Protocol of the Session on November 6, 2019

Wer also folgt dem Antrag? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist der Antrag abgelehnt.

Ich rufe den Punkt 18 auf, Unterrichtung durch die Präsidentin: Jugend im Parlament 2019.

[Unterrichtung durch die Präsidentin der Bürgerschaft: Jugend im Parlament 2019 – Drs 21/18798 –]

Diese Drucksache möchten die Fraktionen der SPD, CDU, GRÜNEN und LINKEN federführend an den Familien-, Kinder- und Jugendausschuss sowie mitberatend an die Ausschüsse für Umwelt und Energie, Wirtschaft, Innovation und Medien, Verkehr, Stadtentwicklung, Schule, Soziales, Arbeit und Integration, Gesundheit und Europa überweisen.

Wird hierzu das Wort gewünscht? – Frau Veit, Sie haben es für die SPD-Fraktion.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist richtig, dass die Mehrheit der Mitglieder dieses Hauses die Lebensmitte eher überschritten hat. Das bedeutet aber nicht, dass uns die Interessen, Anliegen, Sorgen und Ideen der jungen Menschen nicht ausgesprochen am Herzen liegen.

(Beifall bei der SPD, der CDU, den GRÜ- NEN, der LINKEN, vereinzelt bei der FDP und bei Dr. Alexander Wolf AfD)

Zum 25. Mal fand vom 16. bis 20. September 2019 unser Planspiel "Jugend im Parlament" statt, zum großen Teil in diesem Plenarsaal. 116 junge Menschen haben engagiert und meistens äußerst lösungsorientiert diskutiert, wurden dabei von Abgeordneten aller Fraktionen, von externen Expertinnen und Experten, von Behördenmitarbeiterinnen und -mitarbeitern unterstützt. Die jungen Leute haben das als hilfreich und den Umgang mit ihnen als wertschätzend betrachtet und sich am Ende dafür bedankt, und dem schließe ich mich sehr gern an.

(Beifall bei der SPD, der CDU, den GRÜ- NEN und bei Heike Sudmann DIE LINKE)

Über die Inhalte, mit denen sich die Jugendlichen befassen wollten, hatten sie, wie im vergangenen Jahr auch schon, vorher online abgestimmt. Neben Umweltpolitik waren die Spitzenreiterthemen Schulpolitik beziehungsweise Bildung, Verkehrspolitik, Europäische Union und Soziales, Arbeit und Integration. Unsere Gäste waren zwischen 15 und 21 Jahre alt. In dieser Altersstufe liegen da schon auch Welten dazwischen; das muss man, glaube ich, bedenken. Sie kamen aus 14 Betrieben, 50 weiterführenden Schulen, der HAW und der Universität, also eine wirklich große Bandbreite. Aber alle vereinte das Interesse am Funktionieren der parlamentarischen Demokratie und an der Weiterentwicklung unserer Heimatstadt, und das darf uns sehr freuen.

(Beifall bei der SPD, der CDU, den GRÜ- NEN, der FDP und bei Heike Sudmann DIE LINKE)

Interessant ist vor allem, wie dabei in dieser kurzen und kompakten Zeit wirklich vernetzt gedacht wurde und wie sehr die jungen Leute versucht haben, unterschiedliche Interessen unter einen Hut zu

(Detlef Ehlebracht)

bringen. Konsens und Verständigung ziehen sich durch alle vorgelegten Resolutionen. Erkennbar wurde versucht, ausgewogen und realitätsnah breit akzeptierbare Lösungen zu finden. Das ist wirklich eine große Leistung. Das ist nicht selbstverständlich, das verdient unseren großen Respekt.

(Beifall bei der SPD, der CDU, den GRÜ- NEN, der FDP und bei Heike Sudmann DIE LINKE)

Aber in den Ausschüssen war überhaupt nicht Friede, Freude, Eierkuchen. In den einzelnen Kapiteln werden durchaus gravierende Konflikte aufgegriffen. 600 000 Kreuzfahrtpassagiere pro Jahr werden als Wirtschaftsfaktor anerkannt und durchaus mit Stolz auf unsere attraktive Stadt registriert. Die damit verbundenen Luftverschmutzungen werden nicht nur erwähnt, sondern es werden auch noch Lösungsvorschläge erarbeitet. Diese gibt es auch für schöne, aber eben sehr schmutzige Feuerwerke, für das Müllaufkommen beim Hafengeburtstag und dergleichen mehr, also alles sehr realitätsnah.

Dass der Verkehr zu den größten Problemen der Stadt gehört, wird erkannt, dass ein Umstieg auf E-Mobile daran nichts ändert aber auch; schließlich verstopfe ein E-Auto die Innenstadt genauso wie ein Verbrenner.

