Walter Scheuerl
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Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Kollegen! Die Debatte um eine vermeintliche Verstaatlichung der privaten Krankenhäuser ist ein bisschen rückwärtsgewandt – jemand hat es gespenstisch genannt –,
wenn man bedenkt, dass gerade heute im "Handelsblatt" ein ausführliches Interview mit dem Chef eines staatlichen Krankenhauses, der Charité in Berlin, veröffentlicht ist, in dem er sich dafür stark macht, den Ländern und Kommunen die Planungshoheit für die staatlichen Krankenhäuser zu nehmen und sie auf die Krankenkassen zu übertragen, nach dem Motto, wer zahlt, soll auch anschaffen. Dieses Dreiecksverhältnis führt schlicht zu qualitativen Defiziten.
Gerade weil Sie das Bild an die Wand malen, dass staatliche Krankenhausträger vermeintlich zu einer besseren Gesundheitsversorgung oder zu einer besseren medizinischen Behandlung führen, ist es wichtig sich vor Augen zu halten, wie grundfalsch – das jedenfalls zeigen die Erfahrungen der vergangenen Jahrzehnte – die These ist, der Staat sei der bessere Krankenhausbetreiber.
Als angebliches Gegenbeispiel wurden unterschwellig die Strahlenfälle aus dem AsklepiosKrankenhaus angeführt.
Das kommt in den Zusatzanträgen ein bisschen durch.
Diese stammen aus den Jahren 2010 bis 2013 und sind von Asklepios selbst aufgedeckt und der Behörde umgehend gemeldet worden. Bei diesen falsch dosierten Bestrahlungen ist aber kein Patient zu Schaden gekommen. Insofern sind das also keine Gründe, um einer Verstaatlichung das Wort zu reden.
Andersherum: Wenn Sie sich die Fälle im staatlichen Krankenhaus UKSH in Kiel vor Augen führen, in das MRSA-Bakterien durch einen Patienten aus der Türkei eingeschleppt worden sind, die wegen mangelnder Desinfektion und mangelnder Hygienemaßnahmen nicht erkannt und beseitigt wurden, woraufhin eine ganze Reihe von Patienten zu Tode gekommen ist, dann sehen Sie, dass menschliche Fehler in Krankenhausbetrieben sicherlich nie ausgeschlossen werden können, dass aber der staatliche Betrieb eines Krankenhauses mit Sicherheit der schlechteste Garant dafür ist, dass es nicht zu menschlichen Fehlern kommt. Das Tragische an der Geschichte ist, dass der Leiter und Vorstandsvorsitzende des besagten staatlichen Krankenhauses ausgerechnet der Bruder des Ersten Bürgermeisters ist.
Das hat aber unmittelbar mit der Frage der Privatisierung wenig zu tun.
Die privaten Krankenhausträger bieten die bessere medizinische Versorgung. Wie die Erfahrung zeigt, bewegen sie sich in einem hoch regulierten Markt mit staatlicher Angebotsplanung. Deswegen können sie auch etwaige Gewinne – Sie haben die Mär von der Gewinnorientierung an die Wand gemalt – erwirtschaften. Gewinne kann ein privater Krankenhausbetreiber nur dadurch generieren, dass er nicht Preise steigert – das kann er überhaupt nicht –, sondern indem er erfolgsorientiert managt.
Das bedeutet, dass er geringere Sachkosten in einem größeren Klinikverbund durch Einkäufe generieren kann und im Regelfall – das zeigt das Beispiel Asklepios – die bessere Arzt-Patienten-Quote hat, also mehr Ärzte pro Patient,
und auch die bessere Mitarbeiterquote.
Wenn Sie sich zum Beispiel die Zahlen anschauen, dann hatte 2004 der Landesbetrieb Krankenhäuser gerade einmal 11 650 Mitarbeiter. 2013 steht Asklepios bei 14 000 Mitarbeitern. 2000 Mitarbeiter sind in der Zeit nach der Privatisierung im Rahmen der Rückkehrmodelle wieder in die staatliche Anstellung gegangen und in gleichem Maße sind 2000 neue Arbeitsplätze durch zusätzliche Leistungsangebote geschaffen worden.
Das zeigt doch, dass ein privater Betreiber hier sichtlich effizienter und gesundheitsorientierter arbeitet.
Eines noch zu Tarifverträgen und Ähnlichem. Sie sollten wissen, dass Asklepios sich in einer Tarifgemeinschaft mit dem UKE und dem Albertinum befindet und deswegen den Mindestlohn schon lange vor dem Bürgermeister und dem Senat garantiert hat und dass auch die tariflichen Vergütungen leicht über den meisten ver.di-Tarifen in dem Bereich liegen.
Kurz zusammengefasst: Die Hamburger haben ein Interesse an optimaler medizinischer Versorgung, aber nicht an linker Symbolpolitik. Eine Verstaatlichung durch Rekommunalisierung –
ich komme zum Schluss – ist ohnehin nicht möglich, weil der Betrieb verkauft worden ist.
Wir sollten also aufhören, den Wählerinnen und Wählern etwas vorzumachen und von Rekommunalisierung zu sprechen. – Vielen Dank.
Darf ich Sie daran erinnern, dass wir am
18. Juli 2010, das war die dritte Woche der Sommerferien, einen erfolgreichen Volksentscheid zu einem Schulthema hatten?
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrter Herr Senator Rabe, sehr geehrter Herr Bürgermeister! Wenn man den Haushaltsplan-Entwurf für den Bereich Schule und Bildung liest, dann drängt sich einem der Eindruck auf, das Motto heiße "Weiter so", und so ist es offenbar auch gemeint von der SPD. Herr Holster als Sprecher für die SPD hat vorhin gesagt, das bedeute auch so etwas wie keine neuen Schulreformen.
Und Strukturreformen.
Da drängt sich mir dann doch der Eindruck auf, dass es hier unterschiedliche Wahrnehmungen gibt. Deswegen habe ich Ihnen einmal das Schwarzbuch Senator Rabe mitgebracht, wo die Schäden, die Senator Rabe und die SPD-Fraktion als absolute Regierungsfraktion in den letzten fast vier Jahren im Hamburger Schulsystem angerichtet haben, zusammengestellt sind. Diese Schäden gehen deutlich über das hinaus, was 2009 von der schwarz-grünen Koalition beschlossen wurde und teilweise im Volksentscheid von 2010 ausgebremst werden konnte. Was Sie dabei von der CDU-Fraktion unterscheidet, ist, dass die CDU-Fraktion manche Fehler von damals erkannt hat, wie insbesondere den Fehler, die Möglichkeit des Sitzenbleibens und Klassenwiederholens abzuschaffen. Die CDU beantragt, das wieder einzuführen; Sie wehren sich vehement dagegen.
Aber ich möchte kurz einmal die Schulformen durchgehen, weil vielen von Ihnen möglicherweise inzwischen schon entfallen ist, was unter Senator Rabe und der SPD in den letzten fast vier Jahren alles angerichtet worden ist. Die Grundschulen: Eine der ersten Amtshandlungen ist es gewesen, die Schreibschrift als verbindlichen Unterrichtsinhalt in den Grundschulen abzuschaffen. Eine der nächsten Amtshandlungen ist es gewesen, die Kinder mit Kita-Gutscheinen, die sich zunächst noch aussuchen konnten, in welchem Hort sie nachmittags pädagogisch betreut werden,
in die Nachmittagshortaufbewahrung in den Schulräumen zu zwingen, völlig unabhängig davon, ob sie draußen vielleicht einen besseren Hortanbieter hatten. Dann wurden die KESS-Indizes von einer Kleinstabteilung in der Behörde neu festgelegt, was dazu geführt hat, dass zahlreiche Grundschulen mit geringeren Mitteln ausgestattet wurden. 67 Grundschulleiter haben sich darüber beschwert, obwohl – das ist bekannt – die Grundschulleiter nicht besonders streitsüchtig sind, wenn
es darum geht, gegen den Senator vorzugehen. Wir haben außerdem eine Reihe von Dingen, die nicht abgeschafft worden sind, obwohl die SPDFraktion und Herr Senator Rabe hätten handeln können. Das betrifft zum Beispiel den fachfremden Unterricht im Fach Mathematik in den Grundschulen. Fast die Hälfte der Lehrkräfte in Mathematik hat nicht die Fakultas in Mathematik und unterrichtet trotzdem in den Grundschulen. Die desolate Methode Lesen durch Schreiben ist trotz Anhörung im Schulausschuss nicht aus dem Bildungsplan verbannt worden. Der Senator weigert sich, benotete Diktate wieder einzuführen, und er weigert sich ferner beharrlich, die Korrektur von Rechtschreibfehlern im Fach Deutsch vor der Klasse 3 verbindlich wieder einzuführen.
Bei den Stadtteilschulen sieht es nicht besser aus. Bei den Stadtteilschulen konzentrieren sich alle immer darauf, dass man dort auch Abitur machen könnte. Seit vier Jahren liegt es völlig brach, an den Stadtteilschulen auch gute Haupt- und Realschulabschlüsse zu fördern. Es wird, das ist eine der Ursachen, vom Senator und von der Behörde nicht auf eine ausreichende äußere Differenzierung an den Stadtteilschulen geachtet, und die Inklusionsklassen, das haben meine Vorredner auch schon ausnahmslos kritisiert, sind unzureichend ausgestattet und haben nicht genug Doppelbesetzung.
So richtig zugelangt haben SPD und Senator Rabe bei den Gymnasien. Seit 2014 sind die externen verbindlichen Zweitkorrekturen abgeschafft worden, und seit 2014 sind auch die internen verbindlichen neutralen Zweitgutachten abgeschafft worden. Ich habe das abgefragt, und die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache. Die Schulen bewerten seither tendenziell zu gut und immer besser. Das steigert zwar die Statistik, es schadet aber der Qualität des Hamburger Abiturs.
Schlimm sieht es an den Sonder- und Förderschulen aus. Die Inklusionsdrucksache – wir erinnern uns an die lebhaften Diskussionen – hat dazu geführt, dass zahlreiche Standorte aufgelöst und zusammengelegt worden sind. Noch schlimmer sieht es für die eigentlich betroffenen Kinder aus. Sie haben die individuelle Förderressource für Kinder, die sonderpädagogischen Förderbedarf in den Bereichen Lesen oder Sprache oder emotionale und soziale Entwicklung haben, abgeschafft und stattdessen mit dem Gießkannenprinzip eine systemische Ressource über die Stadt verteilt, die hinten und vorne nicht reicht.
Wir Abgeordneten werden heute über den Haushaltsplan-Entwurf beschließen. Die Wähler werden im Februar 2015 über die Zukunft der Hamburger Schulpolitik und der Schulen beschließen, und ich hoffe, es wird kein "Weiter so" geben. – Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrter Herr Senator Rabe! "Oh, wie schön ist Panama" heißt die Geschichte von Janosch, in der ein Bär sich das Traumland vorstellt. So hörte sich das an, was Sie, Herr Rabe, uns gerade erzählt haben, als Sie die GBS-Situation über den grünen Klee gelobt haben. Auch was die Kollegin aus der SPD-Fraktion vorhin erzählt hat, hörte sich so an.
