Protocol of the Session on December 9, 2015

(Zuruf von Cansu Özdemir DIE LINKE)

Das Referendum ist verloren, ja.

(Zuruf von der LINKEN: Gewonnen!)

Weder in Hamburg noch in Deutschland wird es in absehbarer Zeit Olympische Spiele geben, aber – und damit möchte ich noch einmal betonen, was ich vorhin schon in der Aktuellen Stunde sagte, nämlich das, was auch Frau Timmermann sagte –: Wir dürfen, bitte, nicht vergessen, dass es auch einen breiten Konsens, wenn auch nicht die Mehrheit bei der Abstimmung, in dieser Stadt gab, für

(Thomas Kreuzmann)

die Olympischen Spiele zu stimmen, nämlich über 48 Prozent. Deswegen sollte DIE LINKE die Kirche im Dorf lassen, wenn sie von einem herausragenden Ergebnis spricht und davon, dass die absolute Mehrheit nun entschieden habe und, und, und. Wir müssen auch zur Kenntnis nehmen, dass viele Bürgerinnen und Bürger sich Olympia gewünscht hätten.

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD, der CDU und der FDP)

Ein bisschen waren wir das schon gewohnt von den Diskussionen, die wir in der Tat auch mit der Links-Fraktion geführt haben. Diese Verzerrung der Tatsachen, nicht nur in der Pressemitteilung von Frau Boeddinghaus oder in der eben erfolgten Darstellung von Mehmet Yildiz, erschreckt mich immer wieder. Weder die GRÜNEN noch die SPD noch der Senat – und ich glaube, ich habe es nicht einmal von der CDU und der FDP gehört –, haben behauptet, nur Olympia könne Stadtentwicklung, Inklusion, Barrierefreiheit, Wohnungsbau und, und, und vorantreiben. Das ist allein die Darstellung der Links-Fraktion, und das erstaunt und erschreckt mich. Ich wiederhole es jetzt zum letzten Mal: Wir haben immer gesagt, dass Olympia ein Katalysator ist. Das heißt nicht, dass es ohne Olympia keine wirtschaftliche Weiterentwicklung oder keine Barrierefreiheit und erst recht keinen Wohnungsbau, den wir zurzeit voranbringen, oder keine Konzepte für die Energiewende oder den Klimaschutz und, und, und gibt. Aber das Votum der Bürgerinnen und Bürger, das nicht für Stillstand sorgt, wird dafür sorgen, dass die Realisierung dieser Vorhaben in einem längeren Zeitabschnitt stattfinden wird. Das wurde hier immer wieder gesagt. Mehmet Yildiz, ich finde es wie gesagt immer wieder erschreckend, dass die Links-Fraktion wieder einmal behauptet, nach dem Wegfall von Olympia werde dieser Senat überhaupt nichts mehr anpacken. Das ist Unfug.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Worauf ich auch nicht mehr eingehen möchte – denn ich habe gelernt, dass die Links-Fraktion diesbezüglich in der Tat nicht belehrbar ist – sind die 200 Millionen Euro, von denen Sie glauben, sie schwirrten frei im Haushalt herum und stünden zur Verfügung. Das hat Frau Timmermann sehr gut dargestellt. Aber ich habe bemerkt, dass es nicht auf fruchtbaren Boden gefallen ist, darum unternehme ich auch gar keinen Ansatz, um Überzeugungsarbeit zu leisten.

Ich möchte Ihnen noch einmal sagen, dass wir die positiven Ansätze, die wir ohne Zweifel bei der Bewerbung hatten, zugunsten des Sports und der Stadt nutzen wollen. Genau das fordert unser Antrag. Das gilt vor allen Dingen auch für das Nachhaltigkeits- oder Mobilitätskonzept. Energiewende und auch Klimaschutz sind zentrale Vorhaben dieses Senats, und das wird sich natürlich in dem wi

derspiegeln, was wir in der weiteren Arbeit machen. Dasselbe gilt für die Förderung des Radverkehrs über das Radverkehrskonzept, und selbstverständlich werden auch Sporthallen und ÖPNV weiterhin barrierefrei ausgebaut.

An dieser Stelle möchte ich aber auch sagen, dass ich besonders traurig über den Ausgang des Referendums bin, denn die Paralympics hätten für Hamburg nicht nur die Sporthallen barrierefrei gemacht, sondern auch Barrieren in den Köpfen der Menschen abgebaut. An dieser Stelle bin ich wirklich ganz besonders traurig, dass wir das Referendum nicht gewonnen haben.

