Protocol of the Session on November 12, 2015

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Kienscherf, Sie sagen, Sie wollen mit dem Bezirk gemeinsam planen. Das war der Punkt, an dem Sie im Ausschuss aufgewacht sind, als ich einen Antrag von SPD und GRÜNEN im Bezirk vorgelesen habe.

(Dirk Kienscherf SPD: Ich bin immer wach im Ausschuss, im Gegensatz zu Ihnen, Frau Sudmann!)

Das stimmt, Sie sind immer wach; wo Sie munterer wurden.

Es gibt einen Antrag von SPD und GRÜNEN im Bezirk Hamburg-Mitte, die gemeinsam und einstimmig mit der gesamten Bezirksversammlung beschlossen haben: Wir brauchen mehr Personal. Wir haben sehr viele Aufgaben in Hamburg-Mitte, zum Beispiel die Entwicklung "Stromaufwärts an Elbe und Bille". Das ist abgelehnt worden. Herr Kienscherf, Sie haben das verteidigt, nach dem Motto, wir brauchen dort nicht mehr Personal, wir haben die HafenCity Hamburg GmbH. Wenn das Ihre Form der Beteiligung der Bezirksverwaltung ist – besten Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Und dieser Personalmangel wirkt sich auch woanders aus. Er wirkt sich zum Beispiel bei der Beteiligung aus. Wir haben einen Stadtteilrat dort. Die Protokolle werden vom Bezirksamt erstellt. Das Bezirksamt muss jetzt mitteilen, es tue ihm leid, es könne die Protokolle nicht rechtzeitig liefern, es gebe einen extremen Personalmangel. So viel zu dem Thema, Sie würden die Bezirke beteiligen. Das kann es wirklich nicht sein.

(Dirk Kienscherf SPD: Wenn die Beteiligung nur beim Protokoll liegt bei Ihnen!)

Ich bleibe bei der Beteiligung. Sie haben gesagt, es liefe dort alles so super, wobei Sie sich mehr auf den Bereich in Ihrem Wahlkreis bezogen haben. Der Stadtteilrat fragt beispielsweise, wie Sie eigentlich auf diese Abgrenzung kommen. Das ist eine interessante Frage. Westlich des Billhorner Mühlenwegs sind sehr viele Wohnungen, die aber nicht in dem Bereich Bündnis für die Quartiere sind, sondern im Bereich der HafenCity Hamburg GmbH. Außerdem sagt der Stadtteilrat, dass die Naherholungsgebiete im Billebogen ohne Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger geplant werden sollen. Der Stadtteilrat fragt, was mit der Fortführung des Elbe- und Alstergrünzugs sei. Es gibt extrem viele Fragen, die nicht klappen. Ich zitiere den Stadtteilrat; ich bin nicht vor Ort. Ich verlasse mich auf die Bürgerinnen und Bürger, die Sie angeblich so gut beteiligen.

(Dirk Kienscherf SPD: Wir sind vor Ort! Das ist der Unterschied!)

Sie sagen beispielsweise, Beteiligungsprozesse würden versprochen, aber in Wahrheit würden nur Tatsachen geschaffen. Der Verdacht bestätige sich, dass die HafenCity Hamburg GmbH schalte und walte wie in der HafenCity, als es dort noch keine Bürgerinnen und Bürger gab.

(Dirk Kienscherf SPD: Das sind Ihre Pro- tagonisten vor Ort!)

Ich merke, Sie werden unruhig.

Im Stadtteil vor Ort wird es anders gesehen, als Sie es hier darstellen.

Ich komme zu den GRÜNEN. Ich habe mich gewundert; das ist mir schon im Ausschuss aufgefallen. Es gibt eine schöne Grafik, wer alles in der Struktur mitarbeitet. Darin taucht die grüne Umweltbehörde nicht auf. Es mag vielleicht daran liegen, dass auch das Thema Nachhaltigkeit nicht so richtig auftaucht. Man hätte doch jetzt erwartet, wenn Sie so viel Innovation beschreiben, dass Sie sagen, nun kämen die modernen, innovativen Konzepte für Klimaschutz. Sie reden von 20 000 Wohnungen, was könnten Sie da alles entwickeln. Das findet alles nicht statt. Das ist einer der vielen Gründe, aus denen man nicht zustimmen darf. Ich finde, wir dürfen auf gar keinen Fall zustimmen,

(Olaf Duge)

dass die Stadtplanung nicht mehr in der Kernverwaltung stattfindet, sondern außerhalb. Insofern ist das eine schlechte Vorlage, und die verdient nur ein Nein.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Wort bekommt Herr Meyer von der FDP-Fraktion.