Ich möchte gar nicht wiederholen, was die Oppositionskollegen im Einzelnen zu den vielen im Mo
ment bestehenden Defiziten und Mängeln bei der aktuellen GBS-Nachmittagsaufbewahrung aufgeführt haben. Das ist alles richtig. Dazu gibt es – und dafür möchte ich an dieser Stelle nur werben – draußen eine stetig wachsende Volksinitiative guter-ganztag.de. Besuchen Sie die Webseite, dort finden Sie die objektiven Informationen.
Wir sind hier in der Debatte, und deswegen möchte ich nur auf die politische Argumentation eingehen, auf die angebliche Abstimmung mit den Füßen, die Herr Senator Rabe uns gerade erklären wollte, nämlich, dass Hamburger Eltern angeblich alle nun in die GBS-Aufbewahrung streben, sei doch ein Beleg für Qualität. Das ist ein Für-dummVerkaufen der Hamburgerinnen und Hamburger. Ich möchte einmal kurz an die Historie erinnern.
Im Februar 2013 haben wir hier eine Debatte geführt, weil sich die SPD damals Folgendes ausgedacht hatte: Den Eltern, die bisher frei entscheiden konnten, wo ihr Kind nachmittags betreut wird – im Hort oder in der Kita – und einkommensabhängig einen Kita-Gutschein hatten, wurde Anfang 2013 zum Sommer 2013 angekündigt, dass sie ihr Kind nachmittags in die GBS-Aufbewahrung geben müssten, wenn es an einer Grundschule ist, die zur GBS-Schule erklärt wurde und dort eine GBSAufbewahrung stattfindet. Das war es dann mit dem Wahlrecht, das war es dann mit dem KitaGutschein. Das ist die von der SPD eingeführte Gesetzeslage. Die SPD hat den Eltern, die darauf angewiesen waren, die Kita-Gutscheine im Sommer 2013 genommen, und Herr Senator Rabe ist es, der sich gestern vor die Presse setzt und sich heute hier hinstellt und von einer Abstimmung mit den Füßen spricht, weil all die Eltern – Klammer auf: denen er den Kita-Gutschein weggenommen hat – nun in die GBS-Schulen kommen. Das ist eine tolle Abstimmung mit den Füßen. Das ist ein Für-dumm-Verkaufen der Hamburgerinnen und Hamburger. – Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, sehr geehrter Herr Bürgermeister! Für einen Juristen ist es interessant, im Rahmen einer Regierungserklärung etwas vom Ersten Bürgermeister zu hören. Vergegenwärtigen wir uns doch einmal, worüber wir heute eigentlich sprechen: Es gibt ein oder mehrere Gerichtsverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht, die der Erste Bürgermeister quasi als Anwalt der Hamburger verantwortlich führt. Der zuständige Senat des Bundesverwaltungsgerichts hat mitgeteilt, er wolle noch eine Entscheidung des EuGH in einem anderen Verfahren abwarten und deswegen noch nicht im Oktober entscheiden. Allein diese Verzögerung ist dem Ersten Bürgermeister Olaf Scholz so wichtig, dass er eine Regierungserklärung vor dem Hohen Haus abgibt – zu Recht, denn mit der bloßen Verzögerung entstehen der Hamburger Wirtschaft und damit allen Hamburgerinnen und Hamburgern weitere Schäden in Millionenhöhe.
Vor diesem Hintergrund wundert es doch, dass die eigentliche Ursache dieser Verzögerung nur teilweise thematisiert worden ist; Frau Suding hat es für die FDP angesprochen und Herr Kerstan hat es quasi proaktiv umgedreht angesprochen. Der eigentliche Kern und die Ursache der Verzögerung ist das umweltschutzrechtliche Verbandsklagerecht, das von Vereinen – in diesem Fall dem BUND und dem NABU – exzessiv ausgeübt wird. Es ist niemand anderes als der ehemalige Bürgermeister Herr Voscherau gewesen, der gesagt hat, wir hätten mit dem Verbandsklagerecht inzwischen eine Vetokratie statt einer Demokratie, und damit hat er recht. Die Verzögerung der Fahrrinnenanpassung veranschaulicht, dass das Verbandsklagerecht, wie es vom BUND, dort Herrn Braasch, und dem NABU ausgeübt wird, im Kern ein lukratives Beschäftigungsmodell für Vereinsvorstände ist, aber für die Stadt, für die Hamburgerinnen und Hamburger ohne jede Vorteile ist, sondern im Gegenteil sogar erhebliche Schäden verursacht.
Eine Studie, die im Auftrag des Bundesamts für Naturschutz über die Erfolgsrate der Verbandsklagen in den letzten zehn Jahren erstellt worden ist, hat ergeben, dass rund 60 Prozent der von Umweltverbänden erhobenen Klagen erfolglos sind, also unbegründet eingereicht wurden. Es muss uns doch allen zu denken geben, wo das eigentli
che Problem bei der jetzt konstatierten Verzögerung der Fahrrinnenanpassung liegt.
Ein weiterer Punkt: Die Kläger, der BUND und der NABU, sind in keiner Weise demokratisch legitimiert. Es sind vergleichsweise kleine Vereine, die diese Klagen eingereicht haben, und nur wegen dieser Klagen haben wir jetzt die Verzögerung.
Wie kurzsichtig und verantwortungslos diese Klagen sind,
zeigt auch die Gegenrechnung; Herr Dr. Dressel hat es angesprochen. Es wird immer ein wenig irreführend von Elbvertiefung gesprochen. Im Kern geht es vor allem um die Fahrrinnenanpassung, um das Schaffen von mehr Begegnungsstellen, damit der Verkehr auf der Elbe insgesamt mehr fließen kann.
Wenn nur ein einziges 10 000-TEU-Schiff nicht den Hamburger Hafen anläuft, dann bedeutet das, dass man diese 10 000 Container per Lkw transportieren muss. Stellen wir uns 10 000 Container auf Lkws vor. Wenn die Kolonne fahren, dann macht das bei 50 Meter Straße je Lkw, Sicherheitsabstand eingerechnet, 500 Kilometer für ein 10 000-TEU-Schiff, das Hamburg nicht anläuft, völlig egal, ob es einen Tiefgang von 15 Metern hat oder weniger. 10 000 TEU bedeuten eine entsprechende Kolonne, die von Rotterdam bis Hamburg läuft. Das können wir uns doch auch vor dem Hintergrund der Hamburgischen Verfassung, die betont, dass Hamburg eine Welthafenstadt ist und dass das eine Bedeutung für Hamburg hat, nicht länger gefallen lassen.
Meine Forderung deshalb: Wir müssen endlich an das Verbandsklagerecht herangehen und an die Gemeinnützigkeit dieser Umweltverbände. – Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrter Herr Scholz, sehr geehrte Frau Senatorin Blankau, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben vor nicht ganz vier Jahren Olaf Scholz in dieser Stadt auf jeder Rede in seinem Wahlkampf eingangs die Worte sagen hören, Hamburg müsse wieder ordentlich regiert werden.
Das war das Mantra, mit dem er in den Wahlkampf gegangen ist.
Am 24. Juli hat Senatorin Blankau eine folgenschwere, falsche, untragbare Entscheidung getroffen. Heute, zwei Monate später, hat sie sich quasi
damit gerechtfertigt, dass das so eine Art Fortbildungsprogramm für Herrn Basse gewesen sei; er hätte seine Erfahrungen im Aufsichtsrat eines privaten Unternehmens erweitern können. Zwei Monate später sagt sie das, stellt sich hier hin und tut so, als ob nichts gewesen wäre. Gemessen an dem Anspruch, mit dem Sie in die Stadt gekommen sind, Herr Bürgermeister Scholz – Sie haben gesagt, wer Führung wolle, bekomme sie, und Hamburg müsse wieder ordentlich regiert werden –, ist es nicht tragbar, dass Sie untätig in der Ecke der Senatsbank sitzen.
Es ist, gemessen an dem Wahlkampfslogan "Das Wir entscheidet", mit dem Sie in die Bundestagswahl gezogen sind,
für die Bürger der Freien und Hansestadt Hamburg und im Hinblick auf die Vorstellung, die wir als Hamburgerinnen und Hamburger von der Würde des Amts einer Senatorin der Freien und Hansestadt Hamburg in einer mehrere hundert Jahre währenden Tradition der Geschichte unserer Stadt haben, unwürdig für unsere Freie und Hansestadt Hamburg, was Sie Frau Blankau durchgehen lassen. Spätestens diese kurze Rede von Frau Senatorin Blankau
heute Nachmittag in diesem Hohen Haus muss Sie zu der Entscheidung bringen: Wenn Frau Blankau nicht geht, muss sie entlassen werden. – Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Abgeordnete, sehr geehrter Herr Bürgermeister Scholz und sehr geehrter Herr Senator Neumann! Hamburg hat eine Chance auf Olympische Spiele, darauf, Austragungsstadt für die Olympischen Spiele 2024 oder 2028 zu werden, wenn es sich gemeinschaftlich mit Berlin bewirbt. Ich will Ihnen das kurz darlegen.
Es ist im Moment offenbar nicht allen geläufig, wie das Verfahren für eine Bewerbung nach der olympischen Charta aussieht. Es ist nicht so, wie es bei den Vorrednern teilweise durchklang, dass Hamburg und Berlin sich mit jeweils rund 50 Millionen Euro je Bewerbung – so hoch sind die Kosten, die das IOC dafür kalkuliert – bis zur Wahl durch das IOC durch das Verfahren schlängeln und dann am Ende vielleicht den Zuschlag bekommen könnten. So läuft das Verfahren nicht. Das Verfahren nach der IOC-Charta ist klar: Das Nationale Olympische Komitee muss entscheiden, welche Stadt als Bewerberstadt vorgeschlagen wird.
Pro Land darf nur eine Stadt ins eigentliche Verfahren gehen. Das IOC entscheidet erst ganz am Schluss. Wir wissen bis jetzt von Budapest als Bewerber; vielleicht kommen noch weitere Städte hinzu. Aber es wird nicht dazu kommen, dass das IOC sich irgendwann zwischen den Bewerbern
Hamburg und Berlin entscheidet, sondern diese Entscheidung muss vorab getroffen werden. Man müsste also jetzt überlegen, welche Stadt den Vorzug bekommt. Wenn Hamburg sich gemeinsam mit Berlin bewirbt, wäre es auf jeden Fall in der Endentscheidung dabei, denn das NOC würde selbstverständlich eine solche gemeinschaftliche Bewerbung, wie sie in Artikel 34 der olympischen Charta ausdrücklich vorgesehen ist, in das Verfahren des IOC einspielen. Hamburg wäre dabei und könnte am Schluss für viele spannende Wettbewerbe Austragungsort werden.
