Wo sind denn die Spitzennoten, die Sie aus dem "Spiegel" zitiert haben? Die sind doch nicht in Hamburg, das stimmt doch nicht. Die sind in ganz anderen Bundesländern.
Es ist also überhaupt kein Abitur light. Sie reden hier etwas kaputt, was wir mit allen Anstrengungen versuchen, zu erreichen. Daran hat die CDU übrigens einmal mitgewirkt. Die SPD hat mit den GRÜNEN gemeinsam diesen Faden aufgenommen, und es ist richtig, dass wir diesen Weg weitergehen. Das Zentralabitur wird einen wichtigen Beitrag dazu leisten.
Es ist richtig, es geht nur schrittweise, weil man alle Bundesländer mitnehmen muss. Es ist richtig, man muss in einigen Bereichen auch noch nacharbeiten, ich denke, vor allen Dingen in Mathematik und in den Naturwissenschaften. Aber, meine Damen und Herren, lassen Sie uns das Hamburger Abitur nicht kaputtreden. Lassen Sie uns das bildungspolitische Ziel, das wir haben, nämlich mehr Bildungsgerechtigkeit und höhere Leistungsspitzen zu erreichen, nicht kaputtreden. – Vielen Dank.
(Heike Sudmann DIE LINKE: Und die Bürge- rinnen, meinten Sie! – Vereinzelter Beifall bei allen Fraktionen)
Die Zielrichtung der Anfrage und die Ausführungen von Frau von Treuenfels führen unserer Meinung nach in mehrfacher Hinsicht in eine ziemlich falsche Richtung. Eine weitere undurchdachte und schnelle Zentralisierung des Abiturs, insbesondere unter dem Kriterium der Konkurrenz zu den vermeintlichen Vorreitern Bayern und Sachsen, ist aus unserer Sicht nicht wünschenswert.
In Flächenländern und Stadtstaaten gibt es gravierende regionale Unterschiede bei Bedarfen an Förderung und Bildungsgestaltung, und das nicht zu berücksichtigen, wird die Bildung an den Schulen nicht qualitativ verbessern.
Es war schon zu meiner Schulzeit so, und es ist auch heute noch so, es ist nicht anders geworden: In Bayern wird in der Schule tendenziell weit mehr auswendig gelernt und, Sie haben es schon sehr gut beschrieben, abfragbares Wissen gepaukt, das dann aber auch relativ schnell wieder vergessen wird. Studien setzen immer Kriterien an, und die Studien, die Sie zitieren, setzen gerade solche Kriterien an, die so ein Wissen ins Zentrum stellen. In Hamburg und Schleswig-Holstein zum Beispiel werden tendenziell weit mehr, wenn auch noch immer viel zu wenig, analytische Methoden gelehrt und insbesondere auch soziale Kompetenz, Toleranz und emotionale Intelligenz geschult. Diese wichtigen Fähigkeiten sind aber nicht so leicht in mathematischen Zahlen auszudrücken. Das soll aber nicht heißen, dass sie in den Erwägungen, wie wir Bildung gestalten wollen, nicht berücksichtigt werden sollten. Hier müssen wir umdenken.
"[…] 'völlig überflüssig und sinnlos. Es ist überhaupt nicht geeignet, die soziale Wirklichkeit einer Schule abzubilden.' Aufgrund ihrer unterschiedlichen Ausgangsbedingungen – Schülerklientel, Lehrer[Innen]versorgung,"
Wenn wir das jetzt einmal übertragen auf die Rankings, die bundesweit zum Vergleich der Länder stattfinden, dann ist es dort genauso. Wir haben völlig unterschiedliche Ausgangsbedingungen. Wir haben unterschiedliche Lagen, und die müssen wir analysieren und daraufhin sehen, wie wir die Bildung verbessern. Da, finde ich, gehen sowohl die
Studien, die das sehr kurzfristig und nicht ganzheitlich denken, als auch Sie mit Ihrer Anfrage und Ihrem Anliegen nicht in die richtige Richtung.