Verehrtes Präsidium, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir Freien Demokraten stehen der Entwicklung von Hamburgs östlicher Mitte am Billebogen aus stadtplanerischer Sicht grundsätzlich sehr aufgeschlossen gegenüber. In einer weiter wachsenden Stadt müssen wir diese Flächen in zentraler Lage und unweit der Elbbrücken entwickeln, um nicht zuletzt die infrastrukturellen Vorteile dieser Lage sinnvoll für unsere Freie und Hansestadt zu nutzen. Im Entwicklungsgebiet Billebogen ist trotz der bereits bestehenden Gewerbebetriebe in Zukunft eine gesunde Mischung aus Wohnen und Gewerbenutzung möglich, wenn auch die unterschiedlichen gemeinschaftlichen Interessen zunächst sorgfältig abgewogen gehören. Auch eine mit der Entwicklung einhergehende Aufwertung dieses Stadtteils sehen wir im Gegensatz zu einigen anderen in diesem Hause, besonders hier auf der linken Seite, nicht als Gefahr, sondern als Chance, die städtebaulich genutzt und mit großem gesellschaftlichen Konsens umgesetzt werden könnte und auch sollte. So weit, so gut.

Allerdings schiebt der Senat an vielen Stellen in dieser Stadt Entwicklungsprojekte an, ohne die absehbaren Kosten für Rückbau, Entsorgung und Verlagerung vorher ausreichend zu kalkulieren, mit der Folge, dass regelmäßig erhebliches Geld des Steuerzahlers nachgeschossen werden muss, um diese Fehlleistung zu kompensieren. Das ist verantwortungslos und hat den Hamburger Steuerzahler schon dreistellige Millionensummen gekostet. Dabei wäre es so einfach, private Bauträger mit der Entwicklung zu beauftragen, inklusive der Übernahme der Risiken. Stattdessen setzt der in vielen Bereichen dramatisch erfolglose Staatsunternehmer Olaf Scholz ständig weitere Steuermillionen aufs Spiel und möchte nun auch im Hamburger Osten die Billebogen Entwicklungsgesellschaft dafür nutzen. Risikovorsorge, die jeder verantwortungsvolle Private betreibt, gibt es in diesem Senat scheinbar nicht.

(Beifall bei der FDP und bei Heike Sudmann DIE LINKE)

Das Altlastenrisiko im Bereich Billebogen und stromaufwärts dürfte erheblich sein, und die Untersuchungsergebnisse sind uns bislang nicht bekannt. Die daraus resultierenden Sanierungsmaßnahmen bleiben daher zum jetzigen Zeitpunkt völlig unkalkulierbar und machen eine verantwor

tungsvolle Entscheidung unmöglich. Zudem gibt es ganz abgesehen davon auch vergaberechtliche Bedenken, die bislang ebenfalls noch nicht vollständig ausgeräumt werden konnten. Wir werden dem Senat deshalb keinen Blankoscheck ausstellen und lehnen die Empfehlung des Haushaltsausschusses ab. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Das Wort bekommt Frau Oelschläger von der AfD-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! "Stromaufwärts an Elbe und Bille – Wohnen und urbane Produktion in HamburgOst" ist ein ambitioniertes Stadtentwicklungskonzept. Ziel ist es, mehr Wohnungen für Hamburgerinnen und Hamburger zu schaffen, diese mit Industrie- und Gewerbeflächen zu kombinieren und dabei Wasser- und Grünflächen zugänglich zu machen. Es soll die Standortqualität für ansässige Unternehmen verbessern, und die Stadtentwicklung wird von der HafenCity bis zur Billemündung reichen. Hier kann Raum für Arbeitsplätze, Lebensqualität und Wohnraum entstehen. Wir begrüßen das sehr.