Das eigentliche Risiko besteht aber doch in Folgendem: Hamburg hat zurzeit 30 Milliarden Euro Schulden. 30 Milliarden Euro Schulden bedeuten, dass die Hamburger Steuerzahler schon heute und morgen und übermorgen jeden Tag rund 1 Million Euro an Zinsen erwirtschaften müssen. Dieses frohe Fest der Olympischen Spiele kostet nach den überschlägigen Schätzungen, die der Senat in seinem Konzept vorgelegt hat, mindestens 6 Milliarden Euro an operativen Kosten, wenn Hamburg diese Spiele allein austrägt. Da soll ein teures Olympiastadion in der HafenCity gebaut werden, das anschließend wieder auf 20 000 Plätze zurückgebaut werden soll, da soll im Osten der HafenCity für viele Millionen Euro ein olympisches Dorf gebaut werden, das anschließend als Wohnungen dienen soll.
Aber vor allem werden, vorausgesetzt, die Spiele finden in Hamburg statt, hier Bauten gebaut, die es in Berlin längst gibt. Berlin hat ein Olympiastadion und andere Sportstätten; Hamburg hat wiederum Sportstätten, die Berlin nicht hat. Es ist also in der heutigen Zeit und angesichts der Verschuldung von Hamburg und der noch um ein Vielfaches höheren Verschuldung von Berlin völlig abwegig, zwei hoch verschuldete Städte streitig gegeneinander ins Rennen um die Olympischen Spiele zu schicken, wenn beide zusammen Synergieeffekte heben könnten.
Beide zusammen könnten viele Baukosten sparen. So ist es auch gute Tradition: Wir haben die Olympischen Spiele in München gehabt mit den Segelwettbewerben in Kiel. Kiel profitiert noch heute davon. Selbstverständlich könnte man eine gemeinsame Austragung ohne Weiteres mit allen positiven Effekten für unsere Stadt durchziehen. Deswegen appelliere ich an den Senat, an Herrn Neumann und an alle, die beteiligt sind, doch bitte schön Gespräche aufzunehmen. Sie können schon jetzt mit dem Nationalen Olympischen Komi
tee sprechen, Sie können schon jetzt mit den Vertretern in Berlin sprechen. So eine gemeinsame Bewerbung, bei der alle ihr Bestes ins Rennen schicken, wird am Ende auch erfolgreich sein. Wenn das nicht passiert, läuft dieses Bewerbungsverfahren – und es geht um viele Millionen Euro alleine für die Bewerbung – auf ein teures "Alles oder nichts"-Spiel hinaus: ein teures Alles oder ein teures Nichts. Das brauchen wir nicht. Wir können mit Berlin zusammen erfolgreich sein. Lassen Sie es uns anpacken. – Vielen Dank.
Sehr geehrter Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Rabe, es ist ein Déjà-vu: Eigentlich wollte ich mich gar nicht zu Wort melden,
dann haben Sie gesprochen und Dinge gesagt, auf die es dringend zu erwidern gilt, weil sie schlicht falsch sind. Ich werde auf vier Punkte eingehen.
Zur ersten falschen Darstellung. Herr Rabe, Sie haben sich in Ihrem Beitrag gerühmt, Sie als SPD hätten in den Stadtteilschulen den Fachunterricht in den Naturwissenschaften wieder eingeführt. Das haben Sie aber doch nur deshalb getan, weil Sie ihn mit Ihren Bildungsplänen 2011 als erste Amtshandlung zunächst abgeschafft haben. Erst nach der zunächst von "Wir wollen lernen!" und dann auch von der Opposition geäußerten Kritik und als
der Druck durch die Öffentlichkeit zu groß wurde, haben Sie ihn wieder eingeführt.
Das ist also kein Ruhmesblatt, das Sie für den SPD-Senat und seine Bildungspolitik vor sich hertragen sollten.
Der zweite Punkt, eine Anmerkung zur Bildung von Grund auf. Die Bildungspläne, die unter Ihrer Amtszeit 2011 eingeführt worden sind, zeichnen sich leider immer noch dadurch aus, dass sie eigentlich den Namen Bildungsplan kaum noch verdienen, weil Sie ihre Inhalte auf Kompetenzorientierung heruntergefahren haben. Die erste Hälfte der kleinen Heftchen besteht aus praktisch wortgleichen allgemeinen Hinweisen und blumigen Reden, mit denen die Schulen überhaupt nichts anfangen können. Daran anschließend finden sich dann inhaltlich gegenüber früheren Bildungsplänen deutlich gekürzte Hinweise darauf, was die Schulen in Eigenarbeit als eigene Curricula erstellen sollen. Die Schulen sind dort deutlich stärker alleingelassen, als das unter früheren Regierungen der Fall war. Eine Stärkung der Bildung ist das nicht.
Die dritte und zentrale Falschbehauptung von Ihnen ist gewesen, Sie hätten – ich zitiere Sie – das Zentralabitur gestärkt. Lieber Herr Senator Rabe und liebe Kolleginnen und Kollegen, was ist ein Zentralabitur? Es gab in Hamburg bis zum Amtsantritt von Herrn Rabe in mehreren Fächern, insbesondere in den Kernfächern, ein Zentralabitur. Das sah so aus, dass zentral in der Behörde die Aufgaben erstellt wurden, diese dann versiegelt an die Schulen gingen, wo die Abiturientinnen und Abiturienten ihre Prüfungen schrieben – neutral, nur mit einer Schüsselnummer, sonst nichts. Von der Schule wurden die Arbeiten dann korrigiert und ein Erstgutachten erstellt, bevor sie an eine andere, externe Schule gegeben wurden, wo sie von einem Zweitkorrektor noch einmal korrigiert wurden, ohne dass dieser wusste, welche Noten der Erstvotant vergeben hatte. Erst im Anschluss daran gab es dann die Endnote oder, bei zu großer Abweichung, ein Drittgutachten. Sie, Herr Rabe, haben genau dieses Prinzip abgeschafft und mit Wirkung zum Abitur 2014 dafür gesorgt, dass es dieses regelhafte externe, neutrale Zweitgutachten nicht mehr gibt. Was ist daraufhin in diesem Jahr in den Schulen passiert? Der Erstgutachter, das heißt, der Fachlehrer, hat die Arbeit begutachtet. Dann ging sie, im Regelfall innerhalb derselben Schule, an einen Zweitgutachter. Dieser Zweitgutachter, der den Erstgutachter als Kollegen selbstverständlich kennt, liest das Erstgutachten und schreibt: Ich schließe mich dem Gutachten meines Kollegen an, richtige Bewertung. Wozu hat das geführt? Das hat natürlich dazu geführt – dafür spricht alles, insbesondere die Weigerung, diese Abiturergebnisse herauszugeben –, dass die Be
wertung der Klausuren gegenüber den Vornoten auffällig nach oben abweicht bei diesem Abitur, obwohl die fachliche Leistung durchaus nicht besser geworden ist; so jedenfalls berichten es viele Lehrer. Um das zu verdecken, legen Sie diese Ergebnisse trotz mehrfacher Anfragen und obwohl die Präsidentin den Bürgermeister dazu aufgefordert hat, bisher nicht vor.
Gestärkt haben Sie jedenfalls das Zentralabitur nicht, sondern in Hamburg haben Sie es zu einer Farce gemacht.
Ich komme zum letzten Punkt, zur Abschaffung des Sitzenbleibens, damals unter Schwarz-Grün beschlossen und in Ihrer Verantwortung umzusetzen. Sie haben die sogenannte APO-GrundStGy erlassen, die für das Umgehen mit den verschiedenen Jahresergebnissen so kompliziert ist, dass viele Schulen nicht wissen, was sie damit machen sollten. Vor allem aber hat sie das Problem hervorgebracht, dass viele Zehntklässler plötzlich im Halbjahreszeugnis erfuhren, dass sie erstens möglicherweise nicht versetzt und zweitens voraussichtlich die Realschulabschlussprüfung nicht bestehen würden. Diejenigen, die diese mittlere Schulabschlussprüfung dann tatsächlich nicht bestanden haben, sind in der grotesken Situation, dass sie, wenn sie den Abschluss der zehnten Klasse nicht geschafft haben, nicht wiederholen können.
Da muss nachgebessert werden. Ich komme deswegen zum Schluss: Verbessert haben Sie die Bildung nicht. – Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Senator Rabe, ich wollte mich bei dieser Debatte eigentlich gar nicht zu Wort melden, aber Ihre Worte eben waren dann doch so interessant, dass ich einiges davon kurz ansprechen möchte.
Erstens habe ich zur Kenntnis genommen, dass Sie sich in Sachen Schulbau als ein Opfer der Medien verstehen. Das ist bedauernswert, aber in dem Fall, Herr Senator Rabe, sollten Sie über Ihren Sprecher und über Ihre Abteilung nachdenken. Sie beschäftigen einige Sprecher, und wenn es eine Woche dauert, um in Erfahrung zu bringen, auf welche Fälle sich ein Bericht in der Presse bezieht, dann fließen Steuergelder in Ihrer Behörde in falsche Personalressourcen.
Zweitens habe ich zur Kenntnis genommen, dass Sie Ihr eigenes Musterflächenprogramm von 2011 auf Nachfrage als dummes Zeug, als dumm Tüüch bezeichnen. Das haben wir inhaltlich schon früher
getan, aber dass Sie so polemisch darüber herziehen, ist bezeichnend.
Dass Sie schließlich drittens herablassend über Hamburger Bezirkspolitiker sprechen, indem Sie sagen, es sei ihnen gestattet, auch einmal nachzudenken, halte ich eines Senators der Freien und Hansestadt Hamburg für unwürdig.
Viertens, damit komme ich zum Schluss, finde ich es überraschend, den Erfolg der Bautätigkeit eines Senats in Sachen Schulbau daran zu messen, wieviel Geld ausgegeben wird. Ein Bischof in Süddeutschland hat auch schon einmal viel Geld ausgegeben. Daran kann man doch aber bitte nicht messen, ob erfolgreiche Bautätigkeit im Sinne der Hamburger Schulen stattfindet,
sondern es ist doch entscheidend, wie viele Quadratmeter Unterrichtsräume, Nebenflächen, Grundstücksflächen entweder geschaffen werden oder ersetzt oder saniert werden. Heute Nachmittag erst hat Ihre Fraktion eine Pressemitteilung herausgegeben, in der von 320 Millionen Euro die Rede ist, die Sie ausgegeben haben. Wir könnten dazu nun natürlich mit Schriftlichen Kleinen Anfragen nachlegen, aber ich würde mir doch wünschen – vielleicht sagen Sie uns das zu, Herr Senator Rabe, oder Sie, Herr Dressel –, dass Sie die Öffentlichkeit in den nächsten Tagen darüber informieren, was genau im Sinne der Schulen mit dem Geld angestellt worden ist. Ich warte einmal eine Woche darauf und wenn nichts kommt, dann stelle ich eine Schriftliche Kleine Anfrage dazu. Dann haben wir noch etwas zum Herbst, aber ich würde es mir wünschen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Das von der LINKEN angemeldete Thema dieser Aktuellen Stunde ist doch eigentlich kein hochschulrechtliches. Herr Schinnenburg hat völlig zu Recht gesagt, die Hochschulen sollten im Rahmen ihrer Autonomie selbst darüber entscheiden, welche Studienfächer sie anbieten.