Wenn wir uns eine auch nur etwas differenziertere Betrachtungsweise anschauen, wie zum Beispiel die Studie "Bildung auf einen Blick" der OECD – eine meiner Lieblingsstudien, weil sie unterschiedliche Aspekte beleuchtet und dann aus der Gesamtanalyse ein ganzheitliches Bild entwickelt –, werden wir feststellen, dass wir ganz andere Probleme haben. Diese Probleme haben wir in Hamburg, aber auch bundesweit; Sie sind schon ein Stück weit darauf eingegangen, Frau von Berg. Ja, die Bildungsgerechtigkeit hat etwas zugenommen. Aber es ist in Hamburg und bundesweit immer noch ein großes Manko, dass die Chancengleichheit in der Bildung nicht da ist und Bildung immer noch abhängig vom Wohnort
Ich zeige einmal eine Perspektive auf: In den skandinavischen Ländern ist die Bildung, und zwar die Schulbildung und auch die höhere Bildung, so gut ausfinanziert,
dass Förderprogramme aufgelegt und genügend Lehrerinnen und Lehrer eingestellt sind, sodass Unterschiede in der Sozialisation, der Herkunft und der finanziellen Stärke der Menschen ausgeglichen werden. – Herr Kruse, schön, dass Sie das lächerlich finden. Ich weiß, auch aus der gestrigen Diskussion, dass Sie einen elitäreren Ansatz haben. Den teile ich bei Weitem nicht. Ich denke – und das sagt auch die OECD –, es ist das Wichtigste, dass soziale Gleichheit in der Bildung hergestellt wird,
Es wäre ein schönes Ziel, mit Hamburg dorthin zu kommen, wo wir in Skandinavien, trotz leichter Einschränkungen, schon lange sind. Das umzusetzen, dazu fehlt leider bei Rot-Grün der Wille. Es fehlt der Wille, etwas an der starrköpfigen Haltung zur Schuldenbremse zu ändern. Die SPD-Linke hat es schon vorgemacht: Vielleicht müsste man einmal
Vermögensteuern erheben, vielleicht müsste man Erbschaftsteuern erheben. Ja, man muss umdenken. Anstatt in Olympia und Leuchtturmprojekte zu investieren, müssen wir mehr in die Schulen investieren. Ansonsten kann ich mich in Teilen Frau von Berg anschließen. – Danke.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen in der Bürgerschaft! Vergleichbarkeit von Bildungsabschlüssen ist ein zentrales, wichtiges Problem. Ich selbst weiß, wovon ich spreche. Wenn man Volkswirtschaft studiert und hat eine Drei in Köln oder Münster, dann ist das in aller Regel sehr viel mehr wert als eine Eins oder Zwei von sehr vielen anderen Universitäten in Deutschland. Das ist in diesem Fall vielleicht nicht ganz so schlimm wie in der Schule, weil die Arbeitgeber häufig wissen, wo ein Abschluss etwas wert ist und wo er relativ locker vergeben wird. Das ist in der Schule anders. Hier ist es so, dass häufig Zugänge verschafft werden durch numerische Notenvergleiche. Deshalb ist das Zentralabitur eine eminent wichtige Angelegenheit, und ich bin Frau von Treuenfels dankbar, dass sie eine, wie ich finde, sehr gute, ausgefeilte Anfrage gestellt hat. Vieles von dem, was Sie oder auch Frau Prien in der Diskussion gesagt haben, kann ich unmittelbar unterschreiben. Ich finde sogar in weiten Teilen die Antwort des Senats ganz gut, weil man daran merkt, dass sie sich Mühe geben, im Detail klarzumachen, wie sie es tun. Nur finde ich die politischen Schlussfolgerungen etwas kurz gesprungen, denn wir haben das Zentralabitur nicht einmal für fast alle Fächer wirklich in Planung, und wir haben auch nicht in Planung, generell das Abitur als Zentralabitur zu gestalten. Das sollte unbedingt gemacht werden.
