Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Heute vor genau 18 Jahren hat die radikalislamische Terrororganisation Al-Qaida in New York der freien Welt vorgeführt, zu welch bestialischen Terroranschlägen gewisse Formen des radikalisierten Islam in der Lage sind. Inzwischen ist eine neue Generation herangewachsen, eine Generation von jungen Menschen, die nicht unmittelbar erfahren haben, wie verletzbar die freie Welt ist, insbesondere dann, wenn sie offensichtliche Gefahren nicht wahrnehmen will, weil sie von einem undifferenzierten Gutmenschentum erfüllt ist.
Mit unserem Antrag, eine Ausstellung zum 20. Jahrestag im Rathaus durchzuführen, möchten wir nicht nur der vielen Tausend unschuldigen Opfer gedenken, sondern diese Ausstellung soll auch eine Mahnung für die jungen Menschen sein, wachsam zu sein gegenüber den Feinden unserer offenen und freien Welt.
Warum nun ausgerechnet Hamburg? Nun, im Rahmen der Aufarbeitung der Anschläge musste die entsetzte deutsche Öffentlichkeit feststellen, dass im Vorfeld des Anschlags gleich mehrere der damals beteiligten Terroristen in Hamburg, und zwar weitestgehend unbehelligt von den Sicherheitsorganen, ihre bestialische Tat planen konnten. Mit einer Ausnahme handelte es sich um Studenten der Technischen Universität beziehungsweise der Fachhochschule in Hamburg. Es sind Studenten gewesen, die in Hamburg wohl bestens integriert waren. Es kann kein Zweifel daran bestehen, dass staatliche Sicherheitsorgane den federführenden extremistischen Akteuren zu viel Raum zur Entwicklung und Planung ihrer Taten boten. Aus Gründen politischer Opportunität gab es keine stringente Beobachtung dieser terroristischen Zellen. Dieser Befund wiegt umso schwerer, als die am Steindamm gelegene Al-Quds-Moschee, in welcher die Angehörigen der Hamburger Terrorzelle bis zuletzt regelmäßig verkehrt hatten, auch damals schon als Brückenkopf der islamischen Revolutionsgarden galt und unverständlicherweise erst am 9. August 2010 geschlossen wurde. Dieses Versäumnis lässt sich kaum plausibel erklären, stand es doch in einem eklatanten Widerspruch zu den Erkenntnissen des Hamburger Landesamtes für Verfassungsschutz. Dieses hatte die Al-QudsMoschee in seinem Bericht von 2004 noch immer explizit als Treffort transnationaler Islamisten bezeichnet. Dass die Innenbehörde trotzdem keine vereinsrechtliche Verbotsverfügung verhängte,
Diese allzu nachlässige Haltung im Kampf gegen den radikalen Islam, der sich in Form des Salafismus seit Jahren nahezu ungehindert in Hamburg ausbreitet und zwischen 2012 und 2019 ein Wachstum von 223 Prozent aufweist, ist kein Ruhmesblatt für die verantwortlich zeichnende Hamburger Politik.
Im Bewusstsein der Rolle Hamburgs als Ausgangspunkt und Rückzugsraum eines Großteils der damals beteiligten Terroristen sowie in der festen Überzeugung, dass Hamburg nach dem 11. September 2001 nie wieder zum Ausgangspunkt von islamischem Terror werden darf, trägt der Senat, ob er nun will oder nicht, eine besondere Verantwortung dafür, das Andenken an die Opfer in gebührender Weise zu pflegen. Dieser gilt es nun bei nächster Gelegenheit gerecht zu werden.
Nur am Rande sei es erwähnt: Hätte die AfD seinerzeit bereits existiert und hätte sie auf dieses Gefahrenpotenzial hingewiesen
nein, Schill war erst danach –, wäre sie wieder verhetzt worden, nach dem Motto, ihr hetzt nur gegen Leute, ohne dass dies eine reale Grundlage hat. Das ist damals nicht anders gewesen als heute.