Das Thema dieser Aktuellen Stunde lautet: Türkischlehrkräfte sind in Schulen unverzichtbar, so formuliert von der LINKEN. Mit Blick auf die Schulen frage ich mich nun, wofür diese Türkischlehrkräfte eingesetzt werden sollen. Es gibt doch
verschiedene Möglichkeiten, zum einen die Frage, ob die Schulbehörde es ermöglicht, im Rahmen der Stundentafeln an den Schulen Türkisch als Fremdsprache anzubieten. Kein Problem, für Fremdsprachenfächer braucht man natürlich die entsprechenden Lehrkräfte. Wenn das Fach als zweite Fremdsprache angewählt wird, dann muss es diese Lehrkräfte geben. Was ich aber auch heraushöre und in den vergangenen Tagen in anderen Medien vonseiten der GRÜNEN und LINKEN gehört habe, ist eher eine Argumentation, die dahin geht, dass in den Schulen – korrigieren Sie mich, wenn ich das falsch wiedergebe – generell bilingual unterrichtet werden soll, jedenfalls in den Schulen, in denen es viele Schüler mit einem türkischen Familienhintergrund gibt. Das wird dann als interkulturelle Kompetenz bezeichnet. Hier sollten wir uns aber doch bitte auch klar machen, was Integration bedeutet. Aus meiner eigenen Elternratszeit weiß ich, dass Schüler zum Beispiel bei Lernentwicklungsgesprächen oder bei Elternabenden oft als Dolmetscher neben den Eltern sitzen. Schülern aus Familien, die zu Hause türkisch sprechen, in denen vielleicht ein Elternteil ausschließlich türkisch spricht und gar kein Deutsch kann, ist mitnichten damit gedient, wenn ihnen nun auch noch Unterricht, den sie in Deutsch, der hiesigen Landes- und Amtssprache, haben könnten und der dazu beitragen würde, ihnen weitere Sprachkenntnisse in Deutsch zu vermitteln, in ihrer Heimatsprache Türkisch erteilt wird, weil sie damit automatisch entsprechend weniger Deutschunterricht haben würden.
Die Zahlen finde ich besonders interessant. Nach Erhebung des Statistikamts Nord beträgt der Anteil der unter 18-Jährigen mit Migrationshintergrund an der gesamten Bevölkerung unter 18 Jahren 44,8 Prozent. Das ist sehr hoch, aber wenn Sie sich dann anschauen, wie sich diese knappe Hälfte der Hamburger Schülerschaft auf verschiedene Nationalitäten verteilt, dann wird es interessant. Von diesen 44,8 Prozent sind zwar 18 Prozent türkischer Herkunft oder mit türkischem Migrationshintergrund, wie auch immer man das nun politisch korrekt bezeichnen kann, aber 14 Prozent, also fast genauso viele, kommen aus Russland oder anderen ehemaligen Staaten der Sowjetunion und 13,1 Prozent aus Polen; die restlichen 54 Prozent aus anderen Ländern. Wenn Sie also, liebe LINKE und liebe GRÜNE, dieses Thema der Türkischlehrkräfte in den Schulen forcieren wollen, dann müssen Sie sich fragen, warum denn bitte das, was Sie türkischen Schülern angedeihen lassen wollen, nämlich Zwangsunterricht in ihrer Heimatsprache,
nicht auch für polnische, russische oder für Schülerinnen und Schüler aus Asien und anderen Herkunftsländern gelten soll. Bilingualer Unterricht an
den Schulen macht Sinn, aber wir sollten uns dann auf die Fächer konzentrieren, die für alle wichtig sind, und das sind nach unseren Lehrplänen nun einmal vor allem Englisch, Französisch und Spanisch. Wie gesagt, wenn dann zweite Fremdsprachen angeboten werden, dann kann das gern auch türkisch, polnisch, russisch, chinesisch sein. Wir haben doch an den Hamburger Schulen ein vielfältiges Angebot an zweiten und dritten Fremdsprachen. Dafür brauchen wir auch die entsprechenden Lehrkräfte, das ist überhaupt keine Frage. Nur dies konkret beim Türkischunterricht zu forcieren und nicht in Bezug auf die zweite oder dritte Fremdsprache, das ist schlicht der falsche Ansatz. – Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Da alle noch kurz etwas zur G9-Initiative gesagt haben, will ich das auch tun. Haben Sie doch nicht solche Angst und pfeifen Sie nicht so laut im Wald, warten Sie doch einfach das Volksbegehren ab.
Ein Volksbegehren ist eine urdemokratische Angelegenheit, das steht in unserer Verfassung. Die Initiatoren haben die Arbeit, die Menschen werden befragt, die Menschen, die Sie auch im nächsten Februar teilweise wiederwählen sollen. Das Ganze ist Basisdemokratie nach der hamburgischen Verfassung, warten wir doch einmal das Ergebnis ab.
Ich will noch einmal Frau Dr. von Berg ansprechen. Frau Dr. von Berg, wir diskutieren in der Tat drei Anträge, zwei davon von der CDU. Ich muss Ihnen in Ihrer Analyse völlig zustimmen, wenn Sie sagen, dass die CDU – sehen Sie mir das nach, meine ehemaligen Fraktionskollegen – im Moment ihren Kompass in der Bildungspolitik verloren hat. Ich will das zu den Anträgen anhand von drei Details ansprechen.
Der erste Punkt – Frau Heyenn, Sie haben das auch zu Recht kritisiert: In der Begründung des einen Antrags ist zu lesen, das Gymnasium wolle und solle keine Schule für alle sein. Das ist grundfalsch. Das Gymnasium – und dafür haben wir uns damals beim Volksentscheid gegen die Primarschulpläne eingesetzt – ist selbstverständlich eine Schule für alle Kinder und Jugendlichen, aus allen Stadtteilen, aus allen Einkommensschichten, aus allen sozialen Gruppen und aus allen Familien unter der Voraussetzung, dass die Kinder leistungsbereit, arbeitsbereit und leistungsfähig sind und eine allgemeine Hochschulreife anstreben. Das ist eine inhaltliche Voraussetzung für das Gymnasium, aber bitte schön für alle Kinder und Jugendlichen dieser Stadt. Es mag eine ungeschickte Begründung in der Formulierung sein, aber ich denke, so etwas sollte in Bürgerschaftsdrucksachen nicht passieren.
Noch wichtiger ist mir ein anderer Punkt in dem Antrag zur Frage der Stärkung der G8-Gymnasien. Frau Prien und liebe CDU-Fraktion, wir stärken die Gymnasien sicherlich nicht dadurch, dass wir beantragen, dass der Senat die Bildungspläne, wie es hier zu lesen ist, unter Einbeziehung der Rückmeldung von Ausbildungsbetrieben reduziert und konzentriert auf den wichtigen und zeitgemäßen Stoff. Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen. Das Gymnasium ist vom Bildungsauftrag im Schulgesetz her die Schulform, die von Anfang an, ab Klasse 5 bis zum Abitur, zur allgemeinen Hochschulreife führen soll. Ich kann doch nicht die Bildungspläne am Gymnasium, das auf die allgemeine Hochschulreife, auf das Studium in einem beliebigen Fach vorbereiten soll, daran ausrichten, was Ausbildungsbetriebe für ihre Auszubildenden nach Klasse 10 vielleicht als sinnvolle und zweckmäßige Anregungen begreifen. Das wäre eine Verkennung des Bildungsauftrags der Gymnasien.
Die Anregungen von Ausbildungsbetrieben haben sicherlich ihre Rechtfertigung, wenn es darum geht, sich einmal die Bildungspläne der Stadtteilschulen anzuschauen, wenn dort zum Beispiel auf den mittleren Schulabschluss, den Realschulabschluss oder den Hauptschulabschluss, den ersten Bildungsabschluss, vorbereitet wird. Aber in einer Schulform, die von Gesetzes wegen auf die allgemeine Hochschulreife auszurichten ist und ausgerichtet ist, haben die Anregungen und Wünsche von Ausbildungsbetrieben reichlich wenig zu tun.
Wichtig und richtig ist selbstverständlich noch der Antrag auf Einführung der Möglichkeit der Klassenwiederholung, des Sitzenbleibens als pädagogische Maßnahme der Zeugniskonferenz, denn wir haben gerade in der letzten Woche die Zahlen dazu gehört. Wenn 593 Zehntklässler am Gymnasium im Halbjahreszeugnis eine Versetzungsverwarnung bekommen haben, dann bedeutet das, dass fast jeder Zehnte, der bis dorthin am Gymnasium hochgeschoben worden ist, zwanghaft aufrücken
musste, nach Einschätzung der Zeugniskonferenz in der zehnten Klasse im Prinzip ohne vernünftige Schulbildung dasteht und voraussichtlich nicht versetzt wird. Das heißt, diese Kinder und Jugendlichen sind pädagogisch falsch hochgeschoben worden. Denen hätte man zwischendurch die Möglichkeit geben müssen, ihren Lernstoff zu konsolidieren und auch ein Jahr zu wiederholen. – Vielen Dank.
Vielen Dank.
Herr Senator Rabe, Sie haben gerade gesagt, es gäbe nationale und internationale Studien, die belegen würden, dass die Leistungen an den Hamburger Gymnasien zulegen würden. Können Sie uns hier und jetzt eine nationale und eine internationale Studie dieser Art nennen?
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Bei der Debatte eben hat man ein wenig das Gefühl bekommen, dass außer der FDP niemand das Schulgesetz richtig gelesen hat und manche Fraktionen auch nicht den Antrag der FDP, um den es hier geht. Gegenstand des Antrags der FDP sind nicht die von der Zeugniskonferenz befundenen Umschulungen, wie sie zum Beispiel nach Klasse 6 stattfinden und zulässig sind, sondern Gegenstand des Antrags ist allein das Elternwahlrecht. Im Petitum wird dem Senat aufgegeben, eine Umschulung von einer Schulform in die andere unbürokratisch zu ermöglichen, wenn die Eltern das wünschen. Weil ich nach den Reden den Eindruck habe, dass nicht jeder das Schulgesetz dazu gelesen hat, möchte ich Ihnen einmal die gesetzliche Regelung, die wir übrigens schon vor dem Primarschulgesetz hatten und die im Primarschulgesetz von 2009 und auch 2010 bei der Umsetzung des Volksentscheids fortgeschrieben worden ist, nämlich den Paragrafen 42 Absatz 3, vorlesen. Dort steht ausdrücklich:
"Die Sorgeberechtigten […] entscheiden im Rahmen der der Schülerin oder dem Schüler nach ihren oder seinen Leistungen eröffneten Möglichkeiten und im Rahmen der schulorganisatorischen Gegebenheiten über den Übergang von einer Schulform in eine andere."
Noch einmal: Die Sorgeberechtigten entscheiden über den Übergang von einer Schulform in eine andere. In Paragraf 42 Absatz 5 steht dann klarstellend, dass es für den Übergang von einer Schulform in eine andere erforderlich ist, dass die Schülerin oder der Schüler die Voraussetzung für die erforderliche Mitarbeit in der gewählten Schulform erfüllt, und das muss die Zeugniskonferenz feststellen. Das heißt, die gesetzliche Regelung ist klar. Wenn die Eltern in Klasse 7 feststellen, dass der Junge oder das Mädchen überfordert ist – drei Fünfen, vier Fünfen, kommt nicht mehr mit, "Fördern statt Wiederholen" greift auch nicht –, dann entscheiden die, dass der Schüler vom Gymnasium auf eine Stadtteilschule wechseln kann. Das entscheiden nach dem Schulgesetz die Sorgeberechtigten und niemand sonst.
