Christiane Blömeke
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Last Statements
Herr Präsident, meine Damen und Herren! In der Tat, wir haben ein halbes Jahr intensiv in diesem PUA gearbeitet und uns mit dem schrecklichen Tod von Yagmur und dem Kinderschutz in Hamburg auseinandergesetzt.
Und alle, die daran beteiligt waren, wissen – das wurde eben auch von den Vorrednern, Herrn Trepoll und Frau Leonhard, gut ausgeführt –, dass es richtig harte Arbeit war. Nicht nur, weil wir in so kurzer Zeit Ergebnisse produzieren mussten, sondern auch, weil dieser Fall emotional besonders anstrengend war für uns alle, die wir uns damit beschäftigt haben.
Natürlich will ich auch nicht versäumen, an dieser Stelle Herrn Jäger und seinem Arbeitsstab ganz herzlichen Dank zu sagen für die wirklich gute Aufarbeitung und die gute Zusammenarbeit, und das auch von unserer GRÜNEN Fraktion an Sie, die dort oben zuhören, und zur Weitergabe.
Wir haben gemeinsam, das ist richtig, die Erkenntnis gewonnen, dass es eine sich aufbauende Fehlerkette gab, die am Ende zum Tod von Yagmur geführt hat, an der viele Institutionen und Einrichtungen beteiligt waren, nicht nur Jugendämter und Behörde, sondern auch Familiengericht und Staatsanwaltschaft und viele andere Einrichtungen, die alle zusammen mit Yagmur befasst waren.
Aber erlauben Sie mir an dieser Stelle – ich stimme allen Ausführungen von Frau Leonhard zu, das ist die korrekte Darstellung unseres Untersuchungsausschusses; Herr Trepoll hat das auch dargestellt –, dass ich den Blick etwas politischer ausrichten möchte.
Wir haben gemeinsam gute Empfehlungen erarbeitet, damit der Kinderschutz in Hamburg weiter verbessert wird. Aber mit diesen gemeinsamen Empfehlungen sind längst noch nicht alle Probleme in Hamburg gelöst, und zwar insbesondere nicht die von den Jugendämtern. Gerade hier hat mir ein deutliches Signal aus der BASFI und von Senator Scheele gefehlt. Im Dezember haben wir die Bewertung des PUAs der Öffentlichkeit vorgestellt. Frau Leonhard, dazu gehörte auch die Forderung des Rücktritts von Andy Grote, dem Leiter des Bezirksamts Hamburg-Mitte, und die Aufforderung an Senator Scheele, er möchte in seiner Behörde aufräumen und Konsequenzen in der fachlichen Führung der Behörde ziehen. Denn eines wird in dem Abschlussbericht noch einmal erschreckend deutlich: Bereits lange vor Yagmurs Tod waren die massiven Probleme und die Personalnot in unseren Jugendämtern bekannt. Ganze Abteilungen wurden 2012 als nicht arbeitsfähig eingestuft. Gehandelt wurde aber erst nach dem Tod von Yagmur, und zwar erst aufgrund des Drucks durch die Ergebnisse im Untersuchungsausschuss, als Medien und Fachleute massiv an die Öffentlichkeit gegangen sind, um die Missstände noch einmal deutlich zu machen.
Das, verehrter Herr Senator Scheele, war einfach zu spät. Sie haben die hochproblematische Situation in den Jugendämtern verschlafen oder ignoriert, Herr Senator. Das war nicht hinnehmbar.
Für mich ist dies vor allen Dingen deswegen umso erstaunlicher, weil ich heute den Worten von Bürgermeister Scholz gut gelauscht habe. Der Bürgermeister hat deutlich gemacht, dass besonders dort
stark investiert wurde, wo es nötig und wichtig war. Er hat mit Zahlen um sich geworfen und aufgezählt, wo überall finanziert und investiert wurde. Liebe Kollegen der SPD-Fraktion und Herr Senator, in die Jugendämter haben Sie aber nicht investiert. Nicht eine Stelle zusätzlich wurde geschaffen, Frau Leonhard. Es geht nicht darum, dass Sie vakante Stellen aufgefüllt haben, sondern darum, dass nicht in eine einzige Stelle zusätzlich in den Jugendämtern investiert wurde. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mussten noch immer durchschnittlich 80 Fälle bearbeiten, in einigen Jugendämtern sogar 100 Fälle, wie wir wissen. Das heißt, der Kinderschutz gehörte eindeutig nicht zu den Prioritäten dieses Senats. Auch vor dem Hintergrund des Todes von Chantal, die vor Yagmur sterben musste, ist das wirklich erschreckend. Dass Sie hier nicht gehandelt haben, ist für uns der größte Fehler dieses Senats.
Für die Mitarbeiter des Jugendamts Hamburg-Mitte kam das Sofortprogramm des Senats eindeutig zu spät, auch wenn Sie dies bestreiten. Ich erläutere das gern. Im Bezirksamt Hamburg-Mitte kam wirklich vieles zusammen: personelle Überforderung, falsche Führungsentscheidung und individuelles Versagen. Für all das trägt in unseren Augen Bezirksamtsleiter Grote die politische Verantwortung, denn er war es, der nach dem Tod von Chantal ins Amt kam und mit dem Versprechen angetreten ist, den Kinderschutz an die erste Stelle zu setzen und zur Chefsache zu machen. Er wolle die Arbeitsbedingungen im Blick haben, kündigte er an. Wir müssen aber feststellen, dass er seinem eigenen Anspruch nicht gerecht geworden ist. Er hatte die Arbeitsbedingungen nicht im Blick. Er führte den Bereich Jugendamt nicht eng genug, sonst hätte es nicht angehen können, dass genau das passierte, was im Jugendamt Hamburg-Mitte passiert ist, nämlich komplette Überlastung der Mitarbeiter. Da können Sie mir erzählen, was Sie wollen. Menschen, die überlastet sind, machen Fehler. Sie können nicht in der Ausführlichkeit dem Fall nachgehen, wie es vielleicht erforderlich gewesen wäre. Wir wissen alle, dass es eine Arbeitsrichtlinie im Bezirksamt Hamburg-Mitte gab, die sogar die Qualität der Fälle herabgesetzt hat, indem man sagte, Hilfeplangespräche müssten nicht mehr geführt werden, weil man mit dem Personal nicht hinterherkomme. Für all das trägt Bezirksamtsleiter Grote die Verantwortung. Meine Fraktion will nicht hinnehmen, dass nachgeordnete Mitarbeiter im Jugendamt jetzt die Verantwortung tragen sollen und Konsequenzen befürchten müssen, während ihr Bezirksamtsleiter, der eigentlich für diese Situation verantwortlich ist, hierfür nicht die politische Verantwortung übernimmt. Das geht nicht.
Ein Weiter so kann und darf es weder in der Sozialbehörde noch im Bezirksamt Hamburg-Mitte geben, doch es erweckt den Eindruck, als ob genau das passiert. Als die Oppositionsparteien den PUA eingerichtet haben, gab es viel Kritik, auch von der SPD, von den Medien. Das alles wäre doch nur Taktik, Wahlkampfgetöse, das alles solle doch nur für den Wahlkampf nutzbar gemacht werden. Heute stellen wir fest, dass der Untersuchungsausschuss weitestgehend aus dem Wahlkampf herausgehalten wurde. Aus dem Grund haben wir noch im Dezember die Bewertung und Vorstellung unserer Ergebnisse gemacht. Aber auf der anderen Seite muss ich feststellen, dass die SPD anscheinend den Wahlkampf gut nutzen kann, um von ihrer Verantwortung abzulenken. Seit Ende des PUAs sind sowohl Senator Scheele als auch seine fachliche Führungsebene als auch Bezirksamtsleiter Andy Grote zu dem Thema abgetaucht. Das wird den Ergebnissen des Untersuchungsausschusses nicht gerecht.
Wir bereits Herr Trepoll ausgeführt hat, müssen wir am Ende trotz aller Unkenrufe noch einmal feststellen, dass es richtig war, zur Aufklärung der Umstände des Todes von Yagmur das Instrument Untersuchungsausschuss einzurichten, denn wir haben durch die Zeugenbefragungen Kenntnisse bekommen, die wir sonst nicht erhalten hätten. Aber wir dürfen uns jetzt nicht mit den Ergebnissen zufriedengeben und uns ausruhen – ich war froh, das auch von Frau Leonhard gehört zu haben. Wir müssen die Lehren aus diesen tragischen Einzelfällen weiter systematisieren und für eine grundsätzliche Reform in der Jugendhilfe und im Kinderschutz in Hamburg sorgen. Der Kinderschutz – darin sind wir uns, glaube ich, einig – muss zur Daueraufgabe des Senats werden, egal, welcher Senat diese Stadt führt.
- Sie können gleich noch mehr "Mann, Mann, Mann" sagen.
In der Tat war der Kinderschutz aus unserer Sicht beim SPD-Senat nicht gut aufgehoben. Darum ist es wichtig, dass die SPD die Geschicke der Stadt – zumindest was den Kinderschutz angeht – nicht mehr allein lenkt. Hier muss ein Partner an die Seite gestellt werden, der einen Blick auf den Kinderschutz hat. Diese Lehre ziehen wir auch aus dem Fall Yagmur.
Lassen Sie mich noch einmal an den Anfang meiner Rede zurückkommen. Ein Senat, der den Kinderschutz im Blick hat, sorgt dafür, dass die Jugendämter dieser Stadt so ausgestattet sind, dass der Kinderschutz auch vollzogen werden kann. Das ist nicht passiert. Frau Leonhard, natürlich steht in einem Abschlussbericht nichts von einer Rücktrittsforderung, darin steht auch nicht, wer die
Missstände persönlich zu verantworten hat. Aber wir alle haben diesen 500 Seiten starken Bericht gelesen, und jeder bewertet ihn natürlich so, wie er es für sich für richtig hält. Aber ich finde, dass der Bericht eindeutige Worte zu der Ausstattung in den Jugendämtern gefunden hat und Zahlen nennt, die wir nicht ignorieren können. Ich glaube, zumindest diese Lehre sollte gezogen werden, dass der Senat nicht gehandelt hat, wo er hätte handeln müssen. Ansonsten arbeiten wir alle zusammen am Kinderschutz weiter, aber an dieser Stelle muss es auch erlaubt sein, ein politisches Fazit zu ziehen. Darum kommen wir nach wie vor zu der Erkenntnis, dass Senator Scheele in seiner fachlichen Ebene aufräumen muss und dass Bezirksamtsleiter Andy Grote die politische Verantwortung übernehmen, das heißt zurücktreten muss.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es gibt einen Punkt, den man einfach noch einmal deutlich klarstellen muss. Das Personalbemessungssystem ist das eine. Es braucht Zeit, ein solches System zu entwickeln; dem hat keine Fraktion widersprochen. Es geht lediglich darum, irgendwann einmal einen Zeitpunkt zu definieren und anzufangen, und dazu hat Kollege de Vries dargestellt, was wir alle wissen, nämlich dass die Zeitabstände zwischen Einsetzen einer Arbeitsgruppe und der weiteren Arbeit am Personalbemessungssystem viel zu lang waren. Das hat Senator Scheele auch eingeräumt.