Nun habe ich eben die Anfrage und vor allen Dingen ihre Beantwortung gelobt. Das gilt nur bis Seite 6. Auf Seite 7 wird es, darauf möchte ich hinweisen, eine Katastrophe. Die FDP fragt an dieser Stelle, ob man stichprobenartig Klausuraufgaben in anderen Bundesländern habe korrigieren lassen. Das finde ich extrem vorsichtig formuliert. Der Senat antwortet, nein, das werde nicht gemacht, weil dadurch die Bearbeitungszeiten der Lehrer weiter verkürzt würden. Das ist wirklich lächerlich. Die Bearbeitungszeit würde doch nur um die Zeit verkürzt, die es braucht, um eine Abiturarbeit von Hamburg nach Leipzig oder von Bremen nach Nürnberg zu schicken, oder, alternativ gesprochen, so lange, wie eine Sekretärin braucht, um die Arbeit einzuscannen und rüberzumailen. Es ist absolut lächerlich, mit dem Zeitargument zu operieren, und es ist klar ersichtlich, dass der Senat das ge
Eigentlich sollten wir grundsätzlich immer anonymisierte Prüfungen haben, die nicht im gleichen Bundesland korrigiert werden, sondern in allen Bundesländern, verteilt nach einem stochastischen Verfahren, sodass man wirklich eine adäquate, bundesweit vergleichbare Bewertung hat. Denn es ist natürlich immer so, dass ich, wenn ich als Lehrer meine eigenen Schüler bewerte, mit schlechten Noten auch ein wenig mich selbst und das Land, in dem ich operiere, schlecht bewerte. Hinter den Bewertungen steckt dann gar keine betrügerische Absicht, sondern das ist ganz natürlich. Das ist immer ein Problem, wenn solche Vergleiche vorgenommen werden, und ich glaube, das kann man vermeiden, indem man es bundesweit macht. Ich würde erst dann glauben, dass Hamburg im Bundesvergleich konkurrenzfähig ist, wenn bei bundesweiten Prüfungsvorgaben und Durchsichtkategorien herauskommt, dass die Hamburger konkurrenzfähig – und ich hoffe sogar, überdurchschnittlich – sind. Aber, wie gesagt, darauf kommt es noch an.
Als Letztes komme ich zu einem Punkt, wo ich ein klein wenig Wasser in den Wein gieße, den ich selbst produziert habe: Man kann mit zentralen Prüfungen nicht alle Fähigkeiten gleichermaßen gut abprüfen. Ich meine nicht nur Teaching to the Test, das ist immer ein Problem, ich meine, dass man auf diese Weise natürlich vorrangig Faktenwissen prüft und nicht das, was mit dem klassischen deutschen Bildungsideal gemeint ist, einem Bildungsideal übrigens, das als Erfolgsmodell um die Welt gegangen ist. Das klassische Humboldtsche Bildungsideal in der Schule heißt: Wir wollen nicht nur Fakten beibringen, wir wollen die Leute auch zu mündigen, kritikfähigen Bürgern erziehen. Das sollte die Schule in jedem Fall auch tun. Wir sollten nicht, wie viele andere Länder, nur die Faktenkenntnis abprüfen und daraus am Ende eine Note machen, die über den weiteren Bildungsgang entscheidet. Aber das könnte man relativ einfach machen, indem man auf dem Abiturzeugnis ausweist: Folgende Noten sind entstanden aus zentralen, bundesweit einheitlichen Fragestellungen und Bewertungen, und folgende Noten sind von Lehrern vergeben worden, die die Schüler längere Zeit kennen und eine andere Kategorie abprüfen, nämlich den Schüler als Bildungsbürger oder kritikfähigen Bürger. Man kann also beide Kategorien im Abiturzeugnis nebeneinanderstellen, aber man sollte auf jeden Fall mit dem Zentralabitur so weit vorangehen wie irgend möglich. Deshalb wird meine Fraktion dem Antrag der FDP-Fraktion zustimmen.