Protocol of the Session on October 23, 2019

(Zuruf von Heike Sudmann DIE LINKE)

Ja, Frau Sudmann, wir reden jetzt über Hamburg und über das, was wir in Hamburg machen können und was in Hamburg erfolgreich ist und was auch bundesweit gelobt wird. Lesen Sie die Presse, der Hamburger Weg wird bundesweit gelobt, und den wollen wir fortsetzen. Wir haben seit 2011 gut 93 000 Wohnungen genehmigt. Wir haben allein in 2018 fast 11 000 neue Wohnungen fertiggestellt. Und da wollen wir weitermachen. Das geht nur mit Verbündeten, das geht nur mit der Wohnungswirtschaft zusammen. Und die Wohnungswirtschaft braucht Planungssicherheit und eben auch Eigenkapital, und da spielt dann jeder Euro eine wichtige Rolle.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Würde die Grundsteuer nicht mehr auf die Miete umgelegt werden können, fehlt das Kapital gerade denjenigen, und darauf hat auch mein Kollege Schwieger hingewiesen, die günstige Wohnungen bauen, nämlich der SAGA und den Wohnungsbaugenossenschaften, die dann eben nicht anderweitig Kapital bekommen und die sich das nicht anderweitig vom Mieter wiederholen würden. Aber von denen brauchen wir noch viel, viel mehr Investitionen

(Zuruf von Heike Sudmann DIE LINKE)

und eine dauerhafte Investition in den Wohnungsbau. Darum geht es, liebe Frau Sudmann, und nicht um Ideologie und um Klassenkampf.

(Beifall bei der SPD – Zuruf: Meine Güte!)

Ich will ehrlich sagen, was in dem Antrag von Berlin steht, dass die Einnahmen aus der Grundsteuer vor allen Dingen am Ende den Eigentümern zugutekommen, das ist doch nicht wahr. Sie kommen doch genauso allen Bürgern und damit auch den Mieterinnen und Mietern zugute, weil mit der Grundsteuer in den Kommunen und Gemeinden wichtige Infrastruktur finanziert wird, Ausgaben finanziert werden für die Bürgerinnen und Bürger der Stadt, der Städte, Gemeinden und Kommunen, unabhängig davon, ob sie Mieter oder Eigentümer sind. Insofern ist es auch nicht ungerecht. Und das Bundesverfassungsgericht hat in diese Richtung nichts gesagt, lieber Herr Hackbusch.

(Beifall bei der SPD, den GRÜNEN, der FDP und bei Dr. Jörn Kruse fraktionslos)

Vielen Dank, Herr Quast. – Herr Kleibauer, Sie haben nun für die CDU-Fraktion das Wort.

(Jan Quast)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Erst einmal ist es doch gut, dass die Grundsteuerreform letzte Woche im Bundestag eine weitere Hürde genommen hat, und es ist vor allen Dingen deshalb gut, weil es auch die Möglichkeit eröffnet, dem Modell von Olaf Scholz, das eine Grundsteuer auf Basis aktueller Verkehrswerte vorsieht, ein eigenes Modell, ein freundlicheres Modell aus Ländersicht entgegenzustellen. Diese Möglichkeit haben wir, das ist doch ein guter Schritt der Entwicklung der letzten Wochen bei der Grundsteuer.

(Beifall bei der CDU)

Aber im Laufe der Debatte dieses Themas Grundsteuer ist doch eines immer klargeworden: Sie sowieso, Herr Hackbusch und Ihre Freunde,

(Heike Sudmann DIE LINKE: Freundinnen!)

aber auch große Teile von SPD und GRÜNEN träumen davon, aus der Grundsteuer eine Vermögensteuer auf Wohnimmobilien zu machen. Das ist in der Debatte sehr deutlich geworden, die wir hatten. Wenn man sich das anguckt, war der Hamburger Senat sozusagen als SPD-Senat relativ isoliert im Kreis der SPD-regierten Bundesländer und hat mit den vernünftig regierten Bundesländern gemeinsam abgestimmt in den Beratungen des Bundesrates.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Und genauso ist es doch auch bei diesem Thema Umlagefähigkeit. Sie haben zu Recht darauf hingewiesen, es gibt Positionspapiere der SPD-Bundestagsfraktion, worin sich genau das gleiche Thema findet, wo es heißt, all das oder große Teile müssen irgendwie jetzt vom Vermieter getragen werden. Es vergeht kaum eine Woche, wo ein führender Bundespolitiker der SPD diese Forderung erwähnt. Aber das macht es doch nicht besser, und es zeigt doch, dass diese Möglichkeit, die wir in Hamburg haben, die wir auch mit erkämpft haben mit dieser Öffnungsklausel für eine eigene Länderregelung, in vielen Köpfen gar nicht angekommen ist.

