Vielen Dank, Frau Schneider, ich musste das allerdings nachschauen, obwohl ich das Große Latinum habe, aber das ist schon länger her.
Entbehrung und Verzicht, Frau Schneider, das ist der Begriff für die Dinge, die uns in der Politik nicht ganz unbekannt sind. Deshalb sind es aber auch besondere Tugenden, und dass wir sie zur Anwendung bringen, halte ich für grundsätzlich richtig. Wir sind auch froh, dass die umfangreicheren Vorstellungen der LINKEN nicht erfüllt wurden, wie es einmal geplant war. Wir hätten das auch nicht mitgemacht, das hatten wir schon bei der Einbringung Ihres Antrags deutlich gemacht. Jetzt haben wir die Regelung, dass zukünftig während der Dauer von zwei Jahren nach dem Ausscheiden aus dem Amt eine Festanstellung in der Privatwirtschaft dem Senat gegenüber angezeigt werden muss. Im Falle einer konkreten Gefahr der Interessenkollision im Hinblick auf die vorherige Amtstätigkeit soll der Senat eine bis zu zweijährige Untersagung ausspre
chen können. Ich betone konkrete Gefahr, es muss also schon besonders begründet sein, da reicht kein bloßer Verdacht.
Da die Gefahr einer Interessenkollision dort nicht in gleichem Maße besteht, ist der öffentliche Sektor bei der Aufnahme einer Berufstätigkeit von der Anzeigepflicht ebenso ausgenommen – das war auch der Hinweis Richtung FDP von Herrn Dressel – wie freiberufliche Tätigkeiten. Zu freiberuflichen Tätigkeiten verweist unser Gesetzentwurf auf die entsprechenden Regelungen zur Vermeidung von Interessenkollisionen in den Berufsordnungen der jeweiligen Berufe. Das Mandantenverhältnis hat Herr Dr. Dressel angesprochen. Ich verhehle nicht, dass uns als CDU das ein ganz besonders wichtiger Punkt war.
Ebenso wichtig ist es, dass keine grundsätzlichen Interessenkollisionen zwischen Politik und Wirtschaft unterstellt werden, dass es kein Berufsverbot für ausscheidende Regierungsmitglieder gibt – was auch gar nicht durchsetzbar wäre, Stichwort Berufsfreiheit – und dass eine Durchlässigkeit zwischen Wirtschaft und Politik in beiderlei Richtungen weiterhin möglich sein muss. Ich glaube, davon profitieren beide Seiten.
Aber eines sage ich zum Schluss noch ganz deutlich: Wir dürfen gemeinsam Äußerungen nicht so stehenlassen, die besagen, dass allein schon ein Wechsel von der Politik in die Wirtschaft das Vertrauen der Menschen in die Demokratie erschüttert. Das ist falsch. Nicht ein solcher Wechsel beschädigt langfristig unsere Demokratie, sondern Amtsträger pauschal zu verdächtigen, einer Versuchung im Zweifel nicht widerstehen zu können und damit quasi Käuflichkeit im Vorwege zu unterstellen, beschädigen unsere Demokratie.
Das ist nicht so, und das wird in unserem Gesetzentwurf noch einmal deutlich klargestellt. Deshalb kann die CDU-Fraktion ihn auch mit gutem Gewissen mittragen. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Da wir uns mit den meisten Fraktionen einig sind, sollten wir uns vielleicht nicht mehr so lange damit beschäftigen, obwohl man schon erwähnen muss, dass wir das erste Landesparlament sind, das so eine Regelung verabschiedet. Darauf können wir alle ein Stück weit stolz
sein, auch wenn nicht alle Abgeordneten in dem einen oder anderen Bereich alles gut finden. Aber es kommt erst einmal eine Regelung auf den Tisch. Das finde ich gut, denn das ist ein Zeichen, dass wir verstanden haben, dass es ein Unwohlsein bei unseren Wählerinnen und Wählern gibt, wie in dem einen oder anderen Fall der Wechsel zwischen Ministeramt und späterem Berufsleben vonstattengeht. Da gibt es Misstrauen und auch schon Verdrossenheit; Herr Dressel hat es gesagt. Wir haben in Hamburg keinen aktuellen Anlass gehabt, aber umso wichtiger ist es, dass wir es nicht aus der Not heraus machen, sondern es einfach deshalb tun, weil wir glauben, dass es richtig ist
und dass es in Hamburg erst gar nicht so eintreten sollte. Wenn man aus der Not heraus handelt, dann ist es nämlich viel schwieriger, das Vertrauen der Menschen wieder zurückzugewinnen. Dann heißt es nämlich, jetzt hat die Person ihren Job, und jetzt kommen sie erst und regeln das.
