Protocol of the Session on June 5, 2019

es ernst meinen mit dem Klimaschutz in Deutschland und in Hamburg.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Kein anderes Bundesland formuliert so ambitionierte Ziele, kein anderes Bundesland verpflichtet sich, bis 2030 im Wärmebereich aus der Kohle auszusteigen. Kein anderes Bundesland schafft ein solches begleitendes Expertengremium, und kein anderes Bundesland ist dazu bereit, 2025 eine Art Revision durchzuführen, um zu ermitteln, ob man noch schneller aus der Kohle aussteigen kann. Das zeigt, dass Hamburg vorn ist und auch in diesem Bereich beispielgebend für den Klimaschutz ist.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Das ist gut so. Denn es wird dazu führen, dass im Jahre 2030 in Hamburg der Ausstoß schädlicher CO2-Emissionen um über 600 000 Tonnen reduziert wird. 600 000 Tonnen weniger Belastung, das ist mehr für den Klimaschutz, das ist gut für Hamburg, aber auch insgesamt für Deutschland und weltweit. Das lohnt sich und zeigt, dass wir es ernst meinen.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Kollege Tjarks hat schon angesprochen, dass dies das Ergebnis eines langen und sehr intensiven Verhandlungsprozesses mit der Volksinitiative war. Das, was wir auch in der Auseinandersetzung mit anderen Volksinitiativen festgestellt haben, ist etwas Seltenes: Dass man, obwohl man andere Ansichten über Ziele, andere Daten, vielleicht andere Beweggründe hat, doch die Zeit, die Ruhe und auch den Willen hat, miteinander zu diskutieren. Das ist etwas Besonderes in einer Zeit, die von schnellen Schlagzeilen und von Populismus lebt. Wir haben gemeinsam erreicht, zu sagen, dass das Ziel 2030 – das wir schon formuliert haben, als es darum ging, das Fernwärmenetz zurückzukaufen – letztendlich aus technischen, sozialen und wirtschaftlichen Gründen verfolgt werden muss. Wir akzeptieren das, weil es – das hat Kollege Tjarks schon gesagt – nicht anders geht. Aber wir setzen alles daran, auch schon vorher Maßnahmen zu ergreifen, die uns beim Klimaschutz und beim Kohleausstieg voranbringen. Diese gemeinsame Perspektive zu schaffen war ein langer Prozess, aber es war ein guter Prozess für den Klimawechsel in Hamburg.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Das macht den Unterschied – da gehe ich auch gern einmal auf die Links-Fraktion ein – zwischen linkem Realismus, der Wirklichkeit und pragmatischer Politik aus.

Lieber Kollege Jersch, es hat nichts mit Sportlichkeit zu tun, ob man 2025 aus der Kohle aussteigen kann oder nicht.

(Dr. Anjes Tjarks)

(Heike Sudmann DIE LINKE: Ach nein!)

Es hat etwas damit zu tun, ob es real und technisch möglich ist. Es muss gewährleistet sein, dass Hunderttausende von Menschen in dieser Stadt mit Wärme versorgt werden. Das schaffen wir 2025 nicht.

(Stephan Jersch DIE LINKE: Wer verzögert denn? Das sind doch Sie!)

Die Initiative erkennt das an, und das ist der Realismus, der geboten ist. Aber der linke Realismus hat mit der Wirklichkeit nichts zu tun, und das zeigt, dass Sie in dieser Stadt in puncto Verantwortung nichts zu suchen haben.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Sehr wichtig ist mir auch, dass wir Wedel ersetzen, dass wir Tiefstack ersetzen, und zwar – das habe ich vorhin schon angesprochen – in einem Prozess, den wir konstruktiv begleiten. Vor allen Dingen sollten wir aber auch eines machen – das betrifft das Kohlekraftwerk Moorburg –: Wir als Politik sollten gerade vor dem Hintergrund der Erfahrung mit der Leitung dieses Unternehmens, auch beim Fernwärmerückkauf, uns nie wieder in die Abhängigkeit eines solchen Unternehmens begeben.

(Heike Sudmann DIE LINKE: Ach!)

Wir sollten nie etwas machen, das dazu führt, dass Kohlekraftwerke noch länger in dieser Republik laufen. Deswegen ist es gut, dass wir ein klares Signal gegen Moorburg geben. Das ist richtig und wichtig.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Insofern kann man nur sagen, dass Hamburg eine nachhaltige Stadtentwicklung und einen aktiven Klimaschutz betreibt. Das ist gut so. Wenn wir heute das Kohleausstiegsgesetz beschließen, ist dies ein wichtiges Signal für Deutschland und für Europa. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kienscherf. – Als Nächster erhält das Wort Herr Gamm für die CDU-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der jüngste Wahlerfolg der GRÜNEN ist zweifellos ein Beleg dafür, dass sehr viele Menschen in unserem Land dem Klimaschutz einen besonders hohen Stellenwert einräumen. Ohne Zweifel ist es den GRÜNEN gelungen, in diesem Handlungsfeld eine hohe Kompetenzvermutung aufzubauen. Die entscheidende Frage ist jedoch: Ist das überhaupt gerechtfertigt? Und dazu sage ich ganz klar: Nein.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der FDP)

Auf Bundesebene haben Sie vor über 14 Jahren zum letzten Mal Regierungsverantwortung tragen müssen. Das heißt, Sie sind seit rund anderthalb Jahrzehnten in der komfortablen Position, Forderungen aufstellen zu können, ohne den Beweis für deren Funktionsfähigkeit zu erbringen, geschweige denn die politische Verantwortung für deren Umsetzung tragen zu müssen. Deshalb haben Sie allein aus wahltaktischen Beweggründen die gesamte Debatte über die Klimapolitik höchst emotional und vollkommen eindimensional geführt. Sie haben weitgehend ausgeblendet, dass es sich hier um ein gesellschaftliches Großprojekt handelt, bei dem alle Aspekte, also soziale, ökologische, volkswirtschaftliche und technologische, berücksichtigt und miteinander in Einklang gebracht werden müssen.