Was bildet sich nun aber die Schulbehörde ein? In einem Rundschreiben vom April 2013 – ich habe Ihnen das mitgebracht, Herr Rabe grinst schon freundlich – schreibt die Behörde an die Schulleitungen, dass Eltern, deren Kind freiwillig wechseln will, über die aktuelle Gesetzeslage informiert sein müssen. Es gelte Paragraf 45 des Schulgesetzes, und danach sei es nur in Ausnahmefällen möglich zu wechseln. Falsch, meine Damen und Herren. Paragraf 45 des Schulgesetzes, lesen Sie es einmal nach, regelt ausschließlich, aber ausschließlich das vertikale Aufrücken zwischen den Jahrgangsstufen 1 bis 10 von unten nach oben inner
halb der Schulformen. Paragraf 45 regelt mitnichten die Umschulung zwischen Schulformen. Dafür ist Paragraf 42 da, und Paragraf 42 besagt, dass die Sorgeberechtigten entscheiden. Das heißt, dieser Antrag, den die FDP heute stellt, tut nicht mehr und nicht weniger als den Schulsenator Rabe, der gerade wieder nicht zuhört und feixt, daran zu erinnern, dass wir eine Gewaltenteilung haben und der Schulsenator und die Schulbehörde im Rahmen der Gewaltenteilung verpflichtet sind, das Schulgesetz umzusetzen, das ein Parlament gegeben hat und das zwei Parlamente in der 19. und 20. Legislaturperiode bestätigt haben, und somit den Sorgeberechtigten ermöglicht wird zu entscheiden und nicht irgendwo in der Hamburger Straße gottgleich über Annahme oder Ablehnung von solchen Anträgen entschieden wird.
Die Sorgeberechtigten entscheiden und niemand sonst. Deswegen ist es geradezu unsere Verpflichtung, diesen Antrag zu unterstützen, denn er sagt nicht mehr und nicht weniger, als dass der Senat das Schulgesetz anwenden muss.
Das muss er auch.
Deswegen lautet mein Petitum: Unterstützen Sie den Antrag. Anderenfalls kann der Senat es so auslegen, dass Sie als SPD, GRÜNE und LINKE dem Senat nicht aufgeben würden, das Schulgesetz einzuhalten.
Das kann es und darf es nicht sein. – Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Da die Drucksachen, die unter der Überschrift "Wärmekonzept" zur Debatte angemeldet sind, kein echtes Wärmekonzept enthalten, will ich gleich auf den Zusatzantrag, den uns heute die SPD beschert hat, zu sprechen kommen. Was wir mit diesem Zusatzantrag erleben, ist der Kniefall der SPD vor Manfred Braasch und dem BUND.
Ich will das kurz begründen. Was beantragt die SPD? Die SPD möchte den Senat auffordern, seinen Einfluss auf die städtischen Betriebsgesellschaften auszuüben, um diese im Rahmen von Satzungsänderungen zu zwingen, Beiräte einzurichten. Dann soll es einen Stromnetz-Beirat, einen Gasnetz-Beirat und einen Wärmenetz-Beirat geben. Beiräte gibt es im Gesellschaftsrecht häufig.
Aber gleichzeitig sollen satzungsmäßig nicht nur die Teilnahmerechte, sondern die Mitwirkung von – so war es im Antrag zu lesen – Beteiligten des Volksentscheids festgeschrieben werden. Damit können doch nur – Sie nicken, Herr Dr. Dressel – die Vertrauenspersonen der Volksinitiative "UNSER HAMBURG – UNSER NETZ" oder vielleicht die Sprecherin oder Kampagnenleiterin oder wer auch immer von der Volksinitiative gemeint sein.
Nehmen wir einmal die Vertrauenspersonen, allen voran Manfred Braasch. Indem Sie in diesen Beiräten deren Beteiligung festschreiben, verletzen und missachten Sie – das ist Ihnen möglicherweise gar nicht klargeworden – die Vorlagefrage aus dem Volksentscheid. Frau Heyenn, Sie haben zutreffend darauf hingewiesen, denn in der Vorlagefrage stand etwas von demokratischer Kontrolle der Energieversorgung, die Ziel des Ganzen sei. Die Vertrauenspersonen von Volksinitiativen – diese drei Vertrauenspersonen der umstrittenen Volksinitiative "UNSER HAMBURG – UNSER NETZ" –
sind in keiner Weise demokratisch legitimiert. Herr Braasch ist ein angestellter Geschäftsführer eines Vereins. Er wohnt in Lüneburg, fährt jeden Morgen hierher, und wenn Sie Herrn Braasch satzungsmäßig in diese Beiräte setzen, dann geben Sie dem Geschäftsführer eines Vereins ein Mitspracherecht quasi auf Lebenszeit in diesen städtischen Gesellschaften. Niemand hat Herrn Braasch gewählt, kein Hamburger und keine Hamburgerin haben Herrn Braasch gewählt.
Die Hamburgerinnen und Hamburger haben vielleicht eine demokratische Kontrolle gefordert, wenn sie denn für den Volksentscheid gestimmt haben. Das bedeutet eine Kontrolle durch das Parlament, aber nicht durch einen Beirat, in dem Einzelpersonen ein Mitsprache- und Beteiligungsrecht bekommen, die demokratisch nicht gewählt sind, die demokratisch in keiner Weise legitimiert sind.
Ein weiterer Punkt. Sie sagen in dem Antrag, dass an den Beiräten jeweils ein Vertreter der Fraktionen teilnehmen soll. Herr Dr. Dressel, Sie haben nicht nachgerechnet. Wenn dort in absoluten Zahlen ein Vertreter der SPD, ein Vertreter der CDU und möglicherweise der GRÜNEN und der LINKEN – welche Fraktionen wir in Zukunft auch immer im Parlament haben – jeweils teilnehmen, dann verfälschen Sie in diesen Beiräten das demokratische Mehrheitsverhältnis in diesem Parlament,
weil Sie die Fraktionsstärke völlig außer Acht lassen und missachten. Das heißt, sowohl hinsichtlich der persönlichen Beteiligung der Vertreter der Volksinitiative als auch hinsichtlich der personellen Besetzung des Beirats missachten Sie die Vorlagefrage.
Das ist nicht nur ein Kniefall der SPD vor Herrn Braasch und dem BUND, sondern vor allem eine Demontage unserer parlamentarischen Demokratie. Ich hoffe nur, dass sich die Mehrheit dieses Hauses besinnt und diesem Zusatzantrag nicht zustimmt. – Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Es ist spät, ich weiß, aber gerade deswegen ist dieser Fünfminutenbeitrag wichtig und erforderlich.
Wir alle sind freiwillig hier, deswegen ist uns das Anliegen, denke ich, auch fünf Minuten wert.
Der Gesetzentwurf, der hier gleich durchgewinkt werden soll, ist bisher immer spät an der Reihe gewesen. Für alle, die sich möglicherweise noch nicht mit ihm auseinandergesetzt haben: Dieser Gesetzentwurf ist durch eine Vorwegüberweisung in den Schulausschuss geschoben worden. Dort ist er Anfang Mai behandelt worden, ebenfalls spät, im Anschluss an eine lange, ausführliche Erörterung einer Expertenanhörung im Rahmen der G9-Initiative und mit den Stimmen von SPD und GRÜNEN durchgewinkt worden. Auch heute sehen wir es wieder: Es ist 21.15 Uhr und dieser Gesetzentwurf soll als vorletzter Punkt auf der Tagesordnung zur Abstimmung kommen.
Worum geht es? Es ist ein Gesetzentwurf, mit dem die SPD tiefgreifend – ich wiederhole tiefgreifend – in das Prinzip der selbstverantworteten Schule eingreifen will. Es ist ein Gesetzentwurf, mit dem die Schulkonferenzen bei allem, was die Hausaufgaben und die Klausurverteilung an den Schulen angeht, entmachtet werden sollen. Es soll eine Änderung erfolgen, wonach die Schulkonferenzen in diesen Punkten nach den Vorgaben der Behörde entscheiden sollen. Das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen. Die Eltern und Schüler, die in überhaupt keinem Dienstverhältnis zur Behörde stehen, sollen verpflichtet werden, nach unbestimmten, diffusen Vorgaben der Schulbehörde zu entscheiden. Das ist an sich ein Unding. Dass ein solches Unding, pädagogisch töricht und politisch unvernünftig, um 21.15 Uhr durch die Bürgerschaft gezogen werden soll, verdient unser aller Beachtung, Aufmerksamkeit und Kritik.
Wenn irgendetwas an diesem Gesetzentwurf pädagogisch sinnvoll sein würde, dann würde er sich seiner Begründung nach nicht nur gegen die Gymnasien richten, denn erklärtes Ziel in der Gesetzesbegründung ist gemäß Senatsdrucksache, dass die Behörde die Hausaufgabenverteilung an den Gymnasien – und nur an den Gymnasien – deckelt. Wenn etwas pädagogisch sinnvoll wäre an
diesem Entwurf, dann würde sich das auch auf die Stadtteilschulen beziehen – tut es aber nicht. Das macht es sehr durchsichtig, was beabsichtigt wird. Es geht um eine weitere Beschädigung der Gymnasien. Es geht darum, mittels einer Deckelung der Hausaufgaben an den Gymnasien den Abstand der Gymnasien zu den Stadtteilschulen, der nach den KESS-Befunden nun einmal da ist bis zum Ende der Klasse 10, zu verringern, aber nicht dadurch, dass die Stadtteilschulen angespornt werden, sondern dadurch, dass man den Schülern an den Gymnasien das Erlernen von Unterrichtsstoff in den kognitiven Fächern wie Mathematik oder Fremdsprachen durch eine Deckelung und Reduzierung der Hausaufgaben erschwert. Das ist bundesweit einmalig, und es ist an sich ein Skandal.
Vor diesem Hintergrund, da es gleich zur Abstimmung kommen wird, möchte ich insbesondere an die Oppositionsfraktionen appellieren. Die Verfassung sieht als Regelfall vor, dass zwischen der ersten und der zweiten Lesung eines Gesetzentwurfs mindestens sechs Tage zu liegen haben, um noch einmal eine öffentliche Debatte zu ermöglichen. Es wird jetzt gleich der Senat gefragt werden nach der ersten Lesung, die wahrscheinlich durchgewinkt wird von der SPD und den GRÜNEN, ob es Widerspruch gibt.
Der Senat wird sagen, er möchte eine zweite Lesung, und dann wird die Frage erhoben: Gibt es Widerspruch aus dem Hause? Dieser Widerspruch setzt voraus, dass ein Fünftel der anwesenden Abgeordneten dieses Hauses Widerspruch erhebt. Ich appelliere an die CDU und an die FDP – wir stehen, denke ich, alle gemeinsam für die Gymnasien und gegen diesen Gesetzentwurf –, dieses Abgeordnetenrecht, das uns in der Verfassung aufgegeben ist als Auftrag vor den Bürgern dieser Stadt, wahrzunehmen und Widerspruch zu erheben, damit die zweite Lesung auf die nächste Sitzung vertagt wird. – Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen!