(Beifall bei der LINKEN und vereinzelt bei der SPD)

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer setzen stattdessen auf den weiteren Ausbau des ÖPNV mit Taktverdichtung, einer interessanten neuen Strecke, natürlich auch günstigeren Tickets für alle. Wiederverwendbares Geschirr bei Großveranstaltungen, Ausgleich für Bodenversiegelung bei neuer Bebauung, Fassaden- und Dachbegrünung, auch Bauschuttrecycling, das alles waren Themen aus dem Umweltbereich.

Sehr intensiv wurde auch die Schul- und Bildungspolitik diskutiert. Gewünscht wird mehr Vorbereitung auf das wirkliche Leben: Wie geht man mit Behörden um, wie funktioniert eine Steuererklärung? Man möchte einheitliche Regeln zur Handynutzung. Das ist vielleicht nicht überraschend, aber hätten Sie erwartet, dass sich das Jugendparlament für eine Abschaffung der Profiloberstufe ausspricht und für die Wiedereinführung des Kurssystems? Ich nicht.

(Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein FDP: Ja, hätte ich erwartet!)

Auch die Ausführungen zum Lerncoaching seien übrigens als Lektüre anempfohlen.

Ich will hier nicht die gesamte Drucksache referieren, sie hat immerhin 47 Seiten. In diesem Jahr ist sie aber wirklich lesenswert, es lohnt sich. Ich bitte Sie herzlich, die Drucksache bald in Ihren Fachausschüssen auf die Tagesordnung zu neh

men und, so ist es seit Jahrzehnten Brauch, die Nachwuchspolitikerinnen und Nachwuchspolitiker zu den Sitzungen einzuladen und mit ihnen zu diskutieren. Ich glaube, das werden sehr spannende Diskussionen mit hoffentlich guten Ergebnissen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD, der CDU, den GRÜ- NEN, der LINKEN und der FDP)

Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Das Wort erhält nun Frau Gallina für die GRÜNE Fraktion.

Wo ist denn Herr Heißner? Ach so, der Kollege ist vielleicht krank. Dann gute Besserung von dieser Stelle aus.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte mich erst einmal dem Dank in alle Richtungen anschließen. Auch ich finde, dass wir nicht mit allem, was die vielen Jugendlichen jetzt aufgeschrieben haben und nach vorn bringen wollen, einverstanden sein müssen, aber vieles verdient einen zweiten Blick.

Sehr gründlich haben sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer auch über die sozialen Verwerfungen in unserer Gesellschaft und ihrer Altersquote Gedanken gemacht und durchaus diskussionswürdige Vorschläge aufgebracht. Sozial durchmischte Stadtteile wären zweifelslos wünschenswert, eine bessere Entlohnung von Pflegepersonal wäre dringend notwendig und Chancengleichheit im Bildungssystem unerlässlich. Apropos Chancengleichheit: Womöglich ist beim Programm selbst noch etwas Luft nach oben; das haben wir auch in unserem Familienausschuss häufiger angesprochen. Denn es ist so, dass immer noch ein Großteil der Teilnehmenden tatsächlich vom Gymnasium kommt und wir, glaube ich, in nächster Zeit bei der Weiterentwicklung … Ich finde es auch sehr schön, dass wir dieses Programm kontinuierlich weiterentwickeln und gucken, wie wir ein bisschen mehr Vielfalt in diesem Programm Jugend im Parlament abbilden können und was wir dafür noch an besserer Öffentlichkeitsarbeit für dieses Programm im Vorwege leisten können.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Allgemein war der Wunsch, die Schule könnte etwas schneller und moderner werden. Das teile ich als Mutter auch, denn man denkt ja immer zurück an die eigene Schulzeit und denkt sich, dieses und jenes ist immer noch so, fand man selbst damals schon nicht so prickelnd, könnte vielleicht irgendwie auch mal schneller gehen. Zum Beispiel der Appell nach der Einbindung digitaler Lernmethoden, nach qualifizierter Mediennutzung verhallt nicht ungehört. Genau in diesem Moment besorgen die Schulen entsprechende Geräte. Wie sich die konkrete Einbindung von IT-Expertinnen und

(Carola Veit)

-Experten gestalten wird, befindet sich in Absprache mit den Schulen aktuell in der Prüfung. Auf offene Ohren trifft bei uns natürlich auch die Forderung nach längerem gemeinsamem Lernen mit einer langfristigen Perspektive.

(Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein FDP: Dann doch ganz zufrieden!)

Später mehr Individualität im Schulalltag durch das Kurssystem zu erzeugen war eines der Themen und ist auch schon angesprochen worden. Ich finde auch, dass wir das offen diskutieren sollten. Die Vermittlung von sogenannten lebensrelevanten Themen ist sicherlich etwas, was auch stärker … Ich habe mir damals gewünscht, es wären genau die Themen vorbereitet worden, die Frau Veit eben referiert hat. Aber es gibt natürlich noch total viel neben der Schule, was wir nicht aus dem Auge verlieren sollten: Hobbys, Sport, freiwillige Tätigkeiten, offene Kinder- und Jugendarbeit. Auch da gibt es beispielsweise einen Bereich, in dem man konkret aufs Leben vorbereitet wird.

