Danial Ilkhanipour

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Last Statements

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich freue mich sehr, dass wir in der letzten Sitzung dieser Legislaturperiode über solch ein wichtiges Thema debattieren können. Über die Gefahren, die von Kernwaffen ausgehen, muss ich an dieser Stelle nicht referieren, die sind uns allen hinlänglich bekannt. Beunruhigend ist jedoch, dass nach dem Ende des Kalten Krieges und den Jahrzehnten der Entspannung es mit zunehmender Häufigkeit wieder zu Spannungen und Konflikten zwischen Staaten mit Kernwaffen kommt. Wie schnell solche Konflikte sich zuspitzen können, sehen wir in regelmäßigen Abständen. Die sicher geglaubten Bündnisse, die rational handelnden Akteure, das Argument, das uns in einer Welt von Atomwaffen doch stets beruhigen sollte, wirken mehr denn je fragil und unberechenbar.
Doch das vielleicht gewichtigste Argument gegen Atomwaffen als Mittel der Abschreckung ist unsere Glaubwürdigkeit und Integrität. Wie oft mussten und müssen wir in der Außenpolitik aus sicherheitspolitischen und pragmatischen Gründen von unseren Werten Abstand nehmen und faule Kompromisse eingehen, weil autoritäre Regime und Machthaber selbst Atomwaffen haben und eben danach streben und sich darauf stützen können, dass es doch nur folgerichtig sei aufzurüsten? Diese Logik der Aufrüstung müssen wir durchbrechen. Sie ist nicht gottgegeben, sondern von Menschen gemacht und damit auch umkehrbar. Doch dies bedarf der Aufklärung, ja es bedarf des Druckes, und es bedarf Mut.
Deshalb ist es ein wichtiges Zeichen, dass wir uns als Hamburgische Bürgerschaft dem ICAN-Städteappell anschließen und damit deutlich machen, dass wir die Annahme des Vertrages durch die Vollversammlung der Vereinten Nationen für ein Verbot von Atomwaffen ausdrücklich begrüßen und dass dies ein entscheidender Schritt zur Verwirklichung einer atomwaffenfreien Welt ist.
Und das ist natürlich eine gemeinsame Sache, und es ist immer eine Frage von Druck. Aber ich finde, an dieser Stelle sollten wir uns nicht spalten las
sen, sondern tatsächlich gemeinsam rausgehen, und deswegen finde ich diesen letzten Einwand von dir ein bisschen schade. – Danke schön.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Für uns als SPD ist es wichtig, nicht die einzelnen Verkehrsteilnehmer gegeneinander auszuspielen, sondern mit einem ganzheitlichen Konzept bestmögliche Mobilität für jede und jeden zu ermöglichen.
Während Sie schreiben, dass die Hamburgerinnen und Hamburger von der Nutzung des Fahrrads absehen, ist die Wahrheit doch vielmehr, dass gerade Maßnahmen wie der Ausbau des Veloroutennetzes zu einer Steigerung des Radverkehrs beigetragen haben.
Dennoch teilen wir die Grundidee Ihres Antrags. Die Sicherheit aller Verkehrsteilnehmerinnen und -teilnehmer ist oberstes Ziel, und solange Menschen Menschen sind, gehören auch Verkehrskon
trollen dazu. Allerdings enden auch an dieser Stelle unsere Gemeinsamkeiten, denn – halten Sie sich fest – es wird schon gemacht. So wurde der Personalbestand der Fahrradstaffel inzwischen erhöht, sodass die 15 000 Stunden, die Sie fordern, locker erreicht, ja sogar übererfüllt werden.
Mittelfristig sind noch weitere Verstärkungen bereits geplant. Darüber hinaus gilt es zu bedenken, dass die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten, auch beim Radfahren, grundsätzlich Aufgabe aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des polizeilichen Vollzugs sind. So gibt es, abhängig von der Einsatzlage, neben der Fahrradstaffel weitere Ressourcen.
Last, but not least: Sie fragen, woher wir das haben. Manchmal hilft es, die Antworten auf Ihre zahlreichen Anfragen zu lesen. Ihnen können Sie entnehmen, dass neben alledem, was ich zuvor gesagt habe, zukünftig auch eine erhöhte Anzahl der Angestellten im Polizeidienst für die Überwachung des Radverkehrs eingesetzt werden soll.
Wir tun also mehr, als Sie fordern oder sich gar zu wünschen wagen. Und wenn Sie jetzt sagen, alles schön und gut, aber wann gab es denn zuletzt konkrete Kontrollen, dann kann ich Ihnen auch das beantworten: genau vor sieben Tagen, vor einer Woche.
Auch das könnten Sie wissen, wenn Sie sich damit beschäftigen würden.
Bevor Sie also gleich verschämt zu Boden schauen, könnten Sie vielmehr die Hamburger Polizei, den Hamburger Senat und die die Regierung tragenden Fraktionen an dieser Stelle anerkennend dafür loben, dass wir Ihre Wünsche übererfüllen, schon bevor Sie sie in Worte fassen können. Wir lehnen Ihren Antrag ab, wenn Sie ihn nicht vorher zurückziehen möchten. – Vielen Dank.
Ja, wobei sich die Zeiten inzwischen auch ein bisschen geändert haben, und die DDR gibt es nicht mehr; aber gut.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Legislaturperiode nähert sich dem Ende, der Wahlkampf rückt näher, und der FDP gehen so langsam die Themen aus. Also schnell noch einmal in Aktionismus verfallen; unter diesem Vorzeichen muss man wohl diesen Antrag interpretieren. Blöd nur, wenn man sich beim Griff in die Antragsvorratsschublade vergreift und deutlich macht, dass man nicht ansatzweise die Zeichen der Zeit – Sie haben es gerade bestätigt – erkannt hat.
Zu einem Zeitpunkt, wo wir für die Hamburgerinnen und Hamburger durch die Schaffung von Anreizen und stetigen Ausbau des ÖPNV Alternativen zum motorisierten Verkehr, also Individualersatzverkehr schaffen, zu einem Zeitpunkt, wo wir die Mobilität der Schülerinnen und Schüler mit dem kostenlosen HVV-Ticket dramatisch verbessern wollen und gleichzeitig die Familien damit entlasten, kommen Sie um die Ecke gefahren und wollen stattdessen nun auch 15-Jährige mit Mopeds und Motorrollern durch die Straßen schicken. Ganz großes Kino.
Noch einmal: In Zukunft werden Sie in Hamburg, gleich, wo Sie sind, alle fünf Minuten kostengünstig von A nach B kommen, und die betroffene Gruppe, an die sich der Antrag richtet, sogar kostenlos. Ich sehe schon, die Aufregung ist groß, so ernst nehmen Sie den Antrag. Daher ist der eigentliche Nachrichtenwert dieses Antrags ein anderer. Sie von der FDP verkörpern das genaue Gegenteil einer modernen Großstadtpartei; das muss man leider feststellen.
Wie so oft muss man doch bei Entscheidungen der Verkehrspolitik folgende Abwägungen treffen: zum einen den Aspekt der Sicherheit und zum anderen den Aspekt der Mobilität. So wundert es also nicht, dass die Vorbilder Ihres Antrags, bei denen Sie abgeschrieben haben und die einen fünfjährigen Modellversuch hinsichtlich der Absenkung des Alters vollzogen haben, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen sind. Brandenburg und MecklenburgVorpommern kamen dann hinzu. Dass in diesen Bundesländern der Aspekt der Mobilität im Vordergrund steht, ist sicherlich nachvollziehbar.
Das ist bei allem gültigen Respekt und der Tatsache, dass sich sicherlich auch anderswo auf dem platten Land – als gebürtiger Elmshorner darf ich das sagen – der eine oder andere Jugendliche nach mehr mobiler Selbstständigkeit sehnt, verständlich. Aber Sachsen ist nicht Hamburg, und das gut ausgebaute Streckennetz des ÖPNV in Hamburg lässt es auch für junge Menschen zu, ein unvergleichbar hohes Maß an Individualität zu haben.
Es ist eigentlich unfassbar, dass ich dies explizit ausführen muss und dass der Antrag nicht vorher von Ihnen kassiert worden ist. Aber immerhin gab es keine Pressemitteilung dazu; das war Ihnen wohl doch ein bisschen zu peinlich.
Aber es wird noch schlimmer. Sie haben neben der Verkennung der Sachlage – regen Sie sich doch nicht so auf, ich weiß gar nicht … – und der Bedürfnisse nicht einmal … Also ich habe in den vier Jahren gelernt, dass man, wenn sich so aufregt wird, getroffen hat.
Neben der Verkennung der Sachlage und der Bedürfnisse haben Sie nicht einmal Ihre Hausaufgaben gemacht, denn – ich habe das Mikro – selbst in den zuvor genannten Bundesländern, die die Absenkung des Mindestalters vollzogen haben, sind die Erkenntnisse nach der Evaluation eher uneindeutig. So wurde zwar die Möglichkeit, sicher mangels Alternative, zwar grundsätzlich gern angenommen, die zusätzliche Nutzung des Mopeds dagegen fiel eher gering aus, wohingegen sich die Unfallzahlen durch die zusätzliche Zahl der Verkehrsteilnehmer wie erwartet erhöht haben.
