Protocol of the Session on September 16, 2015

Verehrte Kollegen der LINKEN! Wer vor dem Hintergrund der Schuldenbremse weiterhin einfach laut nach der Komplettfinanzierung aus dem großen Topf des Finanzsenators schreit, der hat die Realität noch nicht verstanden

(Heike Sudmann DIE LINKE: Wir reden über Einnahmensteigerung!)

und handelt unverantwortlich.

(Beifall bei der SPD)

Es mag Ihnen nicht gefallen, aber keiner Ihrer Anträge der letzten Jahre, weder auf Bezirks- noch auf Bürgerschaftsebene, hat irgendein tragfähiges Konzept mit einer alternativen Finanzierung hervorgebracht. Sie fordern einfach nur Geld aus dem großen Topf. Die Stadt soll machen. Das ist kurzsichtig.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei den GRÜNEN)

Sie waren es auch, die 2009 dafür gekämpft haben, dass sich die Bürgerinnen und Bürger eben nicht für die Vorlage der Bezirksversammlung entscheiden. Sie haben dazu beigetragen, dass es einen sehr, sehr langen Sanierungsstau gibt und die Planungen für das Bad jahrelang hinausgezögert wurden.

(Deniz Celik)

(Beifall bei René Gögge GRÜNE)

Noch einmal ein Blick zurück, um aufzuzeigen, dass natürlich auch Bürgerbeteiligung stattgefunden hat. Was ist seit 2009 passiert? Im April 2009 gab es den Bürgerentscheid. Danach wurden die Planungen erst einmal gestoppt. Auf Initiative der Bezirksversammlung trafen sich dann ab Juni 2010 Initiative, Bezirkspolitik, Verwaltung und Bäderland an mehreren runden Tischen und haben das Konzept wirklich noch einmal komplett neu diskutiert, auf den Kopf gestellt und alle möglichen Alternativen für bauliche Nutzungskonzepte geprüft. Danach haben sich in zahlreichen Arbeitsgruppen, immer unter Beteiligung der Initiative, viele Menschen zusammengefunden und auch einen kompletten Neubau diskutiert. Und schließlich wurde in mehreren Informationsveranstaltungen die Öffentlichkeit informiert und beteiligt, auch durch Befragungen von Bäderland. Hinzu kamen, Stichwort Breitensport, zahlreiche Gespräche mit ortsansässigen Vereinen und Verbänden, dem Hamburger Schwimm-Club, dem Triathlon Verband, dem Behinderten- und Rehabilitations-Sportverband Hamburg und anderen. Man sieht also, dass das vorliegende Badkonzept und die vorgesehene Bebauung nicht im Hinterzimmer entstanden sind, sondern das Ergebnis eines breiten Beteiligungs- und Abstimmungsprozesses sind.

(Deniz Celik DIE LINKE: Mit wem denn?)

Diskussionsergebnisse und Wünsche wurden in die Planungen integriert. So wird es zum Beispiel eine 50-Meter-Bahn geben, die es in den ursprünglichen Planungen für den Bürgerentscheid 2009 nicht gegeben hat.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei den GRÜNEN)

Ohlsdorf erhält nun ein Schwimmbad, das eine deutliche Aufwertung gegenüber dem bestehenden Bad darstellt, unter anderem aufgrund dieses eben erwähnten 50-Meter-Beckens, das eine Verdoppelung der ganzjährig nutzbaren Wasserfläche darstellt. Vorgesehen sind ein flexibel verwendbares Kursbecken, neue Indoor-Kinderspielplätze, Außenwasserspielplätze und eine Fassade, die komplett nach außen zu einer 6 000 Quadratmeter großen Liegefläche geöffnet werden kann. Die Eintrittspreise bleiben stabil auf dem Niveau der Regionalbäder, auch das ein sehr wichtiger Punkt für uns.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Werte Kollegen der LINKEN! Wenn man sich vor dem Hintergrund dieses Angebots die in Teilen doch sehr vehemente und emotionale Diskussion anschaut, fragt man sich schon, worum es eigentlich geht.

(Deniz Celik DIE LINKE: Um Daseinsvorsor- ge und Bürgerbeteiligung!)

