Gesundheitsausschuss überweisen? – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist die Überweisung des Antrags an den Gesundheitsausschuss abgelehnt.
Wer möchte sodann die Drucksachen 21/2386 und 21/2526 an den Ausschuss für Soziales, Arbeit und Integration überweisen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist diese Überweisung einstimmig erfolgt.
Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 78, Drucksache 21/2389, Antrag der FDP-Fraktion: Risiken frühzeitig erkennen, Haushalt weitsichtig planen – Durchführung eines "Stresstests" bei der Aufstellung des Haushaltsplans.
[Antrag der FDP-Fraktion: Risiken frühzeitig erkennen, Haushalt weitsichtig planen – Durchführung eines "Stresstests" bei der Aufstellung des Haushaltsplans – Drs 21/2389 –]
Vielen Dank. – Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Gestern zu recht später Stunde hat sich der Senat mithilfe der rot-grünen …
(unterbrechend) : Entschuldigen Sie, dass ich Sie unterbreche. – Meine Damen und Herren, es beginnt eine neue Debatte. Sie mögen sich setzen und zuhören oder sich draußen weiter unterhalten. – Frau Abgeordnete, Sie haben das Wort.
Ich erinnere an gestern Abend. Es war schon spät, als der Senat sich mithilfe der rot-grünen Koalitionsabgeordneten noch einmal einen ordentlichen Schluck aus der Steuerquelle genehmigt hat. Es wurde in erster Lesung beschlossen, das Finanzrahmengesetz zu ändern und dem Senat somit bis zu 2,3 Milliarden Euro Mehrausgaben bis 2020 zu genehmigen. Und es spricht leider einiges dafür, dass dieses Gesetz heute in zweiter Lesung endgültig beschlossen wird.
Wir Freien Demokraten halten diesen Schritt auf der Zielgerade zur Einführung der Schuldenbremse für ein grundfalsches Signal.
Anstatt die Zügel straff zu halten, werden neue Begehrlichkeiten geweckt. Rot-Grün erweckt den Eindruck, die Haushaltssituation der Stadt hätte sich entspannt. Sie tun gerade so, als wäre Geld zum Ausgeben da wie Heu. Dabei wissen Sie es doch besser. Im vergangenen Jahr wurden nämlich deutlich weniger Altschulden getilgt, als es angesichts der außergewöhnlich guten Einnahmesituation hätte der Fall sein müssen. Der Haushalt wurde durch höhere Steuereinnahmen, durch Entlastungen durch den Bund, durch geringere Zahlungen in den Länderfinanzausgleich und niedrige Zinsen um satte 870 Millionen Euro entlastet. Die Nettokreditaufnahme sank aber gleichzeitig nur um 300 Millionen Euro.
Was mit der Differenz von 570 Millionen Euro passiert ist, können Sie, Herr Tschentscher, uns auch auf mehrfache Nachfrage immer noch nicht beantworten. Umso wichtiger ist es jetzt, das Ziel eines möglichst frühen strukturellen Haushaltsausgleichs wieder in den Blick zu nehmen und Risiken für den Haushalt frühzeitig transparent zu machen.
Die normalen konjunkturellen Schwankungen werden in unserem neuen doppischen Haushaltswesen berücksichtigt. Doch wir alle wissen um die Unwägbarkeiten, denen wir bei der Aufstellung des Haushaltsplans für die nächsten zwei Jahre begegnen werden. Ein paar davon haben wir in unserem Antrag bereits aufgeschrieben; das sind weltpolitische Entwicklungen wie Sanktionen, Kriege oder auch die Flüchtlingskrise, deren konkrete Auswirkungen hier vor Ort schwer zu berechnen sind. Aber auch Streiks und die Ergebnisse harter Tarifverhandlungsrunden stellen Unsicherheiten dar, die schnell Abweichungen vom Haushaltsplan in dreistelliger Millionenhöhe bedeuten können. Gleiches gilt für Unwägbarkeiten an den Finanzmärkten, darunter indirekte Risiken wie die HSH Nordbank, aber eben auch die Zinsausgaben der Stadt. Heute, zu Beginn der Aufstellung des Haushalts 2017/2018, kann man deswegen nur mit bedingter Wahrscheinlichkeit vorhersagen, womit in den nächsten Jahren zu rechnen sein wird.
Der Finanzsenator trägt zu Recht immer wieder sein Mantra vor, dass Haushalte in guten Zeiten ruiniert werden. Wir Freien Demokraten sind der Auffassung, dass dies oft auch dadurch begünstigt wird, dass eben kein realistisches Bild über die Einnahme- und Ausgabesituation vorliegt und die jeweiligen Haushaltsrisiken nicht wirklich berücksichtigt werden.