Keine Ahnung, was Sie beim Einbringen dieses Antrags geritten hat. Selbst wenn man damit nur das Image der FDP als Autofahrerpartei unterstreichen wollte, kann ich das nicht nachvollziehen,
denn der Hamburger Autofahrer freut sich bestimmt riesig, wenn zusätzlich noch einige Tausend 15-Jährige mit dem Moped auf Geheiß der FDP durch die Straßen tuckern. Mein ungefragter Rat an dieser Stelle ist daher: Wenn selbst bei der CDU – zugegebenermaßen sehr langsam, Herr Thering bremst ja regelmäßig,
aber immerhin – ein Umdenkprozess begonnen hat, würde ich mir Gedanken machen, ob Sie mit solchen Anträgen nicht gegen die Wand fahren. Kurzum, das Petitum Ihres Antrags verkennt die Realitäten unserer Stadt, wir lehnen ihn daher ab. – Vielen Dank. Und danke noch einmal für die vielen Zwischenrufe.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Terroranschlag vom 11. September 2001 jährt sich heute zum 18. Mal. Es handelt sich um eines dieser schrecklichen Ereignisse, die sich einem als Erinnerung ins Gedächtnis einbrennen und bei dem jeder von uns genau weiß, was er getan hat, als er oder sie davon erfuhr. Es ist eines der Ereignisse, an denen die Welt, wie wir sie sehen, wie wir sie zuvor gesehen haben, sich für immer verändert. Die Anschläge vom 11. September zeigen, was
passiert, wenn Menschlichkeit und Mitgefühl Hass und Fanatismus weichen, und wozu Menschen in der Lage sind, wenn Herz und Verstand lange genug vergiftet werden. Wir gedenken heute den 3 000 Todesopfern und deren Familien, die bei diesem feigen Anschlag ums Leben kamen.
Zur Geschichte gehört auch, dass sieben der Attentäter und drei der vier Terrorpiloten aus der Hamburger Terrorzelle stammten. Nicht nur aus diesem Grund hat es in der Vergangenheit zahlreiche Formen der Anteilnahme gegeben, seien es Kondolenzschreiben an den Bürgermeister von New York, sei es das Auslegen von Kondolenzlisten in der Diele des Rathauses oder das Anordnen der Trauerbeflaggung. Auch die Technische Universität Hamburg hat nach dem Bekanntwerden der Verbindung zwischen den Attentätern und unserer Stadt ihre Anteilnahme auf verschiedenen Wegen gezeigt. Dies, werte Kollegen der AfD, sollte Ihnen bekannt sein und Ihren Antrag überflüssig machen, hätten Sie nicht ein anderes Motiv.
Doch eine Zäsur war dieser Anschlag auch in ganz anderer Hinsicht. Exemplarisch genannt seien hier der Einsatz in Afghanistan, mit dessen Folgen wir bis heute noch umzugehen haben, und die veränderte Arbeit der Strafverfolgungsbehörden weltweit, die bisweilen notwendig, aus sozialdemokratischem Blickwinkel heraus aber niemals Selbstzweck ist und daher ständig hinterfragt werden muss. Ja, die Welt hat sich verändert seit dem 11. September 2001.
Weil dieser Antrag sich zumindest formal gegen das Vergessen richtet, möchte ich einen weiteren Punkt hinzufügen.
Eine Zäsur war dieser Anschlag auch für alle Menschen weltweit, die aus bestimmten Regionen stammen. Lediglich Aussehen, Geburtsort oder Name und nicht etwa die Haltung reichen seit dem 11. September 2001 schon aus, um von seinen Mitmenschen mit anderen Augen gesehen zu werden. So werde auch ich bei jedem Flug, spätestens bei jeder Sicherheitskontrolle aufgrund der Taten einiger weniger stets daran erinnert. Dass dies so bleibt und stets ein Hauch von Generalverdacht mitschwingt, hierfür sorgen Sie als AfD nur allzu gern und schüren weiterhin Ressentiments, womit wir auch beim eigentlichen Kern und Motiv Ihres Antrags sind.
Sie müssen sich gar nicht so putzig echauffieren, Herr Nockemann.
Wissen Sie, seit über viereinhalb Jahren gehen Sie in diesem Haus, aber auch in anderen Parlamenten, nach demselben Muster vor: In den Ausschüs
sen bei der Sacharbeit finden Sie in der Regel nicht statt oder sind bestenfalls mangelhaft anwesend, stattdessen versuchen Sie teils mit provokanten und teils mit parlamentarischen Spielchen maximale Aufmerksamkeit zu bekommen
und sich als Opfer zu stilisieren. Sie möchten, dass wir diesen Antrag ablehnen, damit Sie sagen können, nur, weil er von der AfD stammt, haben die Altparteien, so, wie Sie uns nennen, ihn abgelehnt.
Deshalb möchte ich es sehr klar formulieren: Wir lehnen Ihren Antrag in der Tat ab, neben den zuvor genannten Gründen aber eben auch deshalb, weil wir Ihnen Ihre Betroffenheit nicht abnehmen,
weil Sie bisher ohne Ausnahme Tragödien und Leid nutzen, um politisches Kapital daraus zu schlagen. Weil Sie Taten von Einzelnen missbrauchen, um Feindbilder zu schüren und unsere Gesellschaft zu spalten, einmal direkt plump, einmal zwischen den Zeilen. Wie oft haben Sie unschuldige Bürgerinnen und Bürger aus politischem Kalkül in die Nähe der Täter gerückt und damit nicht zuletzt die Opfer verhöhnt und die Taten der Täter relativiert, aber so arbeiten Populisten eben.
Ich empfinde es daher als unerträglich, einem Antrag zum Gedenken der Opfer zuzustimmen, der von Heuchelei und Scheinheiligkeit nur so strotzt. Solange Sie nicht bereit sind, sich in unserer Wertegemeinschaft zu integrieren und jeden Akt von Gewalt von Menschen gegen Menschen als grausam zu verurteilen, die eine zivilisierte Gesellschaft überwinden muss, solange Sie diebische Freude an Tragödien und Gräueltaten haben, weil Sie diese für sich nutzen können,
stellen wir Sie und wir entlarven Sie. Wir halten Ihnen auch weiterhin den Spiegel vor und haben auch Verständnis dafür, wenn Ihnen dieser Anblick dann nicht gefällt,
denn nur so besteht Hoffnung, auch für Sie. – Vielen Dank.
Nur einen Satz. Ich fand es sehr bemerkenswert, Herr Nockemann. Ihre Partei – auf Bundesebene und auf Landesebene – tut nichts anderes, als von morgens bis abends Leute zu beschimpfen, zu diffamieren, anzugreifen, die sich nicht wehren können und kein Sprachrohr haben. Und Sie machen das mit einer Chuzpe, dass man sich an den Kopf fasst. Und wenn man Sie dann ein bisschen kritisiert, ertragen Sie das nicht. Sie können sich doch wehren. Jetzt merken Sie, wie Menschen sich fühlen, wenn Sie auf eine Art und Weise mit ihnen umgehen, die sich nicht gehört. Ich halte mich hier zurück nach wie vor aus Respekt vor dem Parlament. Aber die Art und Weise, wie Sie umgehen, vielleicht entwickeln Sie hierdurch ein wenig Empathie. Ich habe gute Hoffnung, dass das alles irgendwann … als Gutmensch habe ich Hoffnung und gebe Sie auch nicht auf. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Werte Kollegen der AfD, ehrlich gesagt habe ich bis vor fünf Minuten nicht wirklich daran geglaubt, dass Sie diesen Antrag hier debattieren. Ich war bis zum Schluss überzeugt, dass Sie sich einen Spaß erlaubt haben, in Ihrer Herrenrunde beim Bierchen diesen Vorschlag ausgeheckt haben. Nicht anders konnte und kann ich diesen Antrag bei dieser Faktenlage erklären.
Wir haben doch die Situation, dass wir vor einer der größten Herausforderungen der Menschheit stehen: dem Klimawandel und seinen Folgen etwas entgegenzusetzen.
Wir haben doch die Situation, dass wir eben deshalb eine politisierte Jugend haben wie seit einigen Jahrzehnten nicht mehr, vergleichbar mit der Friedensbewegung oder der Anti-Atomkraft-Bewegung, als die Welt schon einmal vor dem Abgrund stand. Eine politisierte Schülerinnen- und Schülerschaft, die zu Recht sensibilisiert und alarmiert ist und etwas einfordert, das für uns alle – auch für Sie, werte Kollegen von der AfD – selbstverständlich sein sollte, da hier keine Mauern und kein Stacheldraht helfen. Und in solch einer Situation schreiben Sie allen Ernstes in Ihrem Antrag und Sie haben es auch noch einmal gesagt – ich zitiere –:
"Die AfD-Bürgerschaftsfraktion ist skeptisch gegenüber dem häufig quasi-religiösen An
spruch der derzeitigen Klimaschutzbewegung."
Zitatende.
