Protocol of the Session on October 14, 2015

(André Trepoll CDU: Es wurde doch gerade gesagt, dass er funktioniert!)

Das unterscheidet den Bürgermeister von Ihnen, der Opposition, dass er mit Realitäten umgeht. Sie formulieren hier Sprechblasen, der Bürgermeister setzt sich mit der Realität auseinander, und das macht er sehr gut.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Die Realität ist an der Stelle doch, dass es in einer solchen Lage, in der alle Bundesländer diese Herausforderung zu bewältigen haben, einfach nicht realistisch ist, dass 13 Bundesländer sagen, er solle so bleiben, und drei Stadtstaaten sagen, man könne sich eine Änderung vorstellen. Der Asylkompromiss bietet die Möglichkeit, dass wir leichter mit Kommunen und Nachbarländern Wege finden können, Flüchtlinge extern unterzubringen. Als Stadt ist das eine besondere Herausforderung für uns. Darüber sollten wir hier gemeinsam reden und dafür sind wir alle sehr offen. Wenn wir aber eine geeignete Immobilie zum Beispiel in der Metropolregion haben, müssen wir dann auch zusammen agieren und mit der Kommunalpolitik dort sprechen und nicht die Situation haben, dass die örtliche CDU-Opposition das gemeinsam mit der CDU-Opposition der Bürgerschaft verhindert. So etwas gelingt nur gemeinsam.

(André Trepoll CDU: Mann, Mann, Mann!)

Machen wir das gemeinsam, dann haben wir auch eine Chance.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN – Dennis Gladiator CDU: Das bieten wir Ihnen seit Monaten an, Herr Dressel!)

Ich weiß nicht, wie viele Flächenvorschläge von extern es schon gibt. Wir können nachher darüber sprechen.

(Zurufe von der CDU)

Wir sind dafür offen, und wenn es eine solche Möglichkeit gibt, dann werden wir das auch machen.

(Beifall bei der SPD)

Ich will noch auf die anderen Integrationsschritte eingehen, weil diese in der Betonung der Diskussion auf das Thema Erstunterbringung zu kurz gekommen sind, obwohl sie die zentral wichtigen sind. Über die Gesundheit hat der Bürgermeister schon etwas gesagt. Die Überschrift lautet, dass wir uns darum kümmern müssen, dass die Werte unseres Grundgesetzes, unserer Rechts- und Werteordnung, eingehalten werden. Sie stehen nicht zur Disposition. Das ist unsere klare Erwartungshaltung an die Flüchtlinge. Wir stehen zu unserem Grundgesetz und laden die Flüchtlinge dazu ein, dies auch zu tun.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Zu den Zwischenfällen in Unterkünften hat der Bürgermeister etwas gesagt. Die Polizei lassen wir nicht im Stich.

(Joachim Lenders CDU: Vorsicht!)

Diesen Vorwurf lasse ich mir nicht machen und lässt sich auch dieser Senat nicht machen. Die Polizei hat unsere volle Rückendeckung, bei solchen Zwischenfällen konsequent zu reagieren.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Und wir brauchen auch in Sachen Rückführung keine Nachhilfe von der Opposition.

(Zurufe von der CDU)

Wenn Sie bei der Debatte um die Nachforderungsdrucksache zugehört hätten, dann wüssten Sie, dass die Bürgerschaft beschlossen hat, die Zahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Rückführungsabteilung zu verdreifachen.

(André Trepoll CDU: Wie viele Stellen sind besetzt?)

Das ist ein deutliches Signal, das auch ankommen wird.

(Beifall bei der SPD)

Der Kollege de Maizière ist nicht Mitglied in meiner Partei, sondern in Ihrer, und wir sind zusammen in der Bundesregierung. Der entscheidende Punkt ist doch, dass er mit dem Rückstau bei der Antragsbearbeitung im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge endlich weiterkommt, sodass es tat

sächlich etwas gibt, was man vollziehen kann, nämlich eine Entscheidung, wenn ein Bleiberecht nicht gewährt wird. Das ist der Flaschenhals, der im Moment aufgelöst werden muss.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN – Karin Prien CDU: Dann registrieren Sie die Flüchtlinge doch mal! – Zuruf von Dennis Gladiator CDU)

Wenn Sie verantwortlicher Innenpolitiker wären, Herr Kollege Gladiator, dann wüssten Sie, dass diese Sache aus Sicht aller Bundesländer der entscheidende Flaschenhals ist, der jetzt aufgelöst werden muss, damit der Antragsstau beim Bundesamt endlich aufgelöst wird.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Zu den anderen Themen wie Krippen, Kitas und Schulen hat der Bürgermeister alles Notwendige gesagt.

(Zuruf von Anna-Elisabeth von Treuenfels FDP)

Wir haben ein mitwachsendes System, das für die Integrationsherausforderung sehr gut geeignet ist.