Bei aller Sympathie für dieses Freibad und die Tätigkeiten vor Ort, es kann nicht sein, dass aufgrund eines 50-Meter-Außenbeckens – Stichwort Hamburger Sommer – ein Schwimmbadkomplettneubau, über den sich alle Hamburger Stadtteile freuen würden, von Ihnen komplett abgelehnt wird.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN – Glocke)

Erster Vizepräsident Dietrich Wersich (unterbre- chend): Frau Abgeordnete, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Dolzer?

Ich würde sehr gern weitersprechen; ich glaube, wir haben noch ein paar weitere muntere Runden vor uns.

Dann machen Sie das.

(Martin Dolzer DIE LINKE: Das ist aber igno- rant!)

– Damit müssen Sie leben im parlamentarischen Gebrauch.

(Beifall bei Dr. Andreas Dressel SPD und Dr. Anjes Tjarks GRÜNE)

Jetzt haben Sie mich aus dem Konzept gebracht. – Es geht voran. Es geht vor allem voran, das war ein schönes Stichwort von Ihnen, mit dem Breitensport und dem Schwimmunterricht. Denn gerade die Schulen und Schwimmvereine haben gesagt, dass sie auf das besagte Außenbecken, das für Sie unter anderem der Casus knacksus ist, verzichten können und viel lieber das flexibel nutzbare ganzjährige Angebot haben. Das entspricht genau dem, was Sie in Ihrem Antrag geschrieben haben. Dort steht nämlich:

"[…] sportliche Angebote [müssen] erweitert und nicht verringert werden."

Exakt das machen wir mit diesem neuen Schwimmbadkonzept,

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

und dann sprechen Sie davon, dass wir den Breitensport vernachlässigen. Das passt nicht zusammen. Übrigens begrüßt auch der DLRG-Landesvorstand dieses Konzept sehr, Stichwort Schwimmen und Sicherheit von Schwimmerinnen und Schwimmern.

Noch ein Wort zur Naherholungsmöglichkeit, die Sie in Ihrem Antrag erwähnen. Ich habe es eben schon gesagt: Eine 6 000 Quadratmeter große Liegefläche gibt es nach wie vor. Sie kann in gewohnter Weise genutzt werden. Der Erholungswert wird in keiner Weise beeinträchtigt.

(Dirk Kienscherf SPD: Und man kriegt kei- nen Sonnenbrand mehr beim Schwimmen!)

Wie geht es nun weiter? Das Baugenehmigungsverfahren für das neue Bad ist in Arbeit. Der Weiterbetrieb der aktuellen Schwimmhalle ist bis zur Fertigstellung des Neubaus gewährleistet, es wird also keine Einschränkungen im Schwimmbetrieb geben. Der Senat hat das Bezirksamt HamburgNord aufgefordert, das für die geplante Wohnbebauung erforderliche Baurecht herzustellen. Der vorhabenbezogene Bebauungsplan Ohlsdorf 28 bleibt damit im Bezirk und ist derzeit in Vorbereitung.

(Deniz Celik DIE LINKE: Das hätte der Be- zirk auch allein machen können!)

Dieses Vorgehen des Senats ist übrigens völlig legitim laut Bezirksverwaltungsgesetz, das 2006 unter der CDU reformiert wurde und dies als Möglichkeit ausdrücklich vorsieht. Nach sehr sorgfältiger Abwägung ist dies für uns der absolut richtige Schritt, um die dringend nötige Modernisierung des Schwimmbads Ohlsdorf nun nach jahrelangen Diskussionen endlich umsetzen zu können.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Eine weitere Verzögerung, wenn wir die Diskussion noch einmal komplett neu aufrollten, hätte möglicherweise die Schließung des Bads zur Folge, und das kann niemand hier ernsthaft wollen.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Noch ein Wort in Richtung CDU. Ihr Antrag trägt den wunderbaren Titel "Demokratie stärken". Wenn in einem Hamburger Stadtteil nach langer Diskussion ein neues Schwimmbad und 120 Wohnungen gebaut werden, dann ist das eine gute Entwicklung, von der sehr viele Menschen profitieren. Davon wird sicherlich nicht die Demokratie geschwächt. Und erlauben Sie mir die Bemerkung: Wir brauchen von Ihnen, liebe CDU, bestimmt keine Nachhilfe in Sachen Bürgerbeteiligung.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei den GRÜNEN – Cansu Özdemir DIE LINKE: Doch!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben heute bereits zum dritten Mal in der Bürgerschaft über das Schwimmbad Ohlsdorf gesprochen. Das zeigt die große Bedeutung von Schwimmbädern allgemein für unsere Stadt. Die Diskussionen im Bezirk und bei Bäderland um dieses Schwimmbad gehen nun fast zehn Jahre, eine sehr, sehr lange Zeit. Wir denken, dass wirklich alle Anliegen sehr ernst genommen und sehr ernst geprüft wurden, auch wenn es im Endeffekt nicht zu einem Kompromiss mit der Initiative kam. Wir haben ein für die Bevölkerung gutes und auch ein wirtschaftlich tragfähiges Konzept vorliegen. Jetzt ist es an der Zeit, dass es realisiert wird. Wir möchten, wie in unserem Antrag gefordert, weiterhin über die Umset

