"Die Personalressourcen für Kinder in den ersten drei Lebensjahren sind deutlich zu niedrig. Der in den Hamburger Richtlinien ausgewiesene Richtwert von 1:7,6 ist aus wissenschaftlicher Sicht unakzeptabel und kann allerhöchstens die Betreuung und Grundversorgung, nicht jedoch eine angemessene bildungs- und entwicklungsförderliche pädagogische Arbeit mit Kindern im Krippenalter gewährleisten."
Wenn man das hört, dann müssen doch die Alarmglocken schrillen. Wir wollen doch, dass die Kinder von klein auf nicht nur gebildet, sondern auch gut betreut werden. Das alles passiert hier nicht. Natürlich ist es gut, dass Eltern keine Beiträge mehr zahlen müssen. Das hat, Herr Rabe, von unserer Seite nie jemand in Frage gestellt.
Aber das Ganze ist doch sehr einseitig. Mit der Beitragsfreiheit wird nicht ein Kind mehr gebildet. Und auch mit dem Ausbau eines Platzes bekommt nicht ein Kind mehr Bildung. Es ist eindeutig nachgewiesen, dass die Bildung eines Kindes davon abhängt, wie das Verhältnis Erzieher-Kind-Schlüssel ist und wie viele Erzieher für die Kinder zuständig sind.
Wenn wir hier einen Schlüssel von 1:7 haben, dann bleibt die frühkindliche Bildung in der Kita auf der Strecke, und das ist ein Desaster.
Lassen Sie mich kurz zum Abschluss noch erwähnen, dass erstmalig die Kita-Träger in Hamburg auf die Barrikaden gehen. Es stehen Landesrahmenverhandlungen an. Zum 1. Januar soll es einen neuen Landesrahmenvertrag geben. Die Verhandlungen mit der BASFI sind nun ausgesetzt worden, weil die Behörde eindeutig gesagt hat, dass sie sich nicht bewegen werde, dass es für Qualität, für eine bessere Betreuung von Kindern keinen Spielraum mehr gebe.
Meine Damen und Herren! Es ist ein Armutszeugnis für diese Stadt, an den Kleinen zu sparen. Herr Rabe kann seine Schulpolitik loben, so viel er möchte, daran kommen Sie nicht vorbei. Hier müssen Sie nachbessern, sonst werden wir später bei den älteren Kindern den Bildungserfolg auch nicht haben.
Ich melde mich nicht bezüglich der fachlichen Inhalte noch einmal. Dazu ist schon viel gesagt worden, auch viel Richtiges. Mir fällt besonders das Vorgehen der SPD auf. Wenn man die SPD an einem wichtigen Punkt trifft und sie keine fachlichen Argumente mehr findet, dann geht es folgendermaßen ab; wir haben es gestern schon bei Senator Rabe kennengelernt: Erstens stellt die Presse alles nur falsch dar. Die Behörde hat zwar sieben Tage gebraucht, um den Fehler zu finden, aber dann ist es endlich richtiggestellt worden. Heute kann die Presse nicht herhalten, die haben nämlich darüber nichts geschrieben, und nun ist die Opposition unverschämt. Alle vier Fraktionen sind unverschämt, solche Punkte anzusprechen. Wirklich, schämt euch, Oppositionspolitiker.
Wenn die Opposition nicht herhalten kann, dann sollen die Bezirkspolitiker ihr Gehirn einschalten. Hier haben Sie natürlich ein Eigentor geschossen, weil durchaus auch SPD-Politiker im Bezirk arbeiten, und die sollen ihr Hirn einschalten. Das ist eine Aussage von Senator Rabe. Bitte schön, sprechen Sie ihn an, eigene Bezirkspolitiker haben bestimmt einen kurzen Draht zu Herrn Rabe. Und wenn das gesamte Umfeld nicht schuld sein kann, dann widerspricht man den eigenen Drucksachen. Ich erinnere an die Zwischenfrage meines geschätzten Kollegen Heinemann: Stimmt denn das, was in der Drucksache steht, noch? Die Antwort war, das sei egal, das entspreche jetzt nicht mehr der Realität. So gehen Sie also mit den eigenen Drucksachen um. Ich hoffe nur, dass Sie nicht mit allen Themen auf diese Weise umgehen.
Wenn wir hier live erleben, wie die SPD-Fraktion und der Senat damit umgehen, dann möchte ich nicht wissen, wie Senator Rabe vor Ort mit den Lehrern, Eltern und sonstigen Playern umgeht. Das hier ist doch der beste Beweis dafür, wie Sie mit Kritikern umgehen: leugnen, Falsches erzählen oder die Realität verdrehen. So geht es nicht, und das lassen wir uns auch nicht weiter gefallen.