Die Hamburger Wirtschaft hat einen hohen Bedarf an Platz und Flächen. Dass Hamburg auch dringend Wohnraum für die einheimische Bevölkerung benötigt, muss nicht betont werden. Die Abwanderung ins Umland sowohl von Unternehmen als auch Einwohnern hat negative Folgen. Hier entfallen Steuereinnahmen, und es entstehen auch negative Effekte in der CO2-Bilanz, da Pendlerströme steigen. Auch die Handelskammer Hamburg begrüßt das Konzept. Sie weist darauf hin, dass die Einbindung der ansässigen Unternehmen möglichst frühzeitig erfolgen sollte. Das gilt nach unserer Ansicht ebenso für die Einbindung der Bewohner; das wurde hier auch schon gesagt. Die Handelskammer bemängelt, dass es sich fast ausschließlich um Nachverdichtung handelt und kaum zusätzliche Gewerbeflächen bereitgestellt werden. Allerdings können allein auf dem Areal des Huckepackbahnhofs bis zu 180 000 Quadratmeter Bruttogeschossfläche für gewerbliche Nutzung neu geschaffen werden. Zudem werden die künftig zu erwartenden Belange der Hafenwirtschaft Berücksichtigung finden.

Dieses Projekt wird uns noch viele Jahre beschäftigen, und schon aus diesem Grund ist es ein zukunftsorientiertes Projekt. Durchgeführt wird es von der Billebogen Entwicklungsgesellschaft mbH & Co. KG. Als Vollhafter ist die Billebogen Management GmbH vorgesehen mit einem Stammkapital von sage und schreibe 25 000 Euro; das hatte Herr Hamann schon erwähnt. Teilhafterin wird die Freie und Hansestadt Hamburg. Da eine solche Gesellschaft keine Kredite bekommen würde, ist

(Heike Sudmann)

eine selbstschuldnerische Bürgschaft der Freien und Hansestadt Hamburg erforderlich. Dem Haushalt entstehen dadurch zwar keine Kosten, doch auch das ist wieder ein Risiko mehr – dieses Thema stand gestern schon auf der Tagesordnung –, im Zweifel einmal ein Haftungsfall zu werden. Das wurde von der FDP schon erwähnt, und ich brauche es nicht weiter auszuführen.

Die Auslagerung von Bauprojekten aus dem Kernhaushalt kann aus verschiedenen Gründen tatsächlich sinnvoll sein. Unter anderem werden klare Zuständigkeiten in der Verantwortung definiert. Sie birgt aber auch immer das Risiko höherer Kreditzinsen für die Tochtergesellschaft und natürlich vieles andere.

Festzuhalten ist, dass die AfD mehr Wohnungen und bessere Flächen für gewerbliche Unternehmen begrüßt. In der Entwicklung des Billebogens sollten die dortige Bevölkerung, der Bezirk natürlich und die ansässigen Unternehmen mit eingebunden werden. Die Entwicklungsgesellschaft in dieser Form werden wir kritisch beobachten. – Danke.

(Beifall bei der AfD)

Das Wort bekommt Senatorin Dr. Stapelfeldt.

Sehr verehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Nach intensiven Beratungen im Stadtentwicklungs- und im Haushaltsausschuss steht die Drucksache zur Gründung der Billebogen Entwicklungsgesellschaft also heute zur Abstimmung in der Bürgerschaft an. Für die sehr konstruktiven Diskussionen und die Unterstützung dieses Projekts in den Ausschüssen möchte ich mich bei Ihnen herzlich bedanken. Es ist ein gutes Zeichen, dass die nun vorgesehene Gründung der Gesellschaft fraktionsübergreifend – wenn auch nicht vollständig, aber doch sehr weit – auf große Zustimmung gestoßen ist, und immerhin, Herr Meyer, gibt es auch bei Ihnen eine sehr große Aufgeschlossenheit, wie Sie eben gesagt haben, weil Sie dies auch als Chance ansehen.