Frei nach dem Motto "Schön, dass die Sonne länger scheint". Nun ist es doch so, dass die AfD als Klimawandelleugner-Partei uns in diesem Haus nicht wirklich überrascht. Aber Sie führen es noch weiter aus. Mit einem fast perversen Zynismus diffamieren Sie die Schülerinnen und Schüler für ihr Engagement, für ihr reflektiertes Infragestellen des eigenen Verhaltens
und stellen sie als Heuchler dar, nur weil sie möglicherweise auch einmal in ein Flugzeug steigen. Das tun Sie in einem Ton und auf eine unverschämte Art und Weise, dass mir beim Lesen dieses Antrags durch den Kopf ging: Warum hassen Sie eigentlich Kinder?
Bei Migranten verstehe ich inzwischen, dass Sie das tun, aber warum jetzt Schülerinnen und Schüler als Feindbild?
Aber selbst wenn man – ja, ich habe getroffen offensichtlich – diese unverschämte Antragsformulierung ausblendet: Auch die Petita Ihres Antrags sind gänzlich ungeeignet und disqualifizieren Sie wieder einmal. Denn es ist doch so, dass die Aktivitäten zum Klimaschutz auf einer freiwilligen Entscheidung der Schulgemeinschaft beruhen. So werden die Klimaschutzmaßnahmen einer Schule im schuleigenen Klimaschutzplan dargestellt. Dieser ist dann Grundlage der Bewerbung einer Schule um das Gütesiegel der Klimaschule. Das entspricht im Übrigen dem Grundgedanken der schulischen Selbstverwaltung gemäß Paragraf 50 Hamburger Schulgesetz, da kann man auch einmal ganz verwegen hineinschauen. Zudem ist die Idee des gesamten Projekts neben der Reduzierung der Treibhausgasemissionen ganz konkret – vor allem eine Bewusstseinsbildung, um Klimakompetenz zu entwickeln. Nur dann, wenn wir in Selbstreflexion unser eigenes Verhalten infrage stellen und dann freiwillig – freiwillig – klimafreundlich handeln, kann langfristig und dauerhaft eine Veränderung unseres Alltagshandelns erfolgen.
Die Tatsache, dass wir bereits 63 Klimaschulen haben, und ein nicht zu übersehendes Engagement der Schülerinnen- und Schülerschaft in diesem Bereich zeigen, dass wir auf einem guten Weg sind, und vor allem, dass die Schülerinnen
und Schüler ganz sicher keine Nachhilfe von der AfD brauchen.
Und weil wir schon dabei sind, Nettigkeiten auszutauschen, so bilateral: Mir ist etwas aufgefallen, ein Argumentationsmuster, das mich ärgert – und weil Sie schon die Parallele zur Religion gezogen haben –: Wann immer jemand etwas Sinnvolles, Gutes oder Richtiges tut, können Sie sich nicht einfach daran erfreuen und weitergehen. Nein, Sie suchen penibel nach diesem einen Punkt, den diese Person als scheinbar inkonsequent darstellt, und diffamieren sie dann. Dies haben Sie im Übrigen mit religiösen Fundamentalisten gemein.
Das ist eine kleine Denksportaufgabe für Sie, weil ja auch Selbstreflexion heute ein bisschen Thema ist.
Es wird Sie also nicht überraschen: Wir lehnen Ihren Antrag und auch die Überweisung ab, allein schon der Lächerlichkeit wegen. Und während Ihr Parteivorsitzender Alexander Gauland in einem Interview der "Westdeutschen Allgemeinen Zeitung" sagte – ich zitiere –:
"Ich glaube nicht, dass es gegen den Klimawandel irgendetwas gibt, was wir Menschen machen können",
sage ich Ihnen: Doch. Kann man, muss man, machen wir. Ihnen kann nur geholfen werden, wenn Sie zu diesem – und ich fürchte, auch zu weiteren Themen – noch einmal die Schulbank drücken. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren!
"Was willst du überhaupt? Als Rucksackdeutsche hast du hier gar nichts zu melden."
"Geh doch zurück in dein Terrorland, wo du herkommst."
"Dich kriegen wir auch noch."
Das sind nur drei Beispiele aus meinem persönlichen Bekanntenkreis und bei Weitem nicht die schlimmsten, denn mit Rücksicht auf den parlamentarischen Sprachgebrauch halte ich mich hier zurück. Drei Beispiele, was sich Frauen und Männer mit Migrationshintergrund seit geraumer Zeit anhören müssen. Ich sage das, weil wir, wenn wir über das Erstarken von Rechtspopulismus und extremismus sprechen, häufig abstrakt auf die Gefahren hinweisen, auf die Bedrohung unserer Demokratie, unsere Meinungs- und Pressefreiheit, unser friedliches Zusammenleben. Dies auch zu Recht, denn schließlich bedroht keine Gruppe von Menschen den Frieden in Europa und unsere freiheitlichen Werte mehr als die Rechtspopulisten, Rechtsextremen und Neofaschisten.
Aber was wir selten tun, ist, auf die vielen Tausend Nadelstiche zu achten, die Menschen in unserem Umfeld ganz konkret seit geraumer Zeit jeden Tag erleben, auf die Frauen und Männer, die immer häufiger Hass, Anfeindungen und Beleidigungen ausgesetzt sind. Und wenn man von irgendeinem Erfolg der Rechtspopulisten da draußen und auch hier im Haus sprechen kann, dann doch, dass sie mit ihrer Rhetorik dafür gesorgt haben, dass unbescholtene Bürgerinnen und Bürger verbal und auch physisch attackiert werden und sich in ihrer Heimat, ob nun Wahlheimat oder gebürtig, nicht mehr wohl- und einige auch nicht mehr sicher fühlen. Sich dort, wo man aufgewachsen ist, nicht mehr willkommen und unsicher zu fühlen, das macht etwas mit einem, das verändert einen.
Und dabei geht es uns in Hamburg, wenn man den Vergleich ziehen mag, noch recht gut. Keine brennenden Unterkünfte, keine von Trommeln begleiteten Fackelmärsche. Die internationale Tradition unserer Stadt, die wachsame Politik, die sich gegen die Gefahren von rechts wehrt – ich erinnere an die Warnung unseres Innensenators vor den "Merkel muss weg"-Kundgebungen –, aber vor allem die großartige Zivilgesellschaft verhinderte Schlimmeres. Und hierfür möchte ich mich bei den Hamburgerinnen und Hamburgern bedanken, die regelmäßig nicht nur ein Zeichen setzen, sondern den unmittelbar Betroffenen auch Kraft geben.
Deutlich schlimmer sieht es bei unseren europäischen Nachbarn aus, bei denen sich diese Kräfte in den Regierungen festsetzen konnten. Salvinis Vorstoß in Italien, Migrantenkinder zu trennen und nicht mit anderen Kindern essen zu lassen, oder Österreich mit der NS-Rhetorik, Migranten konzentrieren und ihnen eine Sonderbehandlung zuteilwerden lassen zu wollen – in meinen Augen der viel größere Skandal als das, was jetzt durch die Medien geht.
Und vor Kraft kaum laufend treffen sie sich, die rechte Internationale in Mailand, die Salvinis, Le Pens, Meuthens dieser Welt. Rechte Internationale, ein Oxymoron par excellence. Und das Treffen, das sie als Erfolg verkaufen, ist in Wahrheit entlarvend, denn auch hier gibt es keine gemeinsamen Lösungen für die Probleme, sondern nur Dagegensein, denn zu mehr ist rechtspopulistische Politik nicht in der Lage. Der gemeinsame Nenner ist reine Destruktivität. Der Unterschied zwischen uns und ihnen ist evident: Wir suchen in all unserer Unterschiedlichkeit nach Lösungen, sie nur nach Problemen.
Wir machen Politik für die Menschen, sie gegen sie. Wir wollen erschaffen, sie zerstören. Und das ist auch der Grund, weshalb rechte Politik nicht funktionieren kann. Wo immer sie sich durchsetzt, hinterlässt sie Chaos, wie beim Brexit oder in Österreich anschaulich zu sehen ist. Und ja, sie ist auch selbstzerstörerisch, wie man an den AfD-Vorständen und auch an der Selbstdezimierung der Hamburger AfD-Fraktion sehen kann. Aber darauf dürfen und werden wir nicht warten, denn der Schaden, den sie bis dahin anrichten, ist enorm.
Also ist die Botschaft auch klar: Wir werden nicht weichen. Wir werden sie bekämpfen. Aber anders, als sie denken oder hoffen. Denn wenn sie uns jagen wollen, werden wir sie entlarven. Während sie mit den Ängsten der Menschen spielen, appellieren wir an deren Mut. Während sie die dunkelsten Seiten von uns beschwören, bringen wir die besten Seiten im Menschen zum Vorschein. Während sie Lügen über uns verbreiten, erzählen wir die Wahrheit über sie. Und während sie Hass säen, ist Menschlichkeit unsere Antwort.
Während sich am Wochenende die Rechte Europas zusammengetan hat, um zu überlegen, wie sie
ihr Gift besser verbreiten und Europa und unsere europäische Gesellschaft weiter spalten kann, haben sich Menschen in Hamburg und in ganz Europa versammelt, um für ein offenes und tolerantes und freies Europa zu demonstrieren, ein Europa für uns alle. Und dies war erst der Anfang. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Werte Kollegen der AfD, Sie bringen mich in die Verlegenheit, mich bei Ihnen entschuldigen zu müssen. Das zeigt, man ist selbst nicht vor Vorurteilen gefeit. So habe ich Sie bisher für ein One-Trick Pony gehalten und dachte, Sie könnten nur ein Thema so schön populistisch verpacken. Aber anscheinend sind Sie breiter aufgestellt und schaffen unseriöse Politik auf den verschiedensten Feldern.
