Protocol of the Session on November 11, 2015

Vielen Dank, Herr Thering. – Herr Bill von der GRÜNEN Fraktion, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen, insbesondere liebe Kolleginnen und Kollegen der Fraktion DIE LINKE! Liebe Frau Hannemann, ich habe mich bei der Antragseinbringung sehr gewundert, dass Sie gleich so eine Schärfe in die Debatte gebracht haben.

(Gerhard Lein SPD: Sie kann nicht anders!)

Denn ich habe mir als ersten Punkt aufgeschrieben – und das meine ich auch wirklich so, wie ich es mir aufgeschrieben habe und jetzt sage –: Mobilität für alle Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt ist ein sehr wichtiges Thema. Und ich finde, darüber sollte man dann auch mit der entsprechenden Gelassenheit und sachlich fundierten Argumenten debattieren. Diese Debatte hätte ich mir aber eigentlich im zuständigen Ausschuss gewünscht, denn dort hatten wir das Thema bereits. Die Drucksache zur Tariferhöhung haben wir im Ausschuss debattiert, und in der Drucksache steht auch etwas zur Sozialkarte. Aber leider war in dieser Ausschusssitzung, es wurde schon gesagt, niemand von der LINKEN zugegen. Natürlich kann es sein, Frau Sudmann, dass Sie einen anderen Termin hatten, der Ihnen persönlich wichtiger war. Aber wir hätten im Ausschuss natürlich auch gern Frau Hannemann begrüßt, um uns über die Argumente auszutauschen.

(Heike Sudmann DIE LINKE: Kannst du jetzt immer noch!)

Das wäre der erste richtige Ort dafür gewesen, anstatt jetzt zu beantragen, das wieder zurückzuüberweisen.

Ich habe mir einmal die Historie der Sozialkarte und des Sozialtickets angeschaut. Wir haben schon sehr viel über die Details der Ausgestaltung diskutiert, und wenn man sich das einmal auf der Metaebene anschaut, dann merkt man recht deutlich den Unterschied zwischen Fraktionen, die auch einmal in die Regierungsverantwortung ge

(Dennis Thering)

hen, und Fraktionen, die immer nur aus der Opposition heraus fundamentale Anträge einbringen. Im Jahr 1999 hat die rot-grüne Regierung das Sozialticket neu eingeführt. 2003 regierten dann CDU, FDP und Schill und haben das Angebot komplett gestrichen. Als die CDU regierte, hat sie anscheinend gemerkt, dass die nächste Wahl ohne eine Sozialkarte vielleicht anders ausgehen würde, und hat eine Sozialkarte in Höhe von 5 Euro eingeführt. Unter Schwarz-Grün wurde diese Sozialkarte von einer 5-Euro-Ermäßigung auf eine 18-Euro-Ermäßigung erhöht. Das sind immerhin 13 Euro mehr; man merkt, wie wichtig dieses Thema den GRÜNEN schon damals war. Die SPD hat dann in der vergangenen Legislaturperiode den Rabatt in zwei Schritten à 1 Euro erhöht, und in dieser Legislaturperiode haben wir das Thema gleich zu Beginn auf die Agenda gesetzt. Wir wollen nicht jedes Jahr einen politischen Beschluss fassen, sondern wir wollen, dass es Kontinuität und Verlässlichkeit bei der Erhöhung des Zuschusses durch die Sozialkarte gibt, mit der man planen kann. Wir wollen, dass der Zuschuss an die Tariferhöhung beim HVV gebunden ist. Das sorgt für Verlässlichkeit und zeigt erneut, wie wichtig den GRÜNEN und der SPD dieses Thema Sozialkarte und Mobilität für alle ist.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Wenn man einen Antrag schreibt, der sehr weitreichende Forderungen enthält – über den wir noch diskutieren wollen und über den ich im Ausschuss schon sehr gern diskutiert hätte –, dann muss man vernünftig und ehrlich argumentieren.

Und da suchen Sie eine Karte für zwei Zonen heraus, als Monatskarte ausgestaltet, obwohl klar ist, dass die Jahreskarte als Abo einen deutlichen Preisvorteil bietet und die meisten, die regelmäßig den HVV nutzen, eine Jahreskarte haben. Im Abo ist das bei zwei Zonen ein Unterschied von 11,70 Euro. In dem Antrag schreiben Sie dazu nichts.

