Die CDU-Fraktion möchte diese Drucksache an den Ausschuss für Wirtschaft, Innovation und Medien überweisen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Wir stehen in Deutschland an der Spitze des Welthandels. Unsere forschungsintensiven Güter sind auf dem gesamten Globus begehrt. Vor allem bei Hightech-Gütern aus dem Bereich Maschinenund Anlagenbau oder Fahrzeug- und Flugzeugbau sowie der Medizintechnik sind wir führend. Damit das auch so bleibt, hat die Bundesregierung im Rahmen ihrer Hightech-Strategie das Zukunftsprojekt Industrie 4.0 ausgerufen. Seit Ende 2012 fördert der Bund damit bereits verschiedene Projekte mit mehr als 120 Millionen Euro.
Fast 80 Prozent aller Innovationen in unserem Land gehen auf Produktionstechnologien zurück; Herausforderung ist die Digitalisierung der Produktion. In Gang gesetzt wurde dies durch das Internet der Dinge und Cyber-Physical Systems, kurz CPS. Die Zielsetzung der Industrie 4.0 ist es, vor allem durch den Einsatz von CPS die Produktionsverfahren zu verbessern und somit neue Produkte und Verfahren für den Export zu generieren. Ein weiteres Kernelement ist die intelligente Fabrik, die Smart Factory. Digitale und physische Welt greifen ineinander.
Die Koalitionäre im Bund haben verstanden: Das Internet hält Einzug in unsere Fabriken. Durch die intelligente Vernetzung innerhalb von Wertschöpfungsketten kann auch der Ressourcenverbrauch reduziert werden. Wer das Feld Industrie 4.0 aktiv besetzt, erhält die Technologieführerschaft im Maschinenbau. Mehr noch, die Verbindung der Elektrotechnik, des Maschinenbaus und des Internets entwickeln selbststeuernde Produktionsprozesse. Das kann einen Produktionsschub von bis zu 30 Prozent bedeuten. Die Chancen und Potenziale der Vernetzung des Maschinen- und Anlagenbaus mit IT-Anwendung müssen wir auch für unsere Wirtschaft in Hamburg nutzen und ausbauen.
Gerade Schlüsselindustrien wie die Elektro- und Medizintechnik sind dafür hervorragend geeignet. Produkte können so mit weniger Energie und höherer Ressourceneffizienz flexibler gestaltet werden. Fertigungsabläufe werden effizienter und schneller.
Hamburg hat die Chance, ganz vorn bei der Entwicklung dabei zu sein, für unsere Unternehmen, den Verbraucher und den Hamburger Arbeitsmarkt. Und was läuft in Hamburg? Noch nicht viel. Während sich stark mittelständisch geprägte Regionen wie Ostwestfalen-Lippe bereits aktiv um das Thema kümmern, hat Hamburg noch nichts vorzuweisen. Ob daran der nationale IT-Gipfel etwas ändert, der im Oktober in Hamburg mit einem Workshop zu Industrie 4.0 stattfindet, wird sich zeigen.
Ich würde mich freuen, wenn wir diesen Antrag im Wirtschaftsausschuss weiter beraten und überlegen können, wie wir Hamburg in dieser Sache nach vorn bringen. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Stemmann, Sie sind auf das Thema Industrie 4.0 eingegangen; darauf will ich keine weiteren Worte verschwenden. Wichtig ist doch festzuhalten, dass sich die Bundesregierung mit diesem Thema deutschlandweit auseinandersetzt. Hamburg jedoch, so ist zumindest unsere Wahrnehmung, tut da schon sehr viel, und ich möchte dazu einige Ausführungen machen.
Natürlich sind die Industrie und die Produktion einem stetigen Wandel unterworfen, wobei das in Wahrheit keine bahnbrechend neue Erkenntnis ist, sondern viele Industrieunternehmen haben das auch schon in ihre Produktionsprozesse integriert. Vielleicht noch einige Daten und Fakten zu Hamburg, das ist wichtig. Wir haben im industriellen Sektor circa 93 000 bis 94 000 Beschäftigte, davon, das erwähnten Sie richtig, insbesondere im Bereich der Luft- und Raumfahrtindustrie über 20 000, die einen großen Anteil ausmachen. Vor allem der Anteil an forschungsintensiven Wirtschaftsunternehmen sei einmal genannt. In Deutschland sind es im Durchschnitt 40 Prozent, Hamburg kann hier 52 Prozent vorweisen. Das wird geschaffen durch die circa 560 Industrieunternehmen, die in Hamburg einen Umsatz von knapp 90 Milliarden Euro im Jahr erwirtschaften. Das heißt, Hamburg bietet gute Voraussetzungen, um diesen wissensbasierten Strukturwandel zu fördern und davon auch ganz gezielt zu profitieren.
