Protocol of the Session on December 10, 2015

Es gibt keinen Planet B – Weltklimagipfel in Paris und Hamburgs Klimaplan

Frau Sparr von der GRÜNEN Fraktion, Sie bekommen das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! In Paris wird über den Klimaschutz verhandelt. Wir wissen noch nicht genau, was dabei herauskommen wird. Immerhin hört man, dass es Ambitionen gibt, ein Ziel zu definieren, das die globale Erwärmung deutlich unter 2 Grad halten soll; man spricht sogar von 1,5 Grad. Solange aber noch um den Anteil der einzelnen Staaten am Klimaschutz und vor allem um die Finanzierung gerungen wird, bleibt uns nur, das Beste zu hoffen.

Aber bei diesem Thema gilt eines ganz besonders: global denken, lokal handeln. Deshalb hat Senator Kerstan vor wenigen Tagen den Hamburger Klimaplan 2015 vorgestellt. Er umfasst über 100 Seiten sowie diverse Anlagen und ist unterteilt in vier strategische Cluster und 14 Handlungsfelder. Wir werden sicherlich zu Beginn des nächsten Jahres die Gelegenheit haben, dies in den Ausschüssen detailliert zu behandeln. Ich will nur einige Gesichtspunkte herausgreifen, mit denen wir unseren Anteil an Klimaschutz und Klimaanpassung leisten wollen. Denn dass der Klimawandel bereits im Gange ist, sagt uns mittlerweile nicht nur die Wissenschaft; es genügt ein Adventsspaziergang an der Alster unter blühenden Zierkirschen bei frühlingshaften Temperaturen. Wir müssen hinkommen zu einer klimagerechten und klimaangepassten Stadt.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Das bedeutet, dass staatliches und privates Handeln den Klimaaspekt immer mitdenken müssen. Man kann es Klima-Mainstreaming nennen und sollte es als solches in den Köpfen und in den Behörden verankern.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Ich beginne mit dem Thema, das wohl am dringendsten ist und von dem alles andere abhängt, das Thema Kohlendioxid.

(André Trepoll CDU: Sie haben nur fünf Mi- nuten, die Hälfte ist schon um!)

Die Entkoppelung von Wirtschaftswachstum und Treibhausgasemissionen ist uns in Hamburg bereits gelungen. Wir hatten 2003 82 Millionen Euro Bruttoinlandsprodukt, wir hatten 2013 99,5 Millionen Euro Bruttoinlandsprodukt, das ist eine Steigerung von immerhin über 20 Prozent, und im gleichen Zeitraum ging die Treibhausgasintensität um 28,4 Prozent zurück. Wer es genau wissen möchte: Treibhausgasintensität ist der Ausstoß pro 1 000 Euro Bruttoinlandsprodukt. Aber wichtig daran ist, dass es geht. Es gehen keinesfalls die Lichter aus, wenn wir weniger CO2 in die Luft emit

tieren. Aber das bisher Erreichte genügt natürlich noch lange nicht, zumal die Emissionen aus dem Straßenverkehr zugenommen haben, wie wir wissen.

Ich will Sie nicht lange mit Zahlen quälen, aber ein paar Zieldaten muss ich doch noch nennen, die wir erfüllen müssen, um unseren Anteil zum Erreichen dieses 2-Grad-Ziels zu liefern. Diese Ziele lauten: 50 Prozent CO2-Reduktion bis 2030, 80 Prozent bis 2050. Das bedeutet vor allem eins: Wir müssen weg von den fossilen Brennstoffen, und damit meine ich auch, perspektivisch weg vom Erdgas.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Den Schlüssel dazu liefert uns die Energiewende, und auch damit haben wir schon angefangen. Wir kaufen die Energienetze zurück als Basis für eine klimafreundliche Umgestaltung unserer Energieversorgung. Wir beginnen mit der energetischen Sanierung unserer Stadtquartiere. Es macht wenig Sinn, Haus für Haus vorzugehen und Synergieeffekte durch Vernetzung außer Acht zu lassen; darum betrachten wir die Quartiere künftig als Ganzes.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Unsere Zweifel an einer großtechnischen Lösung als Ersatz für das Kohlekraftwerk Wedel haben sich mittlerweile bestätigt. Für eine wirksame Umsteuerung in Richtung auf eine nachhaltige und klimagerechte Wärmeversorgung müssen wir Alternativen in Ruhe prüfen. Deshalb hat Senator Kerstan darauf hingewirkt, dass der Aufsichtsrat von Vattenfall nicht übereilt ein neues Großkraftwerk auf fossiler Basis in Auftrag gibt.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD – André Trepoll CDU: Was im Koalitionsver- trag steht!)