Wir haben lange gerungen im Verfassungsausschuss und zwischen den Fraktionen, um die richtigen Regelungen zu treffen. Ich bin auch davon überzeugt, dass wir einen guten Mittelweg gefunden haben in der Frage, die die Menschen immer sehr widersprüchlich beschäftigt. Auf der einen Seite sagen sie, Minister sollten natürlich nicht ewig Minister bleiben, sie sollten auch einmal wieder einen anderen Beruf haben, gerade wenn die Demokratie alle vier oder fünf Jahre dafür sorgt, dass es einen Wechsel geben kann. Hinterher wird aber geschaut, was er jetzt macht und gefragt, ob das überhaupt alles richtig sei. Wir wollen doch nicht, dass die Minister an ihren Sesseln kleben, sondern wir wollen, dass die Demokratie funktioniert. Das kann sie aber nur, wenn dieses Wechselspiel zwischen Politik und Wirtschaft auch mit gewissen Regeln vonstattengehen kann und die Betroffenen wissen, welche Regeln es gibt, und dass auch die Wähler langsam verstehen, dass es diese Regeln nun doch gibt. Ich wäre sehr überrascht und auch froh, wenn das auf Bundesebene zustande käme, denn da hatten wir schon öfter einmal den Fall, dass die Menschen das nicht mehr so richtig verstanden haben.
Ich will zu den einzelnen Regeln, die wir uns jetzt gegeben haben und heute beschließen wollen, nicht noch einmal intensive Ausführungen machen, das haben meine Vorredner schon getan. Ich möchte aber ganz gern auf den FDP-Antrag eingehen. Ich habe ihn noch einmal durchgelesen und war ein bisschen überrascht, wie der Kollege Dressel auch, dass wir das jetzt erst auf den Tisch bekommen, während wir vorher monatelang darüber gesprochen haben, mehrmals auch im Verfassungsausschuss. Aber es ist Ihr gutes Recht, dass die Erkenntnis, was aus Ihrer Sicht besser wäre,
später kommt. Aber dann müssen Sie auch damit leben, dass wir das jetzt auch so behandeln. Ich tue mich noch ein bisschen schwer mit Ihrer Skepsis, dass nun auch der öffentliche Bereich mit einbezogen werden müsste, wenn es einen Wechsel gibt. Ich habe noch nicht so richtig verstanden, wo es da den Punkt einer Interessenkollision gibt. Das können Sie gleich noch einmal darlegen.
Dann haben Sie unglücklicherweise auch noch die ehemalige Bildungsministerin Schleswig-Holsteins benannt. Die wäre mir nun gar nicht sofort eingefallen bei diesem Punkt. Wer mir stattdessen eingefallen wäre, wenn wir schon über Schleswig-Holstein reden, war der Herr Breitner.
Wir hatten da tatsächlich das Problem, dass er Innenminister war und auch Wohnungsminister und nachher in den Verband für Wohnungsbau als Geschäftsführer gegangen ist. Das ist genau so ein Fall, der hier eigentlich auch eine vertiefte Regelung zum Ziel hat. Deswegen verstehe ich diesen Punkt mit Frau Wende nicht, aber Sie können vielleicht versuchen, uns das zu erklären. Am Ende sehe ich momentan die Problematik mit den öffentlichen Unternehmen nicht, denn ich denke, auch ein öffentliches Unternehmen muss dem Gemeinwohl der Stadt und des Landes dienen, das ist das oberste Ziel jedes öffentlichen Unternehmens. Insofern verstehe ich Ihren Punkt noch nicht so ganz.
Es ist schon dargelegt worden, dass wir auch nicht sagen sollten, der Senat sei irgendwie befangen, deswegen dürfe er gar nicht darüber entscheiden, was seine Vorgänger beruflich machen. Wenn das wirklich einmal zum Tragen käme, dann wird der Senat alles Mögliche tun, egal, welcher Partei er dann angehört oder welche Parteien dort vertreten sind, eine Entscheidung zu treffen, die vor dem Verfassungsgericht standhält.