Wissenschaft, forschen selbst und sind in zahlreichen Netzwerken organisiert. Sie hatten es ansatzweise angedeutet, Herr Stemmann: Hamburg ist – das sei ganz deutlich gesagt und darauf sind wir stolz – Innovationshauptstadt.
Sie hätten vielleicht den Masterplan Industrie erwähnen sollen, denn der spielt eine zentrale Rolle. Er trägt maßgeblich dazu bei, jene Rahmenbedingungen für Innovationen, Industrie und Wissenschaft zu verbessern. Mit der fundierten Fortentwicklung in diesem Jahr hat Hamburg ein klares industriepolitisches Zeichen gesetzt, eine Strategie für die Zukunft beschrieben und infolgedessen auch beschritten.
Um konkret zu werden: Mit der Ansiedlung der anwendungsorientierten Forschungseinrichtung "Zentrum für Maritime Logistik", dem "Zentrum für Angewandte Luftfahrtforschung" auf der Rüsch-Halbinsel, dem "Laser Zentrum Nord" und dem "European Screening Port" kann Hamburg viele namhafte Epizentren der Innovationsentwicklung vorweisen, die eng mit der Industrie und im weiteren Sinne auch mit der sogenannten Industrie 4.0 verzahnt sind.
Die räumlichen Rahmenbedingungen werden wir durch Bereitstellung von Gewerbeflächen und insbesondere durch die Schaffung von Innovationsparks spürbar verbessern. Wir belassen es nicht nur bei Worten, sondern wir haben auch Taten vorzuweisen. Für die Jahre 2015 und 2016 sind allein hier 52 Millionen Euro angesetzt. Das muss an dieser Stelle erwähnt werden.
Das Programm für Innovation, genannt "PROFI", ist ein Hamburger Förderprogramm für experimentelle Ideen, für innovative Forschungs- und Entwicklungsprojekte Hamburger Unternehmen und Forschungseinrichtungen zur Schaffung neuer Jobs in den beschriebenen Arbeitsfeldern der Zukunft. An der Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Wirtschaft sorgt die Innovationskontaktstelle für die notwendige Verzahnung zwischen Ideen und Produktionen, und hier wird unserer Meinung nach hervorragende Arbeit geleistet.
Gleiches gilt für die neue Hamburgische Investitions- und Förderbank. Sie hätte vielleicht auch erwähnt werden sollen, weil zahlreiche Aspekte der Industrie 4.0 hier auch verortet sind, die unserer Ansicht nach erfolgreich die gute Arbeit der Innovationsstiftung, die es vorher gab, fortführt. Gerade für kleine und mittelständische Unternehmen wird hier Beratung angeboten und letztlich die finanzielle Grundlage für Innovationen gelegt. Ein attraktives Instrument der IFB ist zum Beispiel der Innovations-Starterfonds mit einem Volumen von 12 Millionen Euro per anno. Hier werden Hamburger Mittel sowie EFRE-Gelder für gemeinsame Projekte
verwendet, um in der Frühphase jungen Unternehmen erforderliches Eigenkapital zur Verfügung zu stellen.
Dies wird maßgenau ergänzt durch das Förderprogramm "InnoRampUp" der Innovationsbehörde. Der Bund – Sie haben es ansatzweise erwähnt – hat mit dem Zukunftsprojekt Industrie 4.0 Mittel im dreistelligen Millionenbereich in die Hand genommen und fördert Innovation und Forschung in Deutschland. Dies ist zu begrüßen. Und auch Hamburg – ganz im Gegensatz zu Ihren Ausführungen, Herr Stemmann – profitiert heute schon davon, denn zwei Unternehmen sind hier bereits dabei, "eApps4Production" sowie "KapaflexCy"; das wissen Sie wahrscheinlich auch. Wir brauchen an dieser Stelle kein weiteres Förderprogramm, das lediglich einen neuen Namen trägt.
Industrie 4.0 – das kann man auch wunderbar in Wikipedia nachlesen – ist ein Trendbegriff für etwas, das Hamburg konkret tut, nämlich Innovation und Ideen erkennen, fördern und weiterentwickeln. Hamburg war schon immer eine traditionelle Industriestadt, und Hamburg hat große Chancen, die vierte industrielle Revolution, die mit dem Begriff Industrie 4.0 beschrieben ist, in besonderem Maße zu erkennen und in politisches, konkretes Handeln umzusetzen. Das zeigt nicht zuletzt die Tatsache, dass unsere Stadt deutlich besser dasteht als andere historische Industriezentren unseres Landes.
Die Innovationshauptstadt Hamburg ist ein Auftrag an Politik, an Wissenschaft und Wirtschaft gleichermaßen. Den Antrag betrachten wir allerdings als überflüssige Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für die Verwaltung und lehnen ihn leider ab, Herr Stemmann. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir erleben eine ganz interessante Debatte. Herr Stemmann, der den Antrag eingebracht hat, redet über Industrie 4.0, ohne jemals konkret zu werden, und Herr Balcke hält eigentlich die Rede der gestrigen Debatte zur Innovationshauptstadt, die wir gestrichen haben.