Zum Zusatzantrag der CDU möchte ich sagen: Sie springen einmal wieder auf unseren Antrag auf. Sie warnen allerdings davor, dass man dieses Gedenken und dieses Erinnern zu einer politischen Vereinnahmung machen könnte. Ja, wo haben Sie denn das in unserem Antrag gelesen? Das steht an keiner Stelle.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Terroranschlag vom 11. September 2001 jährt sich heute zum 18. Mal. Es handelt sich um eines dieser schrecklichen Ereignisse, die sich einem als Erinnerung ins Gedächtnis einbrennen und bei dem jeder von uns genau weiß, was er getan hat, als er oder sie davon erfuhr. Es ist eines der Ereignisse, an denen die Welt, wie wir sie sehen, wie wir sie zuvor gesehen haben, sich für immer verändert. Die Anschläge vom 11. September zeigen, was
passiert, wenn Menschlichkeit und Mitgefühl Hass und Fanatismus weichen, und wozu Menschen in der Lage sind, wenn Herz und Verstand lange genug vergiftet werden. Wir gedenken heute den 3 000 Todesopfern und deren Familien, die bei diesem feigen Anschlag ums Leben kamen.
Zur Geschichte gehört auch, dass sieben der Attentäter und drei der vier Terrorpiloten aus der Hamburger Terrorzelle stammten. Nicht nur aus diesem Grund hat es in der Vergangenheit zahlreiche Formen der Anteilnahme gegeben, seien es Kondolenzschreiben an den Bürgermeister von New York, sei es das Auslegen von Kondolenzlisten in der Diele des Rathauses oder das Anordnen der Trauerbeflaggung. Auch die Technische Universität Hamburg hat nach dem Bekanntwerden der Verbindung zwischen den Attentätern und unserer Stadt ihre Anteilnahme auf verschiedenen Wegen gezeigt. Dies, werte Kollegen der AfD, sollte Ihnen bekannt sein und Ihren Antrag überflüssig machen, hätten Sie nicht ein anderes Motiv.
Doch eine Zäsur war dieser Anschlag auch in ganz anderer Hinsicht. Exemplarisch genannt seien hier der Einsatz in Afghanistan, mit dessen Folgen wir bis heute noch umzugehen haben, und die veränderte Arbeit der Strafverfolgungsbehörden weltweit, die bisweilen notwendig, aus sozialdemokratischem Blickwinkel heraus aber niemals Selbstzweck ist und daher ständig hinterfragt werden muss. Ja, die Welt hat sich verändert seit dem 11. September 2001.
Weil dieser Antrag sich zumindest formal gegen das Vergessen richtet, möchte ich einen weiteren Punkt hinzufügen.
Eine Zäsur war dieser Anschlag auch für alle Menschen weltweit, die aus bestimmten Regionen stammen. Lediglich Aussehen, Geburtsort oder Name und nicht etwa die Haltung reichen seit dem 11. September 2001 schon aus, um von seinen Mitmenschen mit anderen Augen gesehen zu werden. So werde auch ich bei jedem Flug, spätestens bei jeder Sicherheitskontrolle aufgrund der Taten einiger weniger stets daran erinnert. Dass dies so bleibt und stets ein Hauch von Generalverdacht mitschwingt, hierfür sorgen Sie als AfD nur allzu gern und schüren weiterhin Ressentiments, womit wir auch beim eigentlichen Kern und Motiv Ihres Antrags sind.
Wissen Sie, seit über viereinhalb Jahren gehen Sie in diesem Haus, aber auch in anderen Parlamenten, nach demselben Muster vor: In den Ausschüs
sen bei der Sacharbeit finden Sie in der Regel nicht statt oder sind bestenfalls mangelhaft anwesend, stattdessen versuchen Sie teils mit provokanten und teils mit parlamentarischen Spielchen maximale Aufmerksamkeit zu bekommen
und sich als Opfer zu stilisieren. Sie möchten, dass wir diesen Antrag ablehnen, damit Sie sagen können, nur, weil er von der AfD stammt, haben die Altparteien, so, wie Sie uns nennen, ihn abgelehnt.
