Protocol of the Session on November 6, 2014

Vizepräsident Dr. Wieland Schinnenburg (unter- brechend): Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Müller?

Aber immer doch, von Farid immer. In Hamburg-Mitte haben wir eine Koalition.

Genau, wir haben da eine Koalition. – Meine Frage lautet: Wenn Sie Hamburg so sehr loben, warum haben wir denn gerade erlebt, dass der wirklich großartige Stadtteilbeirat mit regelmäßigen Sitzungen in St. Georg nun halbiert wurde. Und in St. Pauli, wo es wegen der anstehenden Veränderungen dringend notwendig wäre, wollen Sie ihn partout nicht, auch aus finanziellen Gründen. Das passt nicht ganz ins Bild, denn genau in den Stadtteilen, wo die Veränderungen groß sind, wollen die Leute mitreden. Und in diesen Stadtteilen wollen Sie keine Stadtteilbeiräte. Das passt nicht ins Bild von der Sache, die Sie gerade dargestellt haben.

(Beifall bei Dr. Eva Gümbel GRÜNE)

Lieber Farid, ich möchte das beantworten, aber du bringst die Dramaturgie ein bisschen durcheinander. Ich wollte eigentlich zu einem späteren Zeitpunkt die Kollegin Fegebank ganz doll rühmen, gerade diesen Beirat betreffend. Ich weiß nicht, wie ihr in Hamburg-Mitte kommuniziert, aber es gibt heute einen Antrag der GRÜNEN – die Kollegin Fegebank hat ihn maßgeblich mit befördert, und ich fände es gut, wenn du mitbekommen würdest, was vor Ort in Hamburg-Mitte passiert, wo die GRÜNEN zusammen mit der SPD verabschieden –, und das betrifft auch den Beirat in St. Georg und den in St. Pauli, dass sie zukünftig nicht mehr wollen, dass es bestimmte Beiräte gibt, die besonders viel Geld bekommen, sondern eine Gleichverteilung möchten. Es ist euer Antrag, den ihr mit uns zusammen soeben verabschiedet habt, dass es in Hamburg-Mitte zukünftig für alle Beiräte, auch die, deren Förderung ausläuft, 6000 Euro Grundfinanzierung gibt. Also, Kollegin Sudmann, Sie können ganz beruhigt sein. Zusätzlich gibt es noch einen Verfügungsfonds. Lieber Farid, wenn eure Chefin und auch der liebe Kollege Osterburg das mit uns vereinba

ren, dann können wir nichts dafür, wenn du das nicht mitbekommst.

(Beifall bei der SPD)

Das sollte erst später kommen, aber es ist in der Tat richtig, was dort passiert. Genauso ist es natürlich in Wandsbek, wo ebenfalls Rot-Grün regiert; auch dort geht man sehr konstruktiv damit um. Seit mehr als anderthalb Jahrzehnten ist die Frage, wie wir mit den Quartiersbeiräten, die es im Rahmen von RISE gibt, umgehen, wenn diese Förderung irgendwann einmal ausläuft. Dass das passiert, wusste eigentlich jeder und niemand hat sich so richtig um die Nachfolge gekümmert. Wir Sozialdemokraten haben auf diese Frage, anders als Sie behaupten, eine Antwort gefunden, Kollegin Sudmann.

(Dr. Eva Gümbel GRÜNE: Na!)

Wir haben vor zwei Jahren den Quartiersfonds eingerichtet, der merkwürdigerweise in Ihrem Antrag – der diesmal erstaunlicherweise total sachlich ausgefallen ist im Gegensatz zu Ihrer Rede – durchaus noch aufgeführt wird. Wir haben diesen Quartiersfonds eingerichtet, damit nicht wir als Bürgerschaft darüber beschließen, was in welchem Bezirk passiert, sondern weil wir wollen, dass das vor Ort entschieden wird. Dieser Quartiersfonds hat sich bewährt, und weil er sich bewährt hat und weil wir wissen, dass die Förderung im Rahmen von RISE ausläuft, und weil wir wollen, dass letztendlich Quartiersbeiräte weiter funktionieren, haben wir diesen Topf im nächsten Doppelhaushalt um 1 Million Euro erhöht. Diese 1 Million Euro werden dazu verwendet, dass die Arbeit der Quartiersbeiräte fortgeführt werden kann. Damit gibt es erstmals in dieser Stadt klare Perspektiven für Beiräte auch nach Auslaufen von Fördergebieten, und das ist gut so.

