Die Zahl der Menschen, die neben ihrem Hauptjob einen Minijob ausüben, stieg in diesem Zeitraum sogar um über 180 Prozent, ein klares Anzeichen dafür, dass die Löhne und Gehälter in Hamburg immer seltener zum Leben und Überleben ausreichen. Weiterhin müssen rund 30 000 Menschen aufstocken und sind trotz Arbeit arm. Das finden wir einfach nur beschämend.
Angesichts dieser Zahlen ist es doch ein Schlag ins Gesicht der Betroffenen, wenn von der "Stadt der Guten Arbeit" gesprochen wird. Es ist längst überfällig, mit wirksamen Maßnahmen auch mehr Druck auf die private Wirtschaft auszuüben, denn bis jetzt hat der Senat in diesem Punkt leider versagt. Da wird zum Beispiel ein als gewerkschaftsfeindlich bekanntes Versandhaus auf der Peute angesiedelt, dessen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter häufig als Scheinselbstständige mit nahezu
schrottreifen Lieferwagen Pakete ausliefern. Da gibt es bei den Kriterien zur Vergabe von öffentlichen Flächen an Unternehmen kein einziges Kriterium, das etwas mit der Qualität der entstehenden Arbeitsplätze zu tun hat. Da sollen städtische Unternehmen bis 2020 einen tariflichen Mindestlohn von 12 Euro vereinbaren – und was macht die Geschäftsleitung von Bäderland? Sie zahlt Prämien an Streikbrecherinnen und Streikbrecher, damit dies nicht umgehend durchgesetzt wird. Herr Rose, da müssten auch Sie rot vor Scham werden.
Über die Investitions- und Förderbank vergibt die Stadt Millionensummen an vergünstigten Krediten. Soziale Kriterien? Gute Arbeit? Fehlanzeige. Und Sie weigern sich, den städtischen Mindestlohn ins Vergabegesetz zu schreiben, dort zu verankern, und das, obwohl viele andere Bundesländer das vormachen und einen höheren vergabespezifischen Mindestlohn als den Mindestlohn festgelegt haben, der auf Bundesebene gilt.
Nein, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD und den GRÜNEN, das, was hier gespielt wird, ist die Stadt der leeren Versprechungen und zur "Stadt der Guten Arbeit" ist es noch ein weiter Weg. – Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Zunächst einmal möchte ich Hamburg und der Hamburger Wirtschaft zu einer Million sozialversicherungspflichtiger Jobs gratulieren.
Das ist eine tolle Leistung der Hamburger Unternehmen, die so viele Jobs geschaffen und so viele Menschen eingestellt haben. Verständlich, dass der Senat nun versucht, sich dafür abfeiern zu lassen. Tatsächlich zu verantworten hat der Senat aber in erster Linie einen ungebremsten und überproportionalen Personalaufwuchs, den Hamburg in Zukunft teuer bezahlen muss.
Diese prestigeträchtig klingende Zahl von einer Million sollte aber keineswegs all die nicht gemachten Hausaufgaben des Senats überdecken. Die Zahl der Arbeitslosen in Hamburg liegt deutlich über dem Bundesdurchschnitt. Zudem werden viele Arbeitssuchende in Maßnahmen gesteckt und andere geschickt aus der Statistik herausgerechnet. Um bürokratische Anforderungen zu erfüllen, müssen inzwischen Unternehmen unter steigen
dem Personaleinsatz einen immer größer werdenden finanziellen Aufwand betreiben, anstatt sich auf ihr Kerngeschäft konzentrieren zu können. Zudem fehlt dem aktuellen Senat der Blick über den Tellerrand. Hamburg kann so viel mehr, und Hamburg ist nicht allein. Der Metropolregion Hamburg bietet sich die Chance, über Kommunal-, Länderund Staatsgrenzen hinweg tätig zu werden. Eine stärkere Zusammenarbeit insbesondere mit Skandinavien würde das internationale Profil stärken.
Die OECD hat kürzlich in ihrem Bericht die Versäumnisse in der Metropolregion Hamburg aufgedeckt. Die Metropolregion Hamburg könnte viel stärker von ihrer günstigen strategischen Lage an dem Verkehrs- und Handelskorridor, der Deutschland mit Dänemark, Schweden und Norwegen verbindet, profitieren.