Das andere aber ist Ihr Sofortprogramm. Es ist gut und richtig, dass Sie ein Sofortprogramm aufgelegt haben, um die besonders notleidenden ASD zu unterstützen. Aber was hat Sie daran gehindert, dieses Sofortprogramm umgehend nach Veröffentlichung der Schrapper-Studie im Jahr 1012, nach dem Tod von Chantal einzuleiten, als festgestellt wurde, dass es Jugendämter gab, die nicht arbeitsfähig waren? Was hat Sie bitte daran gehindert, 2012 dieses Sofortprogramm einzuleiten?
Das sehen wir als Versäumnis an. Dafür trägt der Senat, dafür trägt die Fachbehörde die Verantwortung. Sie haben dieses Thema nicht mit höchster Priorität auf Ihre politische Agenda gesetzt, sonst hätten Sie anders gehandelt.
Dass die Realität anders aussieht, haben Jugendamtsmitarbeiter und Jugendamtsleiter drastisch geschildert; wir brauchen bloß in die Protokolle des Untersuchungsausschusses zu schauen. Die Aussagen dazu, unter welchen Umständen in den Jugendämtern gearbeitet wird, waren für uns alle ziemlich eindrücklich. Da müssen wir ansetzen, und da setzt unsere Kritik an. Ihre Aufgabe wird es sein, die Jugendämter endlich besser auszustatten, egal, in welcher Konstellation auch immer diese Stadt regiert wird.
Zu unserer Verantwortung gehört es aber auch, zu benennen, wo Fehler gemacht worden sind. Darum, Kollegen der SPD-Fraktion, müssen Sie es hinnehmen, dass die Opposition zu Recht sagt: Die Fachbehörde trägt die politische Verantwortung dafür, dass sie das Sofortprogramm nicht zu einem Zeitpunkt umgesetzt hat, an dem deutlich sichtbar war, dass es erforderlich ist. Politische Verantwortung trägt der Bezirksamtsleiter, der den Kinderschutz nicht zur Chefsache im Bezirksamt erklärt hat, der nicht die enge Führung hatte, die erforderlich gewesen ist. Darum ist es zu dieser Fehlerkette in Hamburg-Mitte gekommen, die – zu diesem Ergebnis ist der Bericht gekommen – hätte verhindert werden können. Es ist traurig, dass wir das feststellen müssen. Die politische Verantwortung dafür muss benannt werden.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Der Antrag der SPD ist keine Kleinigkeit, das muss man schon sagen. Und deswegen müssen wir an dieser Stelle noch einmal darüber sprechen, weil er eben nicht überwiesen wurde. Ich würde gern das Stichwort Konzept noch einmal aufgreifen, das Frau Schneider gerade genannt hat. Der Grund, warum auch wir – wir haben genau denselben Prozess gemacht wie DIE LINKE, wir haben auch diskutiert, ob wir uns enthalten oder ablehnen – diesen Antrag jetzt ablehnen werden, ist, dass wir nicht erkennen können, dass dahinter wirklich ein Gesamtkonzept steht. Das heißt, in dem SPD-Antrag wird ein scheinbares Konzept gestrickt, das im Moment weder mit Fachleuten durchgesprochen noch auf breiter Basis entwickelt wurde. Der Antrag drückt eine Scheinlösung durch für ein Problem, das es in der Stadt gibt und auch thematisiert wird, es ist aber keine Lösung. Das können wir so nicht mittragen.
Was wir in diesem Zusammenhang brauchen, ist eine breite Diskussion. Ich will zu einigen Punkten deutlich sagen, dass dieses Durchpeitschen in der letzten Sitzung dieser Legislaturperiode eines so
wichtigen Themas der Sache nicht würdig ist. Wenn man sich den SPD-Antrag noch einmal genau anschaut, dann sieht man, dass die Begründung und das ganze Vorwort überhaupt nicht zum Petitum passen. Ich glaube, man muss zur Kenntnis nehmen, dass die Punkte des Petitums eine ganz andere Intention haben als die Begründung. Die Begründung – über die stimmen wir nicht ab, völlig richtig – zeigt aber, was zu diesem Thema gedacht wird.
Aus jugendpolitischer Sicht will ich dazu sagen: Die Änderung des Kinder- und Jugendhilfegesetzes ist nun wirklich keine Kleinigkeit. Sie wird einmal eben so, auch in der Begründung, so verpackt. Wir wissen auch, dass die SPD darauf hinsteuern will, aber das muss doch diskutiert werden. Das muss im Ausschuss diskutiert werden, und das wird natürlich auch auf Bundesebene diskutiert. Aber das können wir doch in Hamburg nicht einfach einmal eben so durchwinken. Das geht wirklich nicht.
Am Ende gibt es natürlich den Punkt der geschlossenen Unterbringung für die minderjährigen unbegleiteten Flüchtlinge. Ich muss mich wundern, denn ich habe noch Senator Scheele im Ohr, wie er im "Hamburger Abendblatt" sagte, dass es für die minderjährigen unbegleiteten Flüchtlinge die geschlossene Unterbringung nicht geben solle, die jetzt jedoch entsteht. Nun lesen wir in dem SPDAntrag, dass sich das dafür dann auch anbiete, die Jugendlichen könnten dann auch dorthin. Ich will jetzt das Fass nicht ganz aufmachen, aber reicht es nicht, dass wir zweimal eine geschlossene Unterbringung hatten, die beide Male krachend gescheitert ist, sowohl die Feuerbergstraße als auch die Haasenburg? Die Jugendlichen kommen traumatisierter aus dieser Unterbringung heraus, als sie hineingekommen sind. Gewalt addiert sich in dieser Einrichtung. Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, warum Sie nicht dazulernen und einsehen, dass das nicht die richtige Art ist, um Jugendlichen eine Hilfe zur Erziehung angedeihen zu lassen.
Am Ende muss ich mich wirklich wundern, warum minderjährige unbegleitete Flüchtlinge anders behandelt werden als alle anderen Kinder und Jugendlichen. Bei dieser Einrichtung am Bullerdeich, von der auch Frau Schneider und Frau Möller sprachen, würden wir nie auf die Idee kommen, sie als Sondereinrichtung für andere Kinder und Jugendliche aus Hamburg zu schaffen. Das geht nicht. Minderjährige unbegleitete Flüchtlinge sind Kinder und Jugendliche wie alle anderen auch. Sie unterliegen dem Kinder- und Jugendhilfegesetz, für sie gibt es die Hilfen zur Erziehung wie für alle anderen auch. Sie brauchen keine Sondereinrichtung, sie brauchen eine intensive Betreuung ihrer
erlebten Traumata. Sie brauchen eine sofortige Weiterreichung in Wohngruppen, in denen sie intensiv betreut werden, und zwar verbindlich, Herr de Vries, sie brauchen eine verbindliche, enge Führung, genauso, wie es andere schwierige, problematische Kinder und Jugendliche erfahren.
Sie können herumunken. Aber Sie können auch einmal erklären, warum diese Kinder und Jugendlichen anders sind als andere.
Deswegen, Herr Dressel, brauchen sie sehr viel mehr Traumabetreuung. Sie brauchen eine intensivere Zuwendung, noch mehr als die anderen, aber bitte nicht in einer Sondereinrichtung.
Aus diesem Grund kann man Ihren Antrag nur ablehnen. Er ist keine Lösung für die Probleme. Und wenn Sie einsichtig wären, würden Sie das in die nächste Legislaturperiode verschieben und mit allen Fraktionen zusammen ein Gesamtkonzept erstellen. Nur dann kommen wir der Lösung näher.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Olympia ist eine faszinierende Idee, das muss ich zugeben, vor allen Dingen, wenn Olympia in Hamburg stattfindet. Als sportpolitische Sprecherin kann ich sagen, dass bereits jetzt eine kleine Welle der Begeisterung durch die Stadt schwappt. Überall, wo ich hingehe, sehe ich Feuer und Flamme, sei es am Geldautomaten der HASPA oder auf der Rechnung im Restaurant.
Ja, hier auch.
Es entsteht ein Gemeinsinn, den ich durchaus positiv sehe, und zwar nicht nur im Sport oder bei sportpolitischen Veranstaltungen, wo diese Begeisterung natürlich da ist, sondern generell bei vielen Menschen in dieser Stadt. Ich glaube, das ist gerade in diesen unruhigen Zeiten eine äußerst wichtige Sache.
Wir GRÜNEN halten es nicht mit den LINKEN, die – hier teile ich die Einschätzung meiner Vorredner – von Anfang an Nein zu Olympia gesagt haben. An dieser vorgefertigten Meinung hat sich nichts geändert; sie wurde noch weiter ausgefeilt und jede Gelegenheit genutzt, dieses Nein zu manifestieren. Damit wird man dem olympischen Gedanken nicht gerecht.
Trotzdem möchte ich für meine Fraktion gern etwas genauer hinsehen. Anders als DIE LINKE sehe ich das Problem nicht beim IOC. Das IOC hat sich auf den Weg gemacht und ist dabei, sich zu reformieren. Ich glaube, wir sollten dem eine Chance geben. Ich sehe da durchaus positive Tendenzen. Das ist nicht unser Kritikpunkt, uns geht es vielmehr darum, was Senat und SPD-Fraktion machen.
Im Mai vorigen Jahres haben alle Fraktionen mit Ausnahme der LINKEN einen gemeinsamen Antrag auf den Weg gebracht, der den Senat beauftragt, eine Studie über die Chancen und Risiken einer Bewerbung um die Olympischen und Paralympischen Spiele zu erstellen. Die Ergebnisse sollten bis zum Herbst des vergangenen Jahres dargelegt werden, das war der Fahrplan. Von diesem Fahrplan hat sich die SPD augenscheinlich verabschiedet. Bei Olympia geht es aber nicht um eine Bauchentscheidung oder um Lust. Lust haben wir
alle. Mein Bauch sagt auch: Das ist eine tolle Sache, das will ich machen. Es geht hier aber um das Darlegen von Fakten, denn wir können uns in der Tat keine zweite Elbphilharmonie in Hamburg leisten; ich nehme hier den Vergleich der LINKEN auf. Er ist gerechtfertigt, denn die Olympischen Spiele haben die x-fache Dimension einer Elbphilharmonie. Wir können es uns nicht leisten, noch einmal so hereinzufallen.
Aus diesem Grund ist es für uns nicht nachvollziehbar, dass das Ersuchen der Bürgerschaft nicht beantwortet wurde.