Ich will am Schluss die Wohnungsunterbringung ansprechen. Wir haben zu Beginn über die Zelte gesprochen, und dass eine schwierige, sehr prekäre Lage herrscht, wollen wir nicht in Abrede stellen.

(Anna-Elisabeth von Treuenfels FDP: Noch schlimmer!)

Deshalb ist das Entscheidende, dass wir mit der Perspektive Winter 2016/2017 nicht wieder in die Lage kommen, im Herbst darüber nachdenken zu müssen, ob wir die Zelte vermeiden können. Wir müssen auf festen Wohnraum setzen, und dafür müssen die Weichen jetzt gestellt werden und nicht irgendwann.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Bei allen unterschiedlichen Auffassungen, die wir sicherlich hatten, habe ich wahrgenommen, dass Sie für das Thema der Aufstockung des Wohnungsbauprogramms um die Flüchtlingsunterkünfte mit der Perspektive Wohnen konstruktive Begleitung zugesagt haben. Es geht um mehr als 5 000 Wohneinheiten in ganz Hamburg, die wir jetzt mit der Wohnungswirtschaft zusammen angehen wollen.

Ich will es noch einmal deutlich sagen, weil natürlich viele Menschen in dieser Situation Fragen haben: Wir werden alles dafür tun, dass es keine problematischen Ballungen gibt. Wir wollen Flüchtlinge mit Bleibeperspektiven und ersten Integrationsfortschritten, die dann vielleicht schon arbeiten können – wenn es eine Bleibeperspektive gibt, dann wird man auch arbeiten können – und deren Kinder in eine Kita und Schule gehen, genau dort unterbringen, und wir wollen das mit einer sozialen

Infrastruktur vom Spielplatz bis zum Eltern-KindZentrum flankieren. Wir werden auch die Infrastruktur der Nachbarschaft mit einbeziehen. Es ist wichtig, dass wir aus den Zelten und Behelfssituationen herauskommen. Wir wollen, dass dieses Konzept ein Erfolg für die Integration und die Stadt wird.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Es wird auch immer darum gehen, dass der jeweils örtlich zuständige Bezirk einen Bebauungsplan aufstellt. Dazu werden wir eine Drucksache bekommen, über die wir in der Bürgerschaft beraten können. Wir können eine Flüchtlingsunterkunft erst einmal nur auf Basis einer Baurechtserleichterung genehmigen. Parallel dazu wird der Bezirk Baurecht schaffen, also einen normalen Bebauungsplan erstellen, sodass wir, wenn dieser so weit festgestellt ist, einzelne Einheiten in Wohnnutzung überführen können.

(Dennis Gladiator CDU: Nach 15 Jahren, sagt der Senat!)

Nein, das ist etwas, an dem wir gemeinsam arbeiten können, damit es zügig geht und wir vernünftige Belegungsmischungen mit Studenten und Azubis vornehmen können, da wir auch in anderen Bereichen des Wohnungsmarkts Bedarfe haben, die wir mit berücksichtigen wollen. Auch so wird das ein gutes Konzept für die ganze Stadt.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Gerade hierbei, aber auch bei all den anderen Themen, die ich benannt habe, dürfen wir keine Zeit verlieren. Es muss jetzt losgehen, damit wir eine Bezugsfertigkeit der Einheiten bis zum 4. Quartal 2016 erreichen können.

Nach alledem kann man feststellen, Hamburg handelt, Hamburg trifft Vorsorge, Hamburg schafft das, wenn wir das jetzt zusammen angehen. Das ist unser Angebot an die Stadt und das wollen wir jetzt auf den Weg bringen, hoffentlich mit Ihrer Unterstützung. – Vielen Dank.

(Lang anhaltender Beifall bei der SPD)

Als Nächster erhält jetzt das Wort Herr Dr. Tjarks von der GRÜNEN Fraktion.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Anders als mein Nachname es vielleicht suggerieren mag, kommt nur eines meiner Großelternpaare aus Norddeutschland. Die Hälfte meiner Familie kommt aus Polen, dem heutigen Lódz. Der Krieg hat sie als Flüchtlinge nach Norddeutschland gespült, und sie haben hier nach unendlich langer Integration eine Heimat gefunden. Obwohl ich nicht gerade ein Kind der Nachkriegszeit bin, ist in meinem familiären biografischen Erleben die Flucht präsent. Ich vermute,

(Dr. Andreas Dressel)

dass viele in unserem Haus ähnliche Familiengeschichten teilen. Die eigene Biografie verpflichtet sicher nicht mich allein. In zwei Weltkriegen haben wir nicht nur uns Deutsche, sondern Millionen anderer Menschen in Europa mit unseren kriegerischen Handlungen zu Vertriebenen und Flüchtlingen gemacht. Viele von uns sind nicht nur durch die familiäre Biografie verpflichtet, wir tragen auch eine gemeinsame historische Verpflichtung, und deswegen ist das Recht auf Asyl für politisch Verfolgte Teil unseres Grundwertekanons, und wir werden es mit der Kanzlerin und gegen die CSU verteidigen.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)