Zum einen ist es so, dass die SPD gern von der Innovationshauptstadt Hamburg redet. Dann stellt man aber fest, dass das nur ein selbst gewählter Titel ist. Diesen Titel gibt es überhaupt nicht, und deswegen kann man ihn eigentlich als Marketing abbuchen. Wenn man dahinter schaut, dann sieht man, dass über bestimmte Gründerparks geredet wird, die man mache. Das ist grundsätzlich ein gutes Konzept, aber wenn man sich dann beispielsweise das "Center for Green Technologies" in Harburg anschaut, dann sieht man erst einmal, dass es schlanke 1,8 Millionen Euro teurer geworden ist. Wenn man das "Zentrum für Angewandte Luftfahrtforschung" ansieht, merkt man, dass es ein Jahr später fertig geworden ist, der private Investor macht die Grätsche. Angeblich kostet das die Stadt nicht mehr, aber das werden wir dann am Ende des Tages sehen; dort steckt doch einiges im Argen. Inwieweit sich die Eingliederung der Innovationsstiftung als Innovationsagentur in die IFB wirklich bewährt und ob das Verzahnen zwischen Zuschussgeschäft und revolvierenden Fonds Hamburg wirklich voranbringt, ist eine offene Frage.
In diesem Zusammenhang würde ich es schon so sehen, dass die meisten Maßnahmen, die die CDU vorschlägt, gleichwohl nicht besonders konkret, aber dennoch im Kern sinnvoll sind. Sie haben in der Begründung, warum Sie den Antrag ablehnen, eine Abkürzung genommen, und es ist nicht besonders ausführlich begründet. Aus unserer Sicht ist es so, dass man sich mit diesem Thema im Ausschuss noch einmal näher beschäftigen muss. Man muss nicht hinter diesem Modewort Industrie 4.0 hinterherlaufen. Wir haben aber einen Bereich, in dem man das relativ konkret bereits macht, nämlich "Smart Port Logistics" und "smartPORT-energy". Das sind zwei Bereiche, in denen man intelligent bestimmte Prozesse vernetzt, um Kundenwünsche besser zu erfüllen. Aber die Frage, welche genauen Auswirkungen das auf den Produktionsstandard in Hamburg hat, ist nicht geklärt.
Es geht vor allen Dingen auch um die Frage, welches Potenzial dahinter steht mit all seinen Risiken, nämlich einmal für den Angriff auf die Daten der Unternehmen beziehungsweise der Technologietransfer. Wir haben gerade eine große Entwicklung im süddeutschen Raum, wo verschiedene Automobilhersteller Google die digitale Infrastruktur im Rahmen eines Projekts Industrie 4.0 machen lassen. Damit gibt man natürlich Technologieführerschaft und Kapazitäten aus der Hand. Insofern ist auch nicht alles Gold, was glänzt bei diesem Begriff.
Ein letzter Punkt, den wir uns im Ausschuss gern näher anschauen würden, ist die Frage – die CDU redet von der Sicherheit von Maschinen und Menschen, und zwar genau in dieser Reihenfolge –, inwieweit man ökologische Aspekte mit dem Begriff Industrie 4.0 weiter voranbringen kann. Immerhin
geht es um eine effizientere Produktion, und das hat zur Folge, dass man durch weniger Input mehr Output produzieren kann.
Alles in allem hat die Bundesregierung den Takt vorgegeben, und da regieren Sie mit. Insofern sollte man sich auch für Hamburg anschauen, was man hier machen kann, und das im Detail dann im Wirtschaftsausschuss besprechen. Insofern plädieren wir für eine Überweisung und enthalten uns ansonsten. – Danke schön.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Kollege Tjarks, ich hatte eben den Eindruck, dass Sie das nicht verwendete Manuskript zur nicht gehaltenen Debatte Innovationshauptstadt 2020 von gestern zum Vortrag gebracht haben.
Die deutsche Industrie und der deutsche Mittelstand sind deshalb so erfolgreich, weil sie es immer geschafft haben, ihre Erfahrungen stets mit Innovation zu verbinden, mit neuen Dienstleistungen zu verknüpfen und sich immer wieder auf veränderte Rahmenbedingungen einzustellen. Das ist der Grund, warum die deutsche Wirtschaft erfolgreich ist, und zwar in Hamburg genauso wie im Bund. Deshalb arbeiten Wirtschaft und Wissenschaft bereits seit Jahren an der nächsten Entwicklungsstufe, die sich mit dem Stichwort Industrie 4.0 verbindet. Dass das jetzt auch die CDU in der Hamburgischen Bürgerschaft erkannt hat, finden wir gut und sagen, willkommen im Neuland.