Das heißt, er wird sich das sehr genau anschauen. Weil es aus meiner Sicht eine sehr sensible Situation ist, gibt es gar keinen Anlass zur Sorge, dass der Senat das nicht wirklich sehr sorgfältig prüft. Dann gibt es eine schnelle Entscheidung, und die ist dann auch gut für den Betroffenen. Wenn es aber das Problem gibt, dass er damit nicht einverstanden wäre, dann haben wir erstens sowieso eine politische Debatte darüber, und zweitens ist dann das Verfassungsgericht sicher der richtige Ort, an dem es noch einmal überprüft werden kann.
Aber dieses umzudrehen, hat mich nicht überzeugt in Ihrem Antrag, und deswegen möchte ich auch, dass wir das so beibehalten, wie wir es jetzt alle ausgearbeitet haben.
Vielleicht noch etwas zu einer kleinen Geschmacksfrage, Kollegen von der FDP. Wenn Sie sehr spät kommen mit neuen Vorschlägen, was Ihr gutes parlamentarisches Recht ist, dann müssen Sie sich trotzdem in diesem Stadium gerade bei einer Sache, die wir auch auf den Weg gebracht haben und nicht der Senat, die Mühe machen, den Gesetzentwurf genau auszuformulieren und nicht sagen, das solle jetzt der Senat machen, Sie hätten eine hübsche Idee, wie es anders sein solle. Da haben Sie es sich ein bisschen leicht gemacht. Es gibt sehr viele Juristen in dieser Stadt, die einem im Zweifel dabei helfen, wenn man es nicht exakt schafft und es schnell sein muss. Aber jetzt so locker hübsche Ideen aufzuschreiben und zu sagen, der Senat solle dann etwas Ordentliches daraus machen, finde ich ein bisschen billig. – Danke.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist ein verfassungspolitischer Diskurs, und ich habe auch schon bemerkt, dass gefühlt 95 Prozent der Gegenargumente ein bisschen verfahrenstechnisch sind; das verstehe ich auch.
Ich kann Ihnen sagen, warum wir uns in der Fraktion lange darüber unterhalten haben, ob wir diesen Gesetzentwurf einfach nur ablehnen, denn das, was vorgelegt wird, wird nicht das erreichen, was man gerne erreichen möchte. Dieser Gesetzentwurf, der wahrscheinlich auch Gesetz werden wird, wird vielleicht einige Hoffnungen in der Bevölkerung wecken, diese aber nicht erfüllen. Wir haben uns trotzdem entschlossen, ihn nicht mit den schon bekannten Argumenten einfach abzulehnen, sondern zu versuchen, Lösungsmöglichkeiten zu finden, mit denen wir auch leben könnten, die aus unserer Sicht ein bisschen neutraler sind. Zum Beispiel sollte – Sie haben es schon erwähnt – die endgültige Beschlussfassung nicht durch den Senat, sondern durch das Verfassungsgericht erfolgen. Ich kann nur daran erinnern, dass die Bestrebungen auf Bundesebene auch nicht dahin gehen, die Bundesregierung mit diesen Entscheidungen zu befassen, sondern es wird überlegt, wie man ein unabhängiges Gremium dafür einrichten kann; das ist der eine Punkt. Zum anderen ist der Senat ehemaliger Dienstherr, da haben Sie natürlich
recht. In Ihrem Gesetzentwurf steht aber auch nicht das Wort "unverzüglich". Wir haben eine VierWochen-Frist in unserem Vorschlag, sodass also das Argument eigentlich nicht zählen kann.
Sie argumentieren, dass man nur neue privatwirtschaftliche Engagements von Ex-Senatorinnen und Ex-Senatoren betrachten sollte. Das sehen wir anders. Wenn man keine Ausnahmen macht, dann hat man auch keine Schlupflöcher. Sobald man irgendeine Liste mit Ausnahmen macht, wird es immer Möglichkeiten geben, das Gesetz zu umgehen; das ist nun einmal so. Wenn Sie dem Senat die Möglichkeit geben, etwas zu beanstanden, dann sehe ich in der Lebenswirklichkeit kaum, dass ein Senat, wenn er noch im Amt ist und ein Senator zwischenzeitlich ausscheidet, diesem verbieten würde, etwas zu tun, es sei denn, man will ihm noch irgendwie einen Tritt geben.