Beim Wachstum des Pro-Kopf-BIP ist die Metropolregion Hamburg hinter alle anderen Metropolregionen zurückgefallen. Die Arbeitsproduktivität ist gemessen am Durchschnitt vergleichbarer Metropolregionen des OECD-Raums eher gering. Das liegt unter anderem an einem vergleichsweise geringen Kompetenzniveau und einer geringen Innovationskapazität. Bei standardisierten Leistungsvergleichen liegen die Schulen und Universitäten der Metropolregion Hamburg nur im unteren Mittelfeld. Der Anteil der im Hightech-Bereich Beschäftigten beträgt gerade mal 4,8 Prozent. Die Forschungs- und Entwicklungsausgaben sind eher niedrig; sie betragen in der Metropolregion Hamburg nur 0,8 Prozent des BIP. Das ist der zweitniedrigste Wert und weit entfernt von 3 Prozent EU-Zielwert für 2020.
Es mangelt an alternativen Finanzierungsquellen, wie beispielsweise Risikokapital für Innovationen des privaten Sektors. Die Humankapitalausstattung ist geringer als in anderen deutschen Metropolregionen. Die Unternehmen haben mit Fachkräftemangel zu kämpfen. Es fehlt eine gemeinsame Marketingstrategie, die die Metropolregion Hamburg für Fachkräfte, Unternehmen und Touristen sichtbarer und attraktiver macht. Das heißt zusammengefasst, alles in allem eine sehr tolle Leistung der Hamburger Wirtschaft trotz vieler unerledigter Hausaufgaben des Senats.
Liebes Präsidium, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist großartig, was Hamburger Unternehmer geleistet haben und dass wir über eine Million sozialversicherungspflichtige Beschäftigungen haben. Als nicht ursprünglich Hamburger bin ich echt darüber begeistert, dass über 150 000 Menschen indirekt oder direkt im Hafenbetrieb und im Gesundheitsbereich beschäftigt sind. Was Hamburg im Dienstleistungsbereich in den letzten Jahren mit 230 000 Beschäftigten geschafft hat, ist wirklich großartig. Aber wo Licht ist, ist auch Schatten.
Wenn wir uns das anschauen – es wurde schon von meinen Vorrednerinnen und Vorrednern genannt –, arbeiten mindestens 25 Prozent der Beschäftigten im Niedriglohnsektor und haben weniger als 10,80 Euro Stundenlohn, womit sie ein sehr kärgliches Leben fristen müssen. Dann gibt es noch zig Tausende Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die eine Aufstockung vom Jobcenter benötigen. Diese Zahl variiert, einmal 20 000, einmal 30 000, und die Tendenz ist steigend. Dieser einen Million stehen 180 000 Hartz-IV-Empfänger gegenüber, oftmals hoffnungslos, in Arbeit zu kommen. Von diesen 170 000 Menschen können theoretisch 65 000 arbeiten gehen, sind also nach SGB II arbeitsfähig. Des Weiteren gibt es 40 000 Arbeitslose, die Arbeitslosengeld 1 erhalten. Also haben wir in unserer Stadt 110 000 Arbeitslose. Es ist eine unglaubliche Herausforderung für die Jobcenter, zu realisieren, dass diese in Arbeit kommen. Darüber hinaus finden immer weniger Jugendliche Arbeitsstellen, weil die Arbeitgeber mittlerweile hohe Anforderungen stellen.
Dann haben wir 180 000 Minijobber, darunter viele als Zweitjobber, weil das eigentliche Einkommen nicht ausreicht. Man muss auch bedenken, dass viele alleinerziehende Frauen versuchen, im Minijob in eine Teilzeitarbeit hineinzukommen; aber auch hier fehlen die Berufsausbildungen. In dieser Diskussion fällt auch unter den Tisch, dass die Arbeitsagentur 15 500 freie Stellen hat und im Bereich Gesundheitswesen, Altenpflege und wirtschaftliche Dienstleistungen Fachkräfte gesucht werden. Liegt die Arbeitslosenquote der Deutschen bei 7 Prozent, so ist diese bei unseren Bewohnern mit Migrationshintergrund sehr hoch: 11 Prozent der EU-Ausländer haben eine hohe Arbeitslosigkeit. Das heißt, hier muss kräftig neu gedacht werden, hier müssen Strukturen und Maßnahmen gefunden werden, nicht nur, um Arbeitslose irgendwo zu parken, sondern um sie professionell an die Hand zu nehmen, um sie in Arbeit zu bringen und sie nicht nur für drei oder vier Monate, sondern längerfristig integrieren zu können.