Deshalb möchte ich es sehr klar formulieren: Wir lehnen Ihren Antrag in der Tat ab, neben den zuvor genannten Gründen aber eben auch deshalb, weil wir Ihnen Ihre Betroffenheit nicht abnehmen,
weil Sie bisher ohne Ausnahme Tragödien und Leid nutzen, um politisches Kapital daraus zu schlagen. Weil Sie Taten von Einzelnen missbrauchen, um Feindbilder zu schüren und unsere Gesellschaft zu spalten, einmal direkt plump, einmal zwischen den Zeilen. Wie oft haben Sie unschuldige Bürgerinnen und Bürger aus politischem Kalkül in die Nähe der Täter gerückt und damit nicht zuletzt die Opfer verhöhnt und die Taten der Täter relativiert, aber so arbeiten Populisten eben.
Ich empfinde es daher als unerträglich, einem Antrag zum Gedenken der Opfer zuzustimmen, der von Heuchelei und Scheinheiligkeit nur so strotzt. Solange Sie nicht bereit sind, sich in unserer Wertegemeinschaft zu integrieren und jeden Akt von Gewalt von Menschen gegen Menschen als grausam zu verurteilen, die eine zivilisierte Gesellschaft überwinden muss, solange Sie diebische Freude an Tragödien und Gräueltaten haben, weil Sie diese für sich nutzen können,
stellen wir Sie und wir entlarven Sie. Wir halten Ihnen auch weiterhin den Spiegel vor und haben auch Verständnis dafür, wenn Ihnen dieser Anblick dann nicht gefällt,
Sehr geehrte Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Anschläge in den Vereinigten Staaten von Amerika am 11. September 2001 haben die Welt verändert. Ich glaube, jeder von uns weiß das, und ich muss das auch nicht weiter ausführen. Herr Ilkhanipour hat dazu auch aus persönlicher Sicht einiges Richtiges gesagt. Wir wissen auch, dass Hamburg als Ort eine leider sehr besondere Rolle zukam, weil hier Terroristen lebten, die den Anschlag planten und durchführten und an der Technischen Universität Hamburg studierten. Deswegen ist es, glaube ich, schon richtig, dass die Erinnerung dieses Ereignisses und deren Folgen für die Weltgemeinschaft einen besonderen Raum auch im Jahr 2021 bei uns in Hamburg einnehmen sollte.
Gleichzeitig sehe ich aber auch den Antrag der AfD nicht als gutes und taugliches Beispiel. Herr Nockemann, Sie haben aufgegriffen, dass wir geschrieben haben, man dürfe dieses Gedenken nicht parteipolitisch vereinnahmen. Ich will nur aus Ihrer Argumentationskette drei Beispiele aufführen und eines vielleicht vorweg stellen.
Wenn Sie kritisieren, dass zwischen dem Anschlag 2001 und der Schließung durch den CDUInnensenator Ahlhaus 2010 Jahre der Untätigkeit lagen, dann will ich Ihnen auch sagen, dass es auch Sie und der Kollege Schill waren, die in dieser Zeit Innensenator waren und diese Einrichtung nicht geschlossen haben.
Sie selbst haben das damals nicht getan, und deswegen ist es nicht redlich, dass Sie heute so tun, wenn Sie Verantwortung gehabt hätten, dass es dann nicht passiert wäre.
Sie schreiben auch, die Terroristen seien bestens integriert gewesen. Auch das zeigt mir, dass Sie gar nicht verstanden haben, was Integration ist. Wir haben viele Studenten aus dem Ausland, wir haben übrigens auch leitende Kräfte internationaler Unternehmen aus Amerika, Frankreich und so weiter, deswegen ist man noch nicht integriert. Aber diese Art von Tritt gegen Integration an der Stelle ist wieder ein Beispiel, wie Sie versuchen, das Thema Integration über diesen Fall herabzuwürdigen.