Nur damit ich Sie richtig verstehe: Sie fordern uns also mit dem Antrag auf, den Senat aufzufordern, dass dieser die Bundesregierung auffordert, dass diese sich nach der EU-Wahl für eine Haushaltskürzung im EU-Haushalt einsetzt. Ich frage mich manchmal, ob Ihre Leute eigentlich wissen, was Sie für Anträge stellen, zumal Ihre Bundestagsfraktion diesen Antrag hätte stellen können, wenn er ihr selbst nicht so unangenehm wäre, wahrscheinlich weil er schon fachlich unterirdisch ist und lediglich Rechtschreibfehler das hätten toppen können.
Aber immerhin, er ist politisch spannend, da er so entlarvend ist. So zeigt sich doch exemplarisch, dass Ihr rechter Zusammenschluss nicht funktioniert. Irgendein Land first, wir gegen die, hat eben Konsequenzen. Und während Sie den Brexit und den vermeintlichen Erfolg Ihrer Parteifreunde feierten, stellen Sie nun ernüchtert fest, dass dies Konsequenzen hat, und zwar auch finanzielle; willkommen in der Realpolitik, verehrte Kollegen. Daher fordern Sie, pragmatisch, wie Sie sind, kurzerhand den Haushalt zu senken. Bedenkt man allerdings die stetig wachsende Bedeutung der EU, vor allem angesichts der zahlreichen neuen Herausforderungen wie zum Beispiel Migration und Sicherheit, Themen, die Sie sonst auch so gern anführen, ist es doch unerlässlich, die EU finanziell angemessen auszustatten. Auch hier zeigt sich im Übrigen Ihre bestenfalls widersprüchliche, wohl aber eher scheinheilige Politik, Defizite bei den obigen Themen anzuprangern und bei erstbester Gelegenheit der EU die notwendigen Mittel zur Lösung dieser zu entziehen. Aber keine Sorge, auch das wird durchschaut. Zudem erwähnt Ihr Antrag mit keiner Silbe die weiteren Themen, die in Angriff genommen werden müssen, zum Beispiel Energie, Klimapolitik oder Digitalisierung. Auch das kostet. Und Sie vergessen scheinbar, dass gleichzeitig die traditionellen Aufgaben der EU wie gemeinsame Agrarpolitik, Kohäsionspolitik sowie die Förderung von Forschung und Innovationen nicht vernachlässigt werden dürfen. Sie begreifen also, Ihr Antrag geht fehl an dieser Stelle. Zudem ignorieren Sie
komplett, dass aufgrund der Tatsache, dass auch künftig alle Regionen der EU förderungsfähig sind, auch Hamburg davon sehr stark profitiert – übrigens Fakten, die auch die Brexiteers ihren Landsleuten regelmäßig verschwiegen haben, also ähnliche Methoden. Und auch die anderen Petita Ihres Antrages machen politisch nur wenig Sinn.
Ich versuche es einmal zu erklären. Ziel der Kohäsionspolitik der EU ist es, Konvergenz voranzutreiben, wirtschaftliche, soziale und regionale Unterschiede in den Mitgliedsstaaten in Europa zu verringern. Das macht auch Sinn, denn gerade im Hinblick auf die laufenden Wirtschaftsreformen in den Mitgliedsstaaten zu unterstützen, spielt dies eine wichtige Rolle.
Vielen Dank.
Wenn man jetzt also schauen will, welche Mitgliedsstaaten und Regionen wirtschaftlich und strukturell zurückliegen, um diese beim Aufschließen an den Rest der EU zu unterstützen, bleibt das relative Pro-Kopf-Bruttoinlandsprodukt das wichtigste Kriterium. Für die Mittelvergabe werden künftig jedoch weitere Faktoren wie Arbeitslosigkeit, Jugendarbeitslosigkeit, Klimawandel und die Aufnahme von Flüchtlingen und Integration dieser berücksichtigt werden. Die Wohneigentumsquote, wie Sie fordern, als Maßstab einzubeziehen, ist allerdings aufgrund des nicht ansatzweise vergleichbaren Umgangs mit Wohnungseigentum kein geeigneter Maßstab, denn nationalspezifische sowie historische und auch kulturelle Faktoren beeinflussen diesen und lassen vor allem keine Rückschlüsse auf die strukturelle Entwicklung einer Region zu – könnten und müssten Sie eigentlich wissen. Tun Sie wahrscheinlich auch; das ist ja das Schlimme.
Kurzum, Ihr Antrag ist ein reiner Stammtischantrag, der zudem fachlich unsinnig ist und teilweise Ihrer eigenen Programmatik widerspricht. Er ist abzulehnen. – Ich danke Ihnen.
Alles im Zeichen Europas heute. – Frau Präsidentin, meine sehr verehr
ten Damen und Herren! Am 26. Mai, also in vier Tagen, wählen wir das Europaparlament.
Und während bei den vergangenen Europawahlen diese Wahl – auch damals schon zu Unrecht – ein Schattendasein fristete, schauen dieses Mal alle auf Europa.
Wie wichtig diese anstehende Wahl und eine starke EU sind, wurde einmal mehr im Rahmen der Selbstbefassung des Europaausschusses mit dem Arbeitsprogramm der Europäischen Kommission deutlich. So sind die Herausforderungen, denen wir uns stellen müssen, schon seit Langem nicht mehr auf der Nationalstaatsebene zu lösen.
Herausforderungen wie der Klimawandel. Seit Monaten gehen vor allem junge Menschen auf die Straße, um im wahrsten Sinne für Ihre Zukunft auf dieser Welt zu kämpfen. Forscher sagen, dass wir nur noch ein kleines Zeitfenster haben, um den Klimawandel in den Griff zu bekommen. Doch das schaffen wir nur gemeinsam. Wir brauchen also eine europäische Klimapolitik.
Herausforderungen wie die Migration, die wir nur gemeinsam lösen können, damit diese unerträgliche Situation endlich ein Ende hat, die allen unseren humanistischen Werten widerspricht.
Herausforderungen der Digitalisierung, die auch vor den Nationalgrenzen nicht haltmacht.
Aber auch wirtschaftspolitisch bläst uns ein scharfer Wind entgegen, nicht zuletzt von Verbündeten und Partnern. Um mit China und den USA auf Augenhöhe und unter Wahrung unserer Werte verhandeln zu können, müssen wir gemeinsam agieren. Denn ja, wir befinden uns auch im Wettkampf der Wertesysteme, das wird nur allzu oft verdrängt. Umso bedauerlicher ist es, wenn man bedenkt, wie viel Kraft im Rahmen des Brexits verschwendet worden ist und wird, von den Folgen ganz zu schweigen.
Und angesichts der geführten Debatte in der Aktuellen Stunde müssen wir uns auch hier ehrlich machen: Ja, Europa hat Feinde von außen – vor allem aber welche von innen.
Diejenigen, die die Errungenschaften der letzten Jahrzehnte zurückdrehen wollen, um in Kleinstaaterei zu verfallen – Sie fühlen sich gleich angesprochen, ich merke es schon –, diejenigen, die Unwahrheiten verbreiten, um sich auf dem Rücken anderer zu profilieren, aber auch diejenigen, die auf Probleme und bestehende Schwächen hinweisen, ohne jedoch konstruktiv an Lösungen mitarbeiten zu wollen.
Ja, Europa steckt auch in der Krise. Doch während die einen nur destruktiv agieren wollen, nehmen wir die Herausforderungen an. Denn trotz aller Errungenschaften, meine Damen und Herren: Wir müssen besser werden. Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten kämpfen für ein soziales Europa, ein Europa für alle Generationen, in dem jede Frau und jeder Mann das Recht hat, in Würde zu leben und alt zu werden. Hierzu gehören bezahlbarer Wohnraum, gute Pflege, Gesundheitsvorsorge, gute öffentliche Infrastruktur und lebenslange Bildung.
Ein Europa ohne Kinderarmut, ein Europa mit fairen Mindestlöhnen, die nicht in Armut führen; ein faires Europa. Wir sind zutiefst davon überzeugt, dass wir für einen langfristigen inneren Frieden Europas ein soziales und gerechtes Europa schaffen müssen und werden, denn so und nur so werden wir den aktuellen Herausforderungen trotzen und unsere vergangenen Erfolge eine Zukunft haben.
Apropos Frieden, meine Damen und Herren: Gerade in einer Zeit, in der die Weltordnung, wie wir sie kennen, infrage gestellt wird, ist Europa die Antwort. Als Friedensprojekt innerhalb der europäischen Staaten erfolgreich, erwächst die Verantwortung, sich international stärker für den Frieden einzusetzen und die diplomatischen Fähigkeiten zu nutzen, die wir in den letzten Jahren ausgebaut haben. Aber auch in der Außenpolitik sollten wir uns nicht mit dem Status quo zufriedengeben. Stellen Sie sich doch für einen Moment ein Europa mit einer gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik vor. Wie viel könnten wir bewegen, wie viel mehr Gewicht hätten wir auf internationaler Ebene, wenn wir für ein geschlossenes und einiges Europa mit einer Stimme sprechen würden. Meine Damen und Herren, wir wollen mehr Europa wagen. Seien Sie dabei.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kollegen von der AfD, ich könnte nun so tun, als ob Sie Ihren Antrag ernst meinen würden.