Dann – Herr Trepoll hat das schon angesprochen – arbeiten hier 350 000 Pendler, die von Niedersachsen oder Schleswig-Holstein nach Hamburg kommen. Das heißt, der Senat müsste auch im Verkehrswesen mehr Dampf machen. Täglich ist dieser Kollaps in Harburg, im Süden, zu sehen; es ist unglaublich, welch hoher wirtschaftlicher Schaden entsteht. Wirtschaftsfachleute haben ihre eigene Meinung dazu. Betrachten wir das Ganze einmal unter dem Damoklesschwert Target2. Fachleute sagen, solange Deutschland anderen Volkswirtschaften des Euroraums unverzinste und ungesicherte Kredite gewähre, damit diese dann deutsche Waren, Dienstleistungen, Immobilien und Vermögenstitel kaufen oder abkaufen, werde dieses System nicht lange anhalten. Handel und Wandel sind da, wir bezahlen aber unsere Exporte selbst. Ein System, das unbegrenzte Überziehungskredite zulässt, wird politisch irgendwann einen Kollaps erleiden. Es ist auch nicht das Verdienst des Hamburger Senats, dass hier neue Arbeitsplätze geschaffen worden sind. Im Hintergrund steht die EZB mit 30 Milliarden Euro, die sie Monat für Monat in die Wirtschaft hineinpumpt. Dass das auch in unserer Stadt die Wirtschaft künstlich aufpeppt, dürfte jedem klar sein. Die Frage ist nur, wie lange dieses System noch funktioniert. Hier ist eine verlässliche und vorausschauende Politik gefragt. Wir als AfD-Fraktion sind uns nicht sicher, ob das SPD und GRÜNE leisten werden. – Vielen Dank.
Sehr verehrter Herr Präsident, sehr verehrte Volksvertreter! Zwei Bemerkungen, eine zu Herrn Trepoll – jetzt ist er schon weg. Herr Trepoll lässt sich von Unternehmern, potenziellen Arbeitgebern, sagen, dass ein Fachkräftemangel besteht. Das wird durch ewige Wiederholungen natürlich nicht wahrer. Für einen Fachkräftemangel gibt es objektive Kriterien; das wichtigste ist die Entwicklung des Lohnniveaus. Wenn es wirklich so einen Fachkräftemangel gäbe, wie er immer beschworen wird, dann würden die Löhne bei uns gerade in den qualifizierten Berufen nicht deutlich niedriger sein als zum Beispiel in Dänemark, den Niederlanden, der Schweiz und Österreich. Das ist der eine Punkt.
Dann zu Herrn Schwieger. Herr Schwieger spricht von 1 007 000 sozialversicherungspflichtigen Angestellten und Arbeitern, das heißt, mehr als 1 Million Frauen und Männer in diesen Arbeitsverhältnissen. Wo ist der Fehler, Herr Schwieger? Mehr als 1 Million Männer und Frauen, Frauen und Män
ner? Sie reden doch immer so viel von Gender, wissen aber nicht, dass, wenn Sie 1 007 000 haben, dann der Wahrscheinlichkeit nach ungefähr jeweils über 1 000 ein Adrenogenitales Syndrom, ein Klinefelter-Syndrom, ein Turner-Syndrom haben oder sogenannte XYY-Männer sind. Das sind die vier häufigsten Syndrome, die zusammen mehr als ein halbes Prozent ausmachen. Dazu kommen dann noch die vielen Dutzend seltenen Syndrome, die noch einmal ein halbes Prozent ausmachen. Dann haben Sie insgesamt ungefähr 99 Prozent Frauen und Männer, und das sind dann unter einer Million. Also bitte, entweder Sie reden ständig darüber, dann seien Sie auch konsequent, oder, wenn Ihnen das zu kompliziert ist, dann seien Sie einfach still. – Vielen Dank.