Gleich vorab: Ein gut verhandeltes Freihandelsabkommen TTIP ist gut für Hamburg und gut für alle Menschen in diesem Land. Darüber sind wir uns nicht alle einig, aber zu den LINKEN und GRÜNEN komme ich sogleich.
Ich komme in den letzten Wochen des Wahlkampfes, wenn ich mit dem Fahrrad ins Büro fahre, in Övelgönne immer an zwei Wahlplakaten vorbei. Das eine Plakat ist eines der GRÜNEN, auf dem eine Genmais-Bombe zu sehen ist. "Genug" steht darauf, und damit soll wohl suggeriert werden, dass die GRÜNEN gegen das TTIP-Freihandelsabkommen sind. Kurz danach, etwa 100 Meter weiter, steht ein Plakat der LINKEN, auf dem sinngemäß steht, dass wir doch nach der EU-Wahl die
EU-Außenhandelsgrenzen für Wirtschaftsflüchtlinge öffnen sollten. Ich weiß nicht, ob Ihnen klar ist,
wie widersprüchlich die Argumentation auf der einen Seite ist, wenn man sagt, man möge bitte die EU-Außenhandelsgrenzen für Flüchtlinge öffnen, auf der anderen Seite jedoch für eine Abschottung und für Protektionismus ist, wenn es gegen ein Freihandelsabkommen geht, das gerade kleine und mittlere Unternehmen in Deutschland unmittelbar stärken kann. Ein Sozialstaat, in dem wir leben, muss auch erwirtschaftet sein. Und er wird zurzeit erwirtschaftet von den Steuerzahlern und von den Unternehmen, die Steuern zahlen. Das sind vor allem viele, viele Menschen, die morgens um sechs Uhr aufstehen, 60 Stunden die Woche arbeiten und fast die Hälfte ihres Einkommens an die Gemeinschaft durch Steuern abführen. Das ist gut so, aber alle Menschen und auch unser Sozialstaat, unser Wirtschaftssystem haben ein Recht auf mehr Arbeitsplätze und ein Recht auf mehr Wachstum. Und dazu kann ein solches Freihandelsabkommen einen eminent wichtigen Beitrag leisten.
Ich benenne es nur einmal in Zahlen, es ist teilweise schon angeklungen: Die USA sind außerhalb der EU Deutschlands wichtigster Handelspartner, und die Exportzahlen, das Warenvolumen, das aus Deutschland in die USA exportiert worden ist, ist allein in den letzten vier Jahren von 74 Milliarden US-Dollar auf über 114 Milliarden US-Dollar angestiegen. Das zeigt, welches Potenzial der direkte Handel mit den USA hat, und deswegen haben die Verhandlungen auch drei Säulen.
Die eine Säule ist der Abbau von Marktzutrittsbeschränkungen, von Zöllen, die gerade für kleine Unternehmen für den Export sehr belastend wirken, aber vor allem zu 80 Prozent der regulatorische Bereich, der Abbau von technischen Standards im Sinne von Vereinheitlichung dieser Standards. Das bedeutet, dass Geräte, die hier von kleinen und mittleren Unternehmen produziert werden, gleich und nicht erst nach teurem Umbau in die USA exportiert werden können.
Wenn dann am Ende der Einwand kommt, das seien alles Geheimverhandlungen, dann bitte ich insbesondere die Damen und Herren von der LINKEN und den GRÜNEN, einmal auf die Webseite der Kommission zu gehen. Dort werden fast täglich neue Papiere aus der Verhandlungsgruppe veröffentlicht. Es ist zwar in Englisch, aber das ist eben die Verhandlungssprache. Es ist sinnvoll, dann diese Originaldokumente der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Das passiert auch. Vor diesem Hintergrund ist das einfach sinnvoll und alles andere als eine Geheimverhandlung.
Zusammenfassend: Ein gut verhandeltes TTIP, ein gut verhandeltes Freihandelsabkommen ist gut für Hamburg. Deswegen zeigt – um noch einmal auf den Anfang zurückzukommen – das Thema, das für heute angemeldet worden ist, und die Kampagnen, die dazu als Angstwerbung vor Genmais und Chlorhühnchen von GRÜNEN und LINKEN gefahren werden, dass am kommenden Sonntag bei der EU-Wahl gerade die LINKEN und GRÜNEN nicht gewählt werden sollten. – Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Mir hat zu denken gegeben, was Frau Senatorin Blankau vorhin gesagt hat, und zwar zu zwei Punkten. Der eine betrifft das Stichwort Geheimverhandlung, wichtiger aber noch ist das Stichwort Schiedsgerichte. Frau Senatorin Blankau, Sie haben Schiedsgerichte als Privatgerichte bezeichnet, und es klang so – da mag Ihre gewerkschaftliche Herkunft eine Rolle spielen –, als ob Schiedsgerichte irgendwie im freien Raum freie Schiedssprüche fällen würden. Um das an dieser Stelle sachlich abzuschließen und zu vervollständigen: Schiedsgerichte müssen geltendes Recht anwenden, und das tun sie auch. Wenn also Unternehmen Schiedsgerichte in ihren Verträgen vereinbaren oder wenn Schiedsgerichte angerufen werden, dann wird das deshalb gemacht, weil dort erstens im Regelfall zusätzlich zu einem neutralen Vorsitzenden Schiedsrichter von beiden Seiten benannt werden – manchmal ist es auch ein größeres Gremium, aber immer eine neutrale Besetzung – und vor allem, weil es deutlich schneller geht, bis es zu Ergebnissen kommt, als in den meisten rechts
staatlichen Gerichtsordnungen Europas und der Welt. Deswegen sind Schiedsgerichte eine sinnvolle Institution und nichts, wovor man Angst haben muss.
Und zur Öffentlichkeit von Schiedsgerichtsverhandlungen, weil Herr Lein das gerade einwirft: Ich war heute Morgen im Landgericht Hamburg bei einer öffentlichen Verhandlung. Ist jemand dabei gewesen? Nein.
Die Öffentlichkeit geht im Regelfall zu Strafgerichtsprozessen, wenn es spannend ist, und manchmal, wenn es draußen kalt ist; Öffentlichkeit ist sinnvoll. Aber da Schiedssprüche anschließend im Zweifelsfall veröffentlicht werden und die Ergebnisse ohnehin durch die Presse gehen, bekommt jeder rechtzeitig mit, was dort passiert, und es geht nach rechtsstaatlichen Grundsätzen.
Eines noch zum Thema Geheimverhandlungen der EU-Kommission, weil das bei Frau Senatorin Blankau und auch bei Herrn Rose als düstere Chimäre anklang, als sei das etwas ganz Furchtbares. Die Verhandlungsergebnisse der Zwischenrunden werden immer veröffentlicht. Ich muss als Angehöriger dieses Hauses eines ansprechen: All die Verträge, die Bürgermeister Scholz in den letzten Jahren mit immensen Folgen für die Hamburgerinnen und Hamburger – dreistellige Millionenbeträge – geschlossen hat, sind hinter verschlossenen Türen geschlossen worden. Sie sind dann zwar nachträglich veröffentlicht worden, da waren sie aber schon unterzeichnet. Nichts anderes wird mit dem Freihandelsabkommen passieren. Wenn es ausverhandelt ist und eine fertige Fassung vorliegt, dann wird die selbstverständlich für alle zu lesen sein. Dann werden die Abgeordneten des EU-Parlaments das zur Kenntnis nehmen und darüber debattieren und dem zustimmen oder nicht, und die Abgeordneten der nationalen Parlamente werden auch darüber debattieren und dem jeweils zustimmen oder nicht. Daran ist also nichts Düsteres. Das ist eine große Chance, vor allem für Hamburg und für Deutschland insgesamt. Deswegen sollten wir den Verhandlungen kritisch folgen, aber nicht mit einer Angst- und Panikkampagne, wie sie von LINKEN und GRÜNEN gefahren wird, die immer nur dagegen angehen und kritisieren. – Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben von mehreren meiner Vorrednerinnen und Vorrednern etwas über Menschenrechte gehört. Ich möchte auch an dieser Stelle noch einmal richtigstellen – wir haben das Thema in den letzten drei Jahren mehrfach diskutiert –, weil ich das für wichtig halte, dass die UN-Behindertenrechtskonvention ein völkerrechtlicher Vertrag ist, eine Konvention, die dem Ziel dient, allen Menschen, insbesondere den Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen mit Behinderungen, gleich welcher Art, in Bezug auf das Bildungssystem in ihrem jeweiligen Zeichnerstaat eine ungehinderte Teilhabe am staatlichen Bildungssystem zu ermöglichen.
Dieses Recht, liebe Kolleginnen der LINKEN, der GRÜNEN und der SPD, ist im Bildungssystem in der Bundesrepublik Deutschland seit Jahrzehnten
so umgesetzt. Verwechseln wir also bitte nicht die UN-Behindertenrechtskonvention mit dem Wahlrecht in Paragraf 12 des Schulgesetzes, das im Oktober 2009 im Zusammenhang mit dem Primarschulpaketgesetz von Schwarz-Grün eingeführt worden ist und bei dem damals alle in der Behörde im Rahmen der Primarschuldiskussion Verantwortlichen offenbar völlig vergessen oder vernachlässigt haben, dieses vernünftig vorzubereiten. Das war der eigentliche Sündenfall des Hamburger Schulsystems, dessen Scherben Herr Senator Rabe hätte leicht aufräumen können, es aber, aus welchen Gründen auch immer, wissentlich und willentlich in den letzten drei Jahren in keiner Weise getan hat. Die Konsequenzen tragen zurzeit alle Schülerinnen und Schüler in den Klassen, in denen es nicht funktioniert, alle Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf, die in Klassen sitzen, in denen sie selbst individuell keine ausreichende Förderung erhalten, und alle Familien, die sich für ihre Kinder oder ihre Jugendlichen eine gute, individuelle Förderung, zum Beispiel in einer Sonderund Förderschule, gewünscht hätten oder wünschen, eine solche aber nicht vorfinden beziehungsweise über solche Angebote nicht ausreichend im Anmeldeverfahren informiert worden sind.
Eines zum Gymnasium, liebe Frau Kollegin von Berg, und Frau Heyenn, Sie haben es auch angesprochen: Die Gymnasien leisten seit Jahrzehnten einen guten Beitrag im Rahmen der Inklusionsdebatte. Es gibt zahlreiche Schülerinnen und Schüler, die voll integriert sind und gemeinsam mit ihren Mitschülerinnen und Mitschülern in den Klassen ihren Schulweg gehen und bis zum Abitur dort eine glückliche und produktive Schulzeit verleben. Es ist eine falsche Behauptung, so zu tun, als würden die Gymnasien sich der Inklusion verwehren. Aber sie haben einen gesetzlichen Bildungsauftrag und der lautet, die Schülerinnen und Schüler, die das Gymnasium besuchen, auf die allgemeine Hochschulreife, auf das Abitur, vorzubereiten. Deswegen sind die Gymnasien für diejenigen Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf gut geeignet, die auch den Weg bis zur allgemeinen Hochschulreife gehen können. Das sind beispielsweise Kinder mit körperlichen Behinderungen, Sehbehinderungen, Hörbehinderungen und weitere verschiedene Arten. Für andere Behinderungsformen sind die Gymnasien aber nicht geeignet.