Ich würde dann versuchen, Ihnen zu erklären, wie die Städtepartnerschaften, die wir haben, historisch entstanden und gewachsen sind. Ich würde versuchen, Ihnen verständlich zu machen, dass wir in Hamburg mit den Städtepartnerschaften keine Symbolpolitik betreiben, frei nach dem Motto "Je mehr, desto besser", sondern darauf achten, dass die Partnerschaften gelebt werden und es rege Aktivität mit den zivilgesellschaftlichen Akteuren gibt. Ich würde Sie darauf verweisen, dass die Städtepartnerschaften den Rahmen einer intensiven Zusammenarbeit und Kooperation auf verschiedenen Feldern darstellen und sie daher niemals Ausgangspunkt – so wie Sie es hier fordern –, sondern allenfalls, wenn gewünscht und erforderlich, das Ergebnis der beschriebenen Kooperation sind.
Sie würden erkennen, dass Sie das Konzept der Städtepartnerschaften entweder nicht verstanden oder zumindest ein falsches Bild davon hatten, und Sie würden mir möglicherweise für diese Erkenntnis dankbar sein.
Ich könnte Sie weiterhin daran erinnern, dass der Ansatz, Städtepartnerschaften zu begründen, seine Blütezeit in den Fünfziger- und Sechzigerjahren hatte, als nämlich der Besuch im Ausland noch nicht selbstverständlich war und mit den Städtepartnerschaften oft erst die Grundlage für den Austausch und gegenseitiges Kennenlernen geschaffen wurde und dass sich ohnehin die Frage stellt, ob Städtepartnerschaften dieser Ausprägung noch zeitgemäß seien. Ich würde Sie überzeugen können, dass in einer globalisierten und schnellen Welt Hamburg gut beraten sei, über die bestehenden Städtepartnerschaften hinaus zeitlich und thematisch determinierte Partnerschaften einzugehen. Ich würde Sie damit beeindrucken, dass die Freie und Hansestadt Hamburg eben dies bereits heute schon tut und es schon diverse Städte gibt, mit denen wir Kooperationen haben und auf der Projektebene eng zusammenarbeiten. Ich würde Sie belehren, dass wir auch heute schon mit Israel zusammenarbeiten und es Kooperationen gibt, und ich würde Sie motivieren, sich mit dem Ausschussbericht des Wissenschaftsausschusses zur Delegationsreise des Senats nach Israel zu befassen.
Ohnehin würde ich Sie animieren, sich häufiger mit den Drucksachen dieses Hauses zu befassen, da es zu diesem Thema zahlreiche gibt und Sie mich dann nicht mehr für den Erkenntnisgewinn bräuchten.
Und letztlich würde ich Ihnen verständlich machen, warum wir im Gegensatz zu Ihrem Antrag den Zusatzantrag der CDU an den Ausschuss überweisen: da im Petitum nicht lediglich eine Städtepartnerschaft gefordert wird, sondern eben eine Intensivierung der Kooperation und der Zusammenarbeit, über die wir im Ausschuss sprechen können.
Aber wenn wir ehrlich sind und uns in die Augen schauen, so unter zwei Pastorentöchtern, ist Ihnen das doch alles recht egal.
Herr Dr. Wolf, Sie sind Vorsitzender der AfD-Fraktion. Sie sind Vorsitzender des Europaausschusses; Sie leiten diesen. Ich bin Ihr Schriftführer, sitze in den Sitzungen neben Ihnen und sehe, was Sie während der Sitzung so treiben. Während man das chronische Unwissen Ihrer Fraktion nach nunmehr über vier Jahren sonst mit mangelnder Anwesenheit erklären kann, greift diese Begründung in diesem Fall nicht. Sie waren doch anwesend, als wir in aller Ausführlichkeit, nicht zum ersten Mal im Übrigen, in der vorletzten Sitzung am 9. April über Städtepartnerschaften gesprochen und die zuvor genannten Argumente erörtert haben. Das Motiv
Ihres Antrags ist also nicht sachlich begründet. Es ist dennoch evident: Sie wollen, diesen Antrag als Feigenblatt vor sich hertragend, von den massiven antisemitischen Strömungen und Ausrichtungen Ihrer Partei ablenken.
Sie wollen jedes Mal, wenn Sie mit der DNA Ihrer Partei, nämlich Hass und Ausgrenzung, konfrontiert werden, sagen können: Schaut auf diesen Antrag, so schlimm sind wir nicht. Doch obgleich dieses Manöver durchsichtig ist, es wird ohnehin nicht ausreichen, von den schwerwiegenden Äußerungen Ihrer Parteispitzenfunktionäre abzulenken. Denn, wie gesagt, es ist Ihre DNA.
Es gibt doch einen Grund – hören Sie doch zu –, weshalb der Staat Israel nach wie vor einzig Ihre Partei in diesem Hause boykottiert, keine Kontakte unterhält und Sie nicht empfängt.
Und dies aus gutem Grund, wie Sie und ich wissen, wenn wir uns ehrlich machen.
Wenn Sie also eines Tages aufwachen, um ein toleranter Mensch zu sein …
Nein, ich würde das gern zu Ende führen; die Zeit ist knapp.
Wenn Sie also eines Tages aufwachen, um ein toleranter Mensch … ein toleranterer Mensch – ich bekomme das gar nicht über die Lippen – zu sein, wenn Sie sich für den Antisemitismus und Rassismus Ihrer Partei schämen und dies ernst meinen – und als Gutmensch habe ich stets Hoffnung, Sie zu bekehren –,
dann positionieren Sie sich. Dann distanzieren Sie sich. Aber missbrauchen Sie dieses Haus nicht für Ihre Show-Anträge.
Und wenn ich an einem 8. Mai, einem denkwürdigen Tag, mit einem Zitat aus dem Talmud schließen darf:
"Ba'awon sinat chinam, meriwa Raba betoch bejto schel adam – viel Streit im Hause des Menschen entsteht durch grundlosen Hass."
Denken Sie darüber nach. – Vielen Dank.
Weil Sie mich so charmant angesprochen haben. Es ist ja schon so, dass es durchaus nicht irgendwelche Hinterbänkler sind, sondern es sind Spitzenfunktionäre, Höcke und so weiter, haben Sie selbst erwähnt. Ich habe gesagt, dass Sie das wie ein Feigenblatt vor sich hertragen wollen, um sagen zu können: Nein, die AfD ist nicht so.
Der springende Punkt ist aber, und nun lassen Sie uns als Opposition einfach einmal raus, wie Israel damit umgeht. Es ist doch so: Angenommen, wir würden jetzt eine parlamentarische Reise nach Israel machen wollen, wie wir es zum Beispiel nach Schanghai oder Busan gemacht haben. Sie dürften nicht mit. Sie würden nicht empfangen werden. Israel möchte Sie nicht, weil sie aus gutem Grund eine klare Position zu Ihrer Partei haben.
Da geht es nicht um linke Parteien, sondern da geht es um Israel ganz konkret. Die wissen, wer Sie sind und was dahintersteckt. Und deswegen bringt diese ganze Schönfärberei nichts. Das durchschaut jeder, ich glaube, sogar Ihre YouTubeFreunde. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Am 26. Mai wählen wir in Deutschland das Europaparlament, und die meisten von uns eint, dass wir für ein starkes Europa kämpfen. Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten treten zudem für ein soziales Europa ein. Für uns ist die Europäische Union nicht nur ein reines Wirtschaftsprojekt, das durch wirtschaftliche Verflechtungen und Zusammenarbeit uns alle stärkt, wir sind vielmehr zutiefst davon überzeugt, dass für einen langfristigen inneren Frieden Europas wir ein soziales und gerechtes Europa schaffen müssen und werden. Ein Europa für alle Generationen, in dem jeder Mensch das Recht hat, in Würde zu leben und alt zu werden. Bezahlbarer Wohnraum, gute Pflege- und Gesundheitsvorsorge, gute öffentliche Infrastruktur, lebenslange Bildung. Ein Europa ohne Kinderarmut, ein Europa mit fairen Mindestlöhnen, die nicht in Armut führen. Europa ist die Antwort auf die drängenden sozialen Fragen unserer Zeit, und nicht allein die Nationalstaaten.
Und Hamburg profitiert wie kaum ein anderes Bundesland von Europa und dem Europäischen Binnenmarkt. Über den Europäischen Sozialfonds wird dafür gesorgt, dass auch denen geholfen werden kann, für die sich die Hoffnungen auf ein besseres Leben und Arbeit in einem anderen EU-Mitgliedsland nicht erfüllt haben. Wir stehen in Hamburg mit einer Vielzahl an sozialen Programmen und Initiativen wie kaum eine andere europäische Stadt vorbildlich für diesen Gedanken des sozialen Ausgleichs. Gerade im Bereich der sozialen Politik
liegen Erfahrungen und das Know-how vor Ort, ein Austausch und eine Vernetzung der unterschiedlichen Ebenen ist daher obligatorisch. Wir ersuchen daher den Senat, sich dafür einzusetzen, dass die 28. European Social Service Conference in Hamburg stattfindet.