Auch unabhängig von der Entscheidung des DOSB können unserer Meinung nach sehr wohl Auskünfte zu den 15 Themenschwerpunkten des Antrags gegeben werden. Man könnte den Eindruck bekommen, dass auf Zeit gespielt wird. Das ist problematisch, vor allen Dingen, weil der Senat viel Zeit für Untersuchungen und Planungen in einem ohnehin engen Zeitplan brauchen wird. Für uns ist es unverständlich, dass man keine Aussagen über die Kosten machen kann, was für die Diskussion notwendig wäre, während in der Stadt natürlich so etwas wie eine Werbekampagne läuft; anders kann man es nicht bezeichnen, Frau Timmermann. Ich sehe das nicht als breiten Beteiligungsprozess, sondern das ist schon eine positive Darstellung von Olympia. So haben wir uns den Planungsprozess nicht vorgestellt, als wir diesen Antrag verabschiedet haben.
Überhaupt ist aus unserer Sicht das Vorgehen des Senats nicht sehr transparent. Wir haben zwar eine parlamentarische Begleitgruppe, aber die Informationen, die da rüberkommen, fangen an, zunehmend spärlicher zu werden.
Die Beteiligung der Öffentlichkeit reduziert sich unserer Wahrnehmung nach im Moment auf die Befürworter von Olympia, die Skeptiker werden außen vor gelassen. Ich habe heute auch die Pressemitteilung gelesen, dass es diese Beteiligungsworkshops geben soll. Zu den beiden kritischen Themen finden sie nach der Wahl statt. Das Thema, das die wenigsten Nachfragen erwarten lässt, wird vor der Wahl stattfinden. Man muss sich natürlich fragen, warum diese Beteiligung so spät kommt. Hatten die SPD und der Senat Sorge, dass eben doch Menschen kommen, die kritische Fragen stel
len, die vielleicht vor der Wahl nicht unbedingt angebracht sind? Solche Beteiligungsforen hätte es eher geben können.
Ein weiteres Beispiel ist die fehlende Transparenz bei dem Referendum. Ich muss sagen, wir sind doch sehr erstaunt. Trotz engen Dialogs und parlamentarischer Begleitgruppe mussten wir vor Kurzem aus der Zeitung erfahren, dass die SPD sich überlegt hat, das Referendum im September stattfinden zu lassen. Das ist nicht mit den anderen Fraktionen abgesprochen. Anstatt diesen Fahrplan hier vorzulegen, ist die Entscheidung über die Medien kundgetan worden. Ich hätte mir deutlich eine Absprache mit den anderen Fraktionen gewünscht.
Wir haben große Bedenken, auf welcher Informationsgrundlage die Hamburgerinnen und Hamburger entscheiden sollen. Dass es ein Referendum oder eine ähnliche Art der Beteiligung geben soll, darüber sind sich alle Fraktionen einig. Wenn aber wesentliche Untersuchungen erst nach der DOSBEntscheidung, also erst im März, beauftragt werden, …
Wenn also der Senat erst nach der DOSB-Entscheidung damit anfängt, belastbare Informationen zu erarbeiten, dann kann es passieren, dass das Referendum zur Farce wird, weil nicht alle Fakten auf dem Tisch liegen.
Auch das haben wir uns anders vorgestellt.
Ja.
Ich kann dem Argument, eine Kostenplanung würde einen zweistelligen Millionenbetrag kosten – der Senator hat es neulich im Sportausschuss gesagt, Sie haben es eben gesagt –, etwas abgewinnen, aber wir haben hier in der Bürgerschaft ein Ersuchen an den Senat verabschiedet, und keiner dieser 15 Punkte ist beantwortet worden.
So geht man nicht mit einem parlamentarischen Beschluss um.
Ich glaube, es ist wichtig, zu diesem Zeitpunkt Tacheles über Olympia zu reden. Auch wenn es eine repräsentative Umfrage des DOSB ist und am Ende die Hamburgerinnen und Hamburger entscheiden, frage ich mich, auf welcher Grundlage die 1000 Befragten jetzt Ja oder Nein zu Olympia sagen. Das sagen sie einfach aus dem Bauch heraus; sie kennen die Forderungen der Hafenwirtschaft nicht, sie kennen die möglicherweise entstehenden Kosten im Zusammenhang mit dem Kleinen Grasbrook nicht. Wir brauchen mehr Transparenz und belastbare Daten und Fakten, wenn es um eine Entscheidung zu Olympia geht. Die hätten wir auch jetzt schon gebraucht, wenn die Hamburgerinnen und Hamburger im Rahmen dieser repräsentativen Umfrage befragt werden.
Wir haben große Befürchtungen, dass diese Daten und Fakten bis zur Bürgerbefragung von ganz Hamburg im September nicht ausreichend fundiert und belastbar vorliegen werden, wenn der Senat erst nach der DOSB-Umfrage anfängt. Darin sehen wir einen sehr kritischen Punkt. Ich glaube, dass der Umgang mit dem Parlament sich noch wesentlich verbessern muss im Sinne von Transparenz und Mitnahme, damit wir Olympia gemeinsam gestalten können. So ist das noch nichts.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Verehrte Kollegin Melanie Leonhard, ganz so einfach ist die Realität dann doch nicht. Sie singen immer wieder das Loblied auf die Kita. Da haben Sie zu Beginn der Legislaturperiode auch ohne Zweifel einige Kraftanstrengungen unternommen und gemeinsam mit dem LEA etwas erreicht. Aber Jugendhilfe ist weit mehr als Kita, und in diesem Zusammenhang fällt meine Bilanz Ihrer Regierungszeit, insbesondere der letzten zwei Jahre, etwas anders aus. Von Anfang an war Ihre Jugendhilfe auf einem schrägen Kurs. Als Sie begonnen haben, haben Sie als allererstes 3,5 Millionen Euro in der Offenen Kinder- und Jugendarbeit gekürzt. Damit haben Sie dafür gesorgt, dass Kinder und Jugendliche zum Teil vor verschlossenen Türen ihres Jugendklubs standen oder Mitarbeiter nicht mehr die Zeit hatten, sich um die Probleme der Kinder und Jugendlichen zu kümmern, denn um zu überleben, mussten viele Einrichtungen entweder ihre Öffnungszeiten kürzen oder Mitarbeiter entlassen, denn sonst hätten sie schließen müssen. Und die Schließung von Einrichtungen ist auch vorgekommen. Das ist, gerade in der Offenen Kinder- und Jugendarbeit, ein falscher Weg. Wir wollen das mit unserem Haus
haltsantrag rückgängig machen und die Offene Kinder- und Jugendarbeit wieder stärken.
Wenig später überraschten Sie, Herr Senator Scheele und Ihre Behörde, mit einer Reform der Erziehungshilfe. Die allerdings verdient nun wirklich nicht den Namen Reform, denn in Wirklichkeit war das nichts anderes als ein verkapptes Sparprogramm. Wieder einmal kürzen Sie dort, wo Eltern und Kinder Rat suchen. Das ist eine Schande für diese Stadt.
Aktuell hören wir zum Beispiel, dass die Elternschule Altona den Kollaps ihrer sehr beliebten Einrichtung befürchtet, weil nun auch noch die letzte verbliebene feste Stelle – alle anderen sind schon vorher weggekürzt worden – der Sparpolitik des SPD-Senats in den Bezirken zum Opfer fallen wird. Das ist Ihrer Sparpolitik in der Jugendhilfe zu verdanken. Auf diese Seite müssen Sie auch einmal schauen, Frau Leonhard.
Ihr Anspruch, Hamburg zur kinderfreundlichsten Stadt zu machen, verkommt vor diesem Hintergrund zu einer Worthülse. Mehr ist es nicht.
Gefährlich untätig ist die SPD im Bereich des Kinderschutzes geblieben; Kollege de Vries hat es schon gesagt. Erst nach massiver Kritik, weil das Personalbemessungssystem verschleppt wurde, und in der Tat erst nach dem Tod Yagmurs und eher als Getriebener durch die Ergebnisse des Untersuchungsausschusses hat der Senat ein Sofortprogramm für die Hamburger Jugendämter aufgelegt und verspricht 30 Stellen mehr für die Abteilungen, deren Situation besonders prekär ist. Dabei ist uns allen klar, dass der Senat schon viel eher hätte handeln müssen, denn schon seit dem Tod von Chantal im Jahr 2012 waren die desolaten Zustände in den Jugendämtern bekannt. Die viel zitierte Schrapper-Studie hat genau benannt, wo die Defizite in den Jugendämtern lagen und wie desolat die Personalausstattung war. Mehr als einmal kommt die Schrapper-Studie zu dem Fazit, dass der Kinderschutz so nicht mehr gewährleistet werden kann. Aber was tut der Senator? Er handelt nicht, er bleibt untätig. Das haben Sie zu verantworten, Herr Senator.
Und nun komme ich zu Ihren Verbesserungen, Frau Leonhard. Sie haben so plakativ gesagt, wir wüssten doch alle, dass der Senat ganz viel getan habe. Sie hätten die Verbesserungen vielleicht einmal benennen sollen. Unterm Strich ist dabei keine einzige Stelle mehr für die Jugendämter herausge
kommen. Die Gehaltserhöhung für die ASD-Mitarbeiter war gut und schön und findet unsere Zustimmung, aber sie hat nicht eine Stelle mehr gebracht, und auch die von der SPD immer wieder angepriesenen zusätzlichen Netzwerkmanager – ich glaube, es sind 40 – ersetzen nicht eine reale Stelle als fallführende Fachkraft in den Jugendämtern. Da haben Sie nicht gehandelt, und das müssten Sie klar sagen, Frau Leonhard, anstatt die Tatsachen schräg darzustellen.
Wir fordern zusätzlich zu Ihrem Sofortprogramm, das wir erst einmal begrüßen, obwohl wir da auch noch auf die Umsetzung warten, eine qualifizierte Vertretungsreserve von 20 Mitarbeitern. Damit greifen wir einen Vorschlag von Professor Schrapper auf, nämlich dort, wo es brennt, zusätzlich qualifizierte Mitarbeiter hinzuschicken. Das hätten wir eigentlich auch von Ihnen erwartet, Herr Senator, oder von Ihrem Staatsrat, bei dem alle Fäden zusammenlaufen. Er sitzt regelmäßig in der Lenkungsgruppe der Jugendhilfe und lässt sich berichten, was in den ASDs passiert. Wir wundern uns wirklich, was da berichtet worden sein mag, dass Sie nicht zum Handeln gekommen sind.
