Die Situation war drei Stunden lang absolut friedlich. Statt den Marsch der AfD durch die Innenstadt durchzusetzen, hatte die Polizei die AfD angewiesen, aus Sicherheitsgründen am Ausgangsort eine stationäre Kundgebung abzuhalten.
Dazu Originalton Dr. Baumann: Die Polizei hat kapituliert. Sie ist nicht in der Lage, uns vor den Linksfaschisten zu schützen.
Wir haben den Platz heute gegenüber dieser Linksmafia gehalten. Tausende hätten sich zusammengerottet, und an den Schulen und Universitäten würden sie aufgehetzt. Angesichts dieser aufgeheizten Stimmung ist es dem klugen und besonnenen Verhalten der Hamburger Polizei zu verdanken, dass die angespannte Situation nicht eskaliert ist. Ein großes Dankeschön an die Kolleginnen und Kollegen von der Polizei.
Was die AfD wirklich denkt, kann man auf ihrer Internetseite lesen. Hier drei Zitate zu der Gegendemo – Originalton:
"[Es] marschierten […] etwa 1.000 SPDler, Grüne und Linke auf, unter ihnen der SPDBürgerschaftsabgeordnete Kazim Abaci und der Abgeordnete der Linken, Mehmet Yildiz."
Es werden, wohlgemerkt, zwei Abgeordnete mit türkischen Namen genannt und nicht zum Beispiel Heike Sudmann oder ich, die wir ebenfalls dort waren.
"Vorne weg, in vorderster Front, drängten vollständig schwarz Gekleidete, Vermummte, schmuddelig, schreiend, zunehmend betrunkener Dose oder Flasch Bier schwenkend, jedenfalls sturmbereit die Polizeilinien langsam zu durchbrechen."
"Glücklicherweise konnte diese tapfere Mutter ihr Kind vor dem wütenden, linksextremen Mob in Sicherheit bringen."
Und dann die politische Bewertung der AfD zu ihrer Demo in erschreckender Deutlichkeit. Ich zitiere:
"Die Situation legte den Schluss nahe, dass der Linken-Aufmarsch kein Zufall war und, von wem auch immer initiiert, vom Senat, von der Innenbehörde, von der Polizeiführung, einen Zweck erfüllte, nämlich statt der Polizei, die Gewalt gegenüber den AfD-Demonstranten auszuüben, sie in Schach zu halten, sie zu bedrohen. Das ließ erschaudern und erinnerte an sehr dunkle SA-Zeiten."
Senat, Innenbehörde und Polizeiführung haben also einen Linken-Aufmarsch initiiert, um Gewalt an AfD-Demonstranten auszuüben wie in dunklen SAZeiten. Mit dieser absurden Verschwörungstheorie
Die AfD stilisiert sich als Opfer und als Märtyrer, hier das Volk und die AfD als sein Fürsprecher, dort der Feind, die sogenannten Altparteien und die Flüchtlingsschwemme. Mit diesem Feindbild werden Ressentiments bedient und vorhandene Unsicherheiten und Statusängste geschürt. Unsere Antwort darauf muss heißen: Aufklärung und Bildung, Stärkung der Demokratie und eine klare Abgrenzung gegen Rechtsextremismus und Rechtspopulismus, gegen Pegida und gegen die AfD.
(Anhaltender Beifall bei der SPD, den GRÜ- NEN, der LINKEN und der FDP – Dr. Bernd Baumann AfD: Mit Linksextremisten zusam- men?)
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit und das Grundrecht auf Meinungsfreiheit sind ein besonders hohes Gut in unserem Land, denn sie sind als Freiheitsrechte ein wesentliches Fundament unserer freiheitlichen demokratischen Grundordnung. Deshalb muss der Staat und müssen wir alle die Meinungsfreiheit und die Versammlungsfreiheit auch in besonderem Maße schützen. Das gilt gerade auch für rechtmäßige Versammlungen und Meinungen, deren Inhalt man nicht teilt, denn es ist gerade eine Errungenschaft unseres modernen Rechtsstaats – auch als Lehre aus unserer Geschichte –, dass sich die Schranken der Freiheitsrechte ausschließlich aus Gesetzen ergeben und nicht aus Fragen des persönlichen oder politischen Geschmacks.
Die Entscheidung also, ob eine Demonstration stattfinden darf oder nicht, ist daher einzig und allein Aufgabe der Genehmigungsbehörde und gegebenenfalls der angerufenen Gerichte. Wer das nicht akzeptiert und wer sich hierüber hinwegsetzt, der hat entweder die Grundregeln unserer Demokratie nicht verstanden oder lehnt diese sogar bewusst ab. Vor diesem Hintergrund ist es nicht akzeptabel, dass es gerade aus der linken und der linksextremen Szene immer wieder zu Angriffen auf die Versammlungsfreiheit kommt, indem genehmigte Versammlungen blockiert werden.
denn eines muss allen klar sein: Die Blockade einer genehmigten Demonstration ist ganz eindeutig eine Straftat, und, liebe Kollegen, der Zweck heiligt auch nicht die Mittel.