Dafür müssen wir dann akzeptieren, Wedel noch etwas länger laufen zu lassen; dennoch ist dies der nachhaltigere Weg.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Und nicht zuletzt hat sich das Projekt Norddeutsche EnergieWende, NEW 4.0 genannt, erfolgreich um Fördermittel des Bundes beworben. Das ist die intelligente Vernetzung von Windstrom aus Schleswig-Holstein mit Verbrauchs- und Speicherkapazitäten, sodass damit auch die naturbedingten Produktionsschwankungen ausgeglichen werden können. Das Ziel dabei ist: 70 Prozent erneuerbare Energien im Netz.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD – Glocke)

Ich sage noch kurz etwas zum Thema Ressourcenwende.

(Heiterkeit bei der FDP)

(Präsidentin Carola Veit)

Nein, Frau Abgeordnete, dafür bleibt Ihnen keine Zeit mehr. Ihre Redezeit ist weit überschritten, und das rote Licht blinkt schon seit geraumer Zeit. Es tut mir wirklich leid.

Gut. In Paris wird noch verhandelt, während wir uns bereits auf den Weg gemacht haben. – Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Das Wort hat nun Frau Dr. Schaal von der SPD-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wie wir gehört haben, geht an diesem Wochenende der Weltklimagipfel in Paris zu Ende, und es besteht durchaus die berechtigte Hoffnung, dass es diesmal etwas wird, zumal die großen Emittenten wie die USA und China diesmal mitmachen. Erfreulich ist auch, dass die Industriestaaten sich diesmal offensichtlich dazu bereitfinden, jährlich 100 Milliarden Euro in einen globalen Klimaschutzfonds einzuzahlen, um den ärmeren Schwellen- und Entwicklungsländern beim Klimaschutz zu helfen. Denn verheerende Klimaschäden sind neben Krieg und Vertreibung eine der Hauptursachen von Flucht.

Weltweit gilt Deutschland als Vorreiter beim Klimaschutz. Seit der Jahrtausendwende haben wir den Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen, auch in Verantwortung für die künftigen Generationen, in unserem Grundgesetz verankert, und das schließt auch den Klimaschutz ein. Das heißt also, dass wir zum Klimaschutz verpflichtet sind.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Inzwischen hat der Klimaschutz sich längst als neuer Wachstumsmotor erwiesen. Das wird auch die Länder motivieren, die beim Klimaschutz heute noch zögern.

Die großen Ziele der Völkergemeinschaft sind das eine, ihre Umsetzung auf regionaler und lokaler Ebene das andere. Hamburg hat bereits 2007 bis 2012 ein Klimaschutzprogramm aufgelegt und mit dem Masterplan Klimaschutz 2013 gezeigt, dass auch große Industrie-, Hafen- und Handelsmetropolen Klimaschutz betreiben können.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Darauf baut der rot-grüne Senat mit seinem Klimaplan auf und belegt damit Verlässlichkeit und Kontinuität in der Klimapolitik.