Die ESSC in Hamburg auszurichten, ist eine Chance, voneinander zu lernen und den sozialen Gedanken, den wir in Hamburg haben und leben, noch stärker in Europa zu verankern.
Da die ESSC während der deutschen EU-Ratspräsidentschaft 2020 stattfinden soll, ist es zudem eine große Chance, für unsere hamburgische Idee von einem sozialen Zusammenleben zu werben. Heute legen wir den Grundstein dafür. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Am 23. Juni 2016 stimmten die Britinnen und Briten mit einem Ergebnis von 51,89 Prozent gegen den Verbleib in der EU. So sehr wir das Ergebnis bedauern, es ist zu respektieren und wir müssen mit den Folgen bestmöglich umgehen. Man kann sicherlich dennoch sagen, dass ein Großteil derjenigen, die für den Brexit gestimmt haben, die Geschehnisse der letzten Wochen und Monate so nicht gewollt ha
ben. Viele werden sich der Auswirkungen erst dieser Tage bewusst und endgültig wohl dann in den kommenden Monaten und Jahren. Doch wenn wir eine Lehre aus dieser Situation ziehen wollen, dann doch, wie gefährlich es ist, auf diejenigen zu hören, die vermeintlich einfachste Lösungen auf komplexe Sachverhalte bieten und deren Leitmotiv ihres politischen Handelns stets das Gegeneinander ist. Die, statt nach gemeinsamen Lösungen zu suchen, ein "Wir gegen die" verkörpern und ohne Rücksicht auf Fakten und ohne jegliche Skrupel mit den tiefsten Ängsten von Menschen spielen und diese hervorrufen.
Sie fühlen sich angesprochen.
Denn diese Gruppierungen, und das zeigt sich immer wieder, haben kein Rezept dafür, etwas Gemeinsames aufzubauen, sondern stehlen sich bei erster Gelegenheit stets aus der Verantwortung.
Gleichzeitig: Wer dieser Tage meint, hämisch sein zu müssen, hat weder die europäische Idee noch die Verflechtungen verstanden, in denen wir heute leben. Der Gedanke "Sie haben so abgestimmt, dann haben sie doch selbst schuld" ist nicht nur unsolidarisch, sondern verkennt auch die Auswirkungen auf unser unmittelbares Leben. Vor allem wir Hamburgerinnen und Hamburger fühlen uns dem Vereinigten Königreich besonders verbunden. So wird Hamburg, die als britischste Stadt in Kontinentaleuropa gilt, geprägt von britischen Kultureinrichtungen und Persönlichkeiten.
Heute leben über 4 000 Britinnen und Briten in Hamburg und sind liebgewordene Nachbarn. Jährlich kommen rund 300 000 britische Touristen in die Hansestadt. Etwa 1 000 Hamburger Unternehmen unterhalten Geschäftsbeziehungen zum Vereinigten Königreich, und es befinden sich 70 britische Unternehmen mit Sitz in Hamburg. Es wird also deutlich, dass neben der kulturellen und emotionalen Verflechtung auch wirtschaftliche Verknüpfungen bestehen, die einen Impact auf die Hamburger Wirtschaft und Politik haben. Die Frage, ob es einen sogenannten geordneten oder, wie zunehmend befürchtet, einen ungeordneten Brexit gibt, beschäftigt uns folglich zutiefst, und auch die gestrige Abstimmung hat uns leider nicht wirklich schlauer gemacht.
Fragen hinsichtlich der Zollabfertigung oder der Aufenthaltsfragen stehen im Raum. Wir können zwar die Entscheidungen der Kolleginnen und Kollegen im Unterhaus nicht beeinflussen, aber wir können uns vorbereiten. Genau dies haben wir getan. Schon früh haben wir uns im Rahmen einer Selbstbefassung Brexit im Europaauschuss mit
den unterschiedlichen Szenarien befasst und versucht, mögliche Herausforderungen zu antizipieren. Wir haben uns vom Senat berichten lassen, was die eigens gegründete Koordinierungsstelle Brexit für Vorbereitungen getroffen hat. Wir haben gemeinsam im Ausschuss beraten, wie intensiv der Senat mit Verbänden der Hafenwirtschaft und der Hamburger Unternehmen im Austausch ist. Wir haben uns damit auseinandergesetzt, dass im Rahmen eines behördenübergreifenden NormenScreenings geschaut wurde, ob und welche Normen gegebenenfalls angepasst werden müssen. Wir haben gemeinsam festgestellt, dass neben den zahlreichen Einbürgerungen der Briten in Hamburg, herzlich willkommen by the way, wir auch für die nicht Eingebürgerten eine Lösung gefunden haben, um unbillige Härten zu verhindern.
Wir haben gemeinsam festgestellt, dass wir auch im Falle eines No Deals hinsichtlich der Zollabfertigung sehr gut aufgestellt sind, sodass manche künstlich produzierte Schlagzeile eher als Wahlkampfgeplänkel abzutun ist. Denn auch in der kommenden Europaausschusssitzung am 5. Februar haben wir das Thema Brexit-Übergangsgesetz auf der Tagesordnung. Zu jeglichem Punkt wurde, und das war die zu bewältigende Herausforderung für den Senat, mit jeglichem Szenario gerechnet. Es bleibt also festzuhalten: Hamburg ist gut auf den Brexit vorbereitet, egal wie er kommt, ohne Wenn und Aber.
Doch auch in der Politik darf man ein wenig hoffnungsvoll in die Zukunft blicken. Wir wünschen uns weiterhin ein vereintes Europa mit den Briten als wichtigem Teil in der europäischen Familie. Wir alle wissen, Hamburg ist das Tor zur Welt. Wir wollen aber auch das Tor für Großbritannien in der EU sein. Daher werden wir uns dafür einsetzen, dass dieses Tor für unsere britischen Freundinnen und Freunde sowohl wirtschaftlich als auch kulturell und, vor allem und besonders, in Freundschaft immer offen bleibt.
Jede britische Entscheidung, in der EU zu bleiben, würde von uns sehr begrüßt. Trotz gegenwärtiger Herausforderungen möchte ich allen konstruktiven Kräften die Worte von Winston Churchill in Erinnerung rufen:
"Never, never, never give up."
Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Einen geliebten Menschen zu verlieren, reißt eine Wunde auf. Sie hinterlässt einen tiefen Schmerz, ein Gefühl des Verlustes und der Leere. Umso schwerer ist es, wenn dieser Mensch uns gewaltsam genommen wird und wir bis heute nicht einmal wissen, warum. Wir kennen mittlerweile die Täter, die Mitglieder der Terrorgruppe NSU. Aber warum sie sich am 27. Juni 2001 entschieden haben, Süleyman Tasköprü, einen Familienvater aus Altona, gewaltsam aus dem Leben zu reißen, ist nach wie vor unklar. Es bleibt für mich unerklärlich, wie in Menschen ein solcher Hass entstehen kann, um ein solches Verbrechen zu begehen.
Unerklärlich ist aber auch, dass bundesweit und auch in Hamburg über einen viel zu langen Zeitraum nicht in diese Richtung ermittelt wurde. Der Familie von Süleyman Tasköprü wurde so unfassbares zusätzliches Leid zugemutet. Anstatt trauern zu können, mussten sich die Angehörigen damit auseinandersetzen, dass sein Name unverschuldet und vollkommen zu Unrecht in den Schmutz gezogen wurde. Was diese Sekundärviktimisierung, in der Opfer zu Tätern gemacht werden, bei den Freunden und der Familie auslösen muss, lässt sich wohl nur erahnen. Den Angehörigen kann ich an dieser Stelle nur mein tiefstes Bedauern dafür ausdrücken, dass ihnen ein solches Leid widerfahren musste.
Fake News ist eines der Unwörter der letzten Jahre, genauso wie der Begriff Dönermorde. Wenn
uns der Fall von Süleyman Tasköprü eines lehren sollte, dann dass wir nicht vorschnell ohne Kenntnis aller Fakten zu Urteilen kommen sollten, dass die Berichterstattung der Medien auch einmal mehr Grautöne und weniger quotenverdächtige Schlagzeilen aushalten muss, und dass wir als Volksvertreterinnen und Volksvertreter die ständige Aufgabe haben, unsere Sicherheitsorgane zu überprüfen und zu hinterfragen. Viel zu lange haben die ermittelnden Behörden die rassistischen Motive der Mordserie der NSU nicht erkannt. Viel zu lange war uns nicht bewusst, dass Einwohnerinnen und Einwohner der Bundesrepublik Deutschland von ideologisch verblendeten Fanatikern, von Rassisten getötet werden, nur weil sie einen Migrationshintergrund haben. Das ist und bleibt unerträglich und darf sich niemals wiederholen.
Aus den gemachten Fehlern wurden Konsequenzen gezogen und zahlreiche Maßnahmen und Strukturveränderungen zur Verbesserung der Ermittlungsarbeit der Behörden etabliert, Maßnahmen, die verhindern sollen, dass sich so etwas wiederholen kann.