Bereits Ende des vergangenen Jahres, nachdem der Senat Mitte 2014 sein Konzept "Stromaufwärts an Elbe und Bille" vorgelegt hat, und dann auch zum Abschluss der Legislaturperiode – darauf hat Herr Hamann schon hingewiesen –, hat es hier in der Bürgerschaft Diskussionen über die Entwicklung des Hamburger Ostens gegeben, und diese waren überwiegend sehr positiv. Wir sind uns darin einig, dass die Entwicklung des Hamburger Ostens neben der Erweiterung der Innenstadt mit der HafenCity, neben der Verlegung des Fernbahnhofs Altona und der Mitte Altona und der Erneuerung des Harburger Binnenhafens und der Elbinseln mit

dem "Sprung über die Elbe" einen bedeutenden Schwerpunkt unserer Stadtentwicklung bildet.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Die Quartiere des Hamburger Ostens bieten große Chancen für neue Stadtqualitäten, denn es gibt hier große Potenziale in fünf Punkten: Es gibt Potenziale für neuen und bezahlbaren Wohnraum, auch in Zentrumsnähe, für moderne Industrie- und Gewerbestrukturen, für zukunftsfähige, wohnortnahe Arbeitsplätze, in diesem Raum zum Beispiel für die Menschen in Rothenburgsort, für die Entwicklung der erforderlichen Infrastruktur und auch die Entwicklung sehr attraktiver Wasserlagen und Freiräume. Und natürlich wird die Verbindung zur Innenstadt und zur HafenCity gestärkt.

Wenn die Bürgerschaft heute beschlossen hat, kann die Billebogen Entwicklungsgesellschaft gegründet werden, es können die Grundstücke eingelegt werden, und gleichzeitig sollen auch die Konditionen für die Kreditaufnahme der BBEG verbessert werden. Diese Entwicklungsgesellschaft verfolgt einen integrierten Ansatz, und diese städtische GmbH ist nach meiner Auffassung das richtige Instrument für die Stadtgestaltung, die sparsam und effizient mit städtischen Ressourcen umgeht und die auch die hohe Expertise der HafenCity Hamburg GmbH genau an dieser Stelle nutzen kann.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Die Argumentation, die eben von Frau Sudmann vorgetragen worden ist, kann ich in keiner Weise nachvollziehen. Ich halte das für sehr wohlfeil, was Sie uns an Vorwürfen vorgetragen haben,

(Zuruf von Jörg Hamann CDU)

und auch tatsächlich wegführend von dem, um was es eigentlich geht.

(Beifall bei der SPD – Glocke)

Frau Senatorin, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Abgeordneten Sudmann?

Nein. – Der Auftrag der BBEG umfasst die Entwicklung der Infrastruktur, den Ankauf von Grundstücken und die Schaffung von Planungsrecht sowie die Kommunikation und Beteiligung. Auf dieser Basis sollen dann in einem Entwicklungsraum von mindestens 20 Jahren nicht zuletzt auch neue Impulse für die private Stadtentwicklung gesetzt werden, da verschiedene Handlungsebenen und Akteure zusammengeführt werden und so natürlich auch Kapital und Investitionen mobilisiert werden können. Das Initialprojekt wird der Neue Huckepackbahnhof als Chancenraum für kleinere und mittlere Unternehmen sein.

(Andrea Oelschläger)

Welche Schritte erfolgen jetzt ganz konkret? Derzeit werden mit einer Aufhöhung des Geländes die ersten bauvorbereitenden Maßnahmen auf der großen Fläche im Gebiet des Billebogens, also dem eben erwähnten Neuen Huckepackbahnhof, vorgenommen. Anschließend soll hier dieser neue Typ einer Speicherstadt, die Speicherstadt des 21. Jahrhunderts, entstehen. In einem weiteren Schritt werden Informationen zu den anderen Flächen des Billebogens zusammengetragen und eine Potenzialanalyse erstellt. Auf diese Weise soll für die Flächen, die teils verstreut und teils im privaten Besitz sind, eine gemeinsame Entwicklungsperspektive für den Gesamtraum erarbeitet werden. Auch das ist wichtig.