Kommen wir zu den Kleinsten, zu den Krippenkindern. Ich sagte schon, Sie haben durch die Vereinbarung mit dem LEA zu Beginn der Legislaturperiode etwas auf die Beine gestellt. Doch dann sind Sie in einen tiefen Dornröschenschlaf versunken,
aus dem Sie auch die vielen Forderungen der Opposition nicht wieder aufwecken konnten. Erst die Elternproteste, die Demonstration von mehreren Tausend Eltern und die Brandbriefe der Träger an den Bürgermeister – ob er sie nun gelesen hat, weiß ich nicht – haben den Senator und die SPDFraktion langsam zum Handeln gebracht. Und dann versprechen Sie 10 Prozent mehr für alle Kinder unter 18 Monaten. Und weil Sie merken, dass es natürlich ein Witz ist,
wenn man 3000 von 22 000 Kindern mit etwas mehr Personal ausstatten will, legen Sie noch etwas drauf und wollen allen Kindern unter zwei Jahren 10 Prozent mehr geben. Das ist nun wahrlich nicht der große Wurf.
Herr Dressel, das vereinbarte Krippenpaket ist ein Tropfen auf den heißen Stein, das wissen Sie genauso gut wie ich.
Die Anhebung um 10 Prozent fällt so gering aus,
dass es weder Fachkräfte noch Eltern oder Kinder spüren werden. Das bedeutet, da gebe ich Herrn de Vries recht, ein Erzieher für 16 Kitas. Wie soll denn da die Aufteilung stattfinden? Das kommt nicht an in der Kita, Herr Dressel, da können Sie reden, was Sie wollen.
Problematisch dabei ist auch der angekündigte Finanzierungsbeitrag der Träger, denn das Geld wird den Kitas an anderer Stelle fehlen. Wir sind gespannt, wie sich das entwickelt.
Herr Dressel, ich habe Ihren Antrag sehr genau gelesen. Da steht ganz deutlich: 10 Prozent mehr für alle Kinder unter zwei Jahren in einem ersten Schwung bis 2017.
Der erste Schwung 2015, der zweite 2017.
Dass es aber auch anders geht, zeigen wir mit unserem gegenfinanzierten Antrag.
Wir sagen, wir brauchen die spürbaren Verbesserungen jetzt und nicht irgendwann in weiter Ferne. Darum fordern wir in unserem Antrag 25 Prozent mehr Personal, und zwar für alle Kinder unter drei Jahren. Das geht.
Wir sind auch im Endziel nicht einer Meinung, Herr Dressel. Sie haben am Montag gesagt, wir seien in Bezug auf die 1:4-Zielsetzung einer Meinung. Das wären wir auch, wenn Sie mit uns mitgehen würden, dass 1:4 sich auf eine Face-to-Face-Personalausstattung bezieht. Sie sehen das aber als rein rechnerische Größe und haben die mittelbare Pädagogik, Urlaubs- und Fortbildungstage nicht mit drin.
Kommen Sie doch gleich nach vorne. Was ist denn das für ein Dialog?
Eigentlich ist doch Herr Kienscherf der Marktschreier hier. Jetzt reicht es aber langsam; man muss auch reden können.
Da sind wir uns also nicht einig. Wir wären uns einig, wenn es Ihnen wirklich um die Face-to-FaceAusstattung ginge, aber das ist nicht der Fall. Bei
Ihnen ist das ein rechnerischer Schlüssel, das wird in der Realität dann viel weniger sein. Die Empfehlung der Bertelsmann Stiftung ist 1:4 Face to Face. Wir nehmen diese Empfehlung auf und haben das als langfristiges Ziel in unserem Antrag verankert. Bei der Zahl, da haben Sie recht, sind wir uns einig, aber man muss dann etwas dahinter schauen.
Das Fazit unserer Fraktion ist klar:
Wer Hamburg zur kinderfreundlichsten Stadt machen will, muss die Personalnot jetzt beseitigen, statt Versprechungen für übermorgen zu machen.
Nein.
Ich würde mir wünschen, dass wir die Debatte fortsetzen können und Sie dann nach vorne kommen.
Ankündigungsund Placebo-Politik wollen wir nicht. Dass das geht, haben wir in unserem Antrag gezeigt. Ich würde mir wünschen, dass die SPD unserem Antrag zustimmt. Dann würden Sie nicht im Krabbeltempo vorangehen, sondern in der nächsten Legislaturperiode spürbare Verbesserungen in der Kita erreichen, anstatt diese mit Versprechen auf übermorgen zu verschieben.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Verehrter Herr Senator Scheele, ich würde es nicht Unwahrheit nennen, ich würde sagen, es sind unklare Äußerungen, die Sie getroffen haben, vor allen Dingen die Bemer
kung zur Ausfinanzierung der Hilfen zur Erziehung. Da werden von Ihnen und der SPD-Fraktion meiner Wahrnehmung nach immer Tatsachen verdreht. Wir wissen alle, dass es auf die Hilfen zur Erziehung einen Rechtsanspruch gibt. Jeder Senat, egal, welcher an der Regierung ist, muss die Hilfen zur Erziehung ausfinanzieren. Und zu unseren schwarz-grünen Zeiten haben wir das genauso getan wie Sie jetzt. Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie die SPD-Fraktion gemeckert hat, dass es eine Nachtragshaushaltssache gab, genauso wie es sie jetzt geben wird. Deswegen sind die Äußerungen von Senator Scheele, er hätte einen Scherbenhaufen bei den Hilfen zur Erziehung vorgefunden, schlichtweg nicht richtig.
Ich denke, wir waren in unterschiedlichen Veranstaltungen, was die Anhörung angeht. Herr Senator, da gab es zwei Beiträge, die sich auf die Gebührenerhöhung unter Schwarz-Grün bezogen. Aber die Mehrheit – ich glaube, es waren über 400/500 Menschen dort – hat die Situation geschildert, die sie jetzt in den Kitas vorfinden: die unerträgliche Personalsituation, die zu wenig vorhandene Zeit für die frühe Bildung und für die Zuwendung zu den Kindern. Sie haben die Bedingungen geschildert, die seit Ihrer Regierungszeit in den Kitas herrschen. Ich weiß nicht, wie Sie darauf kommen, dass die meisten Äußerungen sich auf die Gebührenerhöhungen bezogen haben. Das war bei Weitem nicht der Fall.
Es gab bei der SPD-Fraktion wieder das Verzweiflungs-Klatschen, so will ich es einmal nennen.
Immer dann, wenn jemand in Not ist, wenn die Äußerungen kritisch werden, gibt es dieses lang anhaltende Klatschen. Das ist das, was ich wahrnehme.
Ich möchte noch einmal etwas zum ASD sagen, denn da hat der Kollege de Vries doch recht. Wir wollen heute an dieser Stelle noch nicht den Abschlussbericht debattieren, das wird die Bürgerschaft im Januar tun. Bezüglich der Erkenntnisse aus dem Untersuchungsausschuss weiß ich nicht, wie viele wir noch brauchen,
um zu wissen, dass die Situation in den Jugendämtern so katastrophal war. Dass bei Überforderung Fehler passieren, ist belegbar. Ihr Herr Schrapper – ich sage einmal Ihr Herr Schrapper, weil er jetzt wieder einen Auftrag für den Senat erfüllt – hat 2012 schon deutlich gesagt, der Kinder
schutz sei in den Jugendämtern durch die dünne Personaldecke nicht mehr gewährleistet.
Da kann ich nicht verstehen, Herr Senator, dass Sie sagen, dass Sie die wahren Verbesserungen im ASD gemacht hätten. Die letzte reale Erhöhung der ASD-Mitarbeiterzahl gab es unter SchwarzGrün. Ich bin sonst nicht dafür, das immer gegenzurechnen, aber es war so. Ich glaube, es waren sogar 50 Stellen mehr unter Schwarz-Grün bei den fallführenden Fachkräften. Das muss man doch auch einmal zur Kenntnis nehmen.
Ich denke, dass wir im Januar noch ausführlich über diese Situation im Zusammenhang mit dem Abschlussbericht beraten werden, dahin sollten wir es auch verlagern. Es ist aber wirklich seltsam, dass von Ihrer Seite sehr viele Unklarheiten, vielleicht auch nicht richtige Darstellungen, gebracht werden. Das wollte ich noch einmal korrigieren.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Als Erstes möchte ich feststellen, dass Sport definitiv mehr ist als Olympia. Aus dem Grund möchte ich den heutigen Tag zur Rückschau auf die vergangenen vier Jahre nutzen und dabei vielleicht auch kurz auf Olympia zu sprechen kommen. Sport hat in der Tat, das hat Frau Timmermann richtig gesagt, einen besonderen Stellenwert. Sport soll zusammenführen und vereinen. Das ist die Aufgabe des Sports, und so würde man sich das im Parlament wünschen. Aber gerade weil es so ist, möchte ich das, was ich in
diesen vier Jahren als gut befunden habe, auch als gut benennen. Ich fange einmal mit Senator Neumann an. Ich erlebe einen Sportsenator, der draußen vor Ort sehr präsent und sehr engagiert ist.
Das sage ich an dieser Stelle ausdrücklich, denn ich finde das gut. Dadurch hat der Sport wirklich einen hohen Stellenwert bekommen. Senator Neumann hat darauf aufgebaut, was Schwarz-Grün in die Wege geleitet hat, und ich glaube, das ist eine gute Entwicklung.
Er macht auch mit. Ich nehme Senator Neumann sogar ab, dass er aus Spaß mitmacht und nicht nur, weil er Presse haben möchte.
Aus meiner Sicht haben wir den Sport ein gutes Stück vorangebracht. Im Ausschuss, meine Damen und Herren, sieht das etwas anders aus. Im Sportausschuss herrscht zunehmend ein Phlegma, ein Ruhephlegma. Wenn nicht Kollegin Kaesbach von der FDP, meine Wenigkeit von den GRÜNEN und der Ausschussvorsitzende Herr Kreuzmann ab und zu einmal etwas sagen würden, dann würde dieser Ausschuss in seiner Ruhe versinken.
Das ist ein bisschen traurig, weil wir natürlich im Sport eigentlich viel zu besprechen haben. Ich vermute, es liegt auch ein wenig daran, dass sich gegenüber dem, was ich vor zwei Jahren bereits gesagt habe, bisher leider wenig geändert hat. Die Zukunftskommission, Frau Timmermann, ist eine gute Sache, und es ist gut, dass sie eingerichtet wurde. Wir können uns aber diesen Sportausschuss eigentlich sparen, denn die politischen Entscheidungen, die sportlichen Entscheidungen werden zunehmend in der Zukunftskommission getroffen.
Sie auch nicht, weil Sie auch nicht daran beteiligt sind.
Der Sport kann eigentlich nur noch abnicken. Das ist ein Closed Job. Wir haben vor zwei Jahren gesagt, dass wir uns wünschen würden, dass hier eine Öffnung eintritt und das Parlament an den Diskussionsprozessen mehr beteiligt wird. Das ist nicht geschehen, und ich möchte im Sport nicht nur Teil eines Abnickparlaments sein.