Herr Fock, Sie haben über Ausbildungspolitik gesprochen und den denkwürdigen Satz gesagt, Ausbildungspolitik sei kein Gegenstand für Parteipolitik. Wie kommen Sie denn darauf? Es ist unsere Aufgabe, uns um politische Themen zu kümmern. Sie werden doch wohl der Opposition nicht verordnen können, womit wir uns beschäftigen dürfen und womit nicht. Wir werden uns auf jeden Fall damit beschäftigen.
(Beifall bei der LINKEN, den GRÜNEN, der FDP, Robert Heinemann CDU und Dr. Wal- ter Scheuerl fraktionslos)
Dann haben Sie diese Pressekonferenz erwähnt, wo auch die Handelskammer und der DGB vertreten waren. Ich will Ihnen einmal vorlesen, was der stellvertretende Vorsitzende des DGB-Bezirks Nord, Ingo Schlüter, gesagt hat und was auch in der Presseerklärung stand – ich zitiere –:
"Auch wenn die in Hamburg erreichte Transparenz beim ersten Blick in die Ausbildungsstellenstatistik noch keine verbesserte Ausbildungsmarktlage erkennen lässt, muss dieser Prozess fortgesetzt werden. Vor allem sind jetzt die Arbeitgeber gefordert, wirklich mehr Ausbildungsstellen bereitzustellen."
Das heißt, er stellt schlicht und einfach fest, dass es immer noch zu wenige Ausbildungsplätze gibt.
Die Agentur für Arbeit hat festgestellt, dass in Hamburg 5000 Ausbildungsplätze fehlen. Da von Erfolg zu reden, dazu gehört schon einiger Mut.
In dieser Pressekonferenz hat Senator Rabe auch behauptet, dass es weniger junge Menschen in Warteschleifen gebe. Vielleicht kann er noch einmal erklären, warum. Er vergleicht die Zahl der Jugendlichen, die in einer Warteschleife gelandet sind, der Schuljahre 2007/2008 mit 2013/2014. Da frage ich mich, warum Sie gerade diese beiden Jahrgänge vergleichen, warum nicht andere. Der Schluss ist ganz einfach: Während es in dem zuerst genannten Jahr relativ viele Schulabgänger gegeben hat, haben wir 2012 die Regelung bekommen, dass alle Schüler der neunten Klassen das Recht haben, auch die zehnte Klasse zu besuchen. Das heißt, wir haben 2013/2014 nur die Hälfte der Abgänger. Ich sage Ihnen, was das ganz große Problem dabei ist: Erst einmal stimmt die Relation nicht. Es werden wieder einmal Birnen mit Äpfeln verglichen, um möglichst gute Zahlen zu bekommen. Man vertraut darauf, dass die Opposition das schon nicht bemerken werde – aber wir haben es bemerkt. Außerdem, und das haben wir auch im Schulausschuss mehrfach diskutiert, schafft diese Regelung, dass alle, die in der neunten Klasse sind, auch in die zehnte Klasse gehen
können, eine neue Warteschleife, denn es hat sich gezeigt, dass die Abschlüsse nicht besser werden. Es ist nicht so, dass Schülerinnen und Schüler mit einem Hauptschulabschluss nach Besuch der zehnten Klasse einen besseren Hauptschulabschluss bekämen oder gar einen Realschulabschluss. Das ist einfach eine neue Warteschleife, und unter dieser Last ächzen und stöhnen die Lehrer ganz besonders. Inhaltlich muss viel mehr geschehen, damit es auch wirklich eine bessere Qualifizierung gibt. Diese Zahlenspielerei, diese Zahlentricks helfen Ihnen gar nichts. Was die Ausbildungsplätze anbetrifft, ist noch kein Land in Sicht.
Wenn Herr Senator Rabe sagt, er sei auf dem Weg, alles besser zu machen, dann nehmen wir das gerne auf, wobei ich mich nicht auf die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft verlassen würde. Vielleicht sollten Sie einmal schauen, nach welchen Kriterien die einzelnen Länder beurteilt worden sind. Die haben Kriterien, die Ihnen und mir überhaupt nicht schmecken. Wenn also Herr Senator Rabe sagt, er sei auf dem Weg der Besserung, dann möchte ich ihn und auch den Bürgermeister und die SPD daran erinnern, dass Sie versprochen haben, dass der Haupt- und Realschulabschluss eine Qualifikation für eine Ausbildung ist. Wir fordern Sie noch einmal auf, diese Ausgrenzung – nicht ausbildungsreif und nicht ausbildungswillig – endlich abzuschaffen,
Sehr geehrter Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Rabe, es ist ein Déjà-vu: Eigentlich wollte ich mich gar nicht zu Wort melden,
dann haben Sie gesprochen und Dinge gesagt, auf die es dringend zu erwidern gilt, weil sie schlicht falsch sind. Ich werde auf vier Punkte eingehen.
