Protocol of the Session on September 11, 2019

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Der Seehandel macht mit 90 Prozent aller weltweiten Warentransporte den Motor des internationalen Handels aus. Bei etwa einem Drittel der weltweiten Schiffsbewegungen liegt der Ziel- oder Abfahrtshafen in der EU. Schiffe fahren mit Schweröl, das als billiger Treibstoff verwendet wird, um die Maschinen anzutreiben. Der Schwefelanteil liegt bei Schweröl bis zu 3 500-fach über dem des herkömmlichen Diesels für Pkw oder Lkw. Oft werden die Abgase durch die Schiffe ungefiltert in die Luft geblasen, denn Partikelfilter und Katalysatoren, wie sie in Autos serienmäßig eingesetzt werden, findet man bei Schiffen kaum. Und so stößt beispielsweise ein Kreuzfahrtschiff pro Tag genauso viele Schadstoffe aus wie 5 Millionen Autos. Entsprechend belasten Schiffsabgase die Luftqualität in Hafenstädten und Küstenregionen, besonders mit Schwefeloxiden, Stickstoffoxiden sowie Ruß und Feinstaub.

Auch wenn im Hamburger Hafen kein Schweröl verwendet werden darf, ist die Luft durch die Schiffe stark belastet. Stickoxide, insbesondere Stickstoffdioxide, reizen und schädigen die Atmungsorgane. Erhöhte Konzentrationen in der Atemluft haben einen negativen Effekt auf die Lungenfunktion, insbesondere bei Kindern. Sie sind maßgeblich für die Entstehung des sauren Regens mitverantwortlich.

Die internationale Seeschifforganisation, die IMO, regelt in der MARPOL-Konvention, also dem internationalen Übereinkommen zur Verhütung der Meeresverschmutzung durch Schiffe, die Umweltschutzauflagen für die Seeschifffahrt. Die sechs Annexe enthalten Regelungen, um die Verschmutzung der Gewässer durch Öl, schädliche flüssige Stoffe, Schadstoffe in verpackter Form, Abwasser und Schiffsmüll zu vermeiden sowie die Luftverunreinigung durch Seeschiffe zu reduzieren. Im Schiffsneubau ist also durch diese Zielvorgaben Besserung in Sicht, so konnte man es auch dem Antrag entnehmen.

Aber auch für bereits fertiggestellte Schiffe ist teilweise Abhilfe möglich. Immer wieder mahnt Hapag-Lloyd im Ausschuss an, dass die Probleme nicht in der Umsetzung der Maßnahmen für die einzelnen Schiffe lägen, sondern das Problem die unterschiedlichen Umweltauflagen und Umweltsysteme in den weltweiten Häfen seien. Es müsste sich weltweit auf ein einheitliches technisches System geeinigt werden. Eine Zusammenarbeit der Häfen ist aus diesem Grund dringend geboten, und Hamburg und Rotterdam können dazu gemeinsam etwas beitragen. Zwar sind die Häfen

(Michael Kruse)

grundsätzlich auch Konkurrenten, aber im Bereich Umweltschutz müssen sie an einem Strang ziehen, und zwar zum Wohle der Umwelt und der Menschen an den Küsten und Häfen, aber auch zum eigenen Fortbestehen. Denn nur harmonisierte Umweltauflagen verhindern einen Abwanderungsund Verdrängungsprozess aufgrund unterschiedlich strenger politischer ökologischer Vorgaben.