Apropos abnicken, die Sanierung von Sportplätzen ist weiter vorangetrieben worden, das hat Frau
Timmermann auch gerade gesagt. Natürlich kann man diesem SPD-Antrag nur zustimmen, der nun noch einmal vehement mit Millionen Euro dafür sorgt, dass Sportplätze saniert werden. Das fällt zwar in die Kategorie Dezemberfieber, wie Kollege Kerstan gestern sagte, denn dann kommt plötzlich kurz vor dem Wahlkampf der Füllbeutel raus, aber sei es drum, in der Sache ist es gut.
Ich komme zum Thema Inklusionssport. Frau Timmermann, natürlich kann man es so darstellen, dass 50 000 Euro viel Geld sind. Aber 50 000 Euro sind zur Sensibilitätssteigerung in einem Bereich beim Sport, wo wir wirklich noch am Anfang stehen, aus meiner Sicht wirklich nicht ausreichend, wenn man sieht, wie viele Millionen und viel Hunderttausende in andere Bereiche gehen. Die Inklusion hat es wirklich verdient, auch im Sport einen höheren Zuschuss als 50 000 Euro zu bekommen.
Mit der Bugenhagen-Halle können Sie sich auch nicht allein schmücken, weil sie zu einem großen Teil aus Spenden finanziert worden ist, und am Ende hat die Bürgerschaft gemeinsam beschlossen, noch etwas draufzutun. Das ist keine SPD-Initiative.
Nun komme ich kurz zu Olympia. Ich habe gesagt, dass auch uns Olympia wichtig ist, aber wenn Sie es schon angesprochen haben, Frau Timmermann: Für uns stellt es sich im Moment so dar, dass die SPD den Konsens insofern aufkündigt, indem wir mit dem Referendum nicht richtig vorankommen. Sie sagen, wir sollen Ruhe bewahren. Nein, wir sagen, das Referendum und die Befragung der Bürger und Bürgerinnen ist für uns die Voraussetzung einer Bewerbung für Olympia in Hamburg.
Das ist das Problem, setzen Sie sich in Ihrer Fraktion weiter durch.
Die SPD findet immer neue Ausflüchte, warum wir über dieses Referendum nicht zur Entscheidung kommen können.
Aus diesem Grund haben wir den Stand der Olympia-Bewerbung oder auch die Umfrage, die im Februar kommt, kritisiert. Dasselbe gilt für die Kostenplanung, die noch nicht vorliegt, obwohl es einen
gemeinsamen bürgerschaftlichen Antrag gibt, ein Ersuchen an den Senat, das noch nicht beantwortet wurde.
Ich würde gern noch eines sagen. Sport ist mehr als Olympia. Ich habe im Moment ein bisschen die Befürchtung, dass die Ideen der SPD unter die Räder von Olympia gekommen sind, denn beim Thema Sport bewegt sich bei der SPD-Fraktion wenig Visionäres. Beim Sport schon, da gibt es viele neue Sachen. Wir möchten mit unserem Antrag gern dafür sorgen, dass der Sport in den Alltag Einzug hält. Wir möchten den ParkSport fördern. Wir möchten gern, dass die Bezirke 200 000 Euro erhalten.
Was haben Sie denn für ein Problem? Das ist eine Innovation. Der ParkSport ist ein neues Sportkonzept, und damit sollten Sie sich einmal beschäftigen, dann wüssten Sie, dass es visionär und neu ist.
Der Lohmühlenpark ist nicht das Zentrum von Hamburg. Hamburg hat weiß Gott noch mehr Parks und überall leben Menschen. Es ist sehr wichtig, dass wir den Sport in den Alltag hineinziehen, damit die Menschen nicht nur in Sportvereinen, was wichtig ist, oder in anderen Bereichen Sport machen, sondern wirklich auch im Alltag. Deswegen wollen wir die ParkSport-Konzepte fördern, wir wollen den Bezirken dafür Geld zur Verfügung stellen. Ich finde es sehr bedauerlich, dass die SPD diesen Antrag einfach ablehnt. Ihnen sollte daran gelegen sein, denn Sport – wie schon Kollege Schira gesagt hat – fördert die Gesundheit, und das brauchen wir auch im Alltag.
Frau Präsidentin, meine wenigen Damen und Herren! Ich kann mich den Empfehlungen des Kollegen de Vries anschließen, ich würde es auch sinnvoll finden, der Antrag würde zurückgezogen werden und wir diskutierten noch einmal während der Haushaltsberatungen darüber.
Der Antrag hat zwei Aspekte. Der eine ist die wirklich unsolide Finanzierung. 16 Millionen Euro einfach irgendwo aus dem Haushalt herauszunehmen, das geht nicht, und das wissen eigentlich auch die Haushaltspolitiker der Links-Fraktion. Und natürlich haben wir dafür die Haushaltsberatungen. Es ist also wirklich seltsam, dass dieser Antrag unbedingt heute eingebracht werden musste. Deswegen können wir diesem Antrag nicht zustimmen. Wir werden uns maximal enthalten; eigentlich müsste man bei so einer unsoliden Gegenfinanzierung dagegenstimmen.
Dass wir uns enthalten, ist dem zweiten Aspekt dieses Antrags geschuldet, seinem Inhalt. Der Antrag gibt uns die Gelegenheit, noch einmal alle jugendpolitischen Grausamkeiten der SPD anzuschauen. Deswegen finde ich es gar nicht schlecht, dass wir an dieser Stelle über Ihren Antrag reden.
Anfangen würde ich gerne mit einem Rückblick auf die Zeit, als die SPD an die Regierung kam. Das Erste, was wir in der Jugendpolitik erleben mussten, waren die Kürzungen in der Offenen Kinderund Jugendarbeit um 3,5 Millionen Euro. Argumentiert wurde damit, dass wir die Ganztagsschulen hätten und die Kinder nicht an mehreren Orten gleichzeitig sein könnten, und überhaupt, man investiere in Schule. Aber, verehrte Damen und Herren der SPD-Fraktion, Jugendpolitik ist mehr als Schulpolitik und auch mehr als Kita-Politik. Das ist bei der SPD-Fraktion leider nicht angekommen. Anders kann ich mir nicht erklären, dass es in der Folge zu genau den Kürzungen kam, die in dem Antrag aufgezählt sind.
Ich will mit dem Allgemeinen Sozialen Dienst weitermachen. Durch den Fall Chantal wussten wir von Anfang an, dass wir dort in verschiedenen Abteilungen eine Unterbesetzung haben. In vielen Bereichen des ASD haben wir eine höchst kritische Personalsituation. Die Fallzahlen – 70 bis 80 pro Mitarbeiter – sind viel zu hoch, und im Zuge des Falls Yagmur haben wir aufgearbeitet, dass diese personelle Situation zu Fehlern führen kann. Das ist dramatisch und für den Schutz der Kinder in dieser Stadt gefährlich. Aus diesem Grund haben wir von Anfang an gesagt, dass wir mehr Personal im ASD brauchen, aber der SPD-Senat hat viele
Jahre, bis zum Ende der Legislaturperiode, nicht gehandelt. Jetzt gibt es das Sofortprogramm. Wir haben zwar noch keine Stelle mehr, aber ich bin erst einmal optimistisch, dass die angekündigten 30 Stellen für die Fallarbeit auch kommen werden. Dass das natürlich nicht ausreicht, ist uns allen klar; auch an dieser Stelle ein schweres Versäumnis der SPD-Fraktion. Wer einmal eine Überlastungsanzeige gelesen hat, der weiß, es ist leichtsinnig, dass hier nicht gehandelt wurde. In so einer Überlastungsanzeige steht wortwörtlich, dass der Schutz der Kinder nicht mehr gewährleistet werden kann. Ich kann nicht nachvollziehen, dass der Senat die Zeit verschlafen hat, wo doch alle Möglichkeiten zum Handeln gewesen wären.
Die nächste jugendpolitische Grausamkeit hat die Straßensozialarbeit getroffen, da muss ich der Links-Fraktion inhaltlich zustimmen. Es gibt das neue Programm der Jugendberufsagentur. Dagegen ist nichts zu sagen, das ist inhaltlich eine gute Sache. Aber dass man sich dafür aus der Straßensozialarbeit bedient, verehrte Kollegen der SPD, finde ich doch etwas vermessen. Gerade von der Straßensozialarbeit, die wirklich dünn ausgestattet ist, sind Stellen für die Jugendberufsagentur abgezogen worden – übrigens auch aus den ASD-Abteilungen. Von daher benennt der Antrag der LINKEN auch hier inhaltlich ein richtiges Thema.
Ich komme zu den Erziehungsberatungsstellen. Eigentlich wollte der Senat, so hatte er es angekündigt, eine institutionelle Stärkung der Erziehungsberatungsstellen. Gleichzeitig hat er den Bezirken ein Sparprogramm auferlegt und so genau das Gegenteil bewirkt. In den kommunalen Beratungsstellen muss Personal eingespart werden. Das ist überhaupt nicht nachzuvollziehen, weil wir gerade diese Beratungsstellen brauchen, um präventiv tätig zu werden und so die Hilfen zur Erziehung reduzieren zu können. Abgesehen davon ist es der SPD-Fraktion nicht gelungen, in dem neuen Rahmenkonzept fachliche Standards quantifiziert festzuschreiben. Da werden sich die Bezirke durchgesetzt haben. Wenn Standards mit hineingekommen wären, hätte das Geld gefehlt, um diese Standards einzuhalten. Auch das ist in der Tat eine jugendpolitische Grausamkeit unter diesem SPD-Senat, die wir so nicht mittragen können. Es ist richtig, Frau Leonhard, dass es darüber diverse Beratungen im Ausschuss gab, aber es macht die Sache nicht besser, wenn wir von vielen Experten hören, wie schwierig die Situation in Hamburg ist und wie Hamburg hinterherhinkt. Was nützen uns die besten Beratungen im Ausschuss, wenn der Senat hinterher nicht handelt. Auch da wirklich Fehlanzeige.
Am Ende würde ich gerne noch auf die Steigerung im Bereich Hilfen zur Erziehung zu sprechen kommen. Eines finde ich seltsam: Die SPD ist an die Regierung gekommen mit massiver Kritik an Schwarz-Grün, weil wir einen Nachtraghaushalt brauchten, um die Steigerungen im Bereich Hilfen zur Erziehung auszugleichen. Und jetzt kommt Frau Leonhard und lobt sich dafür, dass aufgrund der Hilfen zur Erziehung Mehrausgaben benötigt wurden und man so am Ende feststellen kann, dass mehr Geld im System ist. Das passt erstens nicht zusammen und zweitens ist es logisch. Auf die Hilfen zur Erziehung besteht ein Rechtsanspruch, der erfüllt werden muss. Wir haben auch zunehmend Flüchtlinge in Hamburg, die Hilfen zur Erziehung bekommen. Da ist es klar, dass die Gelder ansteigen. Das heißt aber nicht, dass die SPDFraktion insgesamt mehr Geld in die Jugendhilfe gibt. Für die Hilfen zur Erziehung muss sie es zwangsweise tun, und wir sind sehr gespannt auf den Nachtragshaushalt. Aber dafür wird an anderen Stellen gekürzt, da bin ich inhaltlich beim Antrag der LINKEN, der das nach meiner Wahrnehmung richtig beschreibt. Man kann sich nicht wirklich allen Ernstes dafür rühmen, dass die Hilfen zur Erziehung ansteigen, während an anderer Ecke gestrichen wird.