Und jetzt komme ich zur Frage des Kindeswohls und der Sozialromantik, die bei vielen, die das Wort Inklusion als Zauberwort vor sich hertragen, mitschwingt. Was immer wir zur Inklusion und zur Integration von Kindern und Jugendlichen mit sonderpädagogischem Förderbedarf sagen, müssen wir doch vom individuellen Kindeswohl ausgehen. Und alle Kinder und Jugendlichen sind durchaus verschieden, auch die mit sonderpädagogischem Förderbedarf. Es ist also eine Unzumutbarkeit für
die betroffenen Familien und Kinder und Jugendlichen, wenn man sagt, sie müssten alle in die Regelschule gehen. Ich bin mit vielen Elternräten und mit vielen Familien in Kontakt gewesen, die sich den Erhalt ihrer Sonder- und Förderschule gewünscht haben. Sie sagten, dass ihr Kind an der Regelschule falsch aufgehoben war und sie eine gute Sonder- und Förderschule brauchen. Deswegen ist das Wahlrecht so wichtig und darf nicht zynisch von der Behörde verdreht werden.
Ich komme zum Schluss.
Es darf nicht verdreht werden, indem die Sonderund Förderschulen geschlossen werden, sondern wir brauchen gute Sonder- und Förderschulen und gute I- und IR-Klassen in den Regelschulen. – Vielen Dank.
Sehr gehrte Frau Präsidentin! In aller Kürze, liebe Frau Kollegin Prien: Das Problem an diesem Antrag sind seine handwerklichen Fehler, und deswegen ist es gut, wenn er abgelehnt wird.
Wir müssen uns einmal überlegen, in welcher Situation dieser Antrag gestellt wird. Und wenn Sie sich, meine sehr geehrten Damen und Herren – ich freue mich, dass Sie meinen Ausführungen so aufmerksam folgen –, die Einleitung der Ziffer 1 einmal zu Gemüte führen, dann steht da:
"Die Fraktionen der Bürgerschaft verhandeln unter Beteiligung [und so weiter, der Kammern] mit der Initiative."
Nun haben wir aber doch, wie ich der Presse entnommen habe, konkret die Situation, dass die Gespräche im Moment ausgesetzt sind. Wie auch immer, im Moment gibt es jedenfalls keine Verhandlungen. Und jetzt soll dieses Hohe Haus beschließen, dass alle Fraktionen gemeinsam verhandeln,
obwohl es diese Verhandlungen nicht gibt. Wollen Sie, liebe Frau Prien, mit diesem Antrag die Initiative zu Verhandlungen mit der Bürgerschaft zwingen, obwohl sie die Verhandlungen ausgesetzt hat? Das halte ich für schwierig. Außerdem ist es doch so: Angenommen, die Mehrheitsfraktion könnte mit der Initiative über mögliche Kompromissvorschläge verhandeln. Dann wird das hier in dem Moment, in dem sich die SPD-Fraktion mit der Initiative auf irgendetwas geeinigt hat, durchgestimmt, dann kommt das. Die Notwendigkeit, dass sich alle Fraktionen gemeinsam an einen Tisch setzen, ist rechtstechnisch nicht zu erkennen. Wenn die SPD nicht will, dann will sie nicht, dann geht aber auch der Antrag nicht durch; also braucht man so einen Zirkelschlussantrag eigentlich gar nicht zu stellen.
Ein zweiter Punkt. Die Bezeichnung der Kammern als demokratisch legitimierte Vertretungen der Eltern-, Lehrer- und Schülerschaft, wie sie sich in Ihrem Antrag findet, ist einfach objektiv falsch. Ich werde seit 2007 – das war noch vor der Primarschuldebatte – nicht müde, darauf hinzuweisen, dass die Kammern nach dem Hamburgischen Schulgesetz keine Vertretungsmandate für die jeweiligen Gruppen haben. Die Elternkammer vertritt nicht die Eltern, die Schülerkammer vertritt nicht die Schüler und die Lehrerkammer vertritt nicht die Lehrer.
Wenn Sie in Paragraf 79 des Schulgesetzes schauen, dann ist das Kammerwesen in unserem Schulgesetz nichts weiter als ein Beratungsgremium für die Schulbehörde, ähnlich den Deputationen. Das heißt, der Senator lädt sich die Kammervertreter ein und bespricht einiges mit denen. Die Kammervertreter sind anzuhören. Sie haben aber kein Mandat, um für die Eltern, die Schüler oder die Lehrkräfte zu sprechen. Wenn es also darum geht, dass Eltern, Schüler und Lehrkräfte endscheiden sollen über etwas, das die Zukunft des Schulsystems betrifft, dann sollte man sie lieber direkt über das Volksgesetzgebungsverfahren befragen, über die Schulkonferenzen oder wie auch immer. Dass die Kammern, die noch dazu nach dem Schulgesetz in geheimer, nicht öffentlicher Sitzung
tagen, über so einen Antrag transferiert werden zu einer scheindemokratischen Legitimation, das passt nicht.
Dann ist in dem Antrag vom Schulfrieden, der gesichert werden möge, die Rede. Wir alle wissen, was dieser Schulfrieden war: der damals schon von der "ZEIT" und dem "Hamburger Abendblatt" zutreffend als Primarschulpakt bezeichnete Vertrag dreier politischer Parteien. Nach dem Volksentscheid im Juli 2010 hat sich die GAL schon davon losgesagt. Und wenn Herr Senator Rabe oder sonst jemand zurzeit das Wort Schulfrieden in den Mund nimmt, dann ist es jedenfalls seitens der Behörde meistens, um zu kaschieren, dass subkutan gefeilt, geschliffen und nivelliert wird. Das Etikett Schulfrieden kann also nicht dazu herhalten, diese Debatte in eine politische Dimension zu ziehen.
Bleibt als Letztes bei den Eckpunkten die Bezugnahme auf die Enquete-Kommission. Nur zur Erinnerung: Die Enquete-Kommission war damals nach Fraktionsstärke besetzt, und die Drucksache 18/6000, der Bericht der Enquete-Kommission, liest sich nun wirklich zerstritten, wie es zerstrittener kaum gehen kann. Es gibt immer das Votum der CDU und dann das abweichende Votum von SPD und GAL. SPD und GAL haben damals ausdrücklich gesagt: Ziel ist eine Schule für alle. Mit diesem Diktum möchte ich die Verhandlungen mit der G9-Initiative nicht geführt haben. – Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin wieder einmal überrascht, mit welcher Hektik in diesem Hohen Haus, aber auch seitens des Senats mit Volksentscheiden und Volksinitiativen umgegangen wird. Ich möchte noch einmal daran erinnern, was die Vorlagefrage im Volksentscheid gewesen ist. Die Vorlagefrage im Volksentscheid hat den Senat nicht verpflichtet, das Eigentum an den Netzen zu erwerben, sondern sie hat Senat und Bürgerschaft lediglich verpflichtet, alle notwendigen und zulässigen Schritte zu unternehmen, um die Vollverstaatlichung durchzuführen. Es geht nur um notwendige und zulässige Schritte, das ist immer wieder andiskutiert, aber offenbar schnell vergessen worden. So hat denn auch Dr. Dressel noch in der Nacht des Volksentscheids die Zusage
aus dem Ärmel geschüttelt, dass die SPD das alles umsetzen werde.
Dann wurde, wie es im Senatsbericht zu lesen ist, unter großem Zeitdruck verhandelt – wir alle wissen, dass Zeitdruck ein schlechter Berater bei Verhandlungen ist –, der Vertrag über den Zukauf von 74,9 Prozent der Anteile an den Stromnetzen geschlossen und die Kaufoption für die Fernwärme unterzeichnet.
Dazu eines, und das geht in Ihre Richtung, Herr Kerstan: Es ist völlig richtig, dass dieser Vertrag vom Januar keine Umsetzung des Volksentscheids war, denn der Volksentscheid wollte eine Verstaatlichung in 2015. Wir alle wissen, dass selbst der Erwerb der Stromnetze in 2014 mit der Konzessionsentscheidung schon wieder obsolet werden kann.
Der Erwerb einer Kaufoption, die in 2018 mit Wirkung für 2019 ausgeübt werden soll, ist natürlich auch keine Umsetzung einer Vorlagefrage, die sagt, wir hätten gern in 2015 das staatliche Eigentum – weit gefehlt. Natürlich ist das keine Umsetzung des Volksentscheids.
Wichtig ist an dieser Stelle, dass die Vorlagefrage unter drei gewichtigen Vorbehalten steht. Senat und SPD laufen der Vorlagefrage davon und meinen, sie müssten das schnell umsetzen. Und die GRÜNEN, die LINKE und die Initiative, die den Vertrag erst gelobt haben und jetzt merken, dass doch nicht alles so schön ist, wollen es dennoch. Die Vorlagefrage steht unter dem Vorbehalt der Zulässigkeit, und das bedeutet kein Verstoß gegen die Landeshaushaltsordnung, kein Verstoß gegen das Kartellrecht und kein Verstoß gegen das Energiewirtschaftsgesetz. Das heißt, wir brauchen ein diskriminierungsfreies, wirksames Konzessionsverfahren mit einer lauteren Entscheidung am Ende. Und wenn es dann am Ende eben nicht das staatliche Eigentum der Freien und Hansestadt Hamburg über die HGV ist, dann ist das so. Das ist dann eine Angelegenheit der Initiatoren und ihrer Vorlagefrage, die ins Leere gelaufen ist. Sie haben es versucht, aber das Schlimmste, was an dieser Stelle passieren könnte, ist, dass der Senat sich rechtmäßig verhalten würde – ich spreche bewusst im Konjunktiv – und der Wille von immerhin 428 000 Hamburgerinnen und Hamburgern, die mit Nein gestimmt haben, sich am Ende durchsetzt. Schlimmes, Frau Heyenn, gar ein Verfassungsbruch droht an der Stelle überhaupt nicht.
Wir sollten eines bedenken, und da haben wir alle eine Verantwortung: Wenn es um die Inhalte geht, dann wünschen wir uns doch alle ein gutes, effizientes, kostengünstiges Fernwärmenetz für Hamburg. Wir sollten aufhören, blind der unbestimmten, verfassungsrechtlich bedenklichen und teils irreführenden Vorlagefrage des Volksentscheids hinterherzulaufen, sondern uns einmal Gedanken darüber machen, wie wir das Fernwärmenetz von Hamburg optimieren können.
Dazu gehört unter anderem die längst überfällige Anbindung des Kohlekraftwerks Moorburg ans Fernwärmenetz, weil wir dann das Kohlekraftwerk Moorburg effizient nutzen und die Fernwärmeversorgung sicherstellen können. – Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Debatte um das G9 und das G8 wird aus meiner Sicht viel zu emotional geführt.