Die Umsetzung des Welthäfen-Klimaschutzprogramms zielt mir persönlich zu stark auf die Dekarbonisierung ab, aber die Ziele, nämlich die Effizienz zu steigern und gleichzeitig Emissionen zu reduzieren, Landstromversorgung und die Entwicklung besserer Kraftstoffe voranzutreiben, sind wichtig und richtig. Es wird Sie jetzt nicht mehr überraschen, aber wir stimmen Ihrer Absichtserklärung durchaus zu. Wir sind erfreut, dass es vielleicht eine Möglichkeit der Zusammenarbeit geben könnte. – Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Vielen Dank, Frau Oelschläger. – Als Nächster erhält das Wort Herr Senator Westhagemann.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Als Erstes, darauf möchte ich noch einmal hinweisen: Was tun wir denn heute im Hafen? Das hörte sich ja gerade an, als würden wir dort gar nichts machen. Ich möchte einfach einmal ein bisschen aufklären, was wir heute schon machen. Landstromversorgung ist genannt worden. Und hier würde ich gern noch einmal an Berlin appellieren, denn wir warten darauf, dass wir endlich die Rahmenbedingungen bekommen – Umlagen auf erneuerbaren Energien, EEG, Netzentgelte, Steuern müssen runter –, damit wir die Landstromanlagen so betreiben können, dass sie der Reeder auch nimmt.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Das Zweite, was vielleicht nicht jedem bekannt ist: Wir haben im Rahmen der Norddeutschen EnergieWende 4.0 sehr viele Anwendungen im Hafen, wo wir neue Speichertechnologien ausprobieren, wo wir Windenergie zwischenspeichern. Wir können dann aus der Speicherung wieder Energie erzeugen. Wir haben auf dem Terminal bei Eurogate, das wird keinem entgangen sein, auch die Erzeugung über Windrad, also CO2-neutral. Und dann haben wir Industrien in unserem Hafen – und es ist immerhin die größte zusammenhängende Fläche an Industrie in Europa –, die sich gerade dem ökologischen Teil widmen, nämlich künftig mit Wasserstoff ihre Anwendungen zu fahren und natürlich auch darüber nachzudenken, wie wir im Hafen synthetische Kraftstoffe erzeugen.

Und jetzt komme ich dazu, was hier gerade diskutiert wurde. Ist da nicht ein Austausch auch länder

übergreifend sinnvoll? Ich halte ihn sogar für sehr sinnvoll. Ich war jetzt nicht unmittelbar in Rotterdam, aber ich war in Groningen. Groningen ist gerade ausgestattet worden zum Hydrogen Valley. Zu diesem Hydrogen Valley gehört auch ein Hafen, der Eemshaven, und die haben mich gefragt: Sagen Sie einmal, Herr Westhagemann, können Sie uns einmal ein bisschen erläutern, welche zukünftigen Anwendungen in Hamburg vorgesehen sind? Und dann habe ich denen gesagt: Der ganz große Big Point – der hier ja eingefordert wurde – ist sicherlich ein Elektrolyseur, der seinesgleichen sucht und den wir mithilfe der erneuerbaren Energien betreiben. Und das wird kein 5 Megawatt sein, das wird kein 10 Megawatt sein, sondern wir wollen in andere Skalierungsgrade hinein. Andere Skalierungsgrade heißt, wir machen solche Anlagen schneller wirtschaftlich, aber auch in der Anwendung breit, sodass nicht nur die Industrie davon profitiert, sodass nicht nur die Mobilität davon profitiert, sondern der Hafen ursächlich auch. Denn die große Fragestellung für alle Häfen ist natürlich: Wie bekommen wir am Ende unsere Häfen CO2neutraler? Übersetzt haben wir das ja heute schon: Dekarbonisierung. Das werden wir, glaube ich, nur mit diesen Ansätzen hinbekommen. Und je stärker man sich länderübergreifend austauscht, desto besser ist es. Deswegen halte ich eine Konferenz, wie sie jetzt angedacht ist, für sehr sinnvoll.

Ich würde aber noch einen Schritt weitergehen. Denn wir reden nicht nur über den grünen Wasserstrom, wir reden auch über den blauen Wasserstrom, und der blaue Wasserstrom befindet sich mehr in Norwegen. Das heißt, ich würde gern auch eine Achse schlagen in Richtung Norwegen, sicherlich Dänemark, Schweden, sodass wir eine ganze Achse bilden hier in der norddeutschen Range. Ich glaube, dann können wir alle gemeinsam richtig Fahrt aufnehmen. Deswegen ist diese Konferenz, so wie sie vorgesehen wird, ein richtiger Ansatz. Denn im Moment passiert Folgendes, das vielleicht zum Abschluss. Man schaut ganz genau nach Hamburg: Was machen die da, um ihren Hafen, der so nah, mitten an der Stadt liegt …? Die wissen genau, wo meine Herausforderungen liegen. Ich muss Lösungen finden, dass ich diesen Hafen ökologischer hinbekomme. Das kann ich gar nicht allein. Da brauche ich auch die BUE. Deswegen werden wir viele Dinge gemeinsam machen, denn ich brauche Stromnetz Hamburg, ich brauche Hamburg ENERGIE, und am Ende des Tages brauche ich die Fernwärme, die ich entkopple aus dem Wasserstoff. Ich glaube, dann schließt sich der Kreis. Wir wollen da Vorreiter sein. Und wenn man mich fragen würde: Westhagemann, was hast du eigentlich für eine Vision? Die Vision, die ich immer habe, ist, dass wir hier im Hamburger Hafen Vorreiter werden und alle anderen uns hoffentlich dann folgen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Andrea Oelschläger)