Um das Ganze rund zu machen, Herr Kienscherf: Unserer Ansicht nach ist Schule und Kita nicht alles, was man im Jugendhilfebereich berücksichtigen muss. Zur Jugendhilfe gehört auch ein Ort für Kinder und Jugendliche außerhalb der Schule und des Elternhauses. Deswegen brauchen Sie den Jugendclub um die Ecke, Sie brauchen Angebote im Stadtteil. Und wenn Sie nicht im Stadtteil unterwegs sind, Herr Kienscherf, und nicht mitbekommen, dass Angebote gekürzt werden, dass umgesteuert wird …
Vielleicht ist es bei Ihnen im Stadtteil anders. Ich kenne Einrichtungen, wo Personal gestrichen wurde und das Angebot nicht mehr so zur Verfügung steht, wie es vorher zur Verfügung stand.
Das halte ich für eine absolut politische Fehlentscheidung.
Was heißt, ich glaube das selber nicht? Ich rede nicht von meinem Wahlkreis, Herr Kienscherf, ich schaue auch über den Tellerrand hinaus.
Ich wäre sehr gespannt darauf, Herr Kienscherf, wo Sie mit Ihrem Fachwissen unterwegs sind. Kommen Sie ans Rednerpult und erklären Sie, wo Sie diese heile Welt finden, die Sie in Ihrem Kopf haben. In der Jugendpolitik ist sie nicht, das kann ich Ihnen sagen.
Es geht nicht darum, dass Einrichtungen geschlossen wurden – Herr Kollege Yildiz hat es gesagt, ich kenne auch einige –, es geht darum, dass Personalstellen in den Erziehungsberatungsstellen und den anderen Einrichtungen eingespart werden. Das bedeutet natürlich, dass das Angebot nicht mehr so breit gefächert sein kann, wie es vorher einmal war. Wenn Sie diese Realität nicht zur Kenntnis nehmen wollen, Herr Kienscherf, dann kann ich Ihnen auch nicht helfen. Aber Sie kommen ja auch aus einer anderen politischen Fachrichtung.
Es ist schade, dass wir diesen Antrag haushaltspolitisch so schlecht hinterlegt haben. Er benennt die richtigen Dinge. Wir haben sie immer wieder diskutiert, aber das macht die Situation nicht besser. Die SPD hat nicht gehandelt, wie wir am Ende der Legislaturperiode wissen. Ich denke, dieser Weg war ein falscher, und ich finde es schade, dass wir heute nicht mit Senator Scheele darüber diskutieren können. Das wäre abschließend noch einmal gut gewesen. Dafür ist Herr Rabe da. Vielleicht geht er noch einmal in die Bütt, um zu sagen, dass die Ganztagsschule ganz wichtig ist. Aber das allein hilft uns in Hamburg nicht. Wir brauchen Jugendpolitik vor Ort und wir brauchen vor allem einen gut ausgestatteten Allgemeinen Sozialen Dienst, da bin ich ganz bei der Links-Fraktion. Unter der SPD ist es zu einem Versäumnis nach dem anderen gekommen. Das hätte sich schon nach Chantal drastisch verbessern müssen. Jetzt gibt es einen richtigen Schritt, aber der kommt viel zu spät.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Themenwechsel zu den Kindern dieser Stadt – ich zitiere –:
"Wir […] können und wollen nicht mehr stillhalten und schweigen. Wir wollen nicht mehr tatenlos dabei zusehen, wie noch mehr pädagogische Fachkräfte bis zum Rande der Erschöpfung – manche auch darüber hinaus – arbeiten und ihre Gesundheit gefährden."
Das schreibt nicht irgendwer, sondern das schreibt die Hälfte aller Kita-Leitungen in Hamburg in Hunderten von Brandbriefen, die am 2. Oktober dem Ersten Bürgermeister beziehungsweise seinem Sprecher übergeben worden sind. Und wir sagen, mit Recht, denn die Zustände sind so wirklich nicht mehr tragbar, weder für die Fachkräfte noch für die Kinder dieser Stadt.
Die Kitas dieser Stadt sollen immer mehr Aufgaben übernehmen für Bildung und Betreuung. Sie sollen nach dem Fall Yagmur aktuell auch für den Kinderschutz einen erheblichen Beitrag leisten. Sie sollen Kindern demokratische Teilhabe beibringen. Sie sollen den Übergang in die Schule gestalten. Sie sollen Eltern in ihren Erziehungskompetenzen fördern, und gleichzeitig sollen sie noch ein Ort der Fürsorge und der zuverlässigen emotionalen Betreuung sein. Und das alles mit einem Personalschlüssel, der seit zehn Jahren auf dem gleichen Niveau eingefroren ist, mit einem Personalschlüssel, gerade im Krippenbereich, der Hamburg leider attestiert, Schlusslicht aller westdeutschen Bundesländer zu sein, und mit einem Personalschlüs
sel, der in der Realität so aussieht, dass eine Erzieherin im Krippenbereich mindestens sieben Kinder betreut. In Urlaubs- und Krankheitszeiten sind es sogar bis zu zehn Kleinstkinder unter drei Jahren, die von dieser einen Erzieherin umsorgt, gefüttert, betreut, gebildet und so weiter werden müssen. Bei diesen Zahlen wird uns allen doch deutlich, warum Hamburg Schlusslicht dieser Bundesländer ist. Die Ansprüche, die an die Kitas gestellt werden, können mit diesem Personalschlüssel nicht erfüllt werden, das kann nicht funktionieren. Das sieht jedes Kind, nur leider nicht der SPD-Senat.
Anstatt schrittweise Verbesserungen einzuleiten, stellt sich Senator Scheele stur und gibt in den Medien selbstherrlich das Motto heraus: Seht zu, wie ihr selber zurechtkommt, von uns gibt es keinen Cent mehr. Falsch, Herr Senator Scheele, es ist nicht die Aufgabe der einzelnen Kitas, für vernünftige Bedingungen zu sorgen, das ist zu allererst Ihre Aufgabe als zuständiger Senator. Mich wundert, dass Sie da immer noch den Kopf schütteln.
Dieser Aufgabe, Herr Senator, werden Sie nicht gerecht.
Bei Ihrem Regierungsantritt haben Sie große Versprechungen gemacht. Sie haben die Eltern damit gelockt, dass Sie den Bereich Kita zur Chefsache erklären, und haben Verbesserungen versprochen. Das haben Sie auch eingehalten – in der Gebührenfrage. Aber die Eltern sind längst aufgewacht und haben festgestellt, dass dieses Geschenk von Ihnen ein faules Geschenk war, das sie am liebsten zurückgegeben hätten.
Ich sagen Ihnen auch, warum, Herr Kienscherf. Die Elternvertretung aller Kitas, der LEA, hat dem Senat sogar den Vorschlag unterbreitet, die Beitragsbefreiung für die fünfstündige Grundbetreuung zurückzustellen – derselbe Landeselternausschuss, der das mit dem Bürgermeister ausgehandelt hat.
Frau Schaal, Ihr Ressort ist die Umweltpolitik. Und wenn Sie etwas sagen wollen, dann kommen Sie hier hinter das Podium.
Der LEA hat dem Senat den Vorschlag unterbreitet, diese Gebührenbefreiung zu strecken und das eingesparte Geld in einen verbesserten Personalschlüssel zu investieren. Die Eltern wollen die Ge
bührenbefreiung nämlich nicht zulasten der Qualität.
Aber der Senat hat abgelehnt; das ist übrigens in einer Anfrage als Antwort des Senats nachzulesen. Genau das passiert mit diesem Senat. Die Qualität wird nicht verbessert, es gibt nur eine Gebührenbefreiung, und dadurch haben wir eine erhebliche Schieflage.
Mit den Kita-Verbänden hat der Senat auch ein Problem. Wir haben das erste Mal eine Landesrahmenverhandlung, die unterbrochen werden musste, nicht, weil die Kita-Träger immense und überzogene Forderungen gestellt hätten, sondern weil der Senat unbeweglich ist. Und Sturheit, Herr Senator, kann einer Politik manchmal sehr im Wege stehen.
Ich finde es sehr bedauerlich, dass Sie nicht bereit sind, ernsthaft die Argumente abzuwägen, zu prüfen und zu verhandeln, und stattdessen durch Ihre Kompromissunfähigkeit Menschen auf die Straße bringen, die eigentlich nicht mehr als ihre Arbeit tun wollen. Wir wissen, dass nicht alles gleichzeitig umsetzbar ist, und darum versprechen wir GRÜNE auch kein Wolkenkuckucksheim. Aber wir sagen, dass man zuerst im Krippenbereich verbessern muss und den Schlüssel in diesem Bereich anpassen muss. Solche Schritte sind im Haushalt möglich, Herr Kienscherf, das werden wir Ihnen noch darstellen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Senator Scheele, Sie sollten wirklich nicht den Vergleich zum ASD, zum Allgemeinen Sozialen Dienst, ziehen. Damit haben Sie gestern Abend im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss schon nicht gut ausgesehen. Es ist etwas schwierig, wenn Sie diesen Vergleich heute wieder anstellen. Gerade der ASD ist doch das Beispiel dafür, dass Sie sich jahrelang, seit Sie in der Regierung sind, verweigert haben, irgendetwas zu tun und dadurch die wirklich schwierige Personalsituation hervorgerufen haben und jetzt in einem Sofortprogramm als Getriebener handeln. Wenn wir das auf die Kitas übertragen, dann erwarte ich eigentlich, dass Sie ebenso im Krippenbereich handeln. Das wäre dann die logische Folge, wenn Sie schon mit dem ASD vergleichen.
Es geht hier nicht darum, gleich als ersten Schritt riesengroße Verbesserungen in allen Kitas in ganz Hamburg zu fordern. Wir wissen auch, dass das Geld begrenzt ist. Und es ist erst einmal aus unserer Sicht nicht so viel dagegen zu sagen, dass Sie Ihr Wahlversprechen einhalten und sagen, Sie wollten die Eltern entlasten und mit der Gebührenfreiheit anfangen. Aber Sie vernachlässigen komplett diesen Qualitätsbereich in der Kita, und das kritisieren wir. Es geht nicht darum, dass er in ganz Hamburg sofort überall wachsen soll, sondern Sie sollten mit einer schrittweisen Verbesserung anfangen. So, wie Sie es in sozialen Brennpunkten bei den Elementarkindern gemacht haben, könnte man es auch für den Krippenbereich machen. Das ist finanzierbar, und zwar auch ohne den Bund,
und es ist Ihre Verantwortung, das hier in Hamburg zu tun oder es eben nicht zu tun.