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der CDU)

Natürlich wird im Rahmen der Dekadenstrategie sowohl der Breitensport weiter gefördert als auch der Spitzensport – selbst wenn die Links-Fraktion den Spitzensport nicht möchte, so ist er doch ein Teil des Sports, beides gehört unweigerlich zusammen.

Interessant war heute ein Artikel in der "Hamburger Morgenpost", in dem die Punkte zusammengefasst sind, die aus Sicht der Zeitung nach Olympia wichtig sind fast könnte man meinen, sie habe aus dem rot-grünen Koalitionsvertrag veröffentlicht: Sie forderte den Autobahndeckel Altona, den Bau der neuen U-Bahn, den Wohnungsbau und die Entwicklung Hamburgs als Fahrradstadt. Das alles gehört zu unserem Regierungsprogramm und macht mehr als deutlich, dass wir unsere Gestaltungsmöglichkeiten zum Wohle der Stadt bereits nutzen. Nachhilfeunterricht durch die LINKEN, die sich zum Retter der Stadt aufplustern, brauchen wir nun wirklich nicht.

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und ver- einzelt bei der CDU)

Abschließend noch ein Satz zur CDU zum Thema IOC, was wir ein wenig anders sehen als Sie, Herr Kreuzmann: Natürlich hat sich das IOC auf den Weg gemacht, das habe ich auch immer wieder gesagt. Wir haben sehr viel mehr als früher erreicht – Transparenz ist nur ein Beispiel –, aber wir müssen auch feststellen, dass wir längst noch nicht so weit sind, wie wir möchten. Es gibt viele Punkte beim IOC, die aus unserer Sicht immer noch verbesserungswürdig sind. Auch aus den Diskussionen konnten wir viel mitnehmen. Es gab einfach noch große Vorbehalte gegen das IOC wie auch gegen FIFA oder andere große Organisationen. Darum war es uns wichtig, diesen Punkt in unserem Antrag mit aufzunehmen.

Nehmen Sie, vor allem die Links-Fraktion, also mit: Positive Ansätze der Bewerbung werden für die Stadt und den Sport weiterentwickelt. Ich habe vollstes Vertrauen, dass wir weiterhin eine gute Sportpolitik und eine gute Stadtpolitik machen.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Jetzt bekommt das Wort Herr Oetzel von der FDP-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Nachdem wir heute in der Aktuellen Stunde über die Ursachen und die Verantwortlichkeit für das Scheitern dieses zentralen Senatsprojekts gesprochen haben, möchte ich jetzt, auch auf Basis der vorliegenden Anträge, den Blick nach vorn richten. Denn eines hat die Befürworter und die Gegner von Olympia in der Bürgerschaft von Anfang an eindeutig unterschieden: Während die Befürworter ein Projekt entworfen haben, das für unsere Stadt zukunftsweisend gewesen wäre – im positiven Sinne eine Vision, wie Hamburg sich in den kommenden Jahrzehnten entwickeln solle –, haben die Gegner Verteilungskämpfe ausgetragen und ein düsteres Bild von dem, was vor uns liegt, gezeichnet.

(Sabine Boeddinghaus DIE LINKE: Geht das wieder los! Schreiben Sie mal 'ne neue Rede!)

Ach, Sie hören ja auch nicht auf. Allein dass Sie heute schon wieder gesagt haben, dass Sie diese 200 Millionen Euro jetzt in alles Mögliche investieren wollen – ich habe das eben in der Aktuellen Stunde auch schon gesagt und wiederhole es gern, bis Sie es mir glauben. Aber wie gesagt, bis vor zwei Wochen haben Sie selbst noch gesagt, dass das Geld nicht da ist. Auf jedem Schulpodium haben Sie selbst gesagt, die Stadt habe das Geld nicht, und keine zwei Wochen später fordern Sie, dass dieses Geld jetzt für andere Sachen ausgegeben wird. Das ist derart unlauter, das werde ich Ihnen gern immer und immer wieder sagen.

(Beifall bei der FDP, der SPD und vereinzelt bei der AfD)

Herr Yildiz, was Sie für eine Wahrnehmung hatten, was Sie bei der Tour alles gesehen haben wollen – Frau Timmermann hat es gerade schon gesagt –: Sie stellen es im Nachhinein so dar, als hätten Sie einen Triumphzug durch die Schulen gemacht