Doch wie sieht es mit der grünen Klimakompetenz in den Ländern aus? Für Hamburg kann man nach fast fünf Jahren Regierungsbeteiligung von einem vollständigen Versagen sprechen.

Punkt 1: Der von Ihnen unterstützte Volksentscheid zum Rückkauf der Netze wird uns am Ende dieses Jahres rund 2 Milliarden Euro gekostet haben. Doch für die Klimabilanz in unserer Stadt hat es bislang absolut nichts gebracht. Sie haben dadurch kein einziges CO2-Molekül eingespart.

Punkt 2: Sie sind auch nach viereinhalb Jahren noch immer nicht in der Lage, ein valides Konzept vorzulegen und eine endgültige Entscheidung zu treffen, wie die zukünftige Wärmeversorgung in unserer Stadt aussehen soll – Ankündigungen über Ankündigungen.

Punkt 3: Sie haben Ihre selbst gesetzten energiepolitischen Ziele im Koalitionsvertrag teilweise reihenweise gebrochen. Sie werden Ihre Klimaziele nach jetzigem Stand dramatisch verfehlen und können selbst heute noch nicht sagen, wann das älteste Kohlekraftwerk Deutschlands in Wedel denn nun endlich vom Netz gehen soll. Das haben Sie natürlich klugerweise auch nicht in den Gesetzestext hineingeschrieben, weil Sie es bis heute nicht konkret wissen.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der AfD)

Genau diese energiepolitische Leistungsbilanz des Scheiterns war der Treibsatz für die Initiative "Tschüss Kohle!". Wie auch bei der vorherigen Initiative "Hamburgs Grün erhalten" haben Sie nichts gelernt. Wieder wurden Hinterzimmergespräche unter Ausschluss der Opposition und der Öffentlichkeit geführt und das ganze Verfahren in einem absoluten Hauruckverfahren durch die parlamentarischen Gremien gepeitscht.

Was sind nun aber die konkreten Resultate dieser Einigung mit der Volksinitiative neben den vielen Konjunktiven und Absichtserklärungen? Das lässt sich in drei Punkten zusammenfassen.

(Dirk Kienscherf)

Erstens: Die ohnehin schon bekannten Vorhaben von Rot-Grün sind wesentlicher Bestandteil dieser Drucksache.

Zweitens: Der Anschluss des modernsten Kraftwerks Europas zur Auskopplung von Wärme soll ausgeschlossen werden und bereitet damit den Weg für den Bau eines Gaskraftwerks von Senator Kerstan – im Übrigen bei völliger Ignoranz der Erkenntnis, dass dieses 300 Millionen teure Kraftwerk

(Dr. Monika Schaal SPD: Das gibt's halt nicht zum Nulltarif!)

im Vergleich zu Moorburg zu keiner CO2-Verringerung und daher auch zu keinem Klimavorteil führen wird. Das ist etwas, was die grüne Umweltbehörde selbst zugegeben hat.

Und drittens: Es wird ein neues Beteiligungsgremium geben, frei nach den Mottos "Wenn ich nicht mehr weiterweiß, gründ' ich einen Arbeitskreis" und "Ist der Karren erst im Dreck, mach ich daraus ein Projekt".

(Beifall bei der CDU)

Um es an dieser Stelle ganz klar zu sagen: Es mangelt uns nicht an zu wenigen Gremien in unserer Stadt, es mangelt uns an klaren energiepolitischen Entscheidungen. Das ist der Kern des Problems.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der FDP)

Es bleibt festzuhalten, dass diese Einigung den Klimaschutz in Hamburg nicht voranbringen wird, im Gegenteil: Hierdurch wird die Verbrennung fossiler Energieträger durch den Bau des KerstanGaskraftwerkes für 300 Millionen Euro auf Generationen in unserer Stadt zementiert und blockiert andere gänzlich CO2-freie Lösungen für die Wärmeversorgung. Es wird nur ein Handlungsrahmen gesetzlich verankert, in dem zukünftige Senate zu agieren und zu entscheiden haben.

(Dr. Anjes Tjarks GRÜNE: Das ist die Logik von Gesetzen! Das ist bei Gesetzen immer so!)

Das ist nun wirklich das Gegenteil davon, energiepolitische Verantwortung für diese Stadt zu übernehmen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Gamm. – Als nächster Redner erhält das Wort Herr Jersch für die Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Lassen Sie mich anfangen mit einem Dank an die Volksinitiative dafür, die Initiative ergriffen zu haben, das Thema in der

Stadt publik gemacht zu haben und für das Durchhaltevermögen in den langen Verhandlungen mit Rot-Grün.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Entscheidung, wie wir heute abstimmen werden, ist uns nicht leichtgefallen. Dieser Gesetzestext fällt weit hinter unsere eigenen Forderungen und hinter die geäußerten Ansprüche zurück. Er fällt, wie wir finden, aber auch hinter die Möglichkeiten Hamburgs deutlich zurück und ist der Klimasituation nicht angemessen.