In der Tat rächt es sich bei vielen Demonstrationen in dieser Stadt, die von Linken gestört und blockiert werden, dass der Senat viel zu wenig gegen die Gefahren des Linksextremismus unternimmt. Wir haben an dieser Stelle häufig darüber gesprochen, wir haben auch entsprechende Programme beantragt; sie wurden abgelehnt. Aber auch wenn der Senat hier Fehler macht, möchte ich eines in aller Deutlichkeit sagen:
Die Hamburger Polizei und auch ihre Führung schützen die Grundrechte aller Personen. Die Hamburger Polizei schützt genehmigte Demonstra
tionen jeglicher Couleur, denn das ist ihre verfassungsrechtliche Aufgabe, und dabei handelt sie keinesfalls politisch motiviert oder instrumentalisiert. Das müssen auch Sie, Herr Baumann, schlicht zur Kenntnis nehmen.
Meine Damen und Herren! Es steht außer Zweifel, dass ich, dass wir in der CDU die Stimmungsmache und die dumpfen Parolen der AfD ablehnen. So schwer es ist, gilt trotzdem: Solange strafrechtliche Grenzen nicht überschritten sind, müssen wir auch die Demonstrationen der AfD zulassen, übrigens auch, um ihnen nicht eine weitere Bühne zu bieten, um sich als Opfer zu stilisieren und darüber weiter vermarkten zu können. Aber wir müssen das nicht einfach so hinnehmen, denn das, was wir auf diesen Demonstrationen der AfD hören, ist wahrlich keine Alternative für Deutschland. Darum ist es unsere gemeinsame Aufgabe, diese extremen Positionen, diese Parolen und Stimmungsmache mit den Mitteln der Demokratie, also mit Argumenten und politischem Handeln, zu entkräften. Ich bin mir sicher, dass das das Einzige ist, was wirklich hilft. Und dass es hilft, darin bin ich mir auch sicher, denn die Werte unserer Verfassung sind höher und stärker als die Parolen der AfD. – Herzlichen Dank.
Die sachlich-inhaltliche Beschreibung der Situation kann man damit abhaken. Du hast das gut beschrieben.
Ich komme noch einmal auf den Punkt zurück, was derartige konträre öffentliche Versammlungen eigentlich möglich macht. Es sind unsere Grundrechte, es sind unsere Freiheitsrechte, Herr Gladiator hat eben darüber gesprochen. Demonstrationen müssen jedoch nicht genehmigt werden, sondern sie werden angemeldet. Das ist aber nur ein kleines Detail. Das andere kleine Detail ist: Wenn wir diese Grundrechte nicht hätten, dann könnte sich niemand derart lautstark öffentlich konträr äußern. Wir wollen diese Grundrechte und wir wollen auch diese Möglichkeit der öffentlichen Versammlung, lautstark und konträr. Ob die Grenzen der Meinungsfreiheit überschritten werden oder nicht, ist strafrechtlich zu verfolgen, das haben nicht wir zu bewerten. Aber vielleicht muss man noch einmal
kurz über das rechtsstaatliche Selbstverständnis reden, das sich aus der Anmeldung der AfD herauslesen lässt. Es ist nicht der Senat, der irgendetwas schützt oder nicht schützt, sondern in diesem Fall die Versammlungsbehörde und die Polizei. Es sind auch nicht zivile Akteure und Akteurinnen, weder Parteien noch Gruppierungen noch Fraktionen, die bestimmen, wer demonstriert und wer nicht demonstriert, es ist schlicht und einfach Artikel 8 des Grundgesetzes, der besagt, dass alle Deutschen sich friedlich und ohne Waffen versammeln dürfen, ohne Anmeldung. Und so war es drei Stunden lang.
Die Aufgabe der Polizei ist es einerseits, die Versammlungsfreiheit zu schützen, und andererseits die Gewährung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung. Das übliche Verfahren ist – das ist lange erprobt, etwa bei Demonstrationen zu CastorTransporten und Blockaden anlässlich von Gipfeltreffen wie dem G7-Gipfel, und es wird bundesweit in viel kleinerem Rahmen bei Anmeldungen von NPD-Demonstrationen und zu erwartenden Gegendemonstrationen immer wieder praktiziert –, dass man mit dem, der die Demonstration angemeldet hat, über alternative Routen spricht. Das ist ein Mittel, um die öffentliche Sicherheit und Ordnung im Verhältnis zu dem Versammlungsfreiheitsrecht abzuwägen. Genau das hat die Polizei getan. Die AfD hat der Wahl einer alternativen Route, auf der sie ihre Demonstration hätte machen können, nicht zugestimmt.
Das haben Sie abgelehnt, das nur als kleine Ergänzung zu Ihrer Beschreibung der Situation, Herr Baumann. Und weil Sie es abgelehnt haben, erlaube ich mir schlicht die Schlussfolgerung, dass Sie gar nicht weit gehen wollten mit Ihrem Demonstrationszug, sondern dass Sie genau diese Situation, wie sie sich über drei Stunden ergeben hat, auch angestrebt hatten.