Sehr verehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Eine Million sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnisse in Hamburg, das ist zunächst einmal eine gute Nachricht, denn so viele sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnisse – das, finde ich, muss man einmal aussprechen – hatten wir in dieser Stadt noch nie.
Das ist deswegen eine gute Nachricht, weil es Unternehmerinnen und Unternehmern in Hamburg gut gelingt, Menschen für sich zu gewinnen. Wir alle wissen, dass das keine leichte Aufgabe mehr ist – das ist heute schon mehrfach angesprochen worden –, denn Hamburg hat einen absoluten Fachkräftearbeitsmarkt. Menschen ohne qualifizierte Berufsausbildung haben es immer schwerer, in Arbeit zu kommen.
Echte Jobmotoren in der Stadt sind die stabile Industrie – dass das so bleibt, dazu trägt der Senat sehr wohl durch die Schaffung guter und verlässlicher Rahmenbedingungen und Bekenntnisse bei –, die Gesundheits-, aber auch vor allen Dingen die Sozialwirtschaft, und das aus zwei Gründen: Zu den neu gestifteten Arbeitsverhältnissen zählen mehrere Tausend pädagogische Fachkräfte in unserer Stadt. Das ist doppelt richtig gut, denn es bringt mehr Qualität in Schule, frühe Bildung und Betreuung, es hilft aber auch immer mehr Familien, Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu realisieren. Auch das ist in Wirklichkeit eine gute Nachricht.
Damit bin ich auch schon bei den Teilzeitarbeitsverhältnissen, die sich in dieser Million verbergen. Jeder, der statt eines 450-Euro-Jobs oder weniger
Wochenstunden Helfertätigkeit ein sozialversicherungspflichtiges Teilzeitarbeitsverhältnis eingeht, ist eine gute Nachricht, weil er nicht nur etwas für sich, sondern auch für seine Zukunft und für seine Rente tut. Deswegen ist ein Einstieg aus geringfügiger Beschäftigung in freiwillige Teilzeit, wenn sie einem ermöglicht wird, insbesondere für Frauen etwas ausdrücklich Positives. Es ist der Anfang und nicht das Ende einer Entwicklung.
Das hat vor anderthalb Jahren übrigens auch eine Untersuchung des HWWI im Auftrag der Handelskammer und der Sozialbehörde ergeben. Seit dem engagierten Kita-Ausbau und der Einführung des Rechtsanspruchs ist in Hamburg der Anteil sozialversicherungspflichtig beschäftigter Eltern gestiegen, und das ist etwas Gutes. Diesem Engagement ist es zu verdanken, dass auch diejenigen, die sich noch einmal im Erwachsenenalter jenseits der 30 auf den Weg machen, um sich beruflich zu qualifizieren, passgenaue Angebote annehmen, und das übrigens auch berufsbegleitend machen können dank des Engagements vieler Unternehmerinnen und Unternehmer, das wir inzwischen in einer Weise erleben, wie wir es vorher nicht gekannt haben. Das ist eine gute Nachricht.
Gleichzeitig sind eine Million Beschäftigte aber auch eine Hausaufgabe für uns alle, weil wir wissen, dass wir trotz dieser dynamischen Entwicklung noch eine ganze Reihe Branchen haben, in denen Menschen gesucht werden, die dort arbeiten und dazu beitragen, dass unsere Stadt Hamburg eine gute Zukunft hat. Da müssen wir noch einiges tun. Insbesondere müssen wir denjenigen, die es besonders schwer haben, Arbeit zu finden – das sind zum Beispiel 16 000 alleinerziehende Frauen in Hamburg –, mit passgenauen Angeboten, guten Förderstrukturen, Coachings auch noch dann, wenn sie einen Beruf ergriffen haben, die Möglichkeit eröffnen, dort zu bleiben und sich weiterzuentwickeln. Deswegen setzt sich der Senat dafür ein, dass wir das Qualifizierungschancengesetz des Bundes auch auf diese Weise noch mehr einsetzen können. Im Sinne dieser Menschen bitte ich um Ihre Unterstützung.