Darüber können wir in den Haushaltsberatungen weiter reden. Herr Dressel, Sie sitzen doch an der Quelle.
Wir sind noch nicht in den Haushaltsberatungen, aber ich kann Ihnen sagen, dass es durchaus machbar ist. Alles, was Sie tun, ist, auf den Bund zu verweisen und zu sagen, Hamburg könne es nicht allein richten. Da erwarte ich allerdings dann auch Taten. Aufgrund Ihrer Mitregierung dort kann das nur einfach sein, und die CDU haben Sie vielleicht auch sofort an Ihrer Seite. Ich denke, da könnten Sie anfangen.
Von Frau Leonhards Beitrag war ich etwas enttäuscht. Ich bin bei anderen Sachen durchaus einverstanden mit dem, was Frau Leonhard sagt,
aber in diesem Fall ist einfach wenig Neues gekommen, außer dass gebetsmühlenartig wiederholt wurde, welche Wahlgeschenke und Wohltaten in der Stadt verwirklicht wurden. Und dann zitieren Sie noch eine Mutter, die sich bei Ihnen gemeldet hat.
Frau Leonhard, wir können einmal in meiner Fraktion, bei der Links-Fraktion, der CDU oder auch bei anderen Kollegen hier herumfragen – an uns wenden sich auch Eltern. Komischerweise haben diese eine ganz andere Betrachtungsweise. Sie fragen, ob sie ihr kleines Kind unter drei Jahren überhaupt noch in die Krippe geben können, weil sie Sorge haben, dass es dort nicht gesehen wird.
Mich wundert immer, dass hier auch diejenigen aufschreien, die kleine Kinder haben. Vielleicht ist Ihre Kita da vorbildhaft, Herr Dressel, das kann ich nicht wissen, ich kenne Ihre nicht.
Ich kenne Kitas, wo eine Erzieherin acht bis zehn Kinder betreuen muss, und das geht einfach nicht bei Kindern unter drei Jahren. Damit wird man dem Bildungsauftrag nicht gerecht, und Senator Scheele hat dem auch gar nicht widersprochen. Er sieht auch irgendwo Handlungsbedarf, nur weiß er nicht – das hört man da irgendwie heraus –, wie er es bewerkstelligen soll, das Geld sei nicht da, das sei ja jetzt in der Gebührenfreiheit. Deswegen sage ich es noch einmal: Mit politischem Willen könnten Sie anfangen, die Kinder zu fördern, die es am nötigsten haben, und das sind die Kleinsten in den sozialen Brennpunkten, damit die Kita wirklich in
allen Punkten diesem Auftrag nachkommen kann, den wir hier beschrieben haben und den auch der Senator eben beschrieben hat.
Alles andere ist wirklich ein Ignorieren, da muss ich dem Kollegen Mehmet Yildiz recht geben. Ich weiß nicht, in welcher Stadt Sie leben, dass Sie sagen, alle seien hier zufrieden. Für den 30. Oktober ist eine große Demonstration aller Kitas angesagt. Ich weiß nicht, ob die "Elbkinder" da mitmachen, aber alle anderen Kitas, Eltern und Kinder machen dort mit. Frau Leonhard, da kann man doch nicht von Zufriedenheit reden. Über die Hälfte der Kita-Leitungen sind aufgestanden und haben dem Bürgermeister einen offenen Brief überreicht, in dem sie schlimmste Missstände beschrieben haben, und Sie stellen sich hier hin und sagen, alle seien zufrieden. Frau Schaal ruft auch noch von da hinten, es seien doch alle zufrieden und Sie hätten Ihre Versprechen eingehalten. Irgendwie leben Sie in einer anderen Stadt. Ob nun in privilegierten Bereichen, das kann ich nicht sagen, aber Ihre Einschätzung entspricht nicht der Realität. Ich glaube in der Tat, dass Sie sich auf einen heißen Herbst einstellen müssen, und ich finde es bedauerlich, dass Senator Scheele keine Kompromissfähigkeit gezeigt hat. Ihre Beschreibung der Verhandlungen deckt sich nicht mit dem, was die Kita-Träger dazu sagen. Es ist zum Abbruch der Verhandlungen gekommen, weil es kein Bewegen der Behörde gab. Wir werden das Thema sicherlich im Familienausschuss noch einmal erörtern müssen, dann auch mit den Trägern, damit wir ihr Wort dort einmal haben und das Wort des Senators. – Danke.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich interpretiere das von der SPD angemeldete Thema der Aktuellen Stunde "Von Grund auf: SPD investiert in die Bildung" so, dass wir wirklich einmal darüber reden, wo es von Grund auf Bildung gibt, nämlich in der Kita. Das wurde eben auch schon von einigen Kolleginnen und Kollegen angesprochen. Senator Rabe, bei dem ich mittlerweile den Eindruck bekomme, dass er der Supersenator für Bildung wird, hat zur Kita und zur Hochschule in einem Atemzug gesprochen. Ich bedauere das ein bisschen. Ebenso, dass Senator Scheele hier nicht sitzt, wenn wir über Bildung von Grund auf reden; auch das zeigt das Bildungsverständnis der SPD. Bildung von Grund auf ist die frühkindliche Bildung in der Kita.
Ich möchte vorab zwei Anmerkungen zu der Rede von Herrn Rabe machen. Erstens hat er gesagt, die Ganztägige Bildung und Betreuung werde von den Eltern überrannt. Herr Senator, das ist doch aber auch kein Wunder, denn es gibt keine Horte mehr. Es gibt doch für die Eltern gar keine Möglichkeit mehr, die Kinder woanders hinzubringen.
Darum wählen sie natürlich für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf die GBS. Das müssen Sie sich aber nicht anrechnen.
Das Zweite ist wirklich diese Realitätsferne, mit der Sie sagen, Sie hätten Bildungspolitik zum Schwerpunkt Ihrer Politik gemacht. Für den frühkindlichen Bereich, meine Damen und Herren, trifft das nicht zu.
Ich möchte Ihnen gern einmal, auch weil Herr Fock eben von einem Bildungsmonitor sprach, ein Zitat aus dem Ländermonitoring Frühkindliche Bildungssysteme 2014 der Bertelsmann Stiftung vorlesen:
"In der frühkindlichen Bildung bleibt gute Qualität oftmals auf der Strecke, weil viele Kindertageseinrichtungen nicht genügend Erzieherinnen haben. Die Personalschlüssel in Hamburgs Kitas weichen erheblich von einem kindgerechten und pädagogisch sinnvollen Betreuungsverhältnis ab. In keinem anderen westlichen Bundesland ist eine Erzieherin für mehr unter Dreijährige zuständig als in Hamburg."
Wo ist hier das Tolle an Ihrer Bildungspolitik, Herr Rabe und der gesamte Senat?
Ich will Ihnen das ein wenig an Zahlen klarmachen. Im westdeutschen Raum betreut in der Regel eine Erzieherin 3,8 Krippenkinder unter drei Jahren. In Hamburg betreut eine Erzieherin 7,2 Kinder. Ich möchte nun alle, die Kinder haben, einmal bitten, sich vorzustellen, wie es ist, sieben Ein-, Zwei- und Dreijährige auf einmal zu betreuen, sie zu wickeln, sie zu füttern, sie zu begleiten, sie dann auch noch zu bilden, denn wir reden sehr wohl auch im Krippenalter natürlich von Bildung. Wenn wir über Spracherwerb reden, dann fängt der im Krippenalter an. Herr Rabe, ich habe von Ihnen kein Wort dazu gehört, wie Sie sich diese Bildung im frühkindlichen Bereich vorstellen. Wie soll das gehen, dass eine Erzieherin sieben Kinder auf einmal in diesem Kleinstalter betreut? Sie schütteln den Kopf.
Das wundert mich, und ich kann daraus nur schließen, dass Sie noch nie sieben zweijährige Kinder auf einmal gehabt haben. Es täte gut, wenn Sie das einmal ausprobieren würden.
Ich kann und möchte aus einer weiteren Studie zitieren, der BAGFW-Studie:
"Die Personalressourcen für Kinder in den ersten drei Lebensjahren sind deutlich zu niedrig. Der in den Hamburger Richtlinien ausgewiesene Richtwert von 1:7,6 ist aus wissenschaftlicher Sicht unakzeptabel und kann allerhöchstens die Betreuung und Grundversorgung, nicht jedoch eine angemessene bildungs- und entwicklungsförderliche pädagogische Arbeit mit Kindern im Krippenalter gewährleisten."
Wenn man das hört, dann müssen doch die Alarmglocken schrillen. Wir wollen doch, dass die Kinder von klein auf nicht nur gebildet, sondern auch gut betreut werden. Das alles passiert hier nicht. Natürlich ist es gut, dass Eltern keine Beiträge mehr zahlen müssen. Das hat, Herr Rabe, von unserer Seite nie jemand in Frage gestellt.
Aber das Ganze ist doch sehr einseitig. Mit der Beitragsfreiheit wird nicht ein Kind mehr gebildet. Und auch mit dem Ausbau eines Platzes bekommt nicht ein Kind mehr Bildung. Es ist eindeutig nachgewiesen, dass die Bildung eines Kindes davon abhängt, wie das Verhältnis Erzieher-Kind-Schlüssel ist und wie viele Erzieher für die Kinder zuständig sind.
Wenn wir hier einen Schlüssel von 1:7 haben, dann bleibt die frühkindliche Bildung in der Kita auf der Strecke, und das ist ein Desaster.
Lassen Sie mich kurz zum Abschluss noch erwähnen, dass erstmalig die Kita-Träger in Hamburg auf die Barrikaden gehen. Es stehen Landesrahmenverhandlungen an. Zum 1. Januar soll es einen neuen Landesrahmenvertrag geben. Die Verhandlungen mit der BASFI sind nun ausgesetzt worden, weil die Behörde eindeutig gesagt hat, dass sie sich nicht bewegen werde, dass es für Qualität, für eine bessere Betreuung von Kindern keinen Spielraum mehr gebe.
Meine Damen und Herren! Es ist ein Armutszeugnis für diese Stadt, an den Kleinen zu sparen. Herr Rabe kann seine Schulpolitik loben, so viel er möchte, daran kommen Sie nicht vorbei. Hier müssen Sie nachbessern, sonst werden wir später bei den älteren Kindern den Bildungserfolg auch nicht haben.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Mir geht es ein wenig wie Kollege de Vries. Ich habe mit Spannung auf diesen SPD-Antrag gewartet, den Zusatzantrag zu dem bekannten Antrag der LINKEN, und habe gedacht, jetzt käme etwas Konkretes, jetzt würde die Fraktion handeln, jetzt unterstütze sie vielleicht ihren Senat oder fordere ihn sogar heraus.