Sehr geehrte Angehörige von Süleyman Tasköprü! Im Namen der Bürgerschaft der Freien und Hansestadt spreche ich Ihnen unser Mitgefühl und tiefstes Beileid aus und möchte Sie um Entschuldigung dafür bitten, dass dieses Leid durch mit einem falschen Verdacht geführte Ermittlungen noch verstärkt wurde. Ich schließe mit dem Zitat von Bertolt Brecht:
"Der Mensch ist erst wirklich tot, wenn niemand mehr an ihn denkt."
Sehr geehrte Familie Tasköprü! Ich versichere Ihnen: Süleyman Tasköprü wird nicht vergessen. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kruse, wenn man Ihnen zuhört, bleibt nur noch zu hoffen, dass Ihre Bundestagsfraktion schneller zur Sacharbeit findet als die Ihrige, die es nach zweieinhalb Jahren immer noch nicht geschafft hat.
Es zeugt doch von einer unfassbaren Dreistigkeit, gerade jetzt, wo Ihre Partei und Ihre Fraktion einen braunen Skandal nach dem anderen haben, mit solch einem Antrag um die Ecke zu kommen, und lässt eher vermuten, dass Sie ablenken wollen. Aber gut, schauen wir uns einmal die Fakten zunächst vor G20 an.
Wenn man sich die Zahlen des Bundesamtes für Verfassungsschutz anschaut, so stiegen die Zahlen der rechtsextremen Straftaten bis 2016 auf 22 471 an. Im Vergleich dazu fielen im Jahr 2016 die Zahlen der linksextremistischen Straftaten auf 5 230.
Ich erinnere mich an keinen Antrag Ihrer Fraktion – zu G20 komme ich sofort –, keine Pressemitteilung und keinerlei Besorgnis. Wir dagegen gehen entschlossen gegen jede Art von Extremismus vor. So wurden seit 2014 Stellen des Landesamtes für Verfassungsschutz kontinuierlich erhöht, und jetzt kommen noch 20 hinzu. So sieht Handeln aus.
Während für uns also jeglicher Extremismus nicht zu tolerieren ist, sind Sie auf dem rechten Auge blind, vielleicht auch, weil Sie genau wissen, dass Sie mit den Stimmungen, die Sie und Ihre Partei verbreiten, den Nährboden für solche Taten schaffen und solchen Straftaten Vorschub leisten.
Erster Vizepräsident Dietrich Wersich (unterbre- chend): Herr Ilkhanipour, bitte halten Sie sich an den parlamentarischen Sprachgebrauch.
Sehr gern.
Doch zurück zu den Zahlen. Während zuvor die linksextremistischen Straftaten zurückgingen, hatten wir während der Ausschreitungen des G20Gipfels eine neue Situation. Es war – und das ist unstrittig – ein Novum, was das Ausmaß und die Intensität der Straftaten angeht. Und ja, dies gilt es erstens zu untersuchen und zweitens Maßnahmen zu ergreifen, und zwar, wenn man es ernst und nicht nur als populistischen Schnack meint, in dieser Reihenfolge und nur in dieser. Wir wollen genau hinschauen, wer wann was und warum getan hat.
Aus diesen Erkenntnissen werden wir unsere Schlussfolgerungen ziehen und handeln. Hierfür haben wir den Sonderausschuss G20 eingerichtet. Da dieser aber erst zweimal getagt hat, sind wir offensichtlich am Anfang der Aufklärung.
Also was soll das heute hier? Es macht doch null Sinn, noch vor der Aufklärung, noch vor Anhörungen Ergebnisse zu fordern. Hilfreich wäre es im Übrigen, sofern es Ihnen um die Sache geht, wenn Sie sich an dieser Aufklärungsarbeit im Ausschuss zur Abwechslung einmal aktiv beteiligen würden, anstatt plump aus der Hüfte zu schießen.
Natürlich kann eine Folge der Erkenntnis eine solche Studie sein, aber auch hier ist Ihr Antrag von Anfang an fachlich unausgegoren. So sind linke Gewalttäter als Zielgruppe unspezifisch und umfassen das gesamte Spektrum der erlebnisorientierten Jugendlichen, der Unpolitischen, die Gewalt gegen Polizei suchen, Gelegenheitstäter, Mittäter et cetera. Und wenn Sie sich sachlich mit diesem Thema beschäftigt hätten …
Erster Vizepräsident Dietrich Wersich (unterbre- chend): Herr Abgeordneter, ich unterbreche Sie ungern, aber ich möchte die Abgeordneten auf die Regeln in diesem Haus hinweisen, nämlich dass der Mitschnitt von Reden, Herr Wagner, nicht zulässig ist. – Herr Ilkhanipour, fahren Sie bitte fort.
Wenn Sie sich mit dem Thema sachlich beschäftigt hätten, wüssten Sie auch, dass es bereits Studien zu diesem Thema gibt. Als Mann der Wissenschaft, Herr
Kruse, hätten Sie sich bei dem Antrag auch einmal mit dem Punkt auseinandersetzen können, dass Forscher, die hierzu gute Feldzugänge haben, sich häufig schwertun, so zu forschen, wie es der staatliche Auftrag fordert, um ihre Feldzugänge nicht zu gefährden. Auch hiermit müssen wir uns befassen. Kurzum, während Sie sich nur einseitig und unseriös dem Thema Extremismus widmen, gehen wir es mit dem notwendigen Ernst und in aller Ausführlichkeit an. Dieser Antrag macht zu diesem Zeitpunkt bestenfalls keinen Sinn, weil er möglichen Anhörungen und Ergebnissen des Sonderausschusses G20 vorgreift. Daher lehnen wir ihn und auch die Überweisung ab. – Vielen Dank.
Frau Schneider, ich glaube, wir sind uns einig darüber, dass man durch verbale Äußerungen zur Eskalation und zur Deeskalation beitragen kann. Heißt das jetzt, dass Sie bereuen, dass Sie vor laufenden Kameras und auch vor Demonstranten von der Polizei als einer Räubertruppe gesprochen haben, und dass Sie sich davon distanzieren und es für keine so gute Idee halten? Und wenn nein: Warum nicht?
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir wollen diesen Antrag an den Innenausschuss überweisen, damit wir dieses, wie ich finde, sehr wichtige The
ma in angemessener Ausführlichkeit debattieren können. Daher nur wenige Anmerkungen vorweg.
Grundsätzlich stehen wir der Intention des Antrags sehr positiv gegenüber, der Idee der generalpräventiven Wirkung, wenn der rechtsextreme Straftäter mit seiner Straftat das Gegenteil erreicht, als das, was er wollte, das Element der Wiedergutmachung und die Gewährleistung des Strafverfahrens, indem das Bleiberecht der Opfer als Zeugen sichergestellt wird. Auf der anderen Seite muss aber auch festgestellt werden, dass eben dieses bereits heute möglich ist, Paragraf 60a Absatz 2 oder Paragraf 25 Absatz 5 Aufenthaltsgesetz seien hier exemplarisch genannt. Inwiefern diese also in der Praxis ins Leere gehen, müssen wir dann im Ausschuss eruieren.
Was wir nicht mitmachen werden, ist ein parteipolitisch orientierter Showantrag, wenn wir feststellen, dass das Geforderte schon gängige Praxis ist. Dafür ist das Thema zu wichtig. Hier müssen wir sprechen.
Auch hinsichtlich der tatsächlich generalpräventiven Wirkung besteht hier Diskussionsbedarf. Zum einen die Frage, ob diese auch in Fachgesetzen wie dem Aufenthaltsgesetz Einschlag finden sollten und dürfen, und, nicht zu vergessen, ob ihrer tatsächlichen Auswirkungen. Nur weil es intuitiv schlüssig klingt, führt es nicht immer zum gewünschten Ergebnis. Das wissen Sie doch selbst. Härtere Strafen führen auch nicht zwangsläufig zu weniger Kriminalität. Sie kennen die Debatte und positionieren sich doch sonst anders.
Über all das müssen wir und werden wir sprechen, denn klar ist, in einer weltoffenen Stadt wie Hamburg ist kein Platz für Rassismus und Rechtsextremismus, und wir werden alles daran setzen, diesen zu bekämpfen.
Noch einen Satz zu meiner Rechten hier im Hause. Dass dieses nicht Ihr Leib- und Magenthema ist, überrascht mich nicht, dass Sie aber Opfer von Gewaltverbrechen mit Ihrer Pressemitteilung auch noch verhöhnen, indem Sie abstruse Vergleiche mit Baugenehmigungen in Naturschutzgebieten heranziehen, ist beschämend und zeigt ein neues Level der Verwirrtheit Ihrer Politik. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist ein gemeinsamer Antrag der GRÜNEN und der SPDFraktion, deswegen kann ich mich dem zuvor Gesagten anschließen. Einige Punkte möchte ich allerdings pointiert noch einmal aufgreifen.
Wir alle wissen: Mit der Schulpolitik ist es so eine Sache. Zum einen sind wir in diesem Bereich besonders gefordert. So stellt gute Bildungspolitik die Voraussetzung für Chancengleichheit in unserer Gesellschaft dar. Zum anderen wird Schulpolitik im Allgemeinen – und so auch einzelne Schulversuche – leider allzu häufig lediglich ideologisch und weniger sachlich diskutiert. Wir hatten die Debatte schon vorhin.