Zur ersten falschen Darstellung. Herr Rabe, Sie haben sich in Ihrem Beitrag gerühmt, Sie als SPD hätten in den Stadtteilschulen den Fachunterricht in den Naturwissenschaften wieder eingeführt. Das haben Sie aber doch nur deshalb getan, weil Sie ihn mit Ihren Bildungsplänen 2011 als erste Amtshandlung zunächst abgeschafft haben. Erst nach der zunächst von "Wir wollen lernen!" und dann auch von der Opposition geäußerten Kritik und als
Das ist also kein Ruhmesblatt, das Sie für den SPD-Senat und seine Bildungspolitik vor sich hertragen sollten.
Der zweite Punkt, eine Anmerkung zur Bildung von Grund auf. Die Bildungspläne, die unter Ihrer Amtszeit 2011 eingeführt worden sind, zeichnen sich leider immer noch dadurch aus, dass sie eigentlich den Namen Bildungsplan kaum noch verdienen, weil Sie ihre Inhalte auf Kompetenzorientierung heruntergefahren haben. Die erste Hälfte der kleinen Heftchen besteht aus praktisch wortgleichen allgemeinen Hinweisen und blumigen Reden, mit denen die Schulen überhaupt nichts anfangen können. Daran anschließend finden sich dann inhaltlich gegenüber früheren Bildungsplänen deutlich gekürzte Hinweise darauf, was die Schulen in Eigenarbeit als eigene Curricula erstellen sollen. Die Schulen sind dort deutlich stärker alleingelassen, als das unter früheren Regierungen der Fall war. Eine Stärkung der Bildung ist das nicht.
Die dritte und zentrale Falschbehauptung von Ihnen ist gewesen, Sie hätten – ich zitiere Sie – das Zentralabitur gestärkt. Lieber Herr Senator Rabe und liebe Kolleginnen und Kollegen, was ist ein Zentralabitur? Es gab in Hamburg bis zum Amtsantritt von Herrn Rabe in mehreren Fächern, insbesondere in den Kernfächern, ein Zentralabitur. Das sah so aus, dass zentral in der Behörde die Aufgaben erstellt wurden, diese dann versiegelt an die Schulen gingen, wo die Abiturientinnen und Abiturienten ihre Prüfungen schrieben – neutral, nur mit einer Schüsselnummer, sonst nichts. Von der Schule wurden die Arbeiten dann korrigiert und ein Erstgutachten erstellt, bevor sie an eine andere, externe Schule gegeben wurden, wo sie von einem Zweitkorrektor noch einmal korrigiert wurden, ohne dass dieser wusste, welche Noten der Erstvotant vergeben hatte. Erst im Anschluss daran gab es dann die Endnote oder, bei zu großer Abweichung, ein Drittgutachten. Sie, Herr Rabe, haben genau dieses Prinzip abgeschafft und mit Wirkung zum Abitur 2014 dafür gesorgt, dass es dieses regelhafte externe, neutrale Zweitgutachten nicht mehr gibt. Was ist daraufhin in diesem Jahr in den Schulen passiert? Der Erstgutachter, das heißt, der Fachlehrer, hat die Arbeit begutachtet. Dann ging sie, im Regelfall innerhalb derselben Schule, an einen Zweitgutachter. Dieser Zweitgutachter, der den Erstgutachter als Kollegen selbstverständlich kennt, liest das Erstgutachten und schreibt: Ich schließe mich dem Gutachten meines Kollegen an, richtige Bewertung. Wozu hat das geführt? Das hat natürlich dazu geführt – dafür spricht alles, insbesondere die Weigerung, diese Abiturergebnisse herauszugeben –, dass die Be
wertung der Klausuren gegenüber den Vornoten auffällig nach oben abweicht bei diesem Abitur, obwohl die fachliche Leistung durchaus nicht besser geworden ist; so jedenfalls berichten es viele Lehrer. Um das zu verdecken, legen Sie diese Ergebnisse trotz mehrfacher Anfragen und obwohl die Präsidentin den Bürgermeister dazu aufgefordert hat, bisher nicht vor.
Gestärkt haben Sie jedenfalls das Zentralabitur nicht, sondern in Hamburg haben Sie es zu einer Farce gemacht.
Ich komme zum letzten Punkt, zur Abschaffung des Sitzenbleibens, damals unter Schwarz-Grün beschlossen und in Ihrer Verantwortung umzusetzen. Sie haben die sogenannte APO-GrundStGy erlassen, die für das Umgehen mit den verschiedenen Jahresergebnissen so kompliziert ist, dass viele Schulen nicht wissen, was sie damit machen sollten. Vor allem aber hat sie das Problem hervorgebracht, dass viele Zehntklässler plötzlich im Halbjahreszeugnis erfuhren, dass sie erstens möglicherweise nicht versetzt und zweitens voraussichtlich die Realschulabschlussprüfung nicht bestehen würden. Diejenigen, die diese mittlere Schulabschlussprüfung dann tatsächlich nicht bestanden haben, sind in der grotesken Situation, dass sie, wenn sie den Abschluss der zehnten Klasse nicht geschafft haben, nicht wiederholen können.