zung informiert werden. Vielleicht diskutieren wir noch einmal in diesem Hause darüber, und vielleicht lassen sich dann im Laufe der Zeit auch die LINKEN, die Kritiker und die Gegner der Planung davon überzeugen, dass das neue Schwimmbad ein Gewinn für den Stadtteil sein wird. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Das Wort erhält jetzt Richard Seelmaecker von der CDUFraktion.

Vielen Dank. – Sehr geehrter Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Konsens besteht darüber, dass das Bad auf jeden Fall renoviert werden muss. Konsens besteht auch in Bezug auf die Wohnbebauung. Es ist sicherlich eine richtige Maßnahme, das durch eine entsprechende Bebauung mit zu subventionieren. Dagegen ist gar nichts einzuwenden. Aber jetzt kommt das große Aber: das Verfahren. Sie sagen schon "Oh"; ich werde Ihnen sagen, warum das Verfahren nicht in Ordnung ist. Das Verfahren ist deswegen nicht in Ordnung, weil der Senat es an sich zieht, wenn ihm Volkes Wille nicht passt. Das muss mir nicht passen – mir passt es ja innerlich, dass dort eine Wohnbebauung hinkommt, und der Fraktion der CDU-Kollegen der Bezirksversammlung Hamburg-Nord auch –, nur wenn ich es an mich ziehe, dann muss ich es auch sauber und ordentlich machen, und das ist hier nicht der Fall. Denn was hat der Senat gemacht? Er macht eine Weisung. Das heißt, er zwingt den Bezirk. Mach es so, wie ich es will, hier sind die Vorgaben, friss oder stirb. Vor Ort wird nichts mehr entschieden in dem Sinne. Der Senat hat auf eine Schriftliche Kleine Anfrage des Kollegen Duwe bezüglich der Weisung geantwortet, das entspräche grundsätzlich der Verantwortung des Senats gegenüber der Bürgerschaft. Meine Damen und Herren! Bei aller Wertschätzung für Schwimmbäder: Wir müssen hier nicht über ein einzelnes Schwimmbad sprechen. Das ist etwas, was originär in den Bezirk gehört und dort entschieden werden muss.

(Beifall bei der CDU und der LINKEN)

Zu dem Argument, das habe so lange gedauert. Ich sage nur: Langenhorn 73, Winterhude 42, Ohlsdorf 28. Das ist jetzt das dritte Mal, übrigens immer im Bezirk Hamburg-Nord. Wenn der Finanzsenator heute hier wäre, der auch Kreisvorsitzender der SPD Hamburg-Nord wäre

(Dr. Andreas Dressel SPD und Jan Quast SPD: Ist er sogar!)

Entschuldigung: ist –, dann würde ich ihm das gern einmal vorhalten. Er entscheidet offenbar ganz knackig in dem Sinne, das könne man alles an sich ziehen. Das kann man machen. Aber, und

(Dorothee Martin)

da bin ich bei Ihnen, Herr Tjarks, und bei Ihnen, Herr Dressel, weil Sie immer gern darauf verweisen, wie das letzte Wahlergebnis für die CDU ausgefallen ist – in der Tat unerfreulich –, bei dieser Art und Weise, mit der Sache umzugehen, wird Ihnen das vor die Füße fallen, das ist nur eine Frage der Zeit. Das kann man so schnittig machen, das gefällt aber den Menschen überhaupt nicht, denn es ist nicht transparent, und es ist keine Bürgerbeteiligung. Da können wir sicher sein.