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Senator. – Das Wort erhält jetzt Herr Lorenzen für die GRÜNE Fraktion.

Trotz der kritischen Worte bedanke ich mich für die breite Unterstützung. Herr Niedmers, vielleicht können Sie auch noch einmal in sich gehen. Natürlich werden wir unserem eigenen Antrag zustimmen, und selbstverständlich werden wir in der Zukunft im Wirtschaftsausschuss sehr intensiv über die Ergebnisse der Konferenz und die weiteren Maßnahmen beraten und uns austauschen. Von daher gibt es, glaube ich, keinen Grund, sich zu enthalten; vielleicht können wir ja einstimmig über die Ziellinie gehen.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Und dann noch an den Kollegen Kruse der Hinweis: Ja, wir werden das versuchen. Ich war in Rotterdam. Wir haben viele Gespräche geführt. Das war sehr interessant, sehr zeitaufwendig. Dazu sei mir der Hinweis erlaubt, dass wir in Rotterdam ich meine 61 Abgeordnete im Gemeinderat haben, bei 13 Parteien. Ich will jetzt nicht die Debatte um das Teilzeitparlament wieder aufmachen, aber das Ganze ist dann auch sehr aufwendig, und ich hatte ja eben konkret um Ihre Unterstützung gebeten, mit den Kollegen in Dialog zu gehen, um da voranzukommen. Also vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

So, dann liegen mir zu diesem Debattenpunkt keine Wortmeldungen mehr vor, und wir kommen zu den Abstimmungen.

Wer möchte die Drucksache 21/18176 an den Ausschuss für Umwelt und Energie überweisen? Den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe. – Das war knapp, jedenfalls wenn man die Sitzenden zählt. Nein, das ist abgelehnt worden.

Wer möchte dann an den Ausschuss für Wirtschaft, Innovation und Medien überweisen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist ebenfalls abgelehnt.

Dann kommen wir zur Abstimmung in der Sache.

Wer nun dem gemeinsamen Antrag von GRÜNEN und SPD aus Drucksache 21/18176 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Dann ist das bei einigen Enthaltungen einstimmig angenommen worden.

Punkt 45 unserer Tagesordnung, Antrag der Frakti

Der Klimanotstand ist real – Verstärkte Klimamaßnahmen ergreifen.

[Antrag der Fraktion DIE LINKE: Der Klimanotstand ist real – Verstärkte Klimamaßnahmen ergreifen – Drs 21/18187 –]

Vonseiten der Fraktionen der SPD, GRÜNEN und LINKEN liegt hierzu ein Antrag auf Überweisung an den Ausschuss für Umwelt und Energie vor.

Wird das Wort gewünscht? – Herr Jersch für die Fraktion DIE LINKE bekommt es.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir haben heute in der Aktuellen Stunde schon reichhaltig über Klima und diverse Auswirkungen geredet. Nichtsdestotrotz denke ich – vielleicht in diesem Hause noch nicht ganz angekommen –, Klima ist so umfangreich, da hat man auch noch das Potenzial dafür, etwas mehr darüber zu reden. Deswegen hier noch einmal etwas zu unserem Antrag zum Klimanotstand.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben in Hamburg mit dem bestehenden Klimaplan ein Ziel: 2030 eine CO2-Reduktion von 50 Prozent,

(Vizepräsidentin Christiane Schneider über- nimmt den Vorsitz.)