(Beifall bei der SPD)

Das, lieber Farid, hat die Kommunalpolitik, die wirklich mit Hamburg-Mitte verbunden ist, aufgenommen und damit auch eure Parteichefin.

(Olaf Ohlsen CDU: Das weiß er doch nicht!)

Die hat mit uns gemeinsam geschaut, wie es nun weitergeht, und hat dieses Modell entwickelt. Es ist ein gutes Modell, denn erstmals schaffen wir damit Grundlagen für alle, und es zeigt, dass wir diese Beiräte wirklich ernst nehmen. Wir schaffen die finanzielle Ausstattung, aber wir schaffen auch die verlässliche organisatorische Anbindung an die Bezirke. Das ist nämlich der wesentliche Teil, dass man weiß, diese Beiräte beschließen nicht nur etwas, sondern sie können sich aktiv in das Bezirksgeschehen einbringen, und sie können auch die Bezirksämter nutzen. Diese organisatorische Einbindung gewährleisten wir zukünftig. Das ist ein ganz wichtiger Schritt in Hamburg-Mitte dank RotGrün, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)

Deswegen, liebe Kollegin Sudmann, verstehe ich das Ganze, was Sie hier vorbringen, irgendwie nicht.

(Christiane Schneider DIE LINKE: Wir erklä- ren es Ihnen gleich noch mal!)

Wir haben Bürgerbeteiligungsverfahren; nehmen Sie stromaufwärts an Elbe und Bille. Es ist vielleicht für jemanden, der aus dem Hamburger Westen kommt, normal, dass er nicht unbedingt mitbekommt, was im Osten alles geschieht. Am Montag gab es in Hamm zum Beispiel eine Sitzung des Oberbaudirektors. Dort waren der Bezirksamtsleiter, Vertreter der SAGA GWG und weitere Vertreter, die gemeinsam mit dem Quartiersbeirat darüber diskutiert haben, welche weiteren Schritte erfolgen sollen. Das gab es in Rothenburgsort, das gab es in Horn. Es gibt diese Stadtwerkstatt, es gibt den Entwicklungsraum BillstedtHorn. Dort wird unheimlich viel Bürgerbeteiligung gemacht. Dort werden nicht wahnsinnige Schlagzeilen produziert, sondern dort wird mit Bürgerinnen und Bürgern gemeinsam entwickelt, und das unterscheidet uns von Ihnen. Wir wollen Politik mit den Bürgern machen und nicht nur billigen Populismus, Frau Sudmann.

(Beifall bei der SPD)

Deswegen ist der Prozess stromaufwärts für uns ein sehr wichtiger. Wir nehmen die Bürgerinnen und Bürger ernst. Wir haben hier schon zwei-, dreimal darüber diskutiert. Wir haben in Wilhelmsburg mit den Stadtteilbeiräten diskutiert, die durchaus anderer Ansicht waren. So ist das in einer Demokratie, andere Menschen dürfen andere Ansichten haben,

(Christiane Schneider DIE LINKE: Danke, SPD!)

aber ich glaube für meine Fraktion feststellen zu können, dass es so viel Bürgerbeteiligung wie heute noch nie gab. Wir haben es nun geschafft, verlässliche Rahmenbedingungen festzulegen, damit die wichtige Arbeit der Quartiers- und Stadtteilbeiräte fortgeführt werden kann. Daher ist Ihr Antrag entbehrlich, und wir werden ihn ablehnen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Kienscherf. – Das Wort hat Herr Roock von der CDU-Fraktion.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Sudmann, es ist noch nicht sehr lange her, dass Sie einen ähnlichen Antrag eingebracht haben. Wir haben uns Anfang des Jahres über die Thematik unterhalten, und ich muss schon sagen, Sie sind sehr variantenreich in

Ihren Vorlagen. Wir haben uns Anfang des Jahres auch ausführlich über Bürgerbeteiligung unterhalten; das will ich alles gar nicht wiederholen. Daher werden wir auch diesem Antrag, den Sie heute wieder in anderer Variante eingebracht haben, nicht zustimmen, weil wir grundsätzlich eine andere Position haben.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