Jeder, aber auch wirklich jeder hat hierzu eine Meinung und jeder ist Experte auf diesem Gebiet, schließlich sind wir alle zur Schule gegangen, mehr oder weniger.
Allen potenziellen Kritikern dieser neuen Lernform möchte ich vorab jedoch entgegenhalten, dass wir klug beraten sind, uns sachlicher und fundierter einem Entscheidungsprozess zu nähern und eben nicht aus dem Bauch heraus zu entscheiden.
Die Idee, Schülerinnen und Schüler deutlich individueller als gewöhnlich zu fördern und anstatt des uns allen bekannten Frontalunterrichts auf die Kinder und ihre unterschiedlichen Lernniveaus einzugehen und sich diesen dann mit Unterrichtsmethoden und Materialien anzupassen, ist ein vielversprechender Ansatz, unser Bildungssystem dramatisch zu verbessern und mehr Schülerinnen und Schüler zu noch größerem Bildungserfolg zu verhelfen.
Das Erkennen und Beschreiten des eigenen Lernwegs, die konsequente Beobachtung der individuellen Lernentwicklung sowie die regelmäßige Reflexion im Jahrgang führen dazu, dass uns keine Schülerinnen und Schüler mehr durchrutschen.
Gute Schulpolitik zeichnet sich nicht zuletzt dadurch aus, dass sie stets weiterentwickelt und regelmäßig neu evaluiert wird. Nachdem an diesem
Schulversuch bereits 48 Schulen teilgenommen haben und Eltern, Lehrkräfte, Schülerinnen und Schüler Erfahrungen gesammelt haben, schauen wir uns heute die Fakten an, die der Evaluationsbericht aufführt.
Hinsichtlich der Unterrichtsqualität schneiden die alles>>könner-Schulen besser ab als die Vergleichsschulen. Was heißt das? Positives Lernklima, flexible pädagogische Strukturen, effiziente Klassenführung, Motivierung der Schülerinnen und Schüler, aktives Lernen, Differenzierung im Unterricht – all diese Merkmale eines guten Unterrichts konnten von den Lehrkräften der Schulen, die an dem Schulversuch teilgenommen haben, besser umgesetzt werden.
Spannend ist auch, dass sich die Ergebnisse hinsichtlich der Kompetenzen der Schülerinnen und Schüler sehr positiv entwickelt haben. So schnitten die Schülerinnen und Schüler der 8. Klasse in den getesteten Fachbereichen besser ab als die in den Kontrollschulen.
Aber eben nicht nur Unterrichtsqualität und Leistungsergebnisse können sich durch neue Unterrichtskonzepte verbessern. Oft unterschlagen – und trotzdem genauso wichtig – wird die innere Einstellung und die Motivation zum Lernen in der Schule. Wenn wir es schaffen, im Ergebnis durch Maßnahmen wie Lernentwicklungsgespräche und zugeschnittene Lernpläne individuelle Kompetenzen zu fördern, um so etwaigen Lernfrust in Lernlust umzuwandeln, erreichen wir viel mehr als lediglich bessere Leistung.
Wir zeigen unseren Kindern die Möglichkeit auf, wie sie ein Leben lang positiv an Herausforderungen sowie Anforderungssituation herantreten und diese bewältigen können. Kurzum, die im Schulversuch geprüften Methoden haben sich bewährt, und was sich bewährt, sollte man fortsetzen,
zumal noch ein Gedanke sehr wichtig ist und es sich gleich doppelt lohnt, diesem Antrag zuzustimmen. Von der Verlängerung des Schulversuchs profitieren nämlich nicht nur die betroffenen Schüler, sondern durch die Veröffentlichung der Ergebnisse kommen die gemachten Erfahrungen und positiven Effekte mittelund langfristig allen Schulen zugute.
Wir wollen also weitermachen mit dem Projekt und mit der wissenschaftlichen Begleitung, denn jedes Kind kann etwas und wir können es uns nicht leisten, dies nicht adäquat zu berücksichtigen, weder moralisch noch gesellschaftlich. Daher bitte ich Sie, unserem Antrag zuzustimmen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Tatsächlich kann man sich dieser Forderung politisch oder im Hinblick auf ihre Praktikabilität und ihre Folgen ganz sachlich nähern. Zunächst einmal stört mich hier der Duktus, in dem der vorliegende Antrag geschrieben ist. Viel zu oft und auch hier versucht die AfD den Anschein zu erwecken, als würden die Flüchtlinge Unsummen zugesteckt bekommen. Diese Fehlinformation, die die Stammtische bedienen soll, ist Gift für unser gesellschaftliches Zusammenleben.
Fakt ist: Bereits heute werden die wesentlichen Leistungen in der ZEA als Sachleistungen ausgegeben. Um es ganz deutlich zu sagen: Wir sprechen hier von einer Summe abzüglich des HVVTickets von etwas mehr als 100 Euro beim erwachsenen alleinstehenden Flüchtling, in der Regel sogar weniger. Ziel Ihres Antrags – und das haben Sie auch ganz offen gesagt – ist es, finanzielle Fehlanreize zu beseitigen. Mit anderen Worten: Sie versuchen uns mit Ihrem Antrag weiszumachen, dass es einen kausalen Zusammenhang zwischen hohen Flüchtlingszahlen und dieser Summe als Barauszahlung gäbe. Glauben Sie allen Ernstes, dass diese existenzielle Entscheidung, herzukommen, also die Strapazen und Risiken einer Flucht auf sich zu nehmen, von knapp 100 Euro abhängt?
Sie wissen selbst, wie wenig glaubwürdig das ist. Es geht Ihnen vielmehr lediglich um billige Effekthascherei.
Zwar sind wir das von Ihnen schon gewohnt, doch treiben Sie es dieses Mal auf die Spitze. Sie haben sich dazu nicht geäußert, aber in Ihrem Antrag steht es: So geht es Ihnen nicht nur um den Verzicht auf Barzahlung, Sie wollen vielmehr die Möglichkeit zu bezahlen auf den Kauf bestimmter Konsumgüter einschränken. Nicht nur, dass dies einer vollständigen Entmündigung gleichkäme und zudem stigmatisierend wäre, sondern es ist vor allem auch eines: integrationsfeindlich. Wir wollen doch, dass sich die hier ankommenden Menschen schnellstmöglich einbringen und ähnliche Verhaltensweisen annehmen. Die Möglichkeit, in seinem Konsumverhalten eine Auswahl zu haben, ist und bleibt eine Frage der gesellschaftlichen Teilhabe und ist damit auch Ausdruck eines menschenwürdigen Angebots zur Integration.
Politische Entscheidungen und ihre Auswirkungen sollte man sich hin und wieder ganz praktisch vorstellen. Ein Beispiel: Ein kleiner Junge, ein kleines Mädchen hat aufgrund seiner aufgeschlossenen Nachbarn in unserer Hansestadt Freunde gefunden. Gemeinsam gehen sie ein Eis essen. Was dann? Soll das Flüchtlingskind dann eine Flüchtlingsbezahlkarte über den Tresen reichen in der Hoffnung, dass der Eismann diese Karte annimmt?
Es gibt sehr wenig, was ich mir vorstellen kann, was noch integrationsfeindlicher wäre als dieses Szenario. Deshalb wird es für uns keine Umstellung auf ein Geldkartensystem geben, solange nicht sichergestellt ist, dass es keinerlei Einschränkungen hinsichtlich der Konsumgüter und Teilhabemöglichkeiten geben wird. Das ist mit uns nicht zu machen.
Ganz nebenbei bemerkt widerspräche es auch der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, das zwar grundsätzlich Sachleistungen statt Bargeld zulässt, aber gleichzeitig mehrfach betont, dass ein Mindestmaß an Teilhabe am politischen, gesellschaftlichen sowie kulturellen Leben gewährleistet sein muss.
Nein, der einzig vertretbare Weg, sich diesem Thema zu nähern, ist und bleibt anhand von praktischen Gesichtspunkten. Die Umsetzung des Kompromisses aus dem Asylpaket I, die eine mögliche Umstellung auf Sachleistungen intendiert, setzt einen verwaltungstechnisch vertretbaren Aufwand voraus. Besteht also die Möglichkeit, den Verwaltungsaufwand zu reduzieren, indem beispielsweise die Auszahlung auf Karten erfolgt, ohne dass die Konsummöglichkeiten eingeschränkt werden und ohne dass eine Diskriminierung im Alltag erfolgt? Unsere Antwort lautet Nein, denn hierbei bleiben viele Fragen neben der diskriminierungsfreien Umsetzung zu berücksichtigen und abzuwägen wie zum Beispiel, ob der Verwaltungsaufwand tatsächlich reduziert oder gar aufgebläht werden würde.
Vizepräsident Dr. Wieland Schinnenburg (unter- brechend): Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Nockemann?
Danke, nein.
Kurzum, Ihr Vorschlag ist integrationsfeindlich, unpraktikabel und widerspricht der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts; er ist lediglich nur eines: populistisch. Wir werden diesen Antrag ablehnen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.