Darum machen wir Ihnen heute einen Vorschlag, wie wir künftig mit diesen Unsicherheiten bei der Haushaltsaufstellung besser umgehen können. Wir schlagen Ihnen die Durchführung einer Szenarioanalyse im Rahmen der Haushaltsaufstellung vor, auch bekannt als Stresstest. Die Ergebnisse daraus werden auch unsere Beratungen als Abgeordnete in den Haushaltsberatungen sicherlich sehr bereichern. Wir Freien Demokraten haben einen solchen Stresstest bei den Beratungen des letzten Doppelhaushalts bereits durchgeführt und dabei verschiedene Szenarien betrachtet. Vom Finanzsenator gab es dafür hinter vorgehaltener Hand sogar eine ganze Menge Beifall.
Bei einem solchen Stresstest schauen wir uns vor allen Dingen die großen Ausgabenblöcke an, die kurz- oder mittelfristig kaum von Hamburg beeinflusst werden können und bei denen wir maßgeblich von äußeren Rahmenbedingungen abhängig sind. Diese großen Ausgabenblöcke machen fast 70 Prozent des Hamburger Haushalts aus und umfassen vor allen Dingen die Ausgaben für Personal, die Inanspruchnahme von gesetzlichen Leistungen und die Kreditmarktzinsen. Was die Zinsen angeht, hat Ihnen der Rechnungshof schon am vergangenen Freitag bei der Vorstellung seines Monitoringberichts zur Schuldenbremse die Leviten gelesen und klar gesagt, dass hier kein oder kaum noch Puffer besteht.
Wir spielen also verschiedene Szenarien durch. Wir gehen zum Beispiel bei einem der Szenarien zwar von realistischeren Annahmen für die drei großen Ausgabenblöcke aus, als es der Senat bei der letzten Haushaltsaufstellung getan hat, aber wir gehen von einer weiterhin normalen wirtschaftlichen Entwicklung aus.
Ein anderes Szenario spielt eine Wirtschaftskrise durch. Wenn wir uns dann die Ergebnisse angucken, stellen wir fest, ob und wenn ja, unter welchen Anstrengungen die in der Verfassung festgeschriebene und ab 2019 greifende Schuldenbremse tatsächlich eingehalten werden kann.
Aber auch außerhalb des Kernhaushalts bestehen in naher Zukunft einige Risiken, die den Kernhaushalt früher oder später ganz direkt betreffen werden. Bereits jetzt ist absehbar, dass der Hamburgische Versorgungsfonds 2017 oder 2018 erneut einen dreistelligen Millionenbetrag zu seiner Rekapitalisierung benötigen wird, erst recht, da vermutlich nächstes Jahr seine Aktien der HSH Nordbank an deren neu zu gründende Holding abgegeben werden müssen. Eben jene Bank und die mit ihr verbundenen Anstalten öffentlichen Rechts sind sehr gute Beispiele dafür, dass mittel- und langfristig weitere Belastungen auf den Kernhaushalt zukommen werden.
Die Details zum Stresstestverfahren würden wir gern mit Ihnen im Haushaltsausschuss besprechen. Ich habe jedoch schon vernommen, dass Rot-Grün weder beabsichtigt, den Antrag an den Haushaltsausschuss zu überweisen, noch dem Antrag selbst zuzustimmen, was umso unverständlicher ist, da der Finanzsenator von diesem Instrument sehr angetan war.
Aus unserer Sicht wäre eine solche Absage ein sehr schlechtes Zeichen an die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler. SPD und GRÜNE würden damit wieder einmal zeigen, dass Transparenz und gute Haushaltsführung keine Priorität in ihrer Politik haben.
Deshalb, werte Kolleginnen und Kollegen von RotGrün, geben Sie sich doch einfach einen Ruck und lassen Sie uns dieses Thema gemeinsam im Haushaltsausschuss beraten. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Liebe Frau Suding, ja, es ist wichtig, Risiken zu erkennen und bei der Haushaltsplanung weitsichtig zu berücksichtigen. Nein, es ist nicht nötig, dass die FDP dies erst beantragt, auch nicht erneut nach einem Jahr, denn beides, Risikomanagement und eine nachhaltige, weitsichtige Haushaltsplanung sind seit 2011 wieder Bestandteil der Politik von Senat und Regierungskoalition. Und das wird es auch künftig bleiben. Überdies darf ich Sie daran erinnern, dass wir die Haushalte 2011 bis 2014 fast immer ziemlich passgenau, sicherlich auch mit einigem Glück, so abgeschlossen haben wie geplant.
Wenn das schon für die FDP ein Problem ist, dass wir im letzten Haushalt zum ersten Mal seit 40 Jahren nicht nur keine Schulden gemacht, sondern 400 Millionen Euro zurückgezahlt haben, dann weiß ich nicht, wo die wirklichen Probleme liegen.
(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN – Mi- chael Kruse FDP: Da wart ihr doch noch gar nicht dabei! Warum klatscht ihr denn?)