(Zuruf von Christiane Schneider DIE LINKE und die Schüler hätten Sie auf Rosen gebettet und alle wären ganz begeistert gewesen, dass DIE LINKE ihnen jetzt endlich die Augen öffnet und die bösen Altparteien einmal so richtig eins reinkrie- gen. Diese Wahrnehmung geht an der Realität völ- lig vorbei. Wahrscheinlich haben Sie nach Ihrem zweifelhaften Olympiasieg ein wenig zu viel gefei- ert. Anders kann ich es mir nicht erklären, dass Sie im Nachhinein diese Wahrnehmung entwickeln. Dann sagen Sie, jetzt könne Olympia wieder das werden, was es einmal war, ein großes Sport- event, von dem alle profitierten und das nachhaltig demokratisch sei. Das hat Herr Yildiz gerade ge- sagt. Ich kann Ihnen sagen, genau diese Entwick- lung hätten wir in Hamburg gemeinsam gestalten können. Dabei hätten Sie als Hamburger ein Wört- chen mitreden können. Das ist uns jetzt aus der Hand genommen worden. Deshalb ist das Peti- tum 1 des vorliegenden rot-grünen Antrags wichtig, das jetzt andere umsetzen müssen. Wenn die Olympischen Spiele am Ende in Budapest landen, sind auch Sie, Herr Yildiz, dafür mit verantwortlich. (Beifall bei der FDP, der SPD und den GRÜ- NEN)

Aber sei es, wie es ist. Wir wollen nach vorn blicken, und man muss sich jetzt in der Tat fragen, was von dieser Olympia-Bewerbung für Hamburg bleibt, wie es mit dem Sport, der Umsetzung der Dekadenstrategie, der Stadtentwicklung, dem Sprung über die Elbe, dem Wohnungsbau und all den anderen Themen weitergeht. Vor diesem Hintergrund ist es natürlich sinnvoll zu prüfen, welche Planungen weiterverfolgt werden können. Deshalb stimmen wir dem vorliegenden Antrag von RotGrün zu und regen an, dass der Sportausschuss sich in einer seiner kommenden Sitzungen mit dem Thema befasst, sodass wir dann schon einmal einen ersten Zwischenbericht des Senats mit den einzelnen umsetzbaren Möglichkeiten entgegennehmen können.

Ich habe am Anfang in der Aktuellen Stunde die Linken darum gebeten, dass auch sie als OlympiaGegner jetzt einmal Konzepte vorlegen, was sie denn stattdessen machen wollen.

(Martin Dolzer DIE LINKE: Haben wir schon lange!)

Den heute von Ihrer Fraktion vorgelegten Antrag als Gegenentwurf zu Olympia halte ich für nicht geeignet – er ist an Ideenlosigkeit kaum zu überbieten. Deshalb lehnen wir ihn ab. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP, der SPD und den GRÜ- NEN)

Das Wort erhält Herr Professor Kruse von der AfD-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Eine knappe Mehrheit der Hamburger Wahlberechtigten, soweit sie zur Wahl gegangen sind, hat Nein gesagt und damit die Hamburger Olympia-Ambitionen gekillt. Ich persönlich empfinde das als eine Katastrophe für Hamburg. Ich halte es für eine falsche Entscheidung, und es ist keine Wählerbeschimpfung, wenn ich das sage, denn ein demokratisches Ergebnis sagt nichts über die Richtigkeit aus. Ich glaube, Olympia wäre für Hamburg eine Riesenchance gewesen, und dabei denke ich nicht nur an die vielen Vorteile, die wir in ökonomischer und sonstiger Hinsicht von Olympia gehabt hätten, sondern ich

(Christiane Blömeke)

glaube auch, dass das Nein Hamburg einen dramatischen Imageschaden zugefügt hat. Es passt überhaupt nicht zu Hamburg und seiner Vergangenheit, unserem Unternehmertum und seinen vergangenen Erfolgen, dass bei einer Frage von so großer Bedeutung Nein gesagt wird. Das ist kleinmütig, und es ist mir ein bisschen peinlich für meine Mitbürger, dass sie so entschieden haben.

(Jan Quast SPD: Und Ihre Fraktion auch!)

Herr Quast, hören Sie mir zu, ich sage noch etwas zu meiner Fraktion.

(Zuruf: Das ist Augenpulver!)

Wir sind immer in einem heftigen Diskussionsprozess gewesen. Am Ende waren einige dafür und einige dagegen. Das haben wir in das Heft geschrieben: Ja, aber. Wir haben die positiven Argumente genannt, aber der Rechnungshof hat gesagt, die Zahlen seien noch nicht belastbar. Deshalb können wir am Ende kein eindeutiges Ja vonseiten der Fraktion empfehlen. Ich als Person habe bei jeder Gelegenheit und auf ganz vielen Veranstaltungen deutlich gemacht, dass ich für Olympia bin. Ja, ich war bei vielen Veranstaltungen dabei, sowohl bei "It's Your Choice" als auch sonst, und ich erinnere mich, dass ich mit vielen zusammen, zum Beispiel mit Frau Blömeke, Herrn Duge, Herrn Duwe und Herrn Oetzel, gegen die zum Teil ziemlich weit hergeholten Argumente der LINKEN argumentiert habe. Dabei habe ich mich sehr wohl gefühlt, denn meine Verpflichtung für Hamburg war zu kämpfen, und das halte ich auch nach dieser Entscheidung immer noch für richtig.