Wenn man sich Ihren Antrag durchliest, Herr Hackbusch, der geht schon von zwei falschen Prämissen aus. Die erste Prämisse, die grundlegend falsch ist: Sie fordern uns ernsthaft auf, eine Bundesratsinitiative des Berliner Senats zu unterstützen. Also wir haben hier doch schon häufig diskutiert, dass alle Ansätze, die der Berliner Senat und Ihre Wohnungsbausenatorin im Speziellen im Bereich der Baupolitik verfolgen, nicht unbedingt langfristig den Wohnungsmarkt in der Großstadt fördern. Das ist doch schon einmal ein falscher Ansatz.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Und der zweite Ansatz ist, Sie unterstellen, das Grundsteueraufkommen werde sprunghaft steigen.

Das ist, glaube ich, Ihre Weltvorstellung, wo Sie immer von Steuererhöhungen reden, um dann stets neue staatliche Ausgaben finanzieren zu können. Aber das ist auch nicht das, was die große Mehrheit dieses Hauses beschlossen hat. Wir haben hier mehrfach und sehr parteiübergreifend festgelegt, wir wollen eine aufkommensneutrale Grundsteuerreform und keine, bei der das Grundsteueraufkommen signifikant steigt und durch die Decke geht. Aber das ist genau das, was Sie im Vortext Ihres Antrags noch hineinschreiben.

Und dann erzählen Sie uns noch etwas vom Kampf der Mieter gegen die Vermieter. Das muss man sich auch einmal für die Stadt auf der Zunge zergehen lassen. Wer ist denn der größte Vermieter in dieser Stadt? Das ist die Stadt selbst mit SAGA GWG. Wer ist der zweitgrößte Vermieter in der Stadt, mit Abstand? Das sind die Wohnungsbaugenossenschaften, ungefähr ein gleiches Volumen, 130 000 Wohneinheiten. Und deshalb ist es doch völlig zutreffend, genau auch auf die Genossenschaften und auf die Problematik in dieser Debatte hinzuweisen.

(Beifall bei der CDU, der FDP und vereinzelt bei der SPD – Heike Sudmann DIE LINKE: 600 000 …!)

Ich habe mir das einmal durchgerechnet, Frau Sudmann. Rechnen wir einmal mit 150 bis 200 Euro Grundsteuer pro Wohnung und nehmen das mal 130 000 Wohneinheiten – Herr Hackbusch hat bestimmt einen Taschenrechner im Handy, dann kann er das auch mitverfolgen –, dann kommen Sie auf einen Betrag von 20 bis 25 Millionen Euro. Das ist Ihre Strafsteuer für die Wohnungsbaugenossenschaften, die nicht gewinnmaximierend hier in dieser Stadt unterwegs sind,

(Beifall bei der CDU und bei Jens Meyer FDP und Juliane Timmermann SPD)

wo das Geld dann fehlt für Instandhaltung, für Sanierung, für die Pflege der Quartiere. Herr Hackbusch, das können Sie den Menschen in dieser Stadt nicht erklären, das ist schlichtweg unvernünftig.

Und was das Thema Grundsteuer angeht, auch noch einen Satz zur allgemeinen Entwicklung und zu der Entscheidung, die jetzt ansteht. Wir haben letzte Woche im Bundestag einen weiteren Schritt gemacht, jetzt kommt die Entscheidung im Bundesrat. Der Senator hat dann gesagt, nein, wir machen jetzt gar nichts vor der Wahl, da wollen wir uns gar nicht festlegen.

(Farid Müller GRÜNE: Wir können uns nicht festlegen!)

Nein, ich glaube, es ist auch wichtig, dass man da weiter klar ist, dass man weiter sehr deutlich Position bezieht, und das heißt dann auch, man muss die Möglichkeit einer Länderregelung ernsthaft vor

bereiten, und man muss sehr, sehr deutlich sagen, das Bundesmodell, was an Immobilienwerten, die sehr hoch sind, orientiert ist, ist nicht sinnvoll für Hamburg. Das müssen Sie auch Olaf Scholz klar sagen in den nächsten Monaten.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Herr Kleibauer. – Für die GRÜNE Fraktion erhält nun Herr Müller das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe das Gefühl, DIE LINKE hat hier eine Geisterdebatte angemeldet. Durch den Beschluss des Bundestages mit Grundgesetzänderung ist doch völlig klar, dass die wesentlichen Rahmenbedingungen für diese Grundsteuerreform jetzt gelegt sind. Wer das Fass wieder aufmachen will, sagt eigentlich, Grundsteuer ade. Das haben Sie nicht gesagt. Ich finde, Herr Hackbusch, ein bisschen Ehrlichkeit gehört dazu, und ich bin heute ehrlich.

(Heiterkeit bei der SPD, der CDU und der FDP – André Trepoll CDU: Premiere!)

Ja, ja, ja, ba, ba, ba.

Also, wir GRÜNEN haben schon im März einen solchen Antrag im Bundestag eingebracht, das hat Herr Hackbusch gesagt, und er ist zwischenzeitlich abgelehnt worden mit großer Mehrheit von CDU, SPD und FDP. Die Bundesländer, auch grün mitregiert, Berlin und Thüringen, haben das im Bundesrat wiederum beantragt. Es ist noch nicht abschließend abgestimmt, aber die Aussichten bei der grundsätzlichen Einigung auf Bundesebene in Berlin sind eher sehr gering.