2050 von mindestens 80 Prozent. Wir wissen, dass die Zahlen der Verursacherbilanz weit von diesem Pfad entfernt sind, und dennoch kam die Nachricht, dass die 2030er-Zahlen auf eine Reduktion um 55 Prozent erhöht werden.

(Glocke)

Vizepräsidentin Christiane Schneider (unterbre- chend): Herr Jersch, einen Augenblick bitte. – Ich bitte die Gruppen, die sich zum Reden versammelt haben im Saal, bitte nach draußen zu gehen oder sich hinzusetzen. Das gilt für alle Seiten des Hauses, und es gilt auch für den Senat. – Es gilt auch für den Senat! Schönen Dank.

Was wir aber hier sehen, sind die bereits erwähnten Schonbereiche in der Hamburger Politik, an die ungern irgendjemand aus der Regierungskoalition herangehen möchte. Es ist verständlich; die Emanzipation von Olaf Scholz ist anscheinend ein langwieriger Prozess, insbesondere in der SPD.

Das jahrzehntelange Ungleichgewicht, das wir in den Nachhaltigkeitssäulen Ökonomie, Ökologie und der sozialen Säule sehen, hat erhebliche Folgen gehabt – bisher schon, und es wird sie auch noch weiter haben. Die Frage steht für uns im Raum: Brauchen wir eine andere Strukturierung dieser Säulen, eine andere Bewertung dieser Säu

(Senator Michael Westhagemann)

len nach der jahrzehntelangen Bevorzugung der ökonomischen Säule? Und müssen wir Ökologie und Soziales nicht viel stärker fördern? Beides ist ins Hintertreffen geraten, und die gesellschaftlichen Kosten, die eine auf Profitmaximierung ausgerichtete Ökonomie verursacht hat, sind durch uns, durch die Gesellschaft, nicht länger tragbar. Hier muss gehandelt werden.

(Beifall bei der LINKEN – Dr. Alexander Wolf AfD: So ein Unsinn, so ein bodenloser!)

Es freut mich, das aus Ihrer Richtung zu hören, denn das heißt, wir reden demokratisch und konstruktiv.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Alternative, was ich in diesem Haus vielleicht hie und da einmal hören könnte, nämlich die Klimakatastrophe per Antrag zu verschieben, steht uns nicht offen. Wir können das nicht beschließen. Und da möchte ich dann mit einem alten SPD-Spruch schließen: Nur Tun bewegt und nicht das Reden. Und genau da liegt unsere Messlatte.

(Beifall bei der LINKEN)

Es ist am Anfang schon einmal gesagt worden: die Neufassung des Klimaplans. Es hat uns sehr irritiert, als wir erfahren haben, dass sie erst im Dezember in den Senat gehen soll und damit ins Wahlkampfgetöse versenkt wird. Das hätte bei diesem Thema eine andere Diskussion in unserer Stadtgesellschaft erfordert.

Wir wollen den Klimanotstand für Hamburg beantragen. Die GRÜNEN Bergedorf sehen das ganz genauso. Sie haben den Klimanotstand schon einmal erklärt und Bezirksamt und Bezirksversammlung einstimmig auf ihrer Mitgliederversammlung dazu aufgefordert, den Klimanotstand zu erklären. Das ist der Kreisverband des Umweltsenators. Insofern, denke ich, ist auch das ein deutliches Zeichen, dass wir ein Handlungsdefizit in dieser Stadt haben.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir wollen mit unserem Antrag dafür sorgen, dass wir Strukturen und Handwerkszeug für die weitere Bearbeitung der Klimakatastrophe, für ihre Bewältigung zur Verfügung haben. Wir wollen nicht gleich mit einzelnen Maßnahmen an den Start gehen; diese Streitereien sollten dann später erfolgen, denn das ist eine langwierige Diskussion, gerade angesichts der drei zu beachtenden Säulen der Nachhaltigkeit.

Statt der völligen Unübersichtlichkeit des Maßnahmenpakets, das wir im Moment schon haben, und eines überhaupt nicht zu überwachenden Zahlenwerks wollen wir dafür sorgen, dass wir Finanzierungsvorbehalte vom Tisch bekommen, dass wir einen eigenen Ausschuss haben, der sich zentral mit diesem Thema beschäftigt, dass wir Expertenkompetenz zur Verfügung gestellt bekommen, und