Deswegen möchte ich ein differenziertes Bild herausarbeiten. Das wird nicht jedem gefallen, den G8-Anhängern vielleicht nicht, den G9-Anhängern vielleicht auch nicht, aber so eine Aktuelle Stunde ist ein Anlass, ein bisschen in die Tiefe zu gehen.
Dass in mehr Zeit für Bildung eine Chance liegt, dürfte jedem klar sein, der sich daran erinnert, wie er früher Vokabeln gelernt hat. Hat man wenig Zeit dafür, sitzt es nicht so tief, hat man viel Zeit dafür, dann sitzen die Vokabeln besser. Im Grundsatz bedeutet also mehr Zeit für Bildung nichts Schlechtes. Was ist nun also bei der G8-Einführung 2003 eigentlich der Grund gewesen? Ich habe noch einmal in den Gesetzentwurf geschaut. Im Gesetzentwurf von 2003 steht als Begründung für die Einführung des G8 unter der damaligen Koalition nur, dass die Hamburger Schüler im internationalen Vergleich zu spät auf den Berufsmarkt kämen.
Welche Situation hatten wir damals? Wir haben damals neunjährige Gymnasien mit der reformierten Oberstufe gehabt, worüber zu Recht von vielen G8-Befürwortern gesagt wird, was wir damals in der elften Klasse im Vorsemester gemacht hätten, bedeutete meistens in der eigenen Schulzeit, dass man nicht so viel hinging und einmal etwas anderes machen konnte, denn es zählte nicht für das Abitur und ging erst in der elften Klasse los. Das Jahr haben viele für einen Auslandsaufenthalt benutzt, das konnte man sparen.
Was hat sich aber seither getan? Wir haben Profiloberstufen, die sehr gut funktionieren und im Stoff sehr viel aktiver sind. Das als Argument zieht also nicht mehr so richtig. Das Alter von Studienabgän
gern und das Stichwort vom Human Capital ist im internationalen Vergleich mit der Umsetzung der Bologna-Reform in den letzten Jahren an sich auch kein triftiges Argument mehr, denn die Studiendauer ist drastisch verkürzt worden. So sehr man auch sagen muss – aus meiner Sicht jedenfalls –, dass die Bologna-Reform alles andere als wirklich geglückt ist – wer dazu ein Buch lesen will, dem sei Konrad Liessmann empfohlen, die "Theorie der Unbildung" –, so hat es doch ergeben, dass auch die Hamburger Schüler inzwischen längst viel jünger auf den Arbeitsmarkt kommen und viel jünger ihre Abschlüsse machen, als es 2003 der Fall gewesen ist. Da kommen tatsächlich oft, hochqualifiziert mit einem Master-Abschluss, im Alter von 23 Jahren junge Hochschulabsolventen auf den Arbeitsmarkt und sollen dann Menschenführung und Abteilungsleitungen übernehmen, obwohl sie noch viel zu wenig Lebenserfahrung haben und viel zu jung sind.
Weshalb aber wird die Debatte dann so emotional geführt? Man muss sich klarmachen, dass die Debatte um das G9 in dieser Stadt von vielen immer unmittelbar mit dem Thema Stadtteilschule verknüpft wird. Da wird dann Sorge um diese Stadtteilschulen geäußert und anderes mehr. Seit wann haben wir denn die Stadtteilschule? Wir haben sie mit dem im Oktober 2009 im Primarschulpaket-Gesetz beschlossenen Reformpaket in Hamburg eingeführt. Ich sage jetzt "wir", aber es waren diejenigen, die damals im Parlament waren, ich war es bestimmt nicht. Die Stadtteilschule ist doch an sich nichts anderes als die Auflösung der früheren Haupt-, Real- und Gesamtschulen zu einer Schulform, der man dann als Gesamtschule den Namen Stadtteilschule gegeben hat.
Irreführend ist aus meiner Sicht sicherlich die Betrachtung, dass die Stadtteilschulen ein G9 anbieten würden, denn die Stadtteilschulen sind zwar in der Oberstufe gymnasial ausgerichtet, arbeiten aber in der Sekundarstufe I und insbesondere in der Mittelstufe alles andere als gymnasial. Manche machen das, sie haben einen Gymnasialzweig und da funktioniert es gut, viele jedoch nicht. Da liegt das Problem der Stadtteilschule, da müsste man anfangen und das machen, was 2008 im Koalitionsvertrag von Schwarz-Grün vereinbart war, nämlich die Stadtteilschulen durch Differenzierung zum Erfolg zu bringen. Das steht im Koalitionsvertrag vom 17. April 2008 auf Seite 7 zum Nachlesen.
Ein weiteres Problem ist, dass man im damaligen reformpolitischen Überschwang gleich noch die Leistungsmotivierung mit reduziert hat, indem man nämlich das Sitzenbleiben abgeschafft hat und die Durchlässigkeit zwischen den Schulformen abgeschafft hat. Das heißt, dass ein Umschulen vom Gymnasium auf die Stadtteilschule bei Kindern, die zum Beispiel in der Mittelstufe völlig überfordert sind und in drei oder vier Fächern auf eine Fünf
rutschen, so nicht mehr möglich ist. Dazu kommen noch die Maßnahmen, die Senator Rabe mit der Umstellung der Bildungspläne auf Kompetenzorientierung und Abschaffung der externen Zweitgutachten beim Abitur eingeleitet hat. Darüber hinaus sollen nächste Woche noch die Reduzierungen der gymnasialen Hausaufgaben beschlossen werden durch eine Beschlussfassung in der Deputation. Das eigentliche Problem für die Hamburger Schulqualität sitzt also, wie so oft in den letzten Jahren, auf dem Ledersessel des Schulsenators und nicht beim G8 oder G9. Ein gutes G9 wäre durchaus eine Chance, aber es bräuchte einen anderen Schulsenator, eine andere Ausrichtung der Schulpolitik, andere Bildungspläne, die ihren Namen verdienen, und die Möglichkeit des Sitzenbleibens sowie die Durchlässigkeit des Schulsystems. – Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte noch einmal eine Lanze für die Hamburgerinnen und Hamburger brechen.
In dieser Debatte ist sehr viel davon die Rede gewesen, dass bei so einem Volksbegehren oder bei der Diskussion über G9 das Bauchgefühl dominieren würde; ich habe das Stichwort bestimmt fünfmal gehört. Sie alle wissen, wie sorgfältig im Volksgesetzgebungsverfahren und wie gründlich und lange und durch die Medien begleitet in einer Stadt
wie Hamburg diskutiert und debattiert wird. Wir sind ein Stadtstaat, wir haben kurze Wege. Jeder kann zu allen Veranstaltungen gehen. Das ist nicht wie in Baden-Württemberg oder Bayern, wo man auf wenige Angebote begrenzt ist. In Hamburg herrscht insofern der Idealzustand einer Informationsgesellschaft. Jeder kann sich überall informieren, und die Menschen in der Stadt entscheiden bei Volksbegehren und bei Volksentscheiden im Regelfall auch sehr informiert, die Mehrheit jedenfalls.
Bei der G9-Thematik muss man auch eines sehen: Unabhängig davon, ob man persönlich für G8 oder für G9 ist, ist es so, dass alle hier im Hause, aber auch alle außerhalb dieses Hauses, die sich für die eine oder andere Position engagieren, das Beste für unser Schulsystem und das Beste für die Schülerinnen und Schüler wollen. Es gibt immer mal den Unterschied zwischen der eigenen und der richtigen Meinung, aber das gibt es auf beiden Seiten.
Wenn Sie sich einmal bei den Lehrkräften an den Gymnasien umhören, dann werden Sie viele Oberstufenlehrer hören – deswegen finde ich die Idee sehr gut, die Schulkonferenzen zu befragen –, die ein bisschen wehmütig an die Zeit des G9 zurückdenken, an den vertieften Unterricht in ihren Leistungskursen mit schon herangereiften Sechzehn- und Siebzehnjährigen, die noch nicht kurz vor dem Abitur standen, wie es jetzt im G8 bei dieser Altersklasse der Fall ist. Wir können da auf die Stellungnahmen sehr gespannt sein.
Herr Senator Rabe, ich rege an, in dem Schreiben an die Schulen deutlich zu machen, dass auch unterschiedliche Voten abgegeben werden können, dass sich die Schüler also anders positionieren können als die Lehrer oder die Eltern, damit wir ein wirklich repräsentatives Bild bekommen. Herr Dressel, Sie nicken, das finde ich gut. Ich rege auch an, dass Sie zumindest die Elternräte in den Grundschulen und durchaus auch in den Kitas anschreiben, die Adressen sind bekannt. Denn das sind die Eltern der Kinder, die künftig in das Schulsystem kommen und auf die weiterführenden Schulen gehen werden, und die würde ich jedenfalls auch direkt ansprechen.
Ein Letztes. Der Schulfrieden ist mehrfach angesprochen worden. Die Verlängerung einer Schulform um ein Jahr ist kein Schulkrieg und ein Volksbegehren oder ein Volksentscheid kein Bruch des Schulfriedens. Wer in das Papier vom Frühjahr 2010 hineinschaut, der wird sehen, dass in diesem Papier, das nachträglich Schulfrieden getauft worden ist, an keiner Stelle G8 oder G9 steht. Da ist ein bisschen vom Zwei-Säulen-Modell und vor allem von der Primarschule die Rede, aber nicht von G8 oder G9. Außerdem waren damals nur drei Parteien beteiligt, und Sie werden sich alle daran erinnern, dass die Chefin der GRÜNEN, Frau Fe
gebank, wenige Tage nach dem Volksentscheid gegenüber der "WELT" erklärt hat, die GRÜNEN würden sich an den Schulfrieden nicht mehr gebunden fühlen. Auch Herr Senator Rabe hat sich, das muss man sehen, in der letzten Zeit schleichend vom Schulfrieden entfernt und arbeitet an der Schulstruktur. Die SPD hat schon beim Beschluss zum Enquete-Bericht in der Drucksache 18/6000 zu Protokoll erklärt, dass das Ziel der SPD die Schule für alle sei. Ein letztes Zitat von der Webseite von Schulsenator Ties Rabe, www.tiesrabe.de, heute noch dort zu lesen:
"Längeres gemeinsames Lernen erreichen wir nicht mit der Brechstange. […] Wir wollen in einem ersten Schritt die Haupt-, Realund Gesamtschulen […] zur Stadtteilschule zusammenführen. Und wir wollen diese neue Stadtteilschule zu der Schulform Hamburgs entwickeln. Gymnasien können nach Zustimmung der Eltern direkt in die Stadtteilschule einbezogen werden. […] Über Kooperationen sollen beide Schulformen Schritt für Schritt zusammengeführt werden."
Das heißt, im Prinzip gibt es niemanden, der sagen könnte, ein Vertrag Schulfrieden könne gebrochen werden.
Wir müssen uns alle um gute Schulen kümmern, aber das tut die G9-Initiative genauso wie die anderen, und da gilt es, einen vernünftigen Kompromiss zu finden. – Vielen Dank.