Wir betrachten die Bereitstellung von Mitteln für Verfügungsund Quartiersfonds als Hilfe zur Selbsthilfe. Wir haben Anfang des Jahres in unserem Antrag unter anderem klargestellt, dass die Entscheidung über die zu verteilenden Mittel ausschließlich bei den Bezirken liegen soll. Ziel der Förderung ist nach unserem Verständnis ausdrücklich nicht die Schaffung zusätzlicher Gremien mit gesetzlich und verfassungsmäßig abgesicherten Beteiligungsstrukturen und Mitwirkungsrechten auf Stadtteilebene. Die Wahrnehmung obliegt nach unserer Auffassung weiterhin ausschließlich den Bezirksversammlungen und den Regionalausschüssen. Leider hat unser Antrag Anfang des Jahres keine Mehrheit gefunden. Dieser Antrag der LINKEN will neben RISE und dem Quartiersfonds für bezirkliche Stadtteilarbeit ein neues Fass aufmachen und mal eben 1 Million Euro pro Jahr verteilen ohne klare Regelung für wen und wer darüber entscheidet. Das machen wir nicht mit. Wenn Sie, Frau Sudmann, beantragt hätten, den Quartiersfonds für Stadtteilarbeit aufzustocken,

(Wolfgang Rose SPD: Haben Sie schon mit dem Finanzsprecher geredet?)

um – und nun komme ich zur SPD – die grausamen Einsparungen des SPD-Senats in den Bezirken abzufedern, dann hätten Sie uns auf Ihrer Seite. Das machen Sie aber nicht, sondern beantragen 1 Million Euro ohne Festlegung nach dem Motto "Freibier für alle".

(Zuruf von Heike Sudmann DIE LINKE)

Frau Sudmann, Sie haben recht, dass dieser Reparaturtitel Quartiersfonds für Stadtteilarbeit bei Weitem nicht ausreicht. Herr Kienscherf, so viel zu Ihrem bewährten Quartiersfonds. Er reicht bei Weitem nicht aus; es wird alles Mögliche daraus finanziert. Wenn ich den damaligen SPD-Antrag richtig verstehe, dann wurde der Senat ersucht – ich zitiere aus Ihrem Antrag –:

"1. der Bürgerschaft zu den Haushaltsberatungen 2015/2016 darüber zu berichten,

a. wie die beauftragten Quartiersentwickler die bestehenden Stadtteil- und Quartiersbeiräte auf das Auslaufen des jeweiligen Fördergebietes vorbereiten,

b. welche finanziellen Unterstützungen für die Stadtteil- und Quartiersarbeit die Bezirke aktuell über die Förderung durch RISE hinaus aus dem Haushalt erhalten,

(Dirk Kienscherf)

c. welche weitere Unterstützung und Entwicklung der Quartiersarbeit er plant bzw. die Bezirke planen,

2. unter Einbeziehung der bezirklichen Bewertung stadtteil- und quartiersnahe Bürgerbeteiligung durch die Bezirke nach Auslaufen von Fördergebieten weiterhin zu unterstützen und abzusichern."

Ich habe, Herr Kienscherf, in den Haushaltsberatungen davon so gut wie nichts gehört. Nun holt Sie Ihr eigener Beschluss ein, weil Sie Ihren nicht so gut regierenden Senat nicht im Griff haben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Bezirke werden weiterhin kaputtgespart.

(Sören Schumacher SPD: Die Bezirke krie- gen so viel Geld wie nie!)

Geben Sie den Bezirken endlich die notwendigen Mittel, die sie zur Erfüllung ihrer Aufgaben brauchen. – Danke schön.

(Beifall bei der CDU – Wolfgang Rose SPD: Was sagt Herr Heintze dazu?)

Vielen Dank, Herr Roock. – Das Wort hat Herr Duge von der GRÜNEN Fraktion.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Kienscherf, wenn die Stadt Ihnen spiegelt, wie es denn eigentlich mit der Bürgerbeteiligung aussieht, und Sie sich voller Selbstzufriedenheit in diesem Spiegel sehen, dann kann ich nur sagen, das ist ein Zerrbild. Das ist eine Selbstzufriedenheit, die völlig an der Wirklichkeit vorbeigeht.

(Beifall bei den GRÜNEN – Karin Timmer- mann SPD: Was sagen Sie zu Wandsbek!)

Ich möchte auch deutlich darauf hinweisen, dass Sie Frau Fegebank vorhin sozusagen in Haftung genommen haben für Dinge, von denen sie selbst nichts weiß. Sie sind recht unbekümmert darin, solche Dinge zu behaupten.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich möchte weiter darauf hinweisen, dass wir es waren, auch in den Koalitionsgesprächen in den Bezirken,

(Zuruf von Dirk Kienscherf SPD)