Ich kann verstehen, dass man als Fraktion nicht immer das bekommt, was man vielleicht möchte, wenn man mit dem Senat etwas aushandelt. Aber man sollte dann lieber auf einen Antrag verzichten, als solch eine Lachnummer zu präsentieren.
Das ist ein weichgespülter Antrag, man muss sich das klarmachen, ein Antrag der Regierungsfraktion, die einen Bericht im Familienausschuss fordert. Dass Ihnen das nicht selbst peinlich war, kann ich nicht verstehen, aber ich sehe auch an einigen Gesichtern, dass vielleicht doch ein gewisses Unbehagen dabei ist.
Nicht nur peinlich, sondern verantwortungslos handelt aus meiner Sicht Senator Scheele, und das will ich auch begründen, Herr Senator. Drei Jahre lang, seit Ihrem Amtsantritt, haben Sie die Überlastung und die Arbeitssituation in den Allgemeinen Sozialen Diensten im Jugendamt ignoriert. Sie haben sie ausgesessen, Sie haben auch den Rat der Fachleute ignoriert. Diese Situation bei den Jugendämtern nicht ernst zu nehmen, halte ich für gefährlich und eines Sozialsenators für unangemessen.
Und erst jetzt, das hat Herr de Vries gut herausgearbeitet, wo der Wahlkampf naht und wo im Untersuchungsausschuss Versäumnis für Versäumnis aufgedeckt und nachgewiesen wird, und zwar auch eklatante Versäumnisse bei der Arbeitssituation in den Jugendämtern – das will ich nicht weiter ausführen, denn das haben meine Vorredner und Vorrednerinnen schon ergänzt –, fängt der Senator an zu handeln und kündigt marginale Verbesserungen für die Personalsituation in den Allgemeinen Sozialen Diensten an.
Erst jetzt, lieber Herr Schmitt, sehe ich, dass der Senator aus seinem Dornröschenschlaf erwacht und zaghaft beginnt zu handeln. Ganz ehrlich, das hätte er schon nach dem Tod von Chantal tun müssen, das haben wir eben doch gehört. Es gab die Schrapper-Studie, es gab den Bericht der Innenrevision nach dem Tod von Chantal, in denen genau dasselbe beschrieben wurde, was wir jetzt in den Aussagen vor dem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss gehört haben. Die Situation
in den Jugendämtern ist nicht mehr so, dass sie den Kinderschutz gewährleisten. Nun frage ich mich, warum Ihr Senator, Herr Schmitt, nicht schon nach dem Tod von Chantal gehandelt hat?
Ich frage ihn, er hat sich auch gemeldet, er wird sicherlich etwas dazu sagen.
Die Lücken waren da, die Personalsituation in den Jugendämtern dramatisch. Ich denke, es ist Aufgabe des Sozialsenators, für das Wohl der Hamburger Kinder und der Familien zu sorgen. Und dieser Verantwortung ist Sozialsenator Scheele nicht nachgekommen.
Einzig und allein neu in den Maßnahmen, die Sie aufgezählt haben und von denen wir immer wieder hören, ist die bessere Bezahlung der Jugendamtsmitarbeiter. Das finde ich gut, es ist ein richtiger Schritt in die richtige Richtung, aber dabei ist nicht eine Stelle mehr herausgekommen. Ich will noch einmal betonen, dass die 44 Stellen, die Sie immer anführen, nicht die Mitarbeiter sind, die am Fall arbeiten, die bei den Familien sind. Es sind, wie Herr de Vries sagte, die Netzwerkmanager für die sozialräumliche Arbeit. Das entlastet nicht die Mitarbeiter, die versuchen, den Spagat zu erreichen zwischen Schreibtisch und Familienarbeit.
Genauso wenig entlastend ist die Maßnahme, die Sie auch angeführt haben, die wir lesen konnten, nämlich die Aufstockung beim Leitungspersonal. Auch das hilft nicht den Mitarbeitern, die am Schreibtisch sitzen und versuchen, 70 oder 80 Fälle gleichzeitig zu bearbeiten. Ich frage mich wirklich, was das für ein Verständnis von Kinderschutz ist.
Dazu kommt noch, dass Sie Geld ausgeben für die eben von Ihnen gelobten JUS-IT-Stellen, damit die Mitarbeiter endlich verstehen, wie dieses Programm funktioniert.
Das ist nicht der richtige Schritt, das ist für uns ein Schritt in die falsche Richtung. Die Mitarbeiter sind nicht begriffsstutzig. Das Programm taugt so nichts, und so kann es nicht klappen. Wir brauchen dringend eine Verbesserung der Gebrauchstauglichkeit und der Bedienbarkeit. Dafür muss Geld investiert werden und nicht dafür, dass man versucht, auf Krampf die Mitarbeiter in dieses Programm zu pressen, das nicht kompatibel für den Kinderschutz ist.
Dann gibt es noch die Ankündigung der temporären Stellen. Das ist nun wirklich die Krönung. Ich habe inzwischen gehört, man munkelt dies, dass diese temporären Stellen für die Rentner aus den
Jugendämtern sein sollen, die wieder zurückkämen. Ich habe zuerst auch gedacht, dass uns die 18 Monate Einarbeitungszeit und die temporären Stellen nichts bringen würden. Aber es gibt jetzt schon Aussagen in den Jugendhilfeausschüssen der Bezirke, dass man die Rentner aus ihrer Pensionierung hole, die dann irgendwo zwei, drei Stunden arbeiten würden, und dann würde das schon klappen. Was ist das bitte für ein Verständnis? Das ist ein temporäres Flickwerk und keine grundsätzliche Verbesserung der Situation in den Jugendämtern. Das geht gar nicht.
Vorsorglich gibt es noch gar kein Datum dafür, die Anzahl der Leute steht noch nicht fest und wo sie hinkommen. Das haben Sie sich lieber erst einmal gespart, sodass wir noch einmal abwarten dürfen, ob das wirklich nur heiße Luft ist oder ob wirklich etwas passiert.
Meine Einschätzung ist: Statt echter Entlastung werden Trostpflaster verteilt und nichts anderes.
Dann der Verweis auf die Personalbemessung. Drei Jahre lang hat unserer Auffassung nach Senator Scheele die Öffentlichkeit und die Politik getäuscht damit, dass er immer wieder angekündigt hat, es werde ein Personalbemessungssystem kommen, man wäre schon an der Arbeit. Aber was müssen wir jetzt feststellen? Es wurde ein Infobrief an die Mitarbeiter des ASD verteilt, aus dem deutlich hervorging, dass erst jetzt, im Mai, eine Firma beauftragt wurde, die die fachliche Begleitung dieses Personalbemessungssystems durchführen soll. Wir haben das Jahr 2014, und erst jetzt richtet man Arbeitsgruppen für die Personalbemessung ein.
Drei Jahre lang werden wir an der Nase herumgeführt, dass dieses Personalbemessungssystem kommen soll, aber nichts ist passiert. Der Senator hat sich in einen Dornröschenschlaf gelegt und jetzt, wo der Druck durch den Untersuchungsausschuss und die Öffentlichkeit so groß ist, wacht er auf und fängt an, das Personalbemessungssystem in Auftrag zu geben. Das ist unmöglich.
Ich will Ihnen sagen, was wir brauchen. Wir brauchen noch in dieser Legislaturperiode Sofortmaßnahmen, und auch deswegen – das haben Sie jetzt gar nicht erwähnt, wir haben auch unseren Antrag recycelt – brauchen wir die 65 Stellen, die gegenfinanziert sind. Dann müssen wir natürlich darangehen, die Stellen dauerhaft auszustatten und nicht nur als temporäre Stellen einzurichten.
Wir brauchen eine deutliche Entlastung der Mitarbeiter in den Jugendämtern.
Das Personalbemessungssystem soll kommen, dafür sind wir auch. Aber wir können doch nicht warten bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag, und ich wette mit Ihnen, in dieser Legislaturperiode wird es nicht mehr kommen. Sie können mich da gern eines Besseren belehren, Herr Senator, aber die Legislaturperiode ist bald vorbei.
Wir brauchen eine Entschlackung der ASD im Bereich der Bürokratie, die viel zu aufwendig ist, das hat Frau Schneider schon gesagt. Ein Anlagenband von 400 Seiten ist Unfug, das muss mit den Mitarbeitern im ASD entschlackt werden. Wir müssen dahin kommen, dass die Mitarbeiter mehr Zeit für die Familien, für die Fallarbeit haben, dass sie in die Familien gehen und wirklich in die Lage versetzt werden, den Kinderschutz vor Ort zu gewährleisten.
Was wir nicht brauchen, ist eine Regierungspartei, die weichgespülte Anträge in die Bürgerschaft einbringt. Zumindest haben Sie jetzt noch die Chance, bei unserem Antrag – dazu haben Sie sich nicht geäußert, Herr Schmitt – den Punkt anzunehmen, dass Sie sich gegen die Schließung der ASD-Abteilung in St. Pauli aussprechen. Die Kollegen in Hamburg-Mitte tun das, die SPD hat gestern Abend zusammen mit den GRÜNEN Einspruch eingelegt. Das Thema kommt in den Hauptausschuss, das war ein Alleingang von Bezirksamtsleiter Grote.
Ich hoffe, dass die neue Koalition in Hamburg-Mitte zwischen GRÜNEN und SPD das irgendwie noch verhindern kann.
Sie und Ihre Fraktion, Herr Scheele, hätten jetzt die Gelegenheit, diese Schließung mit der Kraft der Bürgerschaft und des Senats zu verhindern. Das ist familienfeindlich, wir brauchen den ASD in den Stadtteilen.
Mehr habe ich dazu erst einmal nicht zu sagen, das letzte Wort ist aber noch nicht gesprochen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Senator Scheele, Sie haben eben aus einer Drucksache zitiert und Maßnahmen verdeutlicht, die Sie vor zwei Wochen im Senat beschlossen haben. Diese Drucksache hat noch nicht das Licht der politischen Öffentlichkeit erblickt; es gibt dazu lediglich eine Vorlage im Landesjugendhilfeausschuss, in der genau diese Maßnahmen, die Sie eben erwähnt haben, stehen.
Zu den Kooperationen des Jugendamts mit den Familiengerichten und so weiter kann ich nur sagen, dass wir diese Schritte begrüßen, aber wir können sie natürlich erst genauer unter die Lupe nehmen, wenn diese Drucksache auch an das Parlament weitergereicht wird, was zwei Wochen nach Beschluss noch nicht der Fall ist.