Noch etwas sage ich: Ich glaube, der Grund für diese Entscheidung hat etwas mit der emotionalen psychologischen Großwetterlage zu tun. Die Menge der Probleme durch Flüchtlinge, Terrorismus et cetera war so, dass sich allgemein ein gewisses Klima von Ängstlichkeit und Kleinmütigkeit breitgemacht hat. Das ist schade, aber nicht zu ändern. Auch hier sage ich noch einmal, dass ich glaube, dass das Hamburger Bewerbungsteam einen guten Job gemacht hat. Ich glaube, dass der Senator und der Staatssekretär und alle, die daran mitgewirkt haben, einen guten Job gemacht haben. Und da Herr Krupp hier sitzt, sage ich auch einmal zu ihm persönlich, weil ich ihn häufig in dem Zusammenhang getroffen habe: Sie haben einen guten Job für Hamburg gemacht, und dass Sie am Ende nicht obsiegt haben, ist halt so.

Dann sage ich noch einmal etwas zu einigen von denen, mit denen zusammen ich einig war, dass wir Olympia haben sollten. Es waren nicht nur die GRÜNEN und die SPD dafür, sondern auch die FDP und die CDU. Hier würde ich einmal sagen: Wir haben zusammen gekämpft und zusammen verloren, und es passt nicht zu einem guten Stil, Frau Suding oder Herr Trepoll, der jetzt nicht da ist, wenn man hinterher sein parteipolitisches

Süppchen kocht. Das kann man bei einer anderen Gelegenheit tun. Dies war ein Riesenprojekt. Wir waren auf der gleichen Seite, wir haben gemeinsam verloren, und dann sollten wir auch gemeinsam sagen: Okay, wir haben gekämpft und verloren, aber so ist es nun einmal. Ich glaube, das ist eine Frage des Stils, auch des Umgangs miteinander. Dass die Linken jetzt bei dieser Gelegenheit den Tagesordnungspunkt noch einmal haben wollten – und vielleicht werden sie ihn noch zehnmal anmelden –, das verstehe ich sogar, das ist menschlich nachvollziehbar. Sie wollen Ihren Triumph auskosten, das gönne ich Ihnen sogar.

(Sabine Boeddinghaus DIE LINKE: Das ist doch Quatsch! Sie verstehen gar nichts!)

Aber was Sie in der Diskussion über Olympia geliefert haben, habe ich häufig als so peinlich empfunden, dass ich allein schon deshalb Ihrem heutigen Antrag nicht zustimmen kann. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Vereinzelter Beifall bei der AfD)

Herr Yildiz von der Fraktion DIE LINKE bekommt erneut das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich möchte auf ein paar Punkte eingehen, die wir auf den Veranstaltungen kritisiert haben. Zum Thema Finanzen: Die Folgen von Olympia, Kosten, Sicherheit, die Frage der Unterbringung der Flüchtlinge, Breitensport, Bildung und Wohnungsbau – das waren hauptsächlich Themen, die wir bei den Podiumsdiskussionen diskutiert haben und die auch die Menschen mit Olympia in Verbindung gebracht haben und uns übrigens gegenüber kritisch waren. Nicht alle haben uns unterstützt. Herr Oetzel, wir haben gemeinsam mehrere Podiumsdiskussionen bestritten. Ich war in 17 Schulen. In vier Schulen hatten die Befürworter am Ende die Mehrheit, und in 13 Schulen war die Mehrheit dagegen. Dieses Signal, diese Kritiken muss man sich ansehen. Was ich bei Ihnen, auch bei den Befürwortern, vermisst habe, ist, dass man nicht kritisch mit dem Thema umgegangen ist. Einer der Hauptgründe war, dass die gesamten Medien einseitig Befürworter geworben haben, mit dem Thema nicht kritisch umgegangen sind. Das hatte zur Folge, dass die Menschen gesagt haben: Nein danke, das wollen wir nicht.

(Milan Pein SPD: Haben Sie jetzt nur ge- wonnen, weil die anderen so schlecht wa- ren?)

Wir haben Konzepte, wir haben Visionen, Herr Oetzel. Diejenigen, die das entwickelt haben, haben dafür Millionen Euro investiert. Wir sind ein Feierabendparlament. Wir machen Vorschläge.

(Dr. Jörn Kruse)