Ich will Ihnen auch sagen, dass wir GRÜNEN in Hamburg abseits der Frage, wie unsere Bundestagsfraktion agiert hat oder die anderen Bundesländer, diesem Vorschlag immer sehr skeptisch gegenüberstanden. Ein paar Argumente sind da heute schon gefallen. Wir glauben nämlich nicht, dass durch das Verbot einer Umlegung der Grundsteuer auf die Betriebskosten keine Belastungen auf die Mieterinnen und Mieter zukommen. Wir befürchten sogar eher, dass die Nettokaltmiete da, wo sie noch nicht beim Mietendeckel ist, und das sind auch Tausende von Wohnungen in dieser Stadt,

(Heike Sudmann DIE LINKE: Bei welchem Mietendeckel?)

dann steigt. Und dazu bedarf es überhaupt keiner Begründung, denn die Vermieter schauen natürlich sehr genau hin. Wenn sie eine hohe Belastung nicht mehr an die Betriebskosten weitergeben können, dann werden sie sich das sicherlich bei der Nettokaltmiete holen. Das haben Sie Ihren Wählerinnen und Wählern nämlich nicht erzählt, dass das

möglich ist. Ich finde, das gehört auch ein Stück weit zur Wahrheit in dieser Debatte.

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und bei Ewald Aukes FDP)

Wenn das aber dann zu flächendeckenden Mieterhöhungen führt, um das bei der Nettokaltmiete zum Mietenspiegel abzuschöpfen, dann heißt das auch, dass im Zuge dessen die anderen Mieten wieder steigen, weil der Mietenspiegel insgesamt steigt. Auch hier haben wir wieder eine Zusatzbelastung für die Mieterinnen und Mieter. Und ich finde, da muss man ehrlich sein und sagen, ist das denn das goldene Versprechen, was DIE LINKE hier abgibt, und andere meinen, dass es dann die goldene Lösung wäre für die Grundsteuerfrage? Ich habe da meine Zweifel und wir GRÜNEN auch.

Dann haben wir vorhin schon über die städtischen Wohnungsbaugesellschaften gesprochen. Ich bin sehr froh, dass wir hier einen sozialen Wohnungsbau haben in ungekanntem Ausmaß seit Langem, und ich möchte nicht, dass die SAGA sagt, ja, liebe Stadt, wir können leider nicht mehr, jetzt haben wir die Grundsteuer, dann überweist einmal ein bisschen etwas. Das können wir natürlich gern tun aus dem Haushalt, aber das heißt auch, liebe LINKE, zur Wahrheit, dann werden andere Dinge aus dem Haushalt nicht mehr finanziert werden können. Da habe ich ebenso meine Zweifel, dass wir das hinterher unseren Wählerinnen und Wählern erklären können, weil wir ihnen vorher gesagt haben, wir haben eine sehr tolle Geschichte für euch, ihr braucht euch über die Grundsteuer keine Gedanken mehr zu machen.

(Beifall bei Dr. Mathias Petersen und Dr. Monika Schaal, beide SPD)

Also, bei den Genossenschaften haben wir eben schon das Argument gehört, da ist eine ähnlich schwierige Situation. Auch da möchte ich nicht, dass die in so eine Abwägungssituation kommen: Können wir noch neue Wohnungen bauen oder sanieren oder müssen wir auch die Nettokaltmieten einmal flächendeckend angleichen? Auch diesen Zielkonflikt würde ich bei den Genossenschaften hier in Hamburg gern vermeiden, und das waren unsere Beweggründe, weshalb wir gesagt haben, die Vorschläge, die im Bundestag waren oder in Berlin und in Thüringen, die sozusagen dann zu Vorschlägen in den Bundesrat geführt haben, sind nicht die, die uns überzeugt haben.

(Jörg Hamann CDU: Das war jetzt ganz ehr- lich!)

Am Ende haben wir noch gar nicht darüber gesprochen, was das überhaupt heißt für die kleinen Gewerbemieterinnen und -mieter. Die haben überhaupt keinen Schutz, da kann die Grundsteuer dann gleich auf die Nettokaltmiete umgelegt werden, nichts mehr mit Betriebskosten. Also insofern, auch da muss ich ehrlich sagen, wir haben oft De

(Thilo Kleibauer)

batten darüber gehabt, nicht nur in den Bezirksversammlungen, hier ebenso, was in den Stadtteilen mit den kleinen Gewerbetreibenden, mit den Bäckern, die noch da sind, und mit den Cafés passiert. Ja, das können wir uns dann auch einmal genau ansehen, wenn wir diesem Vorschlag folgen.

Abseits davon, dass der politische Zug längst abgefahren war, als Sie diesen Antrag eingebracht haben, kann ich nur sagen, wir haben in der Abwägung von diesem Vorschlag abgesehen, wir haben uns auf den Weg gemacht mit der SPD und auch mit CDU und FDP, hoffe ich, zusammen, einerseits im Bundestag und andererseits hier, dass wir das Ziel haben, ein Gesetz für diese Stadt zu erlassen, das die Belastung für die Mieterinnen und Mieter so gering hält wie möglich und gleichzeitig den Haushalt auch möglichst schont, im Sinne des Länderfinanzausgleichs.