Das wird wahrscheinlich nie geschehen, und es wird immer ein gewisser Eindruck entstehen, wenn ein Ex-Senator oder eine Ex-Senatorin irgendwohin wechselt. Ein Beispiel: Wechselt eine Ex-Ministerin zurück an die Universität und hat vorher als Ministerin Sachmittel aus dem Etat zum Beispiel von der Universität Lübeck an die Universität Flensburg geschoben, dann werden die Leute auch fragen, warum sie das gemacht hat, aus sachlichen Gründen oder weil sie von der Universität gekommen ist und wieder dort hingegangen ist. Da gibt es auch Interessenkonflikte. Man sollte solche Regelungen ohne Ausnahmen machen, dann hat man wenigstens etwas Greifbares. Ansonsten werden Sie immer Verfahren haben wie, theoretisch wäre es richtig gewesen, aber ich habe für vier Wochen zwischendurch mal etwas anderes gemacht, und dann ist das gesamte Rechtskonstrukt ad absurdum geführt.
Deshalb haben wir uns entschlossen, Ihrem Antrag nicht zuzustimmen. Wir haben Möglichkeiten gesucht, etwas Besseres zu tun. Sie werden diesen Gesetzentwurf beschließen, aber wenn Sie hoffen, dass Sie dadurch irgendetwas bei irgendeinem Einzelfall in Zukunft vermeiden können, dann irren Sie. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Im Zusammenhang mit der im Sommer 2011 vorgenommenen Änderung der Senatorenversorgung waren sich fast alle Fraktionen einig, dass wir die Frage der Karenzfrist für
ehemalige Senatorinnen und Senatoren noch in dieser Legislaturperiode klären müssen. Anlass waren viele negative Beispiele von ehemaligen Kanzlern, ehemaligen Ministern, ehemaligen Senatoren – ich will gar keine Namen nennen, einige sind schon gefallen. Es hilft nicht, mit Namen zu hantieren.
Die Fragen waren: Wann darf ein ehemaliges Senatsmitglied wieder in die Wirtschaft gehen? Und vor allen Dingen: Wer entscheidet, ob es sich um einen Interessenkonflikt handelt?
Ich muss zugeben, ich hatte streckenweise den Eindruck, dass die anderen Fraktionen nicht mehr die ganz große Ambition hatten, das noch in dieser Legislaturperiode zu regeln. Deswegen haben wir im Januar noch einmal einen neuen Vorstoß unternommen und einen Antrag eingebracht, der natürlich, wie es sich für DIE LINKE gehört, weitergehender war als das, was jetzt als Kompromiss vorliegt. Letztendlich sind wir aber froh, dass Hamburg dank unseres interfraktionellen Antrags das erste Bundesland ist, das die Karenzzeit einführt. Das freut uns sehr.
Wir haben monatelang als Fraktionsvorsitzende, aber auch im Verfassungsausschuss dieses Thema besprochen und jetzt einen Kompromiss, der eine Karenzzeit von zwei Jahren vorsieht. Das war der Vorschlag der LINKEN in unserem Januar-Antrag, darauf haben wir uns auch geeinigt. Das liegt auch nahe, weil das genau die Zeit der Übergangszahlungen ist. Insofern ist das dann Gemeingut geworden.
Ich möchte ausdrücklich für unsere Fraktion darauf hinweisen, dass ein beruflicher Wechsel von der Senatsbank grundsätzlich möglich sein muss. Dabei dürfen aber nicht die Interessen einzelner Unternehmen oder Organisationen begünstigt werden. Es muss verhindert werden, dass ehemalige Senatsmitglieder die Kenntnisse oder Kontakte aus ihrem Amt so nutzen, dass Einzelne Wettbewerbsvorteile erhalten. Die vorliegende Karenzregelung soll diesen Zweck erfüllen. Gleichzeitig, und das darf man nicht vergessen, werden ehemalige Senatsmitglieder und Unternehmen vor Unsicherheiten und nicht gerechtfertigter Kritik geschützt. Das ist ein Schritt zu mehr Glaubwürdigkeit in der Politik.