Es wurde eben schon angesprochen: Die CC-Karte für drei Zonen, also einer Zone mehr, als Sie in Ihrem Vergleich gewählt haben, kostet nach der Tariferhöhung 33,80 Euro. Mit 20,40 Euro Sozialkartenrabatt sind das 13,40 Euro. Und man kommt mit drei Zonen schon relativ weit. Viele aus meinem Bekanntenkreis sagen, dass gut ausgewählte drei Zonen für ihre täglichen Wege ausreichen. Wenn Sie die 25,45 Euro Regelbeitrag für Verkehrsdienstleistungen gegenrechnen, haben Sie nach Abzug der 13,40 Euro sogar noch 12,05 Euro übrig, die Sie einsetzen könnten, wenn Sie beispielsweise einmal außerhalb der Zonen fahren oder innerhalb der Sperrzeiten ein Ticket kaufen müssen.

Natürlich beziehen sich der Rabatt und die kontinuierliche Erhöhung des Rabatts auf die CC-Karte, und natürlich gibt es da Sperrzeiten, und es ist klar, dass so eine Einengung immer ein bisschen

ungünstig ist. Aber ich kenne viele, die ihren Alltag so abgestimmt haben, dass für ihre täglichen Wege die CC-Karte vollkommen ausreichend ist. Die CC-Karte stellt für sie ein besonders preisgünstiges Angebot bei einer extrem guten Gegenleistung dar. Nicht ohne Grund ist es rein statistisch so, dass die CC-Karte bei den Berechtigten die am meisten nachgefragte Zeitkarte ist.

Wenn Sie von Ehrlichkeit in der Argumentation in Anträgen sprechen, hat mich sehr verwundert, was Sie zur Haft geschrieben haben. Auch ich finde, dass ein zivilrechtlicher Verstoß gegen eine Beförderungsvorschrift nicht zwingend ein Haftgrund ist. Aber wenn Sie damit argumentieren, sollten Sie Ihre Schriftlichen Kleinen Anfrage schon ehrlich zitieren. Ihre Anfrage wurde dahingehend beantwortet – lesen Sie nach unter Frage 1 –, dass acht Menschen in Haft sitzen, nicht 100, wie Sie es in Ihrem Antrag schreiben. Das ist ein gravierender Unterschied, auch in der Argumentation.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Zusammengefasst: 40 Cent klingt erst einmal natürlich nicht viel, ist aber die prozentuelle Preissteigerung bezogen auf die CC-Karte, auf die wir jetzt und in Zukunft die Sozialkarte regelmäßig anpassen werden. Damit beenden wir eine immer wiederkehrende politische Diskussion. Wir schaffen eine Regelmäßigkeit, eine Verlässlichkeit. Die Planungssicherheit, die wir damit schaffen, zeigt: Die rot-grüne Koalition nimmt es sehr ernst mit den Tarifen für Bedürftige, mit der Mobilität für alle Bürgerinnen und Bürger.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Vielen Dank, Herr Bill. – Herr Dr. Schinnenburg von der FDP-Fraktion, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Hannemann, Ihr Antrag ist schlimm; dazu komme ich gleich. Aber zunächst einmal können die Ausführungen in Ihrer Rede nicht ohne Antwort bleiben.

Sie wissen, dass ich viel an der rot-grünen Verkehrspolitik auszusetzen habe, auch und gerade am HVV. Aber Sie haben sich erdreistet, von menschenverachtend zu sprechen, oder gesagt, das rot-grüne Abgeordnete Menschen werden sollen. Frau Hannemann, Sie haben sich völlig im Ton vergriffen. Ich sage ganz eindeutig: Die Politik von Rot-Grün ist nicht menschenverachtend, und die Abgeordneten von Rot-Grün sind Menschen, auch jetzt schon, das braucht von Ihnen nicht erst eingefordert zu werden. So geht es nicht. Sie haben sich völlig disqualifiziert mit der Art und Weise Ihres Beitrags.

(Martin Bill)

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der SPD, den GRÜNEN und der AfD)

Ihr Antrag ist ähnlich schlimm, insofern war ein solcher Beitrag von Ihnen vielleicht schon zu erwarten. Vier Punkte, die ich Ihnen jetzt vortragen werde, sagen mir, dass Ihr Antrag nichts anderes als schlimm ist.

Erstens: Sie verwenden – ich glaube mittlerweile, bewusst – grob falsche Behauptungen.

Zweitens: Sie verwenden offenbar bewusst falsche Berechnungen.

Drittens: Sie fordern Mehrausgaben von wenigstens 30 Millionen Euro, ohne auch nur den Schatten eines Deckungsvorschlags.

Und viertens, vielleicht am schlimmsten: Sie diskriminieren viele Gefangene mit Ihren Ausführungen.

Lassen Sie mich das im Einzelnen erläutern. Den ersten Punkt hat Herr Bill schon völlig richtig vorgetragen. Sie behaupten kurzerhand, etwa 100 Menschen säßen fürs Schwarzfahren im Gefängnis. Ihr Kollege Dolzer – es war nicht jemand aus einer anderen Fraktion, sondern der Kollege Dolzer aus der Links-Fraktion – hat in der Drucksache 21/1751, Frage 1, genau diese Frage erörtert und die Antwort bekommen, dass es nicht 100, sondern gerade einmal acht Gefangene gibt,

(Mehmet Yildiz DIE LINKE: Das ist auch schlimm!)

die wegen Schwarzfahrens im Gefängnis sind. Schon vom Ansatz her geht damit Ihre gesamte Argumentation den Bach runter, und ich glaube mittlerweile, dass das kein Versehen von Ihnen war, sondern dass es Absicht ist. Sie arbeiten mit falschen Zahlen, und das ist skandalös.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Zum zweiten Punkt. Sie rechnen aus diesen Zahlen hoch – wörtliches Zitat –:

"Dies verursacht für die Stadt Hamburg Unterbringungskosten von mehr als 500 000 Euro im Monat."

Gemeint sind die Kosten für die Gefangenen. Wenn Sie die wirklichen Zahlen nehmen, die Herr Dolzer und auch der Kollege Oetzel aus unserer Fraktion beim Senat erfragt haben, dann kommen Sie auf 5 123,10 Euro pro Gefangenen. Das sind gerade einmal 40 984 Euro insgesamt, also noch nicht einmal ein Zehntel dessen, was Sie ganz frech in Ihrem Antrag behaupten. Das ist nichts anderes als manipulativ, was Sie hier machen. So geht es nicht.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Zum dritten Punkt. Sie fordern ein sogenanntes echtes Sozialticket ohne zeitliche Einschränkung

für den HVV-Großbereich für rund 25 Euro. Sie rechnen selbst vor, dass das Ticket, das Sie zum günstigen Preis fordern, derzeit 84 Euro kostet. Das heißt, Sie fordern eine Subvention von 59 Euro. Derzeit beträgt die Subvention 20 Euro, und das verursacht Kosten in Höhe von 15 Millionen Euro. Wenn man das hochrechnet, kommen Sie mit Ihrer Forderung auf mindestens 30 Millionen Euro, die Sie ausgeben wollen. Dabei ist nicht mitgerechnet, dass Sie auch noch die Schwellenhaushalte einbeziehen wollen, sodass es wahrscheinlich noch einmal eine ganze Ecke teurer würde. Es sind aber mindestens 30 Millionen Euro. Wie bei der LINKEN üblich, gibt es keinerlei Deckungsvorschlag. Es ist völlig unseriös, was Sie hier machen.

Der vierte Punkt erzürnt mich ganz besonders. Sie reden von Schwarzfahrern als sogenannten sozialen Gefangenen. Das ist eine ganz üble Bezeichnung. Das heißt nichts anderes, als dass viele andere Gefangene, die wegen anderer Delikte im Gefängnis sind, eben nicht sozial sind, dass sie unsozial oder asozial sind. Wie reden Sie eigentlich über Gefangene? Was bilden Sie sich eigentlich ein?

Dieser Antrag ist nichts anderes als abzulehnen, eine Überweisung lohnt nicht. – Vielen Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP, der CDU und der AfD)

Gibt es weitere Wortmeldungen? – Frau Hannemann von der Fraktion DIE LINKE, Sie haben das Wort.

(Dennis Thering CDU: Ich wäre lieber sitzen geblieben!)

– Ich bleibe sitzen, wenn ich in Rente gehe. Ich gehe noch nicht in Rente.

(Dr. Alexander Wolf AfD: Schade! – Wolf- gang Rose SPD: Nichts gegen die Rentner jetzt!)

Diese Kleinkrämerei, ob Sozialticket oder Sozialkarte, ist Kinderkram. Sie wissen genau, dass es vom Inhalt her dasselbe ist.

Sozialleistungsempfänger bekommen rund 25 Euro im Regelsatz. Jetzt kommen Sie mit der CC-Karte, die derzeit 33,40 Euro kostet. Wenn ich die 25 Euro abziehe, dann bleiben – ich runde auf – 8 Euro. Von der CDU kommt dann der Hinweis, dass es noch ein Plus von rund 13 Euro gäbe. Das CC-Ticket hat begrenzte Zeiten. Es gibt Termine, die sind vor 9 Uhr wahrzunehmen.

(Glocke)

Ich erinnere an Termine im Jobcenter, an Termine bei der Grundsicherung, beim Bezirksamt oder

(Dr. Wieland Schinnenburg)