(Beifall bei der SPD)

Das größte Ziel bleibt jedoch, dass Hamburg bis 2050 auch seinen Ausstoß von Treibhausgasen um 80 Prozent verringern will. Jetzt macht der Se

nat den Weg dahin überschaubarer und hat ein Zwischenziel formuliert: Bis 2030 sollen die heutigen Emissionen halbiert werden. Um das zu erreichen, soll unter anderem die Verwaltung bis 2030 klimaneutral handeln. Das ist ein wichtiger Baustein, und Ansätze hierzu haben wir schon entwickelt. Bei der Vergabe gilt nicht mehr, Hauptsache billig, sondern vor allem effizient, und das spart viel Energie und CO2.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Der Klimaschutz bleibt auch im Klimaplan des rotgrünen Senats eine ressortübergreifende Regelaufgabe. Wir haben es Mainstreaming genannt; alle Behörden müssen mitmachen. Bewährte Programme und Maßnahmen werden weiter vorangetrieben, zum Beispiel die Umweltpartnerschaft "Fifty-Fifty", der Ausbau von U- und S-Bahnen, die Infrastrukturverbesserung bei der E-Mobilität, die Beschaffung emissionsarmer und ab 2020 emissionsfreier Busse, Ausbau und Steigerung des Radverkehrs auf 25 Prozent am Modal Split, und gut und richtig ist auch die Aufstellung von Konzepten und Fahrplänen für die Sanierung öffentlicher Gebäude bis 2017. Speziell in die energetische Sanierung von Schulen und Hochschulen sollen über 25 Millionen Euro investiert werden. Bei privaten Gebäuden haben wir weiterhin die Möglichkeit der öffentlichen Förderung. Aber wir wollen sehen, dass die Sanierungsquote auf 2 Prozent steigt.

Wie schon Frau Sparr gesagt hat, haben wir zusammen mit Schleswig-Holstein die Möglichkeit, für das Programm Norddeutsche EnergieWende 4.0 auf Gelder vom Bund zu hoffen. Neu ist, dass die Verknüpfung von Klimaschutz und die Anpassung an den Klimawandel im Klimaplan vorgenommen werden. Dass die Anpassungsmaßnahmen natürlich nicht alle neu sind, überrascht nicht, denn Hochwasserschutz und Schutz vor Sturmfluten etwa gehören seit eh und je zu den Pflichtaufgaben der Stadt. Erfreulich ist aber, dass das bereits sehr umfänglich ausgearbeitete und diskutierte Programm RISA, nämlich die Regeninfrastrukturanpassung, sich endlich auch im Klimaplan wiederfindet, genauso wie die Förderung von Gründächern oder die Anpflanzung von Bäumen und Sträuchern, die dem Klimastress der Stadt standhalten.

Ich habe gehört, dass der Klimaplan über 120 Seiten lang ist. Wir werden im Umweltausschuss genug Gelegenheit haben, auf die Details und die einzelnen Schritte einzugehen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Herr Gamm von der CDU-Fraktion erhält nun das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren!

"Erstmals beschreibt der Plan eine Strategie, die den Klimaschutz mit der Anpassung an den Klimawandel verbindet."

So lautet die vollmundige Ankündigung des Hamburger Klimaplans von Senator Kerstan. Doch was bisher angekündigt wurde, hat mit einer Strategie rein gar nichts zu tun.

(Beifall bei der CDU)

Denn wenn ein oberstes Ziel festgelegt wird wie die Halbierung der CO2-Emissionen bis 2030, dann muss ich auch vollständig beschreiben, mit welchen Maßnahmen ich das im Detail erreichen möchte, welchen Anteil die Maßnahmen jeweils zur Erreichung dieses Ziels beisteuern und mit welchen finanziellen Mitteln diese ausgestattet sind. Das Einzige, was wir aus dem Haushaltsplan 2015/2016 bisher wissen, ist, dass die Fördersumme für Klimaschutzmaßnahmen de facto halbiert wurde und jetzt nur noch bei 6,9 Millionen Euro liegt. Da frage ich mich, was bei den Koalitionsverhandlungen los war. Sekundenschlaf? Ich weiß es nicht.

(Beifall bei der CDU)

Auf all die anderen Fragen haben wir bislang keine Antworten bekommen, und ich befürchte, dass sich dieser Zustand auch dann nicht ändern wird, wenn der Bürgerschaft endlich einmal der vollständige Klimaplan vorgelegt wird. Es ist aus meiner Sicht ohnehin ein etwas merkwürdiger Vorgang, ein Konzept mit großem Tamtam anzukündigen und zu präsentieren, ohne dass die Bürgerschaft vorab die Möglichkeit bekommt, sich wirklich mit den Details zu befassen.