Ein weiteres Thema, das ich beachtenswert finde, weil wir in der Stadt viel darüber diskutieren, ist die Frage: Wie komme ich auch ohne Auto sicher von A nach B? Die konkrete Forderung von sichtbar farblich markierten Radwegen mit spürbaren Barrieren aus dieser Drucksache ist, finde ich, eine sehr wichtige.

Auch bei den Preisen soll etwas passieren, und ich finde, anhand des 365 Euro-Tickets, das zum Beispiel der Umweltausschuss befürwortet hat, kann man sehr gut sehen, wie differenziert diskutiert, überlegt und argumentiert wurde. Im Verkehrsausschuss hat man es aber eher als unrealistisch betrachtet, das umzusetzen, weil die Infrastruktur aktuell schon so weit ausgelastet ist. Daran sieht man sehr gut, wie differenziert hier gearbeitet wurde. Deswegen bleibt mir hinsichtlich unserer Jugendlichen in dieser Stadt einfach nur festzustellen, dass es mit der Politikverdrossenheit vielleicht doch gar nicht so ist, wie wir uns selbst das immer wieder vorbeten, sondern da ist total viel, an dem man anknüpfen kann. Die können unglaublich viel, und deswegen sollten wir ihnen auch für die Zukunft mehr zutrauen. Insofern bin ich auch der Auffassung, dass sie viel früher wählen dürfen sollten – zum Beispiel eine Forderung von uns.

(Dennis Thering CDU: Noch früher? – Dirk Kienscherf SPD: Dann müssen wir ihn noch länger ertragen!)

Ja, ich finde, mit 14 kann man sehr wohl die Bürgerschaftswahl hinter sich bringen. Vielleicht kann man auch schon mit 10 wählen. Herr Thering, ich bin mir sicher, dass Sie mit 10 auch schon politisch waren.

Auf jeden Fall zeigen diese Ergebnisse, dass in ihnen richtig viel Gutes drinsteckt, vor allem die Fähigkeit, sich mit politischen und komplexen The

men auseinanderzusetzen. Deswegen sollten wir den jungen Menschen mehr Mitbestimmungsmöglichkeiten geben. – Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Vielen Dank, Frau Gallina. – Das Wort erhält nun für die CDU-Fraktion Herr Heißner.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich freue mich natürlich sehr darüber, auch einmal nach Anna Gallina sprechen zu dürfen; insofern vielen Dank für diese Gelegenheit.

Ich freue mich auch darüber, dass wir "Jugend im Parlament" auch in diesem Jahr wieder so erfolgreich durchführen konnten, und kann aus meiner Sicht bestätigen, dass die Diskussionen unglaublich differenziert gelaufen sind. Ich habe es sehr genossen, zum Beispiel im Bildungsbereich, dass es, was die Digitalisierung der Schulen angeht, eben auch eines guten Konzeptes dahinter bedarf, und war positiv angetan davon, dass auch von den Schülern die Diskussion darüber geführt wurde, ob es denn überhaupt sinnvoll sei, schon in jungem Alter immer vor Bildschirmen zu lernen. Welche Entwicklungsmöglichkeiten sind dadurch vielleicht sogar eingeschränkt? Also ein differenzierter Blick auch auf das Thema Digitalisierung. Es ist richtig, dass wir es machen, auch besser machen als bisher, aber auch überlegen, ob man wirklich alles durch Digitales lösen kann. Man hat diese differenzierte Diskussion in allen Bereichen gehabt.

Ich fand zum Beispiel beim Thema E-Auto, das einzeln herausgegriffen wurde, interessant, dass man einmal geschaut hat, ob es denn wirklich besser für die Umwelt ist, wenn die Batterien in der Herstellung sehr CO2-intensiv sind und wenn vor allem der Strommix dazu führt, dass das erst ab einer bestimmten Laufleistung für die Umwelt wirklich besser ist.

(Milan Pein SPD: Das ist eine alte Studie, die schon lange widerlegt ist!)

Wollen Sie mit dem Kopf schütteln? Das ist so, Herr Pein. Sie müssen einmal die "ADAC Motorwelt" abonnieren, sie ist immer lesenswert und sehr schön grafisch dargestellt, auch groß genug, sag ich mal, kann man immer noch lesen.

Also da hat wirklich eine differenzierte Diskussion stattgefunden, übrigens auch zum Thema Fahrrad. Es ist immer sehr spannend; der Platzverbrauch eines Verkehrsmittels errechnet sich in Wahrheit aus dem Quotienten, wie viele Leute damit fahren und wie schnell es fährt, denn das ist die Zeit, die es auf der Straße verbringt. Insofern ist übrigens das Fahrrad vom Platzverbrauch her eines der ineffizientesten Verkehrsmittel überhaupt –

(Anna Gallina)

(Beifall bei Jörg Hamann CDU – Zurufe von der CDU: Hört! Hört!)