Ich dachte, ich riskiere es einmal mit einem verfremdeten Mao-Zitat. Gut, das ist bei Ihnen danebengegangen. Alle anderen haben es richtig einordnen können.
Frau Sudmann hat ein paar Punkte angesprochen, zu denen ich dann doch noch einmal etwas sagen möchte. Es ist richtig, BUND, Zukunftsrat Hamburg und andere Organisationen haben sich erst einmal zumindest nicht dafür und einige sogar vorsichtshalber auch dagegen ausgesprochen, dem Referendum zuzustimmen. Das ist ihr gutes Recht. Sie sehen die Risiken und bewerten sie etwas höher, weil das ihrer Wächterfunktion entspricht. Dafür habe ich Verständnis.
Wir sind diejenigen, die das gegeneinander abzuwägen haben und die politische Verantwortung in der Stadt tragen. Das ist vielleicht der Unterschied.
Wir sind im Übrigen eine plurale Partei und ertragen es mit relativer Gelassenheit, dass die GRÜNE JUGEND eben auch einmal andere Meinungen vertritt als die Mutterpartei.
Was DIE LINKE jetzt macht, ist aus ihrer Sicht nachvollziehbar und fast schon schlüssig. Sie fordern bestimmte Dinge: Nachhaltigkeit, soziale Gerechtigkeit, alles, was gut und richtig ist, jedenfalls manchmal. Wir stimmen dem manchmal zu, fangen mit der Umsetzung an, und dann ist das natürlich alles nicht mehr richtig und nicht gut genug. Aus diesem Grund kann man das dann auch irgendwie nicht mehr richtig ernst nehmen. Aber das ist Ihre Rolle. Sie haben sich dafür entschieden, keine politische Verantwortung zu übernehmen, und dann kann man das machen. – Danke.
Meine Damen und Herren, nun sehe ich keine weiteren Wortmeldungen mehr. Wir kommen zu den Abstimmungen.
Wer möchte diesem folgen? – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit gab es Zustimmung zu dieser Drucksache.
Dann stelle ich fest, dass die Bürgerschaft vom Ausschussbericht aus Drucksache 21/1888 Kenntnis genommen hat.
Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 72, Drucksache 21/2053, Antrag der Fraktion DIE LINKE: Das muss drin sein: Mobilität ermöglichen – für ein echtes Sozialticket in Hamburg.
[Antrag der Fraktion DIE LINKE: Das muss drin sein: Mobilität ermöglichen – für ein echtes Sozialticket in Hamburg – Drs 21/2053 –]
[Antrag der Fraktionen der SPD und der GRÜNEN: Verlässliche und regelmäßige Erhöhungen der Sozialkartenzuschüsse – Drs 21/2195 –]
Die Fraktion DIE LINKE möchte die Drucksache 21/2053 federführend an den Ausschuss für Soziales, Arbeit und Integration sowie mitberatend an den Verkehrsausschuss überweisen.
Vonseiten der CDU-Fraktion liegt ein Antrag auf Überweisung beider Drucksachen an den Verkehrsausschuss vor.
Verehrtes Präsidium, verehrte Damen und Herren! Heute ist der 11.11. Wir haben Fastnacht, auf alemannisch gesagt, oder Fasching oder Karneval. Ich könnte auch sagen, wir haben den 1. April, wenn ich mir den Zusatzantrag der GRÜNEN und der SPD ansehe,
mit einer Zuschusserhöhung um 40 Cent. Ich traute meinen Augen nicht. Wissen Sie eigentlich, wie zynisch das ist? Wie menschenverachtend es ist, dass Sie Menschen ausgrenzen, die sowieso schon kaum Geld haben und doppelt so viel an Zuschuss für das derzeitige Sozialticket bezahlen müssen, wie sie erhalten? Und dann kommen Sie mit 40 Cent. Sie sollten sich wirklich schämen.
Es scheint noch nicht einmal für 1 Euro gereicht zu haben. Aber vielleicht haben Sie nie von Transferleistungen gelebt oder nie selbst ein Monatsticket kaufen müssen. Dann verliert man natürlich die Realität aus den Augen.
Was tun Sie? Sie grenzen die Menschen aus. Sie grenzen sie doppelt aus, nachdem schon die Arbeitsmarktpolitik gescheitert ist und die Sozialpolitik in Hamburg seit Jahren ohnehin. Doppelt schämen, bitte.
Es gibt Städte, da funktioniert es, man glaubt es kaum. Ich nenne einmal Braunschweig. Dort gibt es ein Sozialticket für 14 Euro. In Hamburg entspräche das zwei Zonen. In Bielefeld gibt es 48 Prozent Nachlass auf den Normalpreis für die Inhaber oder Inhaberinnen eines Sozialpasses. Und selbst in München, stellen Sie sich das einmal vor – gut, München ist SPD-regiert, und das ist eine andere SPD als hier –, kann man, außer mit einer dreistündigen Ausnahme, im Stadtgebiet für 28 Euro im Monat mit einem Sozialticket fahren. Meine Damen und Herren, das sind Sozialpreise. Das sind Preise, die sich an den Menschen orientieren, und nicht, wie in Hamburg, die Menschen ausgrenzen. Und sie grenzen nicht nur die Menschen aus, die von Sozialleistungen leben, son
dern auch die Menschen in sogenannten Schwellenhaushalten, die prekär arbeiten, gerade einmal so über dem Sozialsatz leben müssen und trotzdem den vollen Preis bezahlen.
Vizepräsidentin Christiane Schneider (unterbre- chend): Einen Augenblick bitte, Frau Hannemann. – Es sind zwar nicht viele Abgeordnete im Raum, aber die sind dafür deutlich zu laut, einige von Ihnen auf jeden Fall. Jetzt hat es sich schon gelegt, schönen Dank. Bitte bleiben Sie so leise, und hören Sie der Rednerin zu.
Interessant ist, dass Hamburg sich sogenannte Leuchtturmprojekte leisten will, dass es sagt, es sei eine offene Weltstadt, aber seine eigenen Bürgerinnen und Bürger vergisst.
Bis 2003, ich weiß nicht, ob Sie sich erinnern, war in Hamburg übrigens die Fahrt mit einem Sozialticket möglich, zuletzt für 17,50 Euro. Es war zwar die CC-Karte zu lösen, aber es war möglich. Inzwischen gehört Hamburg zu den teuersten Städten im ganzen Bundesgebiet, was die ermäßigten Karten betrifft. Sie nehmen damit in Kauf, dass Menschen verhaftet werden und eine Strafe absitzen, weil sie schwarzfahren. Das kostet monatlich rund 500 000 Euro. Mit Sicherheit fahren auch Menschen mit einem günstigen Sozialticket schwarz, aber ich glaube, nicht so viel. 1998, meine Damen und Herren von der rot-grünen Koalition, haben Sie selbst ein ermäßigtes Ticket gefordert, um das Schwarzfahren zu reduzieren, weil Sie das unsozial fanden. Inzwischen haben Sie das vergessen, wie überhaupt vieles im sozialen Bereich.
Weiterhin ist anzumerken, dass das HVV-Preissystem vereinfacht werden muss. Berlin bietet dafür eine gute Orientierung. Dort gibt es drei Ringe. Das ist deutlich transparenter und im Vergleich sogar auch deutlich günstiger. Das möchte ich nur einmal am Rande erwähnen.
Aber noch einmal zurück zu dem Zusatzantrag der GRÜNEN und der SPD. Wir als LINKE werden uns enthalten. Das ist einfach nur peinlich, und diese Peinlichkeit möchten wir nicht unterstützen. Aber wir LINKEN sind nicht immer gegen alles. Wir sind kompromissbereit.
Ich schlage vor, dass Sie in jeder kommenden Bürgerschaftssitzung – nächstes Jahr sind es 28 – Ihren Zusatzantrag erneut einbringen. Dann hätten wir nächstes Jahr schon einmal 11,20 Euro mehr. Um den tatsächlich benötigten Zuschuss zu erreichen, bräuchten wir zwar mehr als zwei Jahre, aber die Wahlperiode läuft ja noch ein bisschen. Oder Sie schwenken um, werden menschlich und
denken an die Bürgerinnen und Bürger in dieser Stadt, die sozial ausgegrenzt sind und denen Sie keine gesellschaftliche Teilhabe gönnen. Diese Menschen können sich keine Bahnfahrt mehr leisten, oder sie müssen das Geld dafür an anderer Stelle einsparen. Ich möchte, dass Sie einmal nachvollziehen, wie es Ihnen ginge, wenn Sie die 6 Euro für ein Tagesticket einsparen müssten. Ich weiß, Sie würden das nicht merken; wir sind davon zum Glück nicht betroffen. Aber vielleicht ist doch so viel Empathie übrig, dass Sie sich dort hineinversetzen können.
Wir fordern ein echtes Sozialticket. Echt heißt, an den Menschen orientiert, ohne zeitliche Einschränkung, für den gesamten HVV-Großbereich, und das maximal zu einem Preis, der dem entspricht, was in den Sozialleistungen dafür im kommenden Jahr berücksichtigt wird. Wir fordern dieses Sozialticket auch für die sogenannten Schwellenhaushalte, deren Einkommen maximal 20 Prozent über dem derzeitigen Regelsatz liegt, damit auch diese Menschen wieder Bahn fahren können, und zwar frei und fröhlich.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir teilen die Kritik der Fraktion DIE LINKE ausdrücklich nicht. Sie, Frau Hannemann, zeichnen ein Bild, das fernab jeder Realität liegt.
Tatsache ist: In Hamburg gibt es die Sozialkarte, die Hilfebedürftigen einen Rabatt von 20 Euro auf alle – ich betone: auf alle – Monats- und Abo-Karten des HVV gewährt. Das hat zunächst einmal den großen Vorteil, dass hilfebedürftige Fahrgäste nicht durch ein spezielles Sozialticket, wie die Fraktion DIE LINKE es fordert, stigmatisiert werden,
sondern dass sie ermäßigte Monats- und Abo-Karten für jedermann kaufen können. Wir halten allein das für eine große sozialpolitische Errungenschaft.
Ein Sozialticket nach dem Modell der Fraktion DIE LINKE würde das Fahrkartenangebot für Hilfeberechtigte auf genau ein Ticket reduzieren, denn nach Ihrem Modell gibt es nur ein Sozialticket für alle Hilfebedürftigen. Der Preis würde nach Ihrem Modell bei etwa 25 Euro liegen. In Ihrem Antrag vergleichen Sie Ihr Modell des Sozialtickets mit unserem